Bilder vom Unfallort? Ein Rundumschlag im “Fotorecht“

Dürfen Fotos an einem Unfallort gemacht werden? Von den Einsatzkräften selbst? Und nicht nur gemacht, sondern auch im Internet auf den Webseiten der Einsatzkräfte veröffentlicht werden? Die Fragestellung ist sehr spannend, da neben dem Urheberrecht auch das Kunsturheberrecht und andere Rechtsgebiete tangiert werden. Sicher genauso spannend ist diese Frage aber auch für die „Zaungäste“, also Passanten, die einen Unfall sehen.

Urheberrecht

Grundsätzlich darf jeder, der sich dazu berufen fühlt, Fotos machen – je nach Qualität nennen die sich im Urheberrecht „Lichtbildwerke“ oder „Lichtbilder“. Ob bei den Bildern am Unfallort nun das eine oder das andere vorliegt, kann dahingestellt bleiben. Selbst zweiteres wird weitgehend (mit etwas kürzeren Schutzfristen) wie erstes behandelt. Ausführlicher lässt sich das in diesem Artikel nachlesen.

Eine Einschränkung, Fotos vom Unfallort machen zu dürfen, findet sich im Urheberrechtsgesetz nicht – außer man zieht § 96 Abs. 1 UrhG heran:

„Rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden.“

Eine solche Rechtswidrigkeit könnte man im

Kunsturhebergesetz

suchen. Zumindest dann, wenn auf den Fotos Menschen zu sehen sind. Denn hier schränkt § 22 KunstUrhG die Freiheiten des Fotografen ein, indem festgelegt wird, dass Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen.

Sofern auf den Bildern einzelne Personen zu sehen (und zu erkennen bzw. zumindest erkennbar) sind, können diese also eine Veröffentlichung untersagen – nicht aber nach diesem Paragraphen der Aufnahme selbst! Zur Erkennbarkeit reicht es aus, wenn ein mehr oder minder großer Bekanntenkreises die Person erkennen kann (Fricke in Rn. 6 zu § 22 KunstUrhG in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht). Aber: diese könnte, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht handelt, zu einem Schadenersatzanspruch in Geld nach § 823 BGB in Verbindung mit Art. 1 und 2 GG führen.

Vorsicht ist hier auch geboten, wenn die häufig geäußerte Meinung angebracht wird, dass das ja dann kein Problem sei, wenn „viele“ Menschen auf dem Bild seien. Hier wird häufig § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG missverstanden, nachdem keine Einwilligung erforderlich ist, wenn es sich um Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen handelt, an denen die Personen teilgenommen haben.

Spannend ist für die vorliegende Fallgestaltung auch, wo die Bilder aufgenommen werden. Werden diese auf öffentlicher Fläche aufgenommen oder auf Privatgelände, das unmittelbar von öffentlicher Fläche einsehbar ist? Oder ist das Bild unmittelbar auf Privatgelände entstanden? Im letzteren Fall kann der Eigentümer auch die Aufnahmen jederzeit verbieten! Unabhängig davon, ob auf den Bildern Personen zu sehen sind oder nicht.

Fazit

Dargestellt wurden die typischen Szenarien, denen Einsatzkräfte üblicherweise begegnen – Ausnahmen, die Personen des öffentlichen Lebens (wie bekannte Schauspieler(innen) oder Politiker(innen)) betreffen können, wurden hier nicht berücksichtigt. Auch Sonderfälle, in denen beispielsweise die Fotografien vom Feuerwehrauto herab runter auf ansonsten nicht einsehbaren Privatgelände gemacht werden, sollen hier nicht weiter erläutert werden. Diese wurden unter dem Stichwort „Panoramafreiheit“ bereits ausführlich behandelt.

Überblick

  1. Sind auf dem Foto eine oder mehrere Personen erkennbar? Dann ist eine Einwilligung der jeweiligen Personen erforderlich.
  2. Wurde das Foto auf Privatgelände aufgenommen? Dann wird die Erlaubnis des Eigentümers für das Anfertigen der Aufnahmen und zusätzlich die Einwilligung der abgebildeten Personen benötigt.
  3. Der Unfall fand auf öffentlichem Gelände statt und keine Person ist zu sehen? Dann bestehen keine größeren Bedenken.

(Bild: © Cla78 – Fotolia.com)

[box type=“info“ size=“medium“] Dieser Beitrag wurde von unserem Gastautor Hubert Mayer verfasst. [/box]

6 Gedanken zu „Bilder vom Unfallort? Ein Rundumschlag im “Fotorecht““

  1. Aber werden Rettungskräfte nicht durch Ihre Tätigkeit und Uniform an sich (egal ob auf öffentlichem oder privaten Grund) Personen der Zeitgeschichte und müssen eine zweckgemäße Verwertung (Tagespresse) dulden? Wie ist das, wenn die Organisation selbst „öffentlichkeitsarbeit“ betreibt und die Kräfte während der Übungen fotografiert? Das wäre ja noch vor einem Tagespresse-Interesse.

    Antworten
  2. Rettungskrägte werden bei einem Einsatz regelmäßig Personen der Zeitgeschichte sein – das hängt einerseits vielleicht an dem Ereignis selbst (Massenkarambolage vs. Tierrettung) und fällt entsprechend mit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit zusammen. Meist wird das Fotografieren des Ereignisses selbst inkl. der Fachkräfte jedoch kein Problem darstellen.

    Bei einer Übung sieht das jedoch anders aus. Hierbei ist zunächst keine Einschränkung des § 23 KUG ersichtlich. Das ist wieder davon abhängig, wie groß die Übung evtl. ist, wo sie stattfindet und ob es ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit gibt. Regelmäßig ist bei Übungen jedoch in meinen Augen eher von einer Einwilligungsnotwendigkeit auszugehen.

    Antworten
  3. Mein Sohn ist vor einem Jahr tödlich verunglückt. Die Tageszeitungen haben sehr ausführlich darüber berichtet, nicht nur in Textform, sondern auch mit Bildern. Davon waren sehr viele moralisch unanständig. Einige Zeitschriften haben die Bilder, die meinen Sohn zeigten, entfernt, beschränkten sich auf die Unfallstelle. Eine Zeitschrift jedoch nicht und so muss ich auch heute das Foto von der Bergung meines Sohnes (Gesicht unkenntlich) ertragen. Da es im Zusammenhang mit einem Artikel steht (auf der Homepage der Zeitung), somit für jeden feststeht, wer da geborgen wird, kann ich einfach nicht verstehen, weshalb ich als Angehörige dagegen nichts tun kann. Welches Informationsrecht erlaubt es, dass es egal ist, was Angehörige empfinden? Die Fotos können von jedem kopiert werden, weiß ich, wer dies schon getan hat? Im Interesse meines verstorbenen Sohnes ist das auf jeden Fall nicht!

    Antworten
  4. Hallo Frau Röpke.

    auch wenn die Darstellung zumindest ein klarer Verstoß gegen den Pressekodex darstellen dürfte, werden solche Bilder leider immer wieder veröffentlicht.

    Das sog. Recht am eigenen Bild, das grundsätzlich jede Veröffentlichung des Abbildes einer Person von der Einwilligung dieser abhängig macht, gilt auch postmortal. Dann ist ist Einwilligung der Angehörigen einzuholen. Hiervon gibt es jedoch zahlreiche Ausnahmen, die im Einzelfall geprüft werden müssen.

    Um eine detaillierte Einschätzung der Sach- und Rechtslage zu erhalten, rate ich Ihnen jedoch dringend, sich von einem spezialisierten Rechtsanwalt diesbezüglich beraten  und rechtliche Schritte gegen die Veröffetnlichungen prüfen zu lassen.

     

    Beste Grüße,

    D. Tölle.

    Antworten
    • Unfallbeteiligte dürfen grundsätzlich Fotos vom Unfallort machen und diese als Beweismittel an die Versicherung weitergeben. Allerdings könnte es Einschränkungen geben, wenn Personen auf den Fotos zu sehen sind. § 22 KunstUrhG schränkt die Freiheiten des Fotografen ein, indem festgelegt wird, dass Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen. Wenn auf den Fotos einzelne Personen zu sehen sind, können diese eine Verbreitung untersagen. Es kommt also wir so oft auf den Einzelfall an.

      Antworten

Schreibe einen Kommentar