Und sie war doch erst 17…

Dieser Satz versetzt einen Fotografen nicht selten in einen kurzzeitigen Schockzustand. Zumindest wenn er davon ausging, dass das Model bereits 18 Jahre alt und damit volljährig war. Denn nur dann hätte es selbständig ohne Probleme die Einwilligung zu den Fotos erteilt haben können. Und auch nur dann hätten diese veröffentlicht werden können. Oder … ?

Man denke nur mal an die vielen prominenten Kinder, die schon vor der Volljährigkeit in der Presse und Werbung auftreten und sich als Künstler, Sportler und Model vermarkten lassen. Da stellt sich doch die Frage, ob dies die Eltern alleine bestimmen sollen, der Minderjährige mitsprechen können muss oder ob er nicht gar ganz alleine darüber entscheiden kann, wie er sich der Öffentlichkeit präsentieren möchte.

Wir wollen nun unterscheiden zwischen:

  • der Einwilligung das Foto überhaupt machen zu lassen und
  • der Einwilligung zur Veröffentlichung und Verwertung der Fotos

Einwilligung bereits für Aufnahme

Die bloße Aufnahme eines Fotos betrifft rein das Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person. Die Rechtsprechung hat daher beispielsweise dem 16-jährigen Mädchen das Recht zugestanden, alleine darüber zu entscheiden, ob Aufnahmen von ihr gemacht werden dürfen (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 1983, 742), da sie die entsprechende Reife besitze. Wenn dies wie im genannten Fall sogar für Aktbilder gelten soll, muss dies wohl erst recht für einfach gelagerte Fälle wie Passbilder gelten können. Oder man denke nur an die Bilder die Jugendliche gegenseitig im Urlaub machen. Aus praktischer Sicht ist dem Urteil wohl nur zuzustimmen. Ob dies heutzutage jedoch noch immer in allen Fällen so gehandhabt wird – oder eventuelle Ausnahmen bestehen – ist leider nicht ersichtlich. Es fehlen aktuelle richterliche Entscheidungen. Die Einwilligung der Eltern bei Möglichkeit einzuholen kann hierbei also zumindest nicht schaden.

Veröffentlichung nur mit Einwilligung!

Gemäß § 22 S. 1 KUG dürfen Bildnisse grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.

Aber gilt dies uneingeschränkt? Es fängt schon damit an, dass man sich uneinig darüber ist, ob die vorausgesetzte Einwilligung eine rechtsgeschäftliche oder doch „nur“ eine rechtsgeschäftsähnliche Erklärung darstellt. Daran schließt sich die Frage an, ob man die §§ 104 ff. BGB (analog) anwenden kann und ob die Einsichtsfähigkeit des Kindes von Bedeutung ist (vgl. Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 3. Aufl. (2008), § 22 KUG Rn 24).

Nimmt man die Anwendung der §§ 107 ff. BGB an, bedarf der Minderjährige der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters. Er kann dann nicht alleine entscheiden und die Eltern behalten die Herrschaft. Würde man die §§ 107 ff. BGB jedoch komplett ablehnen, so könnte der Minderjährige ganz alleine über die Veröffentlichung seiner Abbildungen entscheiden.

Weitestgehend erachtet man wohl die Lösung für richtig, dass die Einwilligung eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung darstellt, auf die die Regeln der Willenserklärung im Wesentlichen anzuwenden sind (OLG München Urteil v. 30.05.2000, Az 21 U 1997/00; vgl. offenlassend, aber mwN „BGH – Vorschaubilder“).

Im Zweifel Zustimmung beider Elternteile einholen

Eine Einwilligung setzt also voraus, dass der/die Minderjährige die Fähigkeit zur Selbstbestimmung haben muss. Diese fehlt zumindest den Kindern, die das siebente Lebensjahr nicht vollendet haben; sie gelten als geschäftsunfähig, § 104 Nr. 1 BGB. Im Zweifel ist daher die Zustimmung beider Elternteile notwendig, §§ 1627, 1629 BGB.

Bei den beschränkt geschäftsfähigen Kindern im Alter von 8 bis einschließlich 17 Jahren stellt sich nun die Frage, ob man ihr Selbstbestimmungsrecht ebenfalls komplett in die Hand der Eltern legen möchte. Dies wird von der Rechtsprechung bis dato zumindest kritisch gesehen und nur eingeschränkt zugelassen. Die Eltern müssen zwar auch weiterhin für das Wohl der Kinder Sorge tragen und daher ihre Einwilligung abgeben. Darüber hinaus ist aber stets auch die Einwilligung des Minderjährigen selbst erforderlich, sofern er/sie einsichtsfähig, d. h. nach Alter und Reife dazu in der Lage ist, die Bedeutung und Tragweite seiner Einwilligung zu überblicken. Davon kann in der Regel ab der Vollendung des 14. Lebensjahres ausgegangen werden (vgl. LG Bielefeld vom 18.09.2007, Az.: 6 O 360/07; Libertus, ZUM 2007, 621 ff. (624)).
In diesen Fällen spricht man von einer sogenannten “Doppelzuständigkeit”. Eltern können somit nicht alleine “über den Kopf des Kindes” hinweg entscheiden.

Einsichtsfähigkeit wird im Einzelfall bewertet

Die „Regelvermutung“ der Einsichtsfähigkeit scheint jedoch trügerisch. Ob ein Minderjähriger einsichtsfähig ist oder nicht, muss nach dem Einzelfall entschieden werden. So kann wohl auch ein 13-Jähriges Model durchaus die erforderliche Einsichtsfähigkeit besitzen. Zudem muss darauf geachtet werden, worin die Eltern und das minderjährige Model genau einwilligen. Denn die Einwilligung, das Kind dürfe als Fotomodel arbeiten, ist selbstverständlich noch längst keine Einwilligung für eine Arbeit als Aktmodel (BGH NJW 74, 1942, 1949).

Der BGH scheint der Doppelzuständigkeit ebenfalls zugeneigt zu sein und urteilte in der Charlotte Casiraghi II – Entscheidung (Urteil v. 28.09.2004, Az.: VI ZR 305/03):

Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, daß grundsätzlich allein dem Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird. Ist der Abgebildete minderjährig und deshalb nur beschränkt geschäftsfähig, bedarf es zusätzlich der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.

Einwilligung von Eltern und Kindern einholen

Es lässt sich festhalten, dass sich Rechtsprechung und Literatur bisher nicht eindeutig auf eine Regelung einigen konnten. Die „Doppelzuständigkeit“ findet jedoch Anklang und damit ist die Einwilligung von Eltern und Minderjährigem einzuholen. Dies gilt im Zweifel sowohl für die reine Aufnahme als auch für die Veröffentlichung und Verwertung der Bilder.

14 Gedanken zu „Und sie war doch erst 17…“

  1. Wer sich in diesem Thema so ein bisschen eingelesen hat wird feststellen, dass sich kaum etwas Verbindliches findet. Fakt ist aber, das niemand Bilder von Personen veröffentlichen darf, ohne dessen Zustimmung und diese kann auch 10 Jahre über den Tod hinaus (von den Angehörigen) widerrufen werden (§22 ff. KunstUrhG). Wieso durfte man es früher? Warum bekommen Minderjährige in Diskotheken Alkohol? Weil es immer wieder unverantwortliche Barkeeper/Verkäufer gibt. Die Gesetze sind nicht dazu da uns einzuschränken, sondern gerade die Minderjährigen vor unseriösen Fotographen, Piercern und anderem Gesindel zu schützen. Modefotographie ist für mich keine Pornographie. Sie dient dazu, Kleidung zur Schau zu stellen und nicht die Menschen. Wenn eine 16jährige zu mir ins Studio käme, würde ich sicherlich auch (Halb-)Akt-Fotos machen. Dann wäre aber 100%ig mindestens ein Erziehungsberechtigter dabei und eine schriftliche Zustimmung aller Beteiligten liegt mir vor. „Normale“ Fotos darf ich mit Minderjährigen jederzeit machen. Hier zieht die gesetzliche Geschäftsfähigkeit und Einsichtsfähigkeit der/des Jugendlichen. Wenns im Bauch oder in der Hose zieht, sollte man(n) die Finger vom Shooting mit Minderjährigen lassen. Im Endeffekt muss ich immer abwägen was mir wichtiger ist: der Ruf oder das Geld.

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