BGH: Keine isolierte Betrachtung von Äußerungen

Klägerin des Verfahrens war die Verlegerin einer deutschen Tageszeitung. Sie wendete sich gegen die ehemalige Chefredakteurin einer anderen deutschen Tageszeitung aufgrund einer vermeintlich rechtsverletzenden Berichterstattung. Gegenstand dieser Berichterstattung war unter anderem ein von den Autoren des Buches „Die vierte Gewalt“ mit der Verlegerin geführtes Interview.

Vermeintlich falsche zeitliche Abfolge

Dieses Interview sollte in dem Buch verwertet werden. Zu einer solchen Verwertung kam es jedoch nicht, da die Klägerin ihr Einverständnis zum Abdruck des Interviews verweigerte. Über diesen Vorfall berichtete die Beklagte unter voller Namensnennung der Klägerin. Sie warf der Beklagten vor, der Berichterstattung sei zu entnehmen dass sie die Abschrift des Gesprächs zunächst gelobt und später die Autorisierung verweigert habe. Dies sei in dieser zeitlichen Abfolge erweislich falsch.

Sie forderte die Beklagte zur Abgabe einer Unterlassungserklärung, zum Widerruf und zum Abdruck einer Gegendarstellung auf. Die Beklagte gab die geforderte Unterlassungserklärung ab, weigerte sich aber, die Gegendarstellung abzudrucken und den geforderten Widerruf zu erklären. Die Klägerin nahm die Beklagte nun auf Freistellung von der Forderung ihrer Rechtsanwälte in Höhe von 1.419,19 € zuzüglich Zinsen in Anspruch, die durch die anwaltliche Geltendmachung des Gegendarstellungs- und des Widerrufsanspruchs entstanden sein soll.

BGH schließt sich Vorinstanzen an

Das Amtsgericht Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil v. 05.10.2012, Az.: 22 C 259/11) wies die Klage ab. Das LG Berlin bestätigte diese Entscheidung (Urteil v. 26.02.2013, Az.: 27 S 13/12). Der BGH schloss sich nun im Ergebnis den Vorinstanzen an und weiß die Revision gegen das landgerichtliche Urteil zurück (BGH, Urteil vom 27.05.2014, Az.: VI ZR 153/13).

Dies begründeten die Richter mit dem bereits fehlenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasse unter anderem den Schutz des Einzelnen vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken.

Beurteilung der Äußerung nicht isoliert vom Kontext

Die Beurteilung, ob eine Äusserung hierzu geeignet ist, hat stets im Zusammenhang mit dem betreffenden Kontext zu geschehen. Eine isolierte Betrachtung hat nicht zu erfolgen. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sei die angegriffene Berichterstattung nicht geeignet, sich abträglich auf das Bild der Klägerin in der Öffentlichkeit auszuwirken. Das Gericht führt hierzu aus:

„Zwar mag es zutreffen, dass der von der Klägerin beanstandete Satz isoliert betrachtet den Eindruck vermittelt, die Klägerin habe sich widersprüchlich verhalten, indem sie die Veröffentlichung eines von ihr ursprünglich für gut befundenen Beitrags plötzlich aus nicht weiter nachvollziehbaren Motiven verhindert habe, was auf die – gerade in der beruflichen Position der Klägerin – negativen Charaktereigenschaften der Unzuverlässigkeit und der Wankelmütigkeit hindeuten könnte. Im Gesamtzusammenhang des Artikels tritt dieser Aussagegehalt aber völlig in den Hintergrund.“

Gesamteindruck der Äußerung maßgeblich

Wer von einer aus seiner Sicht negativen Berichterstattung betroffen ist, wird über diese Entscheidung wenig erfreut sein. Denn auch wenn eine Äußerung isoliert betrachtet möglicherweise beeinträchtigend ist, so kommt es auf diesen Eindruck nicht an. Einzig der Gesamteindruck den eine Berichterstattung beim Durchschnittsempfänger erzeugt, ist das alles entscheidende Maß der Dinge. Dieser wird – wie im vorliegenden Fall – nicht selten vom subjektiven Eindruck des Betroffenen abweichen.

(Bild: © razihusin – Fotolia.com)

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