Nachahmung bei Bildern – ähnlich heißt nicht gleich

Es kann so einfach sein: Ein Bild zeigt eine Frau, die sich einen Ventilator vor das Gesicht hält. Ein ähnliches Bild erscheint in einer Werbeanzeige eines Magazins. Beide Male werden die Haare nach hinten geweht.

Grund genug, um vor Gericht die Frage zu diskutieren, ob es so etwas wie Motivschutz geben kann.

LG Bochum: „Motivschutz“ in prägenden Merkmalen eines Bildes zu suchen

Das Landgericht Bochum (Urteil vom 03.05.2012, Az.: I-8 O 134/12) entschied sich in dem vorliegenden Fall gegen eine unfreie Bildnutzung gemäß § 23 UrhG. Die Besonderheit des ursprünglichen Bildes seien die geradezu waagerecht nach hinten gewehten Haare. Dieses prägende Merkmal werde in der Werbeanzeige nicht gezeigt; dort würden die Haare auf natürliche Weise vom Luftstrom des Ventilators nach hinten geweht. Die Richter sprechen diesbezüglich von einem „gravierenden Unterschied“.

Wie schon einige andere Gerichte zuvor griff die Kammer damit die Problematik auf, ob es sich um eine freie Benutzung nach § 24 UrhG oder um eine unfreie Bearbeitung gemäß § 23 UrhG handelt. Wenn der Gesamteindruck der prägenden Merkmale eines Bildes dem anderen Bild unverkennbar nahe kommt, sei von einer unfreien Bearbeitung nach § 23 UrhG auszugehen, so die Richter. Die freie Benutzung hingegen sei dadurch gekennzeichnet, dass das ursprüngliche Bild nur als Anregung gedient habe.

Bei übermäßiger Übereinstimmung keine freie Benutzung

Richter versuchen, die Problematik rund um den Motivschutz in die Frage nach § 23 UrhG vs. § 24 UrhG zu pressen. Es wird mit schwammigen Begriffen wie „prägende Merkmale“ und „Eigenheit eines Bildes“ hantiert. Der Fotograf könn diese Elemente beeinflussen, indem er ein Bild arrangiere. Die Diskussion wurde beispielsweise auch um die Denkerpose des Altkanzlers Helmut Kohl geführt.

Prinzipiell ist das Vorliegen einer „Doppelschöpfung“ möglich. Einfach gesagt können zwei sehr ähnliche Bilder entstehen, ohne dass die Fotografen das Bild des jeweils anderen kennen oder zu Gesicht bekommen haben.

Die Gerichte sind sich dieser Möglichkeit bewusst, überspringen dies jedoch regelmäßig. In der Praxis (vgl. OLG Köln, Urt. v. 05.03.1999, Az.: 6 U 189/97; LG Düsseldorf, Urt. v. 08.03.2006, Az.: 12 O 34/05) sehen die Richter bei einer übermäßigen Übereinstimmung keinen Grund, von einer freien Benutzung gemäß § 24 UrhG auszugehen. Vielmehr müsse man aufgrund von wesentlichen Übereinstimmungen davon ausgehen, dass das ursprüngliche Bild bekannt gewesen sei.

Das LG Bochum geht nicht darauf ein, ob das Bild der Frau mit dem Ventilator bekannt war, als das zweite Bild für die Werbeanzeige entstand. Andererseits sprechen die Richter von „gravierenden Unterschieden“. Vielleicht kommen sie deshalb zu dem merkwürdigen Ergebnis:

„[…] sodass allenfalls von einer freien Bearbeitung, nicht jedoch von einer unfreien Bearbeitung i.S.d. § 23 UrhG ausgegangen werden kann.“

Letztlich zeigt sich erneut, dass die Problematik rund um einen möglichen Motivschutz bei Bildern kaum allgemein zu klären ist. Einen solchen kann es jedenfalls nicht unter der Voraussetzung geben, dass ein Motiv unter allen Umständen geschützt wird. Denn das würde umfassen, dass auch zufällige Übereinstimmungen prägender Elemente eine Urheberrechtsverletzung darstellen.

(Bild: © TheVectorminator – Fotolia.com)

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