Keine kommerzielle Verwertung gegen den Willen des Eigentümers

Die Beklagte ist eine Fotoagentur. Sie vermarktet sowohl im Auftrag, als auch in eigener Initiative Fotos von Kulturgütern. Dazu gehören Parkanlagen, Skulpturen und Außenansichten historischer Gebäude und mehr. Klägerin ist die öffentlich-rechtliche Stiftung. Deren Aufgabe ist es, etwa 150 ehemals preußische Schlösser und andere historische Bauten sowie dazu gehörige Gartenanlagen zu bewahren, zu pflegen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Die Fotoagentur hatte Fotos von Kulturgütern, die der Stiftung gehören, ohne deren Genehmigung vermarktet. Hiergegen hatte sich die Stiftung vor dem Landgericht Potsdam (ZUM 2009, 430) sowie dem Oberlandesgericht Brandenburg (GRUR 2010, 927 und GRUR-RR 2012, 301) zu wehren versucht. Das LG gab der Stiftung recht. Das OLG hat der Klage im zweiten Berufungsverfahren größtenteils stattgegeben. Der Bundesgerichtshof war die letzte Hoffnung für die Presseagentur.

Grundstückseigentümer bestimmen über kommerzielle Nutzung von Bildern

Der BGH hat hinsichtlich eines großen Teils der streitgegenständlichen Bilder der Stiftung zugestimmt. Die Vermarktung der Bilder verlief rechtswidrig. Die Presseagentur darf ohne die Genehmigung der Stiftung die Bilder nicht gewerblich nutzen. Darüber hinaus ist sie zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet.

Das Gericht hat damit seine bisherige Rechtsprechung (Urteile vom 17. Dezember 2010, Az.: V ZR 44/10, 45/10 und 46/10) bestätigt. Rechtsgrundlage ist nicht das Hausrecht, sondern das Eigentumsrecht. Grundstückseigentümer können frei über die kommerzielle Verwertung der von ihrem Grundstück aus angefertigten Fotografien seiner Bauwerke und Gartenanlagen entscheiden. Dies gilt auch dann, wenn der Eigentümer den Zugang zum Grundstück zu privaten Zwecken gestattet hat.

Die Richter gehen in ihrer Entscheidung deutlich darauf ein, dass es sich ihrer Ansicht nach um Eigentumsverletzungen handelt. Diese seien auch nicht durch das Urheberrecht gerechtfertigt:

Die ungenehmigte Verwertung der Fotografie ist eine Eigentumsstörung, die nicht dadurch rechtmäßig wird, dass dem Störer Rechte gegenüber Dritten zustehen, deren Rechte er nicht verletzt hat. Auch das ist keine Besonderheit des (Grundstücks-) Eigentums. Der Eingriff etwa in das Persönlichkeitsrecht durch ein rechtswidrig erlangtes Foto könnte nicht damit gerechtfertigt werden, dass der Fotograf an dem rechtswidrig erlangten Foto ein Urheberrecht hat, auf Grund dessen er Dritte an der ungenehmigten Verwertung hindern könnte.

Hinsichtlich der Frage, welche Rechte sich aus dem Eigentum ergeben, positioniert sich der BGH klar auf Seiten der Eigentümer:

Damit gehört aber, was die Kritik übersieht, zum Zuweisungsgehalt des Grundstückseigentums auch das Recht des Grundstückseigentümers, darüber zu entscheiden, wer die wirtschaftlichen Vorteile ziehen darf, die das Betreten oder Benutzen des Grundstücks eröffnet (so schon BGH, Urteil vom 20. September 1974, I ZR 99/73, NJW 1975, 778, 779). Gestattet er das Betreten oder Benutzen seines Grundstücks nur unter bestimmten Bedingungen, ist jede Abweichung hiervon ein Eingriff in den Zuweisungsgehalt des Eigentums und damit eine Eigentumsbeeinträchtigung.

Klargestellt wird weiter, dass die Rechtsfolge des Unterlassungsanspruchs eine Grundstückseigentümers kein „Recht am Bild der eigenen Sache“ statuieren soll:

Dieser Anspruch vermittelt dem Grundstückseigentümer zwar das Recht, über die Verwertung von auf dem Grundstück angefertigten Fotos zu entscheiden. Der Anspruch zeigt damit ähnliche Rechtsfolgen wie Immaterialgüterrechte, was auch eine daran angelehnte Ausgestaltung des Auskunftsanspruchs rechtfertigt (dazu Senat, Urteile vom 17. Dezember 2010 – V ZR 45/10, NJW 2011, 749, 752 f. Rn. 38 und V ZR 46/10, ZUM 2011, 333, 337 Rn. 34). Damit wird dem Grundstückseigentümer aber kein eigenständiges Recht am Bild der eigenen Sache zuerkannt (Senat, Urteile vom 17. Dezember 2010 – V ZR 45/10, NJW 2011, 749, 750 Rn. 15 und V ZR 46/10, ZUM 2011, 333, 335 Rn. 15).

Kritik nachvollziehbar – aber nur eingeschränkt richtig

Thomas Stadler kritisiert in seinem Blog die Argumentation des BGH. Er stellt sowohl das Abgrenzungskriterium des Aufnahmeortes (fremder Grund oder öffentlicher Raum) als auch die Wahl Zeitpunktes der Eigentumsbeeinträchtigung in Frage (Aufnahme oder Verwertung).

Hinsichtlich der Argumentation bezüglich einer Eigentumsverletzung durch die Verbreitung und öffentliche Wiedergabe verhält sich der BGH allerdings nur scheinbar widersprüchlich. Im Urteil vom 09. März 1989 (Az. I ZR 54/87) wurde (allerdings vom I. Senat) die Anfertigung von Bildern als Realakt angesehen, der keinerlei Einwirkung auf die Verfügungsbefugnis des Eigentümers zur Folge habe. Allerdings wurden im Unterschied zur aktuellen Entscheidung die Bilder damals von öffentlichem Grund und Boden aus angefertigt. Die Frage nach der zulässigen Verbreitung und öffentlichen Wiedergabe ist folgerichtig (nur) dann nach § 59 UrhG zu beurteilen.

Die Diskussion, ob eine Eigentumsbeeinträchtigung vorliegt, ist bei Aufnahmen von Privatgrundstücken aus anders zu sehen. Die „Panoramafreiheit“ des § 59 ist nicht eröffnet. Eine Rechtfertigung liegt mithin insbesondere für die kommerzielle Verwertung der Bilder nicht vor.

5 Gedanken zu „Keine kommerzielle Verwertung gegen den Willen des Eigentümers“

  1. Dies ist eine Entscheidung, bei der es eigentlich nur noch um die Feststellung der Eigentumsrechte geht. Der BHG nutzt hier die Urteilsbegründung für eine Rechtfertigung seiner Schlossfoto-Urteile aus dem Jahr 2010, die in der Fachliteratur nahezu einhellig auf Ablehnung gestoßen sind. Ein Vorteil für weitere Diskussionen ist allerdings die ausdrückliche Klarstellung, dass Grundlage des Anspruchs nicht das Hausrecht, sondern das Eigentum an dem Grundstück ist. Mieter und Pächter haben dieses Recht nicht. Ist das etwa gerecht? Insbesondere bei Gärten ist es doch oft der Pächter, der das Erscheinungsbild eines Grundstücks bestimmt. Und dürfen Mieter ohne Erlaubnis der Eigentümer jetzt überhaupt noch Fotos von ihren gemieteten Grundstücken veröffentlichen? Wahrscheinlich nur, wenn diese von der Straße aus aufgenommen wurden. Zu der kommerziellen Verwertung ist anzumerken, dass es in den Schlossfotofällen zwar nur um die kommerzielle Verwertung ging, der BGH aber lt. Begründung in BGH V ZR 46/10 Rn. 17 schon in der Herstellung der Fotos eine Beeinträchtigung des Eigentums erkennt, die „durch die ebenfalls ungenehmigte Verwertung der ungenehmigten Abbilder vertieft“ wird. Der BGH hätte vermutlich lieber den auf dem Hausrechts basierenden Fotografierverboten bzw. -bedingungen eine stärkere (dingliche) Wirkung verliehen, war dazu aber nicht in der Lage und hat sich mit dem Rückgriff auf das Eigentumsrecht gründlich vergaloppiert.
    MfG
    Johannes

    Antworten
  2. Im Rahmen meines Studiums beschäftigt mich dieses Thema sehr und so bin ich auf diese Website gestoßen. Wie man sieht ist bereits die Abgrenzung des BGH sehr umstritten.
    Doch was passiert, wenn neben den Eigentümer noch ein Pächter hinzutritt? In wie weit schmälert die Erlaubnis eines Pächters die Rechte des Eigentümers oder zählen sie sogar als Rechtsfrüchte des Pächters?
    Vielen Dank im Voraus

    Antworten
  3. Geht man nach dem BGH, ist die Pächterstellung zumindest gegenüber dem Eigentümer irrelevant. Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass in einem anders gelagerten Fall auch eine andere Entscheidung fällt. Denkbar wären z. B. Fälle in denen allein der Pächter als Hausrechtsinhaber auftritt und der Eigentümer keine Ansprüche geltend macht. Die Meinungen der Vorinstanzen können aber wohl zumindest für die entschiedene Konstellation ad acta gelegt werden.

    Antworten
  4. Mich würde jetzt dazu noch interessieren, was in so einem Fall aber eine NICHT-kommerzielle Veröffentlichung bedeuten würde, also wenn man auf dem Boden der von der Stiftung verwalteten Parks fotografiert und die Bilder in sein Fotografen-Portfolio im Web oder auf Facebook hochlädt. Ist dies dann auch nicht erlaubt?

    Antworten

Schreibe einen Kommentar