In dem Urteil vom 11.01.2019 (Az. 6 U 10/16 – „Palast der Republik“) setzt das OLG Köln Voraussetzungen an, ob und wann die MFM-Tabelle bei Berechnung des Lizenzschadensersatzes für professionelle Bilder angewandt werden kann.
Ausgangslage war der Fall eines Profi-Fotografen, welcher seine Fotos, rechtmäßig mit einem Verlagsvertrag, in einem Bildband über den Palast der Republik 2010 veröffentlicht hatte. Allerdings waren die Bilder ohne Zustimmung des Fotografen über das Onlinearchiv von Universitäten und Museen online abrufbar. Der Fotograf klagte auf Unterlassung und Schadensersatz.
MFM-Tabelle findet ausnahmsweise Anwendung – unter Betrachtung der Gesamtumstände
Die Schadenszumessung liegt bei Lizenzschäden im Ermessen der richterlichen Schätzung, § 287 ZPO. Die Richter betonen, dass eine pauschale Ablehnung der MFM-Tabelle übereilt, jedoch auch eine pauschale Heranziehung nicht angebracht sei. Es müssten sämtliche individuellen Sachverhaltsumstände berücksichtigt werden.
Das OLG Köln hat im Rahmen dessen entschieden, dass im Falle von professionellen Fotografen die MFM -Tabelle ausnahmsweise Anwendung finden kann, wenn
- es sich um Lichtbilder eines professionellen Fotografen handelt,
- die nicht mehr reproduzierbar sind und
- wenn durch Vorlage von Rechnungen belegt ist, das Lizenzen in ähnlicher Höhe – sei es auch für andere Nutzungsarten – erzielt werden.
Die Hürde ist mithin nicht zu niedrig gesetzt, fasst jedoch ziemlich genau die bekannte Rechtsprechung der Land- und Oberlandesgerichte zusammen.
286,00 € Schadensersatz pro Bild für Nutzung im Bildarchiv
Das Gericht hat dem Kläger gemäß § 97 UrhG eine Schadensersatzsumme in Höhe von 286 € pro Bild, insgesamt 14.872 €, zugesprochen und diese wie folgt begründet:
Dem liegt der Tarif der MFM-Empfehlungen für „Online-Zeitungen und Zeitschriften, Intranet, Informationsdienste (redaktionelle Nutzung)“ zugrunde. Dies erscheint im Ausgangspunkt angemessen, weil der Beklagte mit den Lichtbildern keine Werbung betreibt und die Nutzung im Rahmen des Bildarchivs einer Nutzung im Rahmen eines Informationsdienstes nahesteht, zumal dieser Dienst des Beklagten für die Nutzer kostenpflichtig ist. Weiter kann eine Nutzungsdauer von drei Jahren berücksichtigt werden, was einem Tarif von 220 € je Lichtbild entspricht. Da die Kantenlänge mehr als 520 Pixel betrug ist auch ein Zuschlag von 30 % entsprechend 66 € zu berücksichtigen. Insgesamt ergibt sich hieraus ein Betrag in Höhe von 286 € pro Lichtbild.
Streitwert steigt degressiv bei mehreren Bildern
Bei der Bestimmung eines Streitwerts zur Berechnung liegt üblicherweise ein Wert von 6.000,00 € pro Bild vor (OLG Köln, Beschluss vom 25.08.2014 – 6 W 123/14), was in diesem Falle einen Streitwert von ca. 310.000 € ergeben hätte.
Das Gericht verneint allerdings einen linearen Anstieg des Streitwerts gemessen an der Menge der Bilder und legt degressiv einen Wert von 3.000,00 € pro Bild fest (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 10.07.2015 – 6 W 78/15; jedoch 6.000,00 € bei nur 15 Bildern: OLG Köln, Beschluss vom 06.03.2015 – 6 W 15/15). Der Streitwert betrug damit 156.000,00 €, zuzüglich eines Auskunftsanspruch in Höhe von 10% des Schadensersatzanspruch.
Des Weiteren wurde in dem Urteil festgelegt, dass die Verzinsung der Kosten bereits mit Nutzungsbeginn der Fotos einsetzt, da auch eine Lizenzgebühr ab Nutzungsbeginn gezahlt werden müsse. Der unberechtigte Nutzer darf nicht besser stehen, als ein berechtigter Nutzer.
OLG Köln gibt Argumente für Anwendbarkeit der MFM-Tabelle im professionellen Bereich an die Hand
Mit dem vorliegenden Urteil reiht sich das OLG in die eher positive Rechtsprechung zur Anwendbarkeit der MFM-Tabelle ein. Status Quo bleibt jedoch weiterhin, dass ein (professioneller) Fotograf anhand vorhandener Lizenzen nachweisen muss, was für Tarife er (im Zeitpunkt der Rechtsverletzung) aufrufen kann. Diese müssen sich im Rahmen der Lizenzen der MFM-Tabelle bewegen.
Übrigens: Der BGH spricht selbst Amateur-Fotografen durchaus 200,00 € pro Bild als Lizenzschadensersatz zu (Urteil v. 13.09.2018 – I ZR 187/17), hat dabei die Anwendbarkeit der MFM-Tabelle im Amateur-Bereich abgelehnt, für Berufsfotografen jedoch eine Entscheidung offengelassen.
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