Strafbarkeit unbefugter und ehrverletzender Fotos: Änderung §201a StGB

Im Rahmen der Umsetzung europäischer Vorgaben, wird nun auch der § 201a des Strafgesetzbuches (StGB) geändert. Unter dem Titel „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“ werden sowohl der Strafrahmen als auch die tatbestandlichen Handlungen erweitert.

Strafbare Handlungen

Die beschlossene Gesetzesfassung umfasst im Vergleich zum bisherigen Gesetzeswortlaut unter anderem neue Handlungsvarianten, die der Strafbarkeit ausdrücklich unterworfen werden.

So wird nunmehr bestraft, wer

1. von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,

2. eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,

3. eine durch eine Tat nach Nr. 1 oder 2 hergestellte Bildaufnahme gebraucht oder einer dritten Person zugänglich macht oder

4. eine befugt hergestellte Bildaufnahme der in Nr 1 oder 2 bezeichneten Art wissentlich unbefugt einer dritten Person zugänglich macht und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt.

Ebenso wird bestraft, wer

(2) […] unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich macht,

sowie

(3) […] eine Bildaufnahme, die die Nacktheit einer anderen Person unter achtzehn Jahren zum Gegenstand hat,

1. herstellt oder anbietet, um sie einer dritten Person gegen Entgelt zu verschaffen oder

2. sich oder einer dritten Person gegen Entgelt verschafft.

[…]

Während im bisherigen Gesetzesentwurf bzw. der Gesetzesbegründung noch von einer „bloßstellenden Bildaufnahme“ die Rede war, fehlt dieser unbestimmte Rechtsbegriff nunmehr. Er hatte bereits im Vorfeld für heftige Kritik gesorgt, wie wir bereits berichteten (hier und hier). Allerdings lassen auch die neuen Formulierungen Spielraum für Interpretationen. Insbesondere stellt sich die Frage, ab wann eine Bildaufnahme dem Ansehen einer Person erheblich schadet. Nach Ansicht der Bundesregierung ist „Maßstab dafür, ob eine Bildaufnahme geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, […] die Beurteilung durch einen durchschnittlichen Betrachter.“ Dies hilft allerdings nur wenig bei der Bestimmung des Begriffsinhalts.

Nicht mehr in der endgültigen Fassung enthalten ist die Formulierung „Ebenso wird bestraft, wer unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, oder unbefugt eine Bildaufnahme von einer unbekleideten anderen Person herstellt oder überträgt.„. Diese Änderung ist zu begrüßen, da die ursprüngliche Fassung bereits hinsichtlich der Erstellung einer Fotografie für reichlich Unsicherheiten in der Praxis gesorgt hätten.

Damit dürfte sich die Befürchtung, jede Strandfotografie des eigenen Kindes sei nun strafbar, erledigt haben. Darüber hinaus ist die Bundesregierung der Auffassung, dass von dem neuen Gesetzeswortlaut „nur Handlungsweisen erfasst werden, die sozial inadäquat sind. Strafbar sind nur unbefugte Handlungen: Bildaufnahmen von unbekleideten Kindern in familiären Alltagssituationen, die im familiären Bereich verbleiben und allenfalls im Verwandten- und Freundeskreis gezeigt werden, sind sozialadäquat und üblich. Ihre Verbreitung erfolgt nicht unbefugt. Die Befugnis kann sich entweder aus der Einwilligung des oder der Betroffenen oder bei einwilligungsunfähigen abgebildeten Kindern […] aus der Einwilligung der Eltern bzw. Erziehungsberechtigten ergeben.“

Ausnahmen bestätigen die Regel

Abs. 1 Nr. 3 oder Nr. 4, Abs. 2 und 3 gelten nach der neuen Gesetzesfassung nicht für solche Handlungen, „die in Wahrnehmung berechtigter Interessen erfolgen, namentlich der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dienen“.

Kritik bleibt – wenn auch abgeschwächt

Aber auch die neue Formulierung erntet berechtigte Kritik in den Medien (u.a. unter http://hendrikwieduwilt.wordpress.com/) – insbesondere hinsichtlich der zunehmenden Kriminalisierung weiter Teile der Straßenfotografie.

Höhere Freiheitsstrafe

Ebenfalls von der Gesetzesänderung umfasst ist eine erhöhte maximale Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren. Bisher lag diese bei maximal einem Jahr.

Entschärfung zum bisherigen Entwurf

Nachdem der erste Entwurf des geplanten Gesetzes für Diskussionen sorgte, verzichtet die endgültige Fassung nun auf die zunächst kritisierten Begrifflichkeiten. Wie sehr die Norm in der Praxis eine Rolle spielen wird, hängt unter anderem auch davon ab, ob die abgebildeten Personen einen Strafantrag stellen. Dieser ist gem. § 205 StGB nämlich Voraussetzung für die Ermittlungstätigkeit der Behörden.

(Bild: © rcx – Fotolia.com)

37 Gedanken zu „Strafbarkeit unbefugter und ehrverletzender Fotos: Änderung §201a StGB“

  1. OK als Rechtslaie und Fotograf tun sich mir noch einige fragen auf. Als babyfotogaf der von den Eltern beauftragt ist Fotos des nackten Babys zu schießen, ist dies nun Kunst und somit legal? Bzw kann jeder gegen jeden einen Strafantrag stellen oder nur die jeweils betroffenen, bzw gesetzliche Vertreter?

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  2. Hallo Andi!

    Grundsätzlich ist eine solche Aufnahme zumindest nicht unbefugt hergestellt, da die Eltern wirksam Einwilligungen für das Kind erteilen können. Hinsichtlich des Tatbestands

    „(3) […] eine Bildaufnahme, die die Nacktheit einer anderen Person unter achtzehn Jahren zum Gegenstand hat,
    1. herstellt oder anbietet, um sie einer dritten Person gegen Entgelt zu verschaffen […]“

    kann man den Wortlaut sicher auch so interpretieren, dass eine Strafbarkeit denkbar wäre. Angesichts der Gesetzesbegründung wird davon aber nicht auszugehen sein. Solche Fälle will der Gesetzgeber nicht unter Strafe stellen – auch wenn dies leider nicht deutlich wird im Gesetzestext.

    Zur Stellung eines Strafantrags ist grds. nur der Verletzte berechtigt. Bei Kindern kann dies jedoch auch durch die Eltern geschehen. Dieser kann bspw. bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft gestellt werden.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dennis Tölle

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  3. Hi Dennis,
    danke für die ausführliche Antwort. Meine Gedanken waren dabei, ob z.B. ein missgünstiger Mitbewerber ( sowas solls ja geben ;-) ) da hätte Stress machen können indem er in so einem Fall einen Strafantrag stellt. Aber Du hast meine Bedenken ja zerstreut. Vielen Dank
    lg Andi

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  4. „2. eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt, […]“

    Oha, damit wird doch das ganze Geschäftsmodell der Bild gefährdet.

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  5. Ja, im Bereich der Straßenfotografie bleiben viele Fragen offen. Paradebeispiel: Die Fotografie eines sich küssenden Pärchens in der Öffentlichkeit. Was ist z. B. wenn das Foto einen der beiden beim Fremdgehen zeigt? Hat es damit Potenzial dem Ansehen der betreffenden Person zu schaden, wenn es publiziert wird? Oder muss davon ausgegangen werden, dass der Betreffende das Risiko billigend in Kauf nimmt, wenn er seine Affäre öffentlich auslebt?

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  6. Ich denke nicht, dass die Bild und andere Zeitungen von dieser Regelung betroffen sind. Schließlich wird der Zweck der Berichterstattung ja wieder erlaubt, oder nicht?

    Und die Ausnahme „Kunst“ dürfte auch jedem Hobbyfotograf retten. Zumindest aber zeugt es von dem Murks des Gesetzes, da Kunst sehr weit interpretiert werden kann.

    Abgesehen davon: Auch bisher gab es genügend Mittel, gegen unrechtmäßige Veröffentlichungen vorzugehen.

    Jetzt allerdings werden private und möglicherweise berufliche Aufnahmen quasi per se kriminalisiert. Vielmehr trifft es alle Fotografen, die freiberuflich arbeiten. Es bleibt abzuwarten, wie oft diese sich bald Polizeikontrollen gegenübersehen, wenn Menschen auf der Straße fuchtelnd angerannt kommen und die Polizei rufen, weil sie glauben, dass sie fotografiert wurden.

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  7. „Solche Fälle will der Gesetzgeber nicht unter Strafe stellen – auch wenn dies leider nicht deutlich wird im Gesetzestext.“

    Oh, inzwischen ist die Begründung, warum man sich keine Sorgen über den genauen Gesetzeswortlaut machen müsse, auf die Interpretation der derzeitigen Bundesregierung des Begriffes „sozialadäquat“ degeneriert?

    Ich erinnere an den Gesetzeswortlaut in dem der „allgemein anerkannter Zweck“ (§ 42a WaffG) verankert wurde. Der damalige BMI Schäuble suggerierte, dass damit nicht das kleine Taschenmesser zum Apfelschälen sondern das des gewaltbereiten Jugendlichen asservierbar werden sollte. In der Praxis sieht es so aus, das inzwischen regelmäßig der Fund eines festellbaren Klappmessers in einer Eigentumsaufgabe und/oder einem OWi-Verfahren mündet.

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  8. Zitat aus einem Internetforum:
    „Ich fotografiere zum Beispiel viel am Strand. Da passiert es oft dass Kinder aus Versehen mit auf dem Bild sind. Manche Eltern lassen ihre Kinder ja auch nackt am Strand spielen. Das kann ganz schön ins Auge gehen.“
    http://www.kreta-welt.de/threads/1504-Recht-am-Bild

    Sind denn solche -selbstverständlich unentgeldliche- Veröffentlichungen im Internet denn nun strafbar, wenn eine Einwilligung der Eltern nicht vorliegt ?
    Das Gesetz beschneidet ja den ohnehin verschieden auslegbaren Begriff der Panoramafreiheit.

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