Dash-Cam-Aufzeichnungen als Beweismittel zulässig

In Nürnberg kam es zu einem Verkehrsunfall. Beide Parteien schilderten dem Gericht unterschiedliche Tathergänge. Dadurch, dass der Kläger den Unfallhergang mit einer Dash-Cam aufgenommen hatte, konnte ermittelt werden, dass der Beklagte den Unfall allein verschuldet hatte. Der Beklagte widersprach der Verwertung der Dash-Cam-Aufzeichnung und begründet das mit einem Beweisverwertungsverbot.

Keine höchstrichterliche Entscheidung zur Verwertung von Dash-Cam-Aufnahmen

Das Amtsgericht Nürnberg sah im vorliegenden Fall kein Beweisverwertungsverbot (Amtsgericht Nürnberg, Urteil vom 08.05.2015 – Az. 18 C 8938/14). Das Gericht war der Meinung, dass die Dash-Cam-Aufzeichnung als Beweis verwendet werden durfte. Es habe noch keine höchstrichterliche Entscheidung dazu gegeben, sodass die Verwertbarkeit einzelfallabhängig zu beurteilen sei. 

Beweisverwertungsverbot wegen § 6 b Abs. 1 Nr. 3 BDSG?

Teilweise geht man von einem Beweisverwertungsverbot der Dash-Cam-Aufnahmen aus. Argumentiert wird mit dem Verstoß gegen § 6 b Abs. 1 Nr. 3 BDSG (vgl.: AG München, Beschluss vom 13.08.2014, Az. 345 C 5551/14, LG Heilbronn, Urteil vom 03.02.2015, Az. I 3 S 19/14.). Allerdings ist zweifelhaft, ob Dash-Cams überhaupt unter diese Norm subsumiert werden können. Die Norm spricht von der Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen. Ob Dash-Cams, die aus einem fahrenden Fahrzeug heraus aufnehmen, davon erfasst sind, ist zweifelhaft.

Kunsturgeberrechtsgesetz schließt Verwertung aus?

Das AG München stützte ein Verwertungsverbot für Dash-Cam-Aufnahmen auch auf § 22 S. 1 KunstUrhG (AG München, Beschluss vom 13.08.2014, Az. 345 C 5551/14). § 22 KunstUrhG bietet Schutz gegen die unzulässige Verbreitung von Abbildungen oder die öffentliche Zuschaustellung. § 24 KunstUrhG stellt jedoch eine Ausnahme dar. So dürfen solche Abbildungen zum Beispiel für Zwecke der Rechtspflege auch ohne Einwilligung des Berechtigten öffentlich zur Schau gestellt werden. Das zeigt auf, dass auch das KunstUrhG kein Beweisverwertungsverbot für Dash-Cam-Aufzeichnungen regelt; vielmehr stellt § 24 KunstUrhG eine Zulässigkeitsregel dar. Auch die Tatsache, dass es nie in Frage gestellt wurde, dass nach einem Unfall Fotos zur Beweissicherung gemacht wurden, spricht für eine Verwertbarkeit der Aufzeichnungen. Warum sollten Fotos erlaubt sein und Videoaufzeichnungen gegen das KunstUrhG verstoßen?

Allgemeines Persönlichkeitsrecht

Die Verwertung der Dash-Cam-Aufzeichnung greift grundsätzlich in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein, Artikel 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG. Der Betroffene wird in seinem Recht der informationellen Selbstbestimmung eingeschränkt. Dieser Eingriff allein führt aber nicht zu einem Beweisverwertungsverbot. Es muss eine Güte- und Interessenabwägung stattfinden, nach welcher zu entscheiden ist, ob der Betroffene den Eingriff so hinnehmen muss.

In diesem Fall ist das Verwertungsinteresse des Klägers erheblich. Es stehen sich zwei unterschiedliche Beschreibungen des Unfallhergangs gegenüber, die mithilfe der Dash-Cam-Aufzeichnung aufgeklärt werden können. Ohne dieses Beweismittel könnte der Kläger seine Schadensersatzansprüche nicht durchsetzen. Sein Interesse ist somit legitim.

Gericht hat auch Interesse an Beweiswürdigung

Auch das Gericht ist interessiert daran, einen materiell richtigen Sachverhalt als Entscheidungsgrundlage zu haben. Im Zivilprozess wird viel Wert auf die Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Rechtspflege und das Streben nach einer materiell richtigen Entscheidung gelegt, um das Gemeinwohl aufrechtzuerhalten. Die Gerichte sind gehalten, die von den Parteien angebotenen Beweismittel zu berücksichtigen, um die Wahrheitsfindung zu ermöglichen. Vor allem bei Verkehrsunfällen ist der Geschädigte häufig in Beweisnot. Auch Zeugen können den genauen Unfallhergang häufig nicht mehr aus eigener Wahrnehmung beschreiben. Nur die Videoaufzeichnung der Dash-Cam führt in diesem Fall zu einem materiell richtigen Ergebnis.

(Bild: © WoGi – Fotolia.com)

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