Die moderne Businesswelt arbeitet bei Werbekampagnen immer häufiger mit Foto- oder Videomaterial, bei dem die eigenen Arbeitnehmer zu Protagonisten werden. Die entstandenen Werbevideos werden sowohl auf der eigenen Internetseite, als auch in sozialen Netzwerken veröffentlicht und sorgen für eine bessere Performance des Unternehmens.
Welche Rechte und Pflichten in diesem Zusammenhang die beiden Seiten – Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben, hat die jüngste Entscheidung des 8 Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 19.02.2015 – 8 AZR 1011/13) gezeigt.
Alles fing an mit einer Imagekampagne
Im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit, erstellte ein Unternehmen für Kälte- und Klimatechnik einen Werbefilm, bei welchem 32 Unternehmensmitarbeiter bei der Ausführung ihrer Arbeitsaufgaben zu sehen waren. Durch schriftliche Einwilligung erklärten sich die Mitarbeiter mit der Verwendung und Ausstrahlung der Aufnahmen zu Werbezwecken einverstanden. Die fünfminütige Videosequenz wurde schließlich auf der Unternehmenswebseite veröffentlicht. Diese zeigt unter anderem in zwei kurzen Szenen von jeweils etwa zwei bis drei Sekunden einen Arbeitnehmer, welcher seit 2007 bei dem Unternehmen als Monteur gearbeitet hat, bei der Verrichtung seiner Arbeit.
Das Video sorgte für Streit, nachdem das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien im September 2011 endete. Da der Monteur sich nicht mehr mit seinem bisherigen Arbeitgeber identifizieren wollte, forderte er das Unternehmen auf, das Video innerhalb von 10 Tagen von der Webseite zu entfernen und widerrief seine „möglicherweise“ erteilte Einwilligung. Das Unternehmen willigte ein und nahm das Video Ende Januar 2012 von der Homepage, behielt sich jedoch das Recht vor, es zukünftig eventuell wieder zu nutzen. Der Ex-Mitarbeiter gab sich mit dieser Lösung nicht zufrieden und klagte vor dem Arbeitsgericht auf Unterlassung der Nutzung sowie Schmerzensgeld in Höhe von drei Monatsgehältern für die unberechtigte Nutzung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung
Nach Ansicht des Ex-Mitarbeiters, endete seine Einwilligung mangels anderweitiger ausdrücklicher Hinweise mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dies sollte insbesondere deshalb der Fall sein, weil er seine Einwilligung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses und nicht als Privatperson erteilt hatte. Jedenfalls stehe ihm ein Widerrufsrecht zu, da er nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen nicht mehr mit seinem Ex-Arbeitgeber in Verbindung gebracht werden möchte.
Eine uneingeschränkt erteilte Einwilligung erlischt nicht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Der Instanzenzug des Klägers ist erfolglos geblieben. In seiner Entscheidung vom 19.02.2015 folgte das Bundesarbeitsgericht der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts. Das Erfordernis der schriftlichen Einwilligung, welches sich sowohl aus § 22 KUG als auch aus dem Recht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung ergibt, sei hier gegeben. Die uneingeschränkt erteilte Einwilligung dürfte nicht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses als automatisch erloschen angesehen werden. Vielmehr sei hierzu die Ausübung des Widerrufsrechts erforderlich, welches bei einer schriftlichen Einwilligung nur dann gegeben sei, wenn ein plausibler Grund hierzu genannt werden kann. Im vorliegenden Fall haben die BAG-Richter das nicht bejahen können. Allein das Argument des Klägers, er möchte sich zukünftig nicht mit seinem Ex-Arbeitgeber identifizieren, war für die Richter nicht ausreichend, um die weitere Veröffentlichung des Videos zu untersagen. So hat das BAG entschieden, dass die weitere Veröffentlichung des Werbespots den Kläger nicht in seinem Persönlichkeitsrecht verletzen würde.
Was ist bei Werbevideos zu berücksichtigen
Die Entscheidung des BAG zeigt, dass die Veröffentlichung von Foto- bzw. Videoaufnahmen gemäß § 22 KUG nach wie vor, auch im Arbeitsverhältnis, einwilligungsbedürftig ist. Das Gericht hat eine angemessene Abwägung zwischen den Interessen des Unternehmens und des Arbeitnehmers vorgenommen.
Das Urteil des BAG bestätigt die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung und betont noch einmal, dass die Verbreitung von Aufnahmen in Werbekampagnen oder zu Imagezwecken ohne die ausdrückliche Zustimmung des Arbeitnehmers rechtswidrig ist. Dennoch endet die ordnungsgemäß erteilte Einwilligung in die Veröffentlichung von Bildern nicht automatisch mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Widerrufsmöglichkeit nur beim Vorliegen eines wichtigen Grundes
Durch die Widerrufsmöglichkeit beim Vorliegen eines wichtigen Grundes sind die Interessen der Arbeitnehmer hinreichend geschützt. Gleichwohl ist das hohe Investitionsrisiko eines jeden Unternehmens beim Produzieren von Werbespots berücksichtigt. Das Einräumen unbegrenzter Widerrufsmöglichkeiten könnte, insbesondere bei einer hohen Mitarbeiterfluktuation, zu großen und unvorhersehbaren finanziellen Verlusten führen. Daher räumt das Gesetz dem Arbeitnehmer ein Widerrufsrecht ein, dieses ist aber nur beim Vorliegen plausibler Gründe gegeben.
Die schriftliche Einwilligung schützt vor unvorhersehbaren Risiken
Der Arbeitgeber ist dann auf der sicheren Seite, wenn er im Vorfeld der Aufnahmen die Einwilligung seiner Mitarbeiter schriftlich bekommen hat. Die so erteilte Einwilligung gewährt dem Arbeitgeber die Möglichkeit, Aufnahmen, die zu Werbezwecken gemacht worden sind, auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu nutzen, ohne dadurch höchstpersönliche Rechte des Arbeitnehmers (z.B. das Persönlichkeitsrecht bzw. das daraus abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung) zu beeinträchtigen.
Zwecks Risikominimierung ist es empfehlenswert, dass in der Einwilligungserklärung der Verwendungszweck und die Dauer der Video- bzw. Fotonutzung bestimmt ist. Arbeitgeber, die die Voraussetzung der Schriftform vernachlässigen, müssen im Regelfall mit Unterlassungs- und Schmerzensgeldansprüchen rechnen.
(Bild: © Rui Vale de Sousa – Fotolia.com)