Der Irrglaube über Gruppenfotos

Heute wollen wir uns in einem kurzen Artikel mit dem Irrglauben befassen, dass man bei Gruppenfotos mit drei, sechs, sieben, acht, neun, 15 oder 20 Personen (oder was sonst noch für Zahlen im Umlauf sind) pauschal keine Einwilligung der fotografierten Personen braucht.

Man nehme das fiktive Beispiele und diskutiere mit Bekannten:

Man sitzt im Skiurlaub auf der Hütte, schaut sich die Wintersportler an und sieht eine Gruppe von ca. 20 Leuten, die sich einen Spaß dran machen, im Badeanzug zu snowboarden. Da denkt man sich: die schrägen Vögel muss ich meinen Freunden zeigen, das glaubt mir ja sonst keiner. Handy gezückt und als die Boarder gerade vor einem die Piste runterkommen Foto / Film gemacht. Die Boarder sind auf den Bildern alle erkennbar. Direkt im Social Network eingestellt und alle an dem Spaß teilhaben lassen.

Recht bei Gruppenfotos: Kommen wir zur „Auflösung“

Es ist so verwunderlich wie faszinierend, wie hartnäckig sich der Glaube hält, das bei Gruppenfotos eine Einwilligung nicht erforderlich ist. Zumindest einige sind der Auffassung: alles kein Problem. Wir waren ja in einer Gruppe von mehreren Leuten. Wäre es nur ein einziger gewesen, hätte dies eventuell ein Problem sein können. Wenn es so viele sind brauche ich jedoch kein Einverständnis.

Das kann stimmen, muss aber nicht. Um dies vielleicht festzuhalten: das Beispiel lässt sich so eindeutig auch nicht beurteilen und beides wäre vertretbar.

Soweit keine gesetzliche Ausnahme vorliegt, dürfen Fotos von Personen nur mit deren Einwilligung verbreitet werden. Prinzipiell gilt damit auch bei Gruppenfotos, dass eine Einwilligung jeder einzelnen Person einzuholen ist, wenn diese Gruppe als Bildzweck/Hauptmotiv erfasst werden soll. Bei Aufnahmen von Minderjährigen bedarf es neben der Einwilligung des Minderjährigen zudem der Zustimmung der gesetzlichen Vertreter.

Nur weil eine Person mit mehreren anderen Personen abgelichtet wird, bedeutet dies nicht, dass sie auf ihr „Recht am eigenen Bild“ verzichtet. Daher kann auch jeder aus der Gruppe Herausgabe des Bildmaterials (§§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog iVm. §§ 823 Abs. 1, 249 S. 1 BGB), Vernichtung der Fotos nach §§ 37, 38 KUG oder gar Schadensersatz verlangen.

Möglicherweise fingierte Einwilligung in Fotos

Eine Erlaubnis zur Veröffentlichung von Gruppenfotos lässt sich also fast nur über die direkte oder indirekte Einwilligung herleiten. Sie müssen den Aufnahmen also mündlich/schriftlich zustimmen oder die Zustimmung darf vermutet werden. Auf eine konkludente Einwilligung schließen lässt sich beispielsweise, wenn die Personen erkennen, dass sie fotografiert werden und dabei lächelnd oder gar posierend in die Kamera blicken (vgl. aber auch LG Münster, Urt. v. 24.03.2004).

Ebenso ließe sich eine Einwilligung herleiten, wenn die Person(en) Fotos/Videos geradezu provozieren – und das wäre ein Argument, warum Fotos der Boarder-Gruppe hätten veröffentlicht werden können.

Gruppenfotos: Woher kommt dieser Irrglaube?

Eine andere Ausnahme ist kaum zu fingieren. Der (Irr-)Glaube, dass man bei Gruppenfotos grundsätzlich niemals eine Einwilligung bräuchte, lässt sich wohl auf die Ausnahmen in § 23 KUG zurückführen. Dort wird aufgezählt, wann Fotos ohne vorherige Einwilligung der abgelichteten Personen verwertet werden dürfen.

Für unseren Fall sind insbesondere Absatz I Nr. 2 und 3 zu nennen:

2. die abgebildeten Personen nur als Beiwerke einer Landschaft oder Örtlichkeit erscheinen

Diese Ausnahme kommt jedoch überhaupt erst in Betracht, wenn man eigentlich nicht genau diese eine Gruppe fotografieren möchte, sondern etwas ganz anderes (z.B. den Ort wo sich die Gruppe grade aufhält) und die Personengruppe „nur zufällig vor Ort ist“.

3. das Bildnis Versammlungen, Aufzüge oder ähnliche Vorgänge darstellt, an denen der Abgebildete teilgenommen hat

Eine Gruppe (Boarder wie im Beispiel, oder Leute die auf den Bus warten) ist selten eine Versammlung oder  ein ähnlicher Vorgang. Dies vorweggenommen gilt Nr. 3 auch nur, wenn nicht direkt die Person(en) sondern das Event an sich abgebildet wird. Sobald bestimmte Personen besonders hervorgehoben oder im Vordergrund des Bildes stehen, kann dies eine Rechtsverletzung begründen. Der Bildzweck muss bei der Veranstaltung liegen. Das Hauptmotiv darf nicht die (Einzel-)Person sein, solange sie die Veranstaltung nicht repräsentiert (z.B. Leiter, Redner o.ä.).

Selbst wenn die Ausnahmen des § 22 KUG eine Veröffentlichung der Bilder erlauben, bleiben allerdings noch die Einschränkungen des § 23 Abs. 2 KUG, weswegen eine Veröffentlichung wiederum verboten sein könnte.

Fazit: Vorsicht bei Fotos von Gruppen

Möchten man also eine Gruppe fotografieren bleibt festzuhalten, dass diese Aufnahmen grundsätzlich nicht ohne (konkludente) Einwilligung jeder einzelnen abgelichteten Personen verwertet oder veröffentlicht werden dürfen.

Auch wenn dies im Zweifel bedeutet, dass man 20 oder gar mehr Zustimmungen für die Veröffentlichung braucht. Denn im Notfall muss man beweisen, dass diese Einwilligungen eingeholt worden sind, es sich um eine der vier Ausnahmen aus § 23 KUG handelt, oder gar andere einzelfallbezogene Ausnahmen gelten könnten.

(Bild: © Joseph Helfenberger – Fotolia.com)

[box type=“info“ size=“medium“] Zu diesem Thema ist auch unser Podcast verfügbar: iTunesBrowserFeed [/box]

170 Gedanken zu „Der Irrglaube über Gruppenfotos“

  1. Hallo,
     
    ich bin Pfadfidner und für Bilder und unsere Homepage sowie FaceBook Auftritt zuständig.
    Nun bin ich mir ein wenig unsicher.
    Wir machen regelmäßig Zeltlager (hier mache ich nur Bilder auf dem Zeltplatz oder im Aufenthaltszelt, nicht in den Schalfzelten) oder fahren in Selbstverpflegerhäuser wofür die Teilnehmer anmeldungen ausfüllen.
    Gelegentlich machen wir auch Aktionen (wie z.B. haben einen Stand auf einem Weihnachtsmarkt) oder nehmen an anderen Aktionen als Gruppe teil (im öffentlichen Raum) bei denen ich auch Fotos mache, bei der es aber keine Anmeldung für die Teilnehmer gibt.
    Hier entstehen Bilder, die zeigen sollen, was wir gemacht haben. Mal sind Gruppen zu sehen, mal nur wenige Teilnehmer oder auch Einzelpersonen.
     
    1. Benötige ich die Einverständnis der Teilnehmer, wenn ich die Bilder auf der eigenen Homepage oder auf dem Facebook Auftritt veröffentliche? Wenn nicht, reicht es das auf der Anmeldung als Punkt aufzuführen, dass die Bilder veröffentlicht werden dürfen? Dann müsste ich diese Anmeldungen auch aufbewahren, nehme ich an.
    2. Wie sieht es mit Aktionen aus, an denen wir teilnehmen und ich keine Anmeldung austeile?
    3. Wenn auf dem Bild noch andere Leute sind, aber als Hauptmotiv die Gruppe zu sehen ist, die ihre Einverständnis gegeben hat, muss ich dann trotzdem eine Einwilligung der weiteren Personen einholen.
     
    Ich weiss, das sind ein haufen Fragen.
    Aber trotz lesen diverser Gesetzestexte würd ich gerne auf Nummer sicher gehen.
     
    Vielen Dank
    Andi

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  2. Ein sehr komlexes Thema, was wohl in den meisten Fällen wirklich im Einzelfall entschieden werden muss. Was natürlich sehr interessant zu wissen wäre, ob die Menschen, die sich im Hintergrund (zufällig vorbeilaufen) befinden, auch Rechte am Foto haben und ob hier ggf. sogar das Einverständnis zur Veröffentlichung eingeholt werden muss. Ich weiß, Sie dürfen hier keine entsprechende AUskunft erteilen, dennoch möchte ich die Frage in den Raum „werfen“…

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  3. wie sieht es denn im Fall des Festhaltens einer Situation aus:
    eine Gruppe von Personen (15-20) benutzt unerlaubt privates Gelände. Um die Situation beweisen zu können müsste, auch wenn dabei Personen erkennbar sind, eine Fotoaufnahme erlaubt sein!? (Die natürlich nicht in öffentlichen Netzwerken veröffentlicht, sondern nur zur Dokumentation verwendet wird)
    Ansonsten wären automatische Aufnahmen z.B. zum Schutz von Geldautomaten in Banken ebenso illegal?
    Gruß 

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  4. Es wäre mMn sinnvoll auch in diesem Artikel deutlich(er) herauszuarbeiten, dass schon die Aufnahme des Fotos / Videos gegen das Recht der Abgebildeten am eigenen Bild verstößt. Die Verbreitung stellt dann die zweite Rechtsverletzung dar. Beide Handlungen, die auch von verschiedenen Personen (Bsp. Fotograf / / Agentur / Presseorgan) begangen werden können, sind immer selbstständig zu beurteilen. Gerade diese Differenzierung erscheint mir in juristischen Texten wichtig

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  5. Ich bin aktiv im Sport und mach Mannschaftsfoto von Erwachsenen und Jugendlich auf einem Camp oder Turnier.
    Meistens sind 10-20 Jugendliche (Teilnehmer) die an dem Camp oder Turnier teilnehmen.
    Benötige ich dann von jedem einzelen Kind/Jugendlichen eine Einverständniserklärung der Eltern für die veröffentl. des Fotos auf der Verbandsseite?

    Wie sieht es bei Erwachsenen aus?

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  6. Ich habe auch ein paar Fragen zum Thema Gruppenfotos und Einwilligung.

    1. Konstellation: Es werden in einem Pflegeheim bei einem Sommerfest Fotos von der Veranstaltung also von den Bewohnern gemacht und z.B. in einer Betriebszeitung oder auf der Homepage der Einrichtung oder Mitarbeiter posten dies bei Facebook veröffentlicht.
    Brauche ich hier die Einwilligung der Bewohner für diese 3 Veröffentlichungen?
    2. Die Mitarbeiter machen bei einer Betriebsfeier oder Weihnachtsfeier Fotos von anderen Mitarbeitern oder Mitarbeitergruppen und veröffentlichen diese bei Facebook. Ist das Privatsache? Sollte der Arbeitgeber bei der Einladung irgendwie drauf hinweisen? Braucht der Arbeitgeber wenn er Fotos von der Weihnachtsfeier macht und diese in der Zeitung oder Internet veröffentlicht eine Einwilligung oder greift hier der Ausnahmetatbestand „Versammlung“
    3.) In Kindergärten werden Fotos von den Kindern mit Mitarbeitern gemacht bei Veranstaltungen gemacht und diese in Betriebszeitung, Hompepage und ggf. Tageszeitung veröffentlicht. Die Einwilligung sei bei Aufnahme im Vertrag geregelt. Das ist doch kritisch, da diese nicht für das jeweilige Event erteilt wird. Mann kann doch nicht allgemein einmalig für alle eventuell mal stattfindenden Veranstaltungen sich vorab die Einwilligung erteilen lassen, oder? Die Mitarbeiter müssen dann auch einwilligen, oder? Oder greift hier wieder der Ausnahmetatbestand „Versammlung“?

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