Fotorechtsverletzung auch bei potentieller Abrufmöglichkeit

Suchmaschinenresistente Speicherung kann als Veröffentlichung gedeutet werden

In der Vergangenheit waren sich die Gerichte häufig nicht einig darüber, ob eine öffentliche Zugänglichmachung nach § 19a UrhG bejaht werden kann, wenn Fotodateien nur über einen Internetpfad abrufbar sind. Die jüngsten Tendenzen in der Rechtsprechung bestätigen jedoch, dass die öffentliche Zugänglichmachung auch dann gegeben ist, wenn die Datei schuldhaft nicht vollständig vom Server gelöscht wurde.

In seinem Urteil vom 26.02.2015, hat das Amtsgericht Hannover (Az. 522 C 9466/14) für die Rechte des Urhebers entschieden. Das beklagte Unternehmen hat es, trotz Aufforderung, unterlassen, eine Bilddatei komplett vom Server zu entfernen. Das Gericht verurteilte das Unternehmen sodann zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 2.500,00 € zuzüglich Schadensersatz und Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten.

Nutzung unlizenzierten Bildmaterials

Vorliegend klagte eine Food-Bildagentur auf Zahlung einer Vertragsstrafe wegen der unbefugten Nutzung eines Bildes im Internet sowie Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von 252,00 € für die sechsmonatige unerlaubte Nutzung des Bildes und Erstattung der Rechtsanwaltskosten.

Das beklagte Unternehmen nutzte das streitgegenständliche Bild zu Werbezwecken online und veröffentlichte es auf der eigenen Webseite. Dabei hat das Unternehmen es unterlassen, die Genehmigung der Agentur zu erfragen, welche über die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Lichtbild verfügte. Da die Nutzung des Bildes grundsätzlich gebührenpflichtig war, folgte nach der Entdeckung des Vorgangs eine anwaltliche Abmahnung und die Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Nach Abgabe der Unterlassungserklärung verpflichtete sich das Unternehmen, bei Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu zahlen. Die Höhe der Vertragsstrafe durfte die Bildagentur nach billigem Ermessen bestimmen, wobei sie im Einzelfall gerichtlich überprüfbar sein sollte (sog. Hamburger Brauch). Für die sechsmonatige Nutzung bis zur Abgabe der Unterlassungserklärung, berechnete die Agentur 252,00 € Schadensersatz.

Daraufhin entfernte das Unternehmen das konkrete Foto aus dem Internet. Das Lichtbild blieb jedoch weiterhin auf dem Server gespeichert. Aus diesem Grund konnte es nicht mehr über eine Suchmaschine gefunden, sondern lediglich über einen direkten URL-Aufruf aufgerufen werden. Diese bestand vorliegend aus einer 18-stelligen Buchstaben- und Zahlenkombination.

Die Bildagentur fand diese Art der Entfernung für unzureichend und sah darin einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung, da die potentielle Möglichkeit des Abrufens weiterhin bestand. Sie klagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 2.500,00 € zuzüglich Zahlung der vorgerichtlichen Nutzungsgebühr von 252,00 € und der Anwaltskosten.

Die abstrakte Möglichkeit des Abrufs von Fotomaterial reicht für die Annahme einer öffentlichen Zugänglichmachung i.S.v. § 19a UrhG aus

Das beklagte Unternehmen wehrte sich gegen den Vorwurf und argumentierte, dass die 18-stellige URL, bestehend aus kryptischen Zeichen ohne Sinnverknüpfung, keine Veröffentlichung darstellt und ebenfalls keinerlei Werbeeffekt erreichen kann. Das Bild könnte nur mittels spezieller Suchprogramme oder aber mit Kenntnis der genauen URL abgerufen werden.

Das Gericht erachtete die Argumentation des beklagten Unternehmens als unzureichend. Unstreitig besitze die Klägerin die Nutzungsrechte an dem Bild und kann dadurch das Entfernen des Bildmaterials berechtigterweise verlangen. Dieses war nach Ansicht des Amtsgerichts auch nach der Abgabe der Unterlassungserklärung abrufbar:

„Ein Zugänglichmachen i.S.v. § 19 a UrhG liegt bereits dann vor, wenn die abstrakte Möglichkeit des Abrufes besteht oder wenn der Inhalt auf einem Server nach Löschung des Direktlinks nur noch hinterlegt war und durch die Eingabe einer bestimmten ULR abgerufen werden konnte (Fromm-Nordemann, Urheberrecht, § 19 a Rz. 7, 11. Auflage; OLG Karlsruhe vom 03.12.2012, 6 U 92/11).“

Die potentielle Möglichkeit, dass Nutzer bei einem früheren Abrufen des Lichtbilds die URL gespeichert haben und so das Foto erneut abrufen könnten, reicht für die Bejahung einer öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG aus. Da das Bild auf diese Art und Weise auch nach Abgabe der Unterlassungserklärung abrufbar sei, nahm das Gericht einen Vertragsstrafe auslösenden Verstoß an. Zur Sicherung des berechtigten wirtschaftlichen Interesses der Agentur hätte das Bild komplett vom Server entfernt werden sollen. Die Tatsache, dass das Bild keinen Werbeeffekt mehr entfalten kann, sei für die Verwirkung der Vertragsstrafe unerheblich, so das Gericht.

Vertragsstrafe in Höhe von 2.500,00 € verhältnismäßig

Die Höhe der von der Agentur festgesetzten Vertragsstrafe von 2.500,00 € erachtet das AG Hannover für verhältnismäßig. Um wiederholten Verletzungen vorzubeugen, dürfte die Vertragsstrafe nach Ansicht des Gerichts so hoch sein, dass ein erneuter Verstoß sich für die brüchige Partei nicht mehr lohnt.

In der Praxis sind für den Wirtschaftsverkehr Vertragsstrafen in Höhe von 5.000,00 € und mehr möglich.

Die Entscheidung des Amtsgerichts Hannover stärkt den Urheberschutz und unterstreicht auch die wirtschaftlichen Interessen des Urhebers. Zugleich sensibilisiert das Urteil die Nutzer von Fotomaterial, indem es zeigt, dass eine unbefugte Veröffentlichung mit hohen finanziellen Risiken verbunden sein kann.

(Bild: © bluebay2014 – Fotolia.com)

Schreibe einen Kommentar