Großmutter, Tochter und Enkelin nehmen an einem Mieterfest teil. Es werden viele Bilder geschossen. Die Bilder fangen Szenen des Mieterfestes ein, „die ein harmonisches Zusammensein von Jung und Alt in fröhlicher und entspannter Atmosphäre zeigen. Die Bildberichterstattung vermittelt den Eindruck, dass Mitbewohner aller Altersgruppen das Fest genossen haben und zwischen ihnen gute nachbarschaftliche Beziehungen bestehen“, so der BGH in seinem Urteil (Urteil vom 08.04.2014, Az. VI ZR 197/13).
Die Idylle trügt
Nicht so schön fanden die drei ein Bild, auf denen sie die Enkelin füttern. Dieses Foto veröffentlichte die beklagte Wohnungsbaugenossenschaft in ihrer Broschüre „Informationen der Genossenschaft“. Die Broschüre wurde in einer Auflage von 2.800 Stück hergestellt und an Genossenschaftsmieter verteilt.
Mieterfest ist Bild der Zeitgeschichte
Die Richter versagten Oma, Tochter und Enkelin einen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG auf Unterlassung der Veröffentlichung des beanstandeten Bildnisses und damit auch auf eine Geldentschädigung. Das Bild sei dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen.
Anders als weitläufig vermutet muss ein zeitgeschichtliches Ereignis nicht immer ein großes Ereignis sein. Der BGH betont, dass dazu auch Veranstaltungen von nur regionaler oder lokaler Bedeutung gehören können.
Verhältnismäßigkeitsprüfung weiterhin unentbehrlich
Allerdings bestehe weiterhin die Notwendigkeit einer Verhältnismäßigkeitsprüfung der gegenüberstehenden Rechte. In diesen Zusammenhang hält der BGH fest, dass das Bild, welches drei Generationen vereint, in die Reihe der anderen Fotos passe und repräsentativ sei. Die Bilder in der Broschüre gäben zusammen genommen einen Eindruck über den Verlauf des Festes. Die Genossenschaft habe ein schützenswertes Interesse, ihre Genossenschaftsmieter im Bild über den Ablauf und die Atmosphäre der Veranstaltung zu informieren.
Beeinträchtigung der abgebildeten Personen gering
Die Beeinträchtigung der Rechte der drei Protagonistinnen durch das ohne Namensnennung veröffentlichte Foto sei hingegen gering: (1) über vorherige Feste wurde bereits ähnlich berichtet und eine Berichterstattung sei zu erwarten gewesen, (2) das Foto sei nicht heimlich angefertigt worden, auch wenn die Klägerinnen die Anfertigung der konkreten Aufnahmen möglicherweise nicht bemerkt haben, und (3) die Informationsbroschüre sei nur an die Mieter verteilt worden, mithin an einen begrenzten Adressatenkreis, aus dem die Teilnehmer des Mieterfestes stammten. Eine Beeinträchtigung einer kindgerechten Entwicklung der Enkelin sei nicht ersichtlich.
Wegweisend: Auch kleine Veranstaltungen können als zeitgeschichliche Ereignisse gelten
Der BGH stellt mit dem Urteil (nun endgültig) klar, dass auch kleine Veranstaltungen in den Bereich der Zeitgeschichte fallen können. Gleichfalls hält der BGH auch in diesen Fällen an dem Grundsatz fest, dass es einer einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung bedarf, ob eine Veröffentlichung rechtmäßig oder doch persönlichkeitsverletzend ist.
Man darf das Urteil daher nicht derart verallgemeinern, dass jede Verbreitung erlaubt sei. Wäre das Bild zum Beispiel allein und nicht im Zusammenhang mit den anderen Fotos der Bilderreihe bei Facebook veröffentlicht worden, könnte das Persönlichkeitsrecht von Oma, Tochter und Enkelin schon eher beeinträchtigt sein.
(Bild: © VarDaan – Fotolia.com)