Hintergrund
Das Geschäftsmodell von Amazon basiert darauf, dass es für jedes Produkt nur eine „Produktseite“ gibt, auf der das Produkt abgebildet und beschrieben ist. Wird das Produkt von mehreren Händlern angeboten, so müssen diese sich „anhängen“: sie werden alle auf der Produktseite nacheinander gelistet. Dabei wird neben den jeweiligen Angeboten das Bild eingeblendet, welches von dem Erstanbieter hochgeladen worden war.
Nun hatte ein Online-Händler Angebote für Softair-Munition auf Amazon eingestellt und diese mit Bildern illustriert. Später stellte er fest, dass die Bilder in Angeboten eines anderen Händlers auf Amazon „angehängt“ waren.
Die Entscheidung
Das LG Köln hat mit Urteil vom 13. Februar 2014 (Az.: 14 O 184/13) entschieden, dass dem Kläger kein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 97 I S. 1, 72 I, 2, 15, 19 a UrhG i.V.m. § 31 III S. 1 UrhG wegen öffentlicher Wiedergabe und Vervielfältigung der Lichtbilder zusteht. Er habe in die Benutzung eingewilligt.
Wie das Gericht auf eine Einwilligung kommt
Zunächst einmal sähen die AGB von Amazon eine Einräumung von Nutzungsrechten vor. Die AGB seien jedoch gemäß §§ 310 I S. 2, 307 II Nr. 1 BGB unwirksam, soweit sie Amazon Nutzungsrechte einräumen, die in keinem Zusammenhang mit dem konkreten Angebot des das Bild Hochladenden stehen. Dies stelle eine unangemessene Benachteilig dar und sei mit den §§ 11, 32 UrhG nicht zu vereinbaren. Da für die Leistungen des Urhebers keine Vergütung vorgesehen sei, widerspreche die Regelung dem Rechtsgedanken des § 11 S. 2 UrhG.
Die Regelung in den AGB sei zudem deshalb unangemessen, weil sie im Ergebnis dazu führe, dass die Händler gezwungen werden, ihren Konkurrenten auf eigene Kosten erstellte Fotos unentgeltlich zur Verfügung zu stellen und diesen so einen Vorteil zu verschaffen.
Und jetzt wird’s verwirrend: Anderes gelte im Verhältnis des Klägers zu dem Beklagten. Der Eingriff in die urheberrechtlichen Befugnisse des Klägers sei, obgleich dem Beklagten kein Recht zur Nutzung der Bilder zustand, nicht als rechtswidrig anzusehen. Denn der Kläger habe dem Beklagten eine schlichte Einwilligung erteilt.
Beide haben die Bedingungen von Amazon akzeptieren müssen, um als Händler teilnehmen zu können (zur Erinnerung: die AGB wurden vorher als unangemessen und rechtswidrig dargestellt). Dabei wäre ihnen das von Amazon standardmäßig praktizierte Listen identischer Produkte und Zusammenführen gleichartiger Produktseiten bekannt gewesen.
Der Kläger habe aber keine Maßnahmen getroffen, um ein gemeinsames Listen von Angeboten unter seinen Produktbildern zu verhindern, z.B. indem er seine Bilder mit einer entsprechenden Kennzeichnung versah. Daher habe er sich mit dem Hochladen seiner Bilder, gegenüber den Benutzern der Internetplattform (nicht jedoch gegenüber Amazon aus obigen Gründen) mit der Wiedergabe seiner Werke in deren Angeboten im Sinne einer schlichten Einwilligung einverstanden erklärt.
Die Einwilligung gelte selbst nach einer einstweiligen Verfügung gegen den Beklagten fort, wenn der Kläger nach wie vor ein „anhängen“ an die Bilder ermöglicht. Die Bilder hätten etwa von dem Server gelöscht oder entsprechend kennzeichnet werden müssen. Solange dies nicht geschehe, sei auch ein Widerspruch unbeachtlich.
Fazit
Das Landgericht Köln führt mit seiner Entscheidung im Groben die Rechtsprechung des BGH zu sog. „Vorschaubildern“ (Urteil vom 29.04.2010, Az.: I ZR 69/08) fort. Nach Ansicht des BGH war auch das Auflisten von Abbildungen von Werken, die Dritte ins Internet eingestellt haben, als Vorschaubilder in der Trefferliste der Suchmaschine Google zulässig, solange keine Schutzmaßnahmen getroffen werden.
Wer also Bilder oder Texte ins Internet einstellt und ohne Einschränkungen frei zugänglich macht, muss damit rechnen, dass darauf zugegriffen wird und eine nach dem Umständen übliche Nutzung der Bilder oder Texte dulden.
Möchte man dies verhindern, müssen die Bilder mit einer entsprechenden Kennzeichnung versehen oder technische Schutzmaßnahmen ergriffen werden.
Kritik
Dass Ergebnis ist aus praktischer Sicht zwar nachvollziehbar, doch wirkt das Urteil zurechtgebogen. Überspitzt kann man das Urteil so kurz zusammenfassen: die AGB sind unwirksam da sie den Urheber (hochgradig) unangemessen benachteiligen. Der Urheber gibt Amazon daher keine Einwilligung in die Nutzung der Bilder. Er (= der Kläger) gibt aber dem Beklagten eine Einwilligung, weil beide die rechtswidrigen AGB akzeptiert haben.
Das Landgericht versucht sich mit der Begründung, Amazon habe als Unternehmen und Ersteller der AGB bewusst die Unwirksamkeit in Kauf genommen und wäre damit nicht schutzwürdig. Die Händler allerdings sollen sich auf die AGB berufen können, weil diese angenommen werden müssten, um überhaupt zugelassen zu werden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Das LG Köln scheint sich einen Namen machen zu wollen für – sagen wir mal – ungewöhnliche Urteile. Ich erinnere dabei an das Urteil mit den absurden Anforderungen für Urhebernennung auf Bildern im Internet.