OLG Brandenburg: Das 10-fache des Lizenzsatzes als Streitwert

Eine Fotografin erstellt Bilder von Produkten, um diese zu vermarkten. Ein Verkäufer verwendete ohne Zustimmung zwei Bilder der Fotografin, um seine Smartphonehülle bei eBay zu verkaufen. Dafür soll er wegen  Verletzung von Urheberrechten eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgeben sowie Schadensersatz in Höhe von 180 Euro (45 Euro je Bild zzgl. 100% fiktive Lizenzgebühr) nebst Nebenkosten von 225 Euro zahlen.

Das Landgericht Potsdam hat mit Beschluss vom 21.02.2013 – 2 O 69/13 den Verfahrenswert auf 600 Euro (300 Euro je Bild) festgesetzt. Das war der Fotografin und ihrem Anwalt zu wenig.

Das 10-fache des Lizenzsatzes als Streitwert

Das Oberlandesgericht kam auf einen Streitwert von 600 €. Als Berechnungsgrundlage nahm es den Lizenzsatz an und multiplizierte ihn mit dem Faktor 10. Bei zwei Bildern mit einem Lizenzsatz in Höhe von 45 Euro je Bild ergibt dies einen Streitwert in Höhe von 900 Euro. Dies stellt den Streitwert der Hauptsache dar. Da die Beschwerde des Anwaltes nicht Gegenstand der Hauptsache war (da es hier um die Streitwertfestsetzung geht), stelle der Streitwert des Verfügungsverfahrens 600 Euro (2/3 der Hauptsache) dar. Mit dieser Berechnung könne im vorliegenden Fall ein sachgerechtes Ergebnis erzielt werden. So könne man dem wirtschaftlichen Interesse des Urhebers an der wirkungsvollen Abwehr nachhaltiger Verstöße gegen sein geistiges Schutzrecht und der Verteidigung daraus resultierender Vermögenspositionen gerecht werden.

Grad der Verletzung und Interesse an der Unterlassung entscheidend

Grundsätzlich liege die Streitwertfestsetzung im Ermessen des Gerichtes (§ 3 ZPO). Einen einheitlichen Regelstreitwert für alle Urheberrechtsverletzungen gäbe es nicht, da sowohl der Grad der Verletzung, als auch das Interesse an einer Unterlassung sehr unterschiedlich sein kann. Das Oberlandesgericht plädiert jedoch für einheitliche Maßstäbe zur Berechnung des Streitwertes:

Ein Bedürfnis für die Bestimmung konkreter Grundsätze zur Wertbemessung erscheint jedoch unabweisbar, da Fälle der vorliegenden Art sich – auch im Geschäftsbereich des erkennenden Senats – zunehmend häufen und die Nutzung des Internets als Kommunikationsforum und Marktplatz breiter Bevölkerungskreise in den vergangenen Jahren an Umfang und Bedeutung gewonnen hat(…). Es ist daher notwendig, die mit der Nutzung des Internets einhergehenden Formen von Rechtsverletzungen – hier die unerlaubte Nutzung fremder Werke/Fotografien zur Vermarktung von Gütern durch Privatverkäufer – einheitlichen Maßstäben zur Bestimmung des Streitwerts zu unterwerfen, da das wirtschaftliche Interesse der klagenden Partei sich regelmäßig nicht ohne weiteres in einem konkreten Geldbetrag ausdrücken lässt.

Generalpräventive Erwägungen zur Streitwertfestsetzung, welche eine abschreckende Wirkung haben können, könnten nicht berücksichtigt werden:

Wolle man dem folgen, so würde dem Verletzer zu Sanktionszwecken eine sachlich nicht gerechtfertigte Vermögenseinbuße auferlegt werden, die letztlich zu einem großen Teil den verfahrensbeteiligten Anwälten zu Gute käme.

Außerdem war das Gericht der Ansicht, dass die Honorierung des Beschwerdeführers im vorliegenden Fall angemessen sei:

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, nur bei Festsetzung des Streitwerts auf einen regelmäßig hohen Betrag von mehreren 1000 Euro sei eine wirtschaftlich tragbare Tätigkeit von Anwälten bei der Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen möglich, kann dem nicht gefolgt werden.

Praxishinweis

Ein Schadensersatzanspruch in Höhe der doppelten Lizenzgebühr ist üblich.

Das Urteil zeigt eine weitere Variante, wie hoch die Streitwertfestsetzung ausfallen kann.Andere Gerichte kommen mit teils ähnlichen Begründungen zu Streitwerten von 300 € (OLG Braunschweig, Urteil v. 14. 10.2011, Az. 2 W 92/11) über 900 € (OLG Hamm, Beschluss v. 13.09.2012, Az. I-22 W 58/12) bis zu 2000 € (OLG Hamburg, Beschluss v. 22.01.2013, Az. 5 W 5/13).

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