Rechtswidrig hergestellte Fotos genießen Urheberschutz

Selbst wenn Fotografien rechtswidrig erstellt wurden, genießen Sie Urheberschutz. Dies stellt das Landgericht Köln in einem aktuellen Urteil klar.

Der vom Landgericht zu entscheidende Fall war auf den ersten Blick rechtlich nicht spektakulär: Der Fotograf verschiedener Fotografien ging aufgrund einer nicht von ihm genehmigten Nutzung seiner Bilder gegen ein Architektenbüro vor. Im Prozess verlangte er neben der Unterlassung der Nutzung der Fotografien u.a. Auskunft und Schadensersatz. Spoiler: Das Landgericht folgte seiner Auffassung überwiegend (LG Köln, Urt. v. 1. Juli 2021, Az.: 14 O 15/20).

Das Fotografieren urheberrechtlich geschützter Werke

Die Besonderheit des Falls lag in dem Motiv der Bilder. Diese bildeten nämlich ein vom beklagten Architektenbüro entworfenes Gebäude ab. Eine Einwilligung zur Abbildung war dem Fotografen nicht erteilt worden. In dessen Verhalten sah man daher nun ein unzulässiges Vorgehen.

Diesem Argument erteilte das Landgericht Köln jedoch eine deutliche Absage. Die Frage nach dem Urheberschutz von Fotografien sei unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der Erstellung zu betrachten. Urheberschutz kann daher auch dann entstehen, wenn die Bilder rechtswidrig (z.B. unter Verletzung von Urheberrechten Dritter) entstanden sind:

„Es steht dem Urheberrechtsschutz nicht entgegen, wenn die Herstellung des Werks gesetzwidrig wäre (vgl. Schricker/Loewenheim, § 2, Rn. 70).“

LG Köln, Urt. v. 1. Juli 2021, Az.: 14 O 15/20

„Im Zweifel hat eine Nutzung bei unklarer Rechtslage zu unterbleiben“

Klare Worte findet das Landgericht auch hinsichtlich der Reichweite der Pflichten eines Bildnutzers. Der klagende Fotograf hatte einem anderen Unternehmen eine Nutzung erlaubt. Hieraus wollte auch das beklagte Architektenbüro eine Nutzungserlaubnis ableiten. Dies könne es nach Auffassung der Richter jedoch nicht, da entsprechend umfangreiche Rechte vom Fotografen bereits nicht eingeräumt wurden. Dies hätte die Beklagte bei der gebotenen sorgfältigen Prüfung der Rechtekette auch feststellen müssen. Eine solche ordnungsgemäße Prüfung hätte neben der Rechtekette auch die Urheberschaft der Bilder umfassen müssen. Beides war jedoch nicht erfolgt. Im Zweifel habe eine Nutzung bei unklarer Rechtslage zu unterbleiben.

MFM-Tarife gelten nicht für Zweitverwertung nach kostenpflichtiger Erstverwertung

Hinsichtlich des vom klagenden Fotografen verlangten Schadensersatzes orientierte sich das Landgericht Köln an der insofern relevanten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Sachen „Foto eines Sportwagens“ (BGH, Urt. v. 13. September 2018, Az.: I ZR 187/17). Der Fotograf konnte somit im Wege der Lizenzanalogie verlangen „was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten. Zu ermitteln ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung.

Im Rahmen der Ermittlung des konkreten Betrages lehnte das Gericht die Annahme einer relevanten eigenen Lizenzpraxis des Fotografen ab, da dieser für die gegenständliche Fotografie nur zwei Rechnungen vorlegen konnte. Dies sei für den Schluss auf eine ständige Lizenzpraxis nicht ausreichend. Darüber hinaus hielt das Gericht den Zeitraum aus dem die Rechnungen stammten nicht für repräsentativ.

Des Weiteren hielt das Landgericht auch die unmittelbare Anwendung der MFM-Tarifempfehlungen für nicht passend. Es erkannte in der Nutzung durch das beklagte Architektenbüro eine Zweitverwertung der Bilder, für die die MFM-Tarife nicht anzuwenden seien:

„Zum anderen ist die Kammer der Ansicht, dass die MFM-Tarife nicht den hier gegenständlichen Fall einer Zweitverwertung nach bereits erfolgter kostenpflichtiger Erstverwertung abbilden (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 28.10.2016 – 6 U 206/15, BeckRS 2016, 138806, Rn. 47).“

LG Köln, Urt. v. 1. Juli 2021, Az.: 14 O 15/20

Anwendung der MFM durch die Hintertür?

Letztlich kamen die MFM-Empfehlungen mittelbar jedoch trotzdem zur Anwendung. So orientierte sich das Gericht im Rahmen der erfolgten richterlichen Schätzung gem. § 287 ZPO an den darin empfohlenen Beträgen für eine dreijährige Online-Nutzung (MFM 2019 = 684 €). Diesen Betrag erhöhte das Gericht angesichts der Umstände des Einzelfalls auf 750 € und wies diesem Betrag den seiner Auffassung nach maßgeblichen objektiven Wert der Benutzungsberechtigung ein.

Darüber hinaus konnte der Fotograf wegen der Verletzung des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft (ergo die fehlende Nennung seiner Person als Urheber) einen 100%igen Aufschlag verlangen. Dies entspricht auch der insofern relevanten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urt. v. 13. September 2018, Az.: I ZR 187/17). Insgesamt konnte der Fotograf damit einen Betrag in Höhe von 1.500 € für die unberechtigte Nutzung der Fotografie verlangen.

(Bild: FelixMittermeier auf Pixabay)

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2 Gedanken zu „Rechtswidrig hergestellte Fotos genießen Urheberschutz“

  1. Guten Tag,
    vielen Dank für diesen Bericht eines interessanten Urteils.
    Es gibt Fragen und Kritikpunkte, vor allem zu Begrifflichkeiten.

    1. Handelte es sich um Fotografien die im Rahmen der Panoramafreiheit entstanden sind ?

    2. Es gibt weder „mfm-Tarife“ noch „mfm-Empfehlungen“. Die mfm ermittelt per jährlicher Erhebung bei Lizenzgebern (also bei professionellen Bildanbietern wie Fotografen oder Bildagenturen) genau definierte nutzungsspezifische Honorare und bildet deren Durchschnitt tabellarisch ab. Dieses dient der Orientierung um einen marktüblichen Lizenzpreis in Abhängigkeit zur Nutzungsart zu finden.

    3. Über den Begriff „Zweitverwertung“ sollte man diskutieren:
    Im Grunde ist ein Bestandsbild genau das Bild, was der Nutzer gesucht hat und erstmalig nutzt. Der Nutzer filtert dieses Bild aus einer bereits bestehenden Auswahl heraus – er pickt sich die Rosine aus dem Kuchen. Und er bekommt im Sommer genau das gesuchte Winterbild (was gerade nicht gemacht werden kann), das Bild ohne belaubte Bäume, so dass man das Gebäude besser sieht oder er bekommt eine Fotografie eines nicht wiederherstellbaren Urzustands eines Gebäudes etc pp… So gesehen ist diese abwertende Begrifflichkeit „Zweiverwertung“ deplaziert, denn es handelt sich um ein möglicherweise viel wertvolleres „Premiumbild“.

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    • Hallo Soenne,

      danke für die Blumen. Das Urteil enthält zu den angesprochenen Punkten folgendes:

      Zu 1.: Der Beklagte behauptet, der Kläger könne sich nicht auf die Panoramafreiheit berufen (dieser wird es im Verfahren daher wohl getan haben). Das Gericht legt sich jedoch nicht fest:
      „Ob der Kläger sich insoweit auf die Panoramafreiheit gem. § 59 UrhG stützen kann, ist für die Entstehung der isoliert zu betrachtenden Urheberrechte an dem Lichtbildwerk bzw. dem Lichtbild ohne Bedeutung.“ (LG Köln, Urteil vom 01.07.2021 – 14 O 15/20, Rn. 40).

      Zu 2.: Das Gericht verwendet uneinheitlich die Begriffe „MFM-Tabellen“, „-Tarife“ und „-Empfehlungen“. In der Tat sind in jedem Fall die von der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing jährlich ermittelten Bildhonorare gemeint.

      Zu 3.: Der Begriff der Zweitverwertung ist keine auf die Fotografie oder das Motiv bezogene Herabwertung, sondern eine juristische Begrifflichkeit mit der dargestellt wird, dass es sich nicht um die erstmalige, sondern eine weitere „zweite“ Verwertung des Werks handelt. Teilweise sind im Urheberrechtsgesetz an solche Verwertungen besondere rechtliche Aspekte geknüpft (z.B. Wahrnehmung durch Verwertungsgesellschaft bei ausübenden Künstlern etc.). Ohne Weiteres können m.E. Bestandsfotografien gleichermaßen hochwertig sein wie ein Bild, dass sich im Zeitpunkt des Bedarfs anfertigen lässt. Dies ist mit dem Begriff der Zweitverwertung aber nicht abgebildet und seitens der Verfahrensbeteiligten und des Gerichts nicht gemeint.

      Mit freundlichen Grüßen
      Dennis Tölle

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