Neue Urteile in der Urteilsdatenbank

Landgericht Bielefeld: Zum Widerruf der Einwilligung bei Personenfotografien – 6 O 360/07
Leitsätze der Redaktion:

  1. Filmaufnahmen von Minderjährigen im Alter von 8 – 17 Jahren bedürfen der Einwilligung des (einsichtsfähigen) Kindes sowie der Zustimmung der Eltern zu dieser Einwilligung. Dabei kann in der Regel ab der Vollendung des 14. Lebensjahres von einer Einsichtsfähigkeit des Kindes ausgegangen werden.
  2. Wird bei Filmaufnahmen mitgewirkt, kann darin eine stillschweigende Einwilligung zur Herstellung und Verbreitung dieser Aufnahmen angenommen werden, da der Betroffene damit ein Verhalten an den Tag legt, das für den objektiven Erklärungsempfänger als Einwilligung verstanden werden kann. Die Einwilligung kann mit Hinblick auf das Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrecht bis zum Ende der Aufnahmen jederzeit widerrufen werden.
  3. Ein Hinweis des Produktionsteams, die betroffene Person „müsse mitmachen, weil es sonst ein Vertragsbruch sei“ stellt keine rechtswidrige Drohung dar, die eine Einwilligung entfallen ließe. Zwar dürfe kein rechtlicher Zwang entstehen, an der Produktion aktiv teilzunehmen, jedoch hätte ein grundloser Abbruch der Filmaufnahmen durchaus grundsätzlich einen Vertragsstrafen- oder Aufwandsanspruch der Produktionsfirma auslösen können. Dies stellt insofern rechtlich zutreffend die Folgen eines grundlosen Abbruchs der Filmarbeiten dar.
  4. Weichen die Vorstellung der betroffenen Person von einzelnen Szenen des zu erstellenden Films von der Planung der Produktionsfirma ab, berechtigt dies nicht dazu, die Mitarbeit folgenlos einzustellen.

Landgericht Köln: Zur Zulässigkeit der Verwendung von Aufnahmen zur Eigenwerbung – 28 O 690/07
Leitsätze der Redaktion:

  1. Ist in einem Modelvertrag (nähere Infos unter „Model-Release“) Eigenwerbung des Models bzw. des Fotografen erlaubt, ist dieser Passus bei Auslegung nach dem Empfängerhorizont (§§133, 157 BGB) und unter Berücksichtigung der für die Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte maßgeblichen Zweckübertragungsregel, § 31 Abs. 5 UrhG, so zu verstehen, dass der jeweilige Vertragspartner für sich in der Eigenschaft als Fotograf bzw. Model Werbung machen darf. Darunter fällt beispielsweise die Anfertigung von Bewerbungsunterlagen (Sedcard). Die Nutzung für die Anpreisung einer Tätigkeit als Prostituierte gehört aber nicht zu solchen typischen Modelwerbungen, sondern stellt eine separate Art der Nutzung dar, die nicht mehr vom Vertrag gedeckt ist.
  2. Gewerbliche Nutzung ist auch gegeben, wenn der Abgebildete mit seinem Bildnis mit wirtschaftlicher Zielsetzung wirbt.
  3. Etwaige Verstöße gegen den Modelvertrag sind allenfalls Grund für eine – ggf. nach Abmahnung (§ 314 Abs. 2 BGB) auszusprechende – Kündigung des Vertrages. Keinesfalls bewirken sie aber, dass Vertragsverstöße in Form von unberechtigter Unterlizenzierung der Lichtbilder vorgenommen werden dürfen.
  4. Für ein Zu-Eigen-Machen von Inhalte auf einer Website spricht, wenn man sich ein uneingeschränktes und unwiderrufliches Nutzungsrecht an allen von Kunden eingestellten Beiträgen einräumen lässt. Bei diese eingestellten Informationen handelte es sich damit, auch im Sinne des § 7 Abs. 1 TMG, um eigene Informationen.
  5. Nach § 31 Abs. 3 iVm § 35 Abs. 1 S. 1 UrhG bedarf es für die Einräumung weiterer Nutzungsrechte durch den Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts der Zustimmung des Urhebers. Kennzeichnend für ein ausschließliches Nutzungsrecht ist es, dass es nur noch dem Nutzer gestattet ist, das Werk in der vereinbarten Form zu nutzen; auch dem Urheber ist dann die Nutzung des Werks in dieser Weise nicht gestattet

Landgericht Münster: Zur Verletzung des Rechts am eigenen Bild – 10 O 626/03
Leitsätze der Redaktion

  1. Relative Personen der Zeitgeschichte sind solche, die lediglich in bezug auf ein bestimmtes Geschehen in das Blickfeld der Öffentlichkeit treten und bei denen allein aufgrund dieses Geschehens ein öffentliches Interesse an ihrem Bildnis besteht. Angehörige von Verbrechensopfern können eine relative Person der Zeitgeschichte darstellen, wenn sie zugleich auch Tatzeuge sind.
  2. Derjenige, der an einer Veranstaltung teilnimmt, bei der er mit einer Berichterstattung durch die Medien rechnen muß, willigt jedenfalls dann in die Herstellung und grundsätzliche Veröffentlichung der Aufnahmen ein, wenn er für die Aufnahme posiert oder auch nur fröhlich in die Kamera blickt. Im übrigen liegt kein Einverständnis vor, wenn der Betroffene bloß erkennt, dass er fotografiert wird, aber nicht dagegen einschreitet.
  3. Bei dem Recht am eigenen Bild handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht, über das man allein verfügungsbefugt ist.
  4. Erfahrenen Medienunternehmen ist bekannt, daß es für die Veröffentlichung eines Bildnisses der Einwilligung der betroffenen Person bedarf. Wird diese Einwilligung nicht eingeholt, handelt das Unternehmen grob fahrlässig.

2 Gedanken zu „Neue Urteile in der Urteilsdatenbank“

  1. Dagegen liegt kein Einverständnis vor, wenn der Betroffene bloß erkennt, dass er fotografiert wird, aber nicht dagegen einschreitet.

    Shit! War/Ist es nicht so, dass jemand, der typisch für die Veranstaltung ist, mit Fotos rechnen muss? Bezieht sich dieses neue Urteil eher auf Gaffer oder auch auf den Schützenkönig? Weil wenn letzteres, wie soll man dann einen Karnevalsumzug fotografieren?

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  2. Hallo bee,

    um auf die Frage einzugehen möchte ich zunächst folgendes verdeutlichen:
    das BVerfG (NJW 2002, 3767, 3768) führte auf, dass die Teilnahme des Klägers an einer Veranstaltung, bei der mit einer Berichterstattung durch die Presse gerechnet werden muss, Teil der von ihm selbst gewählten Beziehungen zu seiner Umwelt ist und nicht nicht den Kernbereich des Persönlichkeitsrechts berührt. Wer für Aufnahmen posiert oder auch nur fröhlich in die Kamera blickt willigt jedenfalls dann in die Herstellung und grundsätzliche Veröffentlichung von Aufnahmen konkludent ein.
    Ob diese Veranstaltung eine Ausnahme im Sinne des § 23 KUG darstellt, musste somit wohl nicht behandelt werden, da zumindest eine Einwilligung vorlag.

    Das LG Münster hat sich bei der zitierten Passage mit der Frage der Zustimmung der Klägerin auseinandergesetzt, da diese zumindest ein „berechtigtes Interesse“ (§ 23 Abs. 2 KUG) hatte, welches der Veröffentlichung entgegensteht. Das LG stellte fest, das ein Gerichtssaal keine Veranstaltung ist, bei der mit einer Berichterstattung durch die Presse gerechnet werden muss. Wenn der Betroffene in einem solchen Gerichtssaal erkennt, daß er fotografiert wird, und dagegen nicht einschreitet, erklärt damit noch kein konkludentes Einverständnis mit der Veröffentlichung der Aufnahme. Somit lag keine Zustimmung vor und die Klägerin hatte ein berechtigtes Interesse daran, dass die Fotos nicht veröffentlicht wurden.

    Die von Ihnen aufgeworfene Frage ist somit von den genannten Urteilen nicht eindeutig erfasst.
    Denn bei einem „Karnevalsaufzug“ bleibt generell zuerst einmal die Frage, ob eine Ausnahme im Sinne des § 23 KUG vorliegt, in der Regel insbesondere, ob es sich um eine „Versammlung, einen Aufzug und / oder ähnlichen Vorgang, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben“, handelt. Wenn ja, bedarf es keiner Einwilligung nach § 22 KUG, solange der Verbreitung kein berechtigtes Interesse entgegensteht.
    Um dies zu beantworten bedarf es jedoch stets einer Einzelfallentscheidung und sollte stets mit einem Anwalt geklärt werden.

    Grundsätzlich gilt jedoch auch: sobald eine Person abgelichtet wird, hat sie prinzipiell das Recht, Herausgabe des Bildmaterials (§§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog iVm. §§ 823 Abs. 1, 249 S. 1 BGB) oder Vernichtung der Fotos nach §§ 37, 38 KUG zu verlangen.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Florian Wagenknecht

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