EuGH zur Digitalisierung von Büchern durch Bibliotheken

Der Fall 

Ursprung der Streitigkeit war eine Klage des Eugen Ulmer Verlag gegen die TU Darmstadt. Die Bibliothek der Hochschule hatte von dem Verlag ein Lehrbuch erworben Sie erstellte eine eigene digitale Version, die den Nutzern der Bibliothek an den hierfür eingerichteten Terminals digital zur Verfügung stand. Die Bibliothek stellte dabei sicher, dass das Lehrbuch nicht an mehr Terminals gleichzeitig aufgerufen werden konnte als Exemplare in der Bibliothek vorhanden waren. Das Anfertigen von Kopien auf USB-Stick und als Ausdruck war den Nutzern der Bibliothek jedoch möglich.

Die Entscheidung (EuGH, Urteil vom 11.09.2014, Az.: C-117/13)

Der Bundesgerichtshof legte dem Europäischen Gerichtshof nachfolgende drei Rechtsfragen im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchen vor:

  1. Gelten Regelungen über Verkauf und Lizenzen im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29, wenn der Rechtsinhaber den dort genannten Einrichtungen den Abschluss von Lizenzverträgen über die Werknutzung zu angemessenen Bedingungen anbietet?
  2. Berechtigt Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 die Mitgliedstaaten, den Einrichtungen das Recht einzuräumen, die in ihren Sammlungen enthaltenen Werke zu digitalisieren, wenn das erforderlich ist, um diese Werke auf den Terminals zugänglich zu machen?
  3. Dürfen die von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 vorgesehenen Rechte so weit reichen, dass Nutzer der Terminals dort zugänglich gemachte Werke auf Papier ausdrucken oder auf einem USB-Stick abspeichern können?

Der EuGH nahm in seiner Entscheidung dazu ausführlich Stellung und kam im Wesentlichen zu folgenden Ergebnissen:

  1. Der Begriff „Regelungen über Verkauf und Lizenzen“ in Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist in dem Sinne zu verstehen, dass der Rechtsinhaber und eine in dieser Bestimmung genannte Einrichtung, wie eine öffentlich zugängliche Bibliothek, für das betroffene Werk einen Lizenz- oder Nutzungsvertrag geschlossen haben müssen, in dem die Bedingungen für die Nutzung des Werks durch die Einrichtung festgelegt sind.
  2. Art. 5 Abs. 3 Buchst. n in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, öffentlich zugänglichen Bibliotheken, die unter diese Bestimmungen fallen, das Recht einzuräumen, in ihren Sammlungen enthaltene Werke zu digitalisieren, wenn diese Vervielfältigungshandlung erforderlich ist, um den Nutzern diese Werke auf eigens hierfür eingerichteten Terminals in den Räumlichkeiten dieser Einrichtungen zugänglich zu machen.
  3. Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass er nicht Handlungen erfasst wie das Ausdrucken von Werken auf Papier oder ihr Speichern auf einem USB-Stick, die von Nutzern auf Terminals vorgenommen werden, die in unter diese Bestimmung fallenden öffentlich zugänglichen Bibliotheken eigens eingerichtet sind. Solche Handlungen können allerdings gegebenenfalls durch die nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Ausnahmen und Beschränkungen gemäß Art. 5 Abs. 2 Buchst. a oder b dieser Richtlinie gestattet sein, sofern im Einzelfall die in diesen Bestimmungen festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.

Fazit

Der BGH hat diese Rechtsprechung des EuGH nun in seiner Entscheidung zu berücksichtigen und das ausgesetzte Verfahren entsprechend zu entscheiden. Für vergleichbare Verfahren ist damit geklärt, dass Lehrbücher von Bibliotheken auch ohne Zustimmung der Rechteinhaber digitalisiert werden dürfen, wenn dies erforderlich ist um den Nutzern die Werke in den Bibliotheken zugänglich zu machen. Gleiches gilt für das Ausdrucken von Werken auf Papier oder ihr Speichern auf einem USB-Stick, soweit die Voraussetzungen des nachfolgenden Art. 5 Abs. 2 Buchst. a oder b der Richtlinie 2001/29/EG (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft) erfüllt sind:

„[…]

(2) Die Mitgliedstaaten können in den folgenden Fällen Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das in Artikel 2 vorgesehene Vervielfältigungsrecht vorsehen:

a) in Bezug auf Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung, mit Ausnahme von Notenblättern und unter der Bedingung, dass die Rechtsinhaber einen gerechten Ausgleich erhalten;

b) in Bezug auf Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke unter der Bedingung, dass die Rechtsinhaber einen gerechten Ausgleich erhalten, wobei berücksichtigt wird, ob technische Maßnahmen gemäß Artikel 6 auf das betreffende Werk oder den betreffenden Schutzgegenstand angewendet wurden; […]“

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