Berliner Projekt zur Gesichtserkennung „verliert“ Fotos

Herr M.B. ist einer von 300 Freiwilligen, die sich für das gemeinsame Pilotprojekt „Intelligente Videoanalyse“ des Bundesinnenministeriums, der Bundespolizei und der Deutschen Bahn gemeldet hatten. Hierfür wurden von Ihm am Bahnhof Südkreuz Fotos gemacht.

Wohin die Bilder sich nach einem Bericht des Tagesspiegel dann verirrten war wohl nicht so ganz geplant.

Fotos aus dem Pilotprojekt tauchen in der Tagesschau auf

Diese Bilder dienten als Grundlage für das Pilotprojekt: Immer, wenn er oder einer der anderen 299 Probanden den Bahnhof Südkreuz betraten, nahmen Kameras sein Gesicht auf und verglichen dieses mit der Datenbank aus Referenzfotos. Die Bundespolizei versichert den Teilnehmern, dass niemand Drittes die Bilder kriegt. Nicht einmal M.B. darf seine eigenen Bilder abfotografieren und nutzen.

Im Januar 2020 wurde ein abfotografierter Bildschirm, auf dem die Ergebnisse dieser Analyse zu sehen sind, als Hintergrundbild in der Tagesschau der ARD verwendet. Zu sehen sind zwei Bilder von M.B. sowie weitere Bilder einer Frau. Offensichtlich hat das System hier Übereinstimmungen gefunden. Zu sehen ist das Ergebnis des Abgleiches und ein Wahrscheinlichkeitswert, mit dem das System diese Bilder versehen hat. Ein Mensch kann diese möglichen Treffer nun bestätigen oder als falsch markieren.

Niemand will Schuld sein – aber das Bild ist frei abrufbar 

Wie das Bild in die Tagesschau gelangte ließ sich vergleichsweise schnell klären: Bei einem Pressetermin im August 2017 hat ein Fotograf für die Deutschen Presseagentur (dpa) dieses Bild gemacht. Diese hat es in ihr Bildarchiv eingestellt – ohne irgendwelche Einschränkungen. Dort hat die Redaktion der Tagesschau das Bild gefunden und genutzt.

Während die dpa versichert, ihr seien keinerlei Einschränkungen für die Nutzung bekannt und schriftliche Unterlagen hierzu lägen nicht vor, sieht die Bundespolizei scheinbar den Fehler bei Fotograf und dpa: Beim Pressetermin sei „mehrfach“ deutlich darauf hingewiesen worden, dass die Gesichert von Teilnehmern unkenntlich gemacht werden müssten. Dies erfolgte aber wohl auch nur mündlich – und nicht schriftlich, beispielsweise auf einem Begleitschreiben mit Hinweisen zur Nutzungseinschränkung.

Unerlaubte Bildveröffentlichung ist ein Datenschutzverstoß 

Diese Sorglosigkeit im Umgang mit Bildern Dritter ist insgesamt sehr verwunderlich. Denn eine Bildveröffentlichung ohne entsprechende Einwilligung des Abgebildeten stellt einen klaren Verstoß (auch) gegen das Datenschutzrecht dar.

So hat lediglich beispielhaft das ArbG Lübeck mit Beschluss vom 20.6.2019 (Az.: 1 Ca 538/19) festgestellt, dass ein Schmerzensgeldanspruch von bis zu 1.000,00 € denkbar sei, für die unerlaubte Veröffentlichung eines Fotos auf Facebook.

(Bild: © Tesgro Tessieri – Fotolia.com)

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