Das Bildzitat als Sonderfall der Zitierfreiheit

An dieser Stelle wollen wir kurz auf die Zitierfreiheit und das sog. Bildzitat eingehen. Manch einer versucht, die Verwendung eines Bildes mithilfe der Zitierfreiheit zu rechtfertigen. Dies wirkt jedoch nur in wenigen Fällen tatsächlich rechtfertigend, so dass an dieser Stelle ein kurzer Überblick über die rechtliche Bewertung dieser Vorgehensweise eingegangen werden soll.

Allgemeines

Die Zitierfreiheit gem. § 51 UrhG erlaubt, als eine Schranke des Urheberrechts, die Übernahme von Werken und Werkteilen in ein anderes Werk. Die Norm ist in drei, nicht abschließende, Fallgruppen des Großzitats (Nr. 1), des Kleinzitats (Nr. 2) und des Musikzitats (Nr. 3) aufgeteilt. Während das Großzitat die Übernahme ganzer Werke in ein neues selbstständiges, wissenschaftliches Werk zulässt (z.B. eine Dissertation), greift das Kleinzitat nur für Stellen eines Werkes in einem selbstständigen Sprachwerk (z. B. Schriften, Reden oder Computerprogramme). Ein Musikzitat erlaubt die Verwendung eines Teils eines bereits erschienenen Werkes der Musik in einem selbstständigen Werk der Musik.

Erforderlich ist unter anderem, dass das neu entstehende Werk selbst schutzfähig sein muss. Handelt es sich nicht um ein Werk im Sinne einer persönlichen, geistigen Schöpfung gem. § 2 Abs. 2 UrhG, so greift auch die Zitierfreiheit nicht.

Weiter unterliegen alle Zitatformen der Einschränkung des sog. Zitatzwecks. Ein Werk (oder ein Teil davon) darf nur dann übernommen werden, wenn es dem Beleg einer eigenen Aussage dient (Belegfunktion). Die Übernahme allein aus Faulheit ist davon nicht gedeckt. Vielmehr muss die Verbindung zwischen eigener Aussage und verwendetem Werk klar erkennbar sein. Es muss

eine innere Verbindung zwischen der zitierten Stelle und eigenen Gedanken des Zitierenden hergestellt

werden (BGH, Urt. v. 20.12.2007, Aktz.: I ZR 42/05 – TV Total).

Ebenfalls zu berücksichtigen ist, in welchem Umfang die Verwendung des Zitats geschieht (LG München I, Urt. v. 19.01.2005, Aktz.: 21 O 312 /05). So war in dem konkreten Fall die Verwendung des Zitats innerhalb eines gedruckten Vorlesungsskripts zulässig, nicht jedoch die Veröffentlichung dessen ohne Zugangsbeschränkungen im Internet.

Ergibt eine Abwägung der genannten Voraussetzungen, dass die Übernahme eines Werk(teils) von der Zitierfreiheit gedeckt ist, so entbindet sie den Zitierenden jedoch nicht von der Urhebernennungspflicht gem. § 63 UrhG. Er hat die Quelle des Zitats deutlich anzugeben, so § 63 Abs. 1 S. 1 UrhG.

Das Bildzitat im Speziellen

Ein Unterfall der Zitierfreiheit ist das sog. Bildzitat. Hierbei handelt es sich um die Übernahme eines Lichtbildwerkes in ein neues Werk zum Beleg einer Aussage.

Als gängiges Beispiel für Werke, in denen Bildzitate zu finden sind, sind solche zu nennen, die sich mit künstlerischen Arbeiten auseinandersetzen. So beispielsweise die Besprechung eines Gemäldes z.B. in Form einer Rezension. An dieser Stelle ist jedoch häufig neben dem reinen Zitatzweck ein weiterer Aspekt zu berücksichtigen. So umfasst § 51 S. 1 UrhG zwar die Übernahme der Abbildung eines Kunstwerks in ein anderes zum Zwecke des Zitats, befreit ihn jedoch nicht davon, entsprechende Nutzungsrechte beim Fotografen zu erfragen. Hat er das Lichtbild (siehe dazu: Bin ich Urheber meines Bildes?) also nicht selbst hergestellt, muss er ebenso die Rechte des Fotografen an dem Foto berücksichtigen. Dies führt dazu, dass diese Variante des Bildzitats kaum Erleichterungen für den Zitierenden bringt. Ebenfalls besteht die Gefahr dass z.B. Museen versuchen könnten, Bildrechte aufgrund ihrer Eigentümerstellung geltend zu machen. Für den Fall eines Museumsführers entschied der BGH jedoch bereits, dass die Aufnahme eines Bildes „zur Erläuterung des Inhalts“ zulässig ist, solange das Werk selbst die Hauptsache bleibt (BGH, Urt. v. 30.06.1994, Aktz.: I ZR 32/92).

Weitere Voraussetzung des Bildzitat ist es, dass das zitierte Bild unverändert bleibt. So ist eine Verkleinerung im üblichen Maße wohl als zulässig anzusehen, während der Beschnitt und die Einfärbung des Bildes bereits nicht mehr von der Zitierfreiheit gedeckt sind.

Dass auch im Rahmen des Bildzitats die allgemeinen Grundsätze der Zitierfreiheit greifen, belegt ein Urteil des LG Berlin (Urt. v. 16.03.2000, Aktz.: 16 S 12/99). Hierbei ging es um das Zitat von ’screenshots‘ einer Fernsehsendung. Diese sind solange nicht von der Zitierfreiheit gedeckt, wie keine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Bildzitat und keine eindeutige Quellenangabe erfolgt und begründen daher eine Schadensersatzpflicht.

Fazit

Festhalten lässt sich, dass auch bei Bildzitaten die Grundsätze der Zitierfreiheit gelten und die Rechtfertigung der Verwendung von Fotografien mithilfe der Zitierfreiheit nur in engen Grenzen möglich ist. Insbesondere darf keine Veränderung an den Bildern vorgenommen werden. In Einzelfällen ist daher grundsätzlich ein Anwalt zu konsultieren um möglichen Konflikten von Vornherein aus dem Weg zu gehen.

24 Gedanken zu „Das Bildzitat als Sonderfall der Zitierfreiheit“

  1. Kann man das noch ein wenig vertiefen?

    Da arbeite ich doch gerade an einer Fotobetrachtung, dessen angeblicher Autor vor mehr als 80 Jahren verstorben ist. Urheberrecht nach mehr als 80 Jahren nach dem Tod? Aber ich will ja gerade beweisen, das der angebliche Autor nicht der Urheber ist. Ist damit auch der Verfall des Urheberrechts nach 70 jahren nichtig???

    Das entsprechende Bild hat mir die „Berlinische Galerie – Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur – Stiftung öffentlichen Rechts“ (welch schöner Name) zur Verfügung gestellt, selbstverständlich nur „nur für private wissenschaftliche
    Recherche und jede öffentliche oder kommerzielle Verwendung ist nicht gestattet“.

    Jetzt erst mal schönen Dank nach Berlin. Wie aber weiter? Habe ich schon eine Genhmigung für ein Bildzitat? Doch wohl nicht. Was würde – was ich nicht hoffe – passieren, wenn sich der Besitzer des Bilder querstellt? Weil er Anzweiflungen an der Urheberschaft aus finaziellen Gründen zumindest erschweren möchte? Ja, es ist nur theoretisch… welchen Weg geht man, um ein Bildzitat gegen den Willen des Urhebers / Besitzers zu ermöglichen?
    Danke, auch für die vielen anderen informativen Artikel.

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  2. Hallo Mulex,

    eine Antwort für diesen konkreten Fall darf ich leider nicht geben und muss dich an den Rechtsanwalt deines Vertrauens verweisen.

    Allgemein lässt sich jedoch festhalten, dass die Zitierfreiheit, als eine der Schranken des Urheberrechts, die Rechte des Urhebers einschränkt und daher gerade keine Zustimmung des Urhebers bei Verwendung seines Werks erforderlich ist, solange die entsprechenden Voraussetzungen (insb. Belegfunktion, s.o.) vorliegen.

    Viele Grüße,
    Dennis.

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  3. Was ich mich jetzt frage: Darf ich einen Screenshot einer andren Website verkleinert nutzen (ohne zu fragen), wenn ich diese vorstelle? Was, wenn darauf mehrere Bilder sind? Oder wenn ich einen Screen meiner Flickr-Favoriten mache mit vielen Fremdbildern, es mir aber um die Funktion geht und die zufällig da drin sind? Fragen über Fragen… :)

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  4. Hallo,
     
    wie verhält es sich mit den Bildrechten, wenn ich im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit Screenshoots von Facebook-Anzeigen verwende? Diese Arbeit soll als Buch publiziert werden. Kann ich die Screenshoots 1:1 übernehmen? oder benötige ich eine Druckfreigabe und dann von wem? oder kann ich die Bilder abändern? Wie hoch muss der Veränderungsgrad sein?
     
    Viele grüße von kesa

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  5. Hallo kesa,

    bitte berücksichtige, dass wir an dieser Stelle keine Rechtsberatung für den konkreten Einzelfall erteilen dürfen.

    Die Zitierfreiheit greift nur dann, wenn der so genannte Zitatzweck erfüllt ist. Das bedeutet, dass das Bild als Beleg einer eigenen Aussage dienen muss, die sich mit dem konkreten Inhalt des Bildes beschäftigt. Diese Anforderung ist in der Praxis nur selten erfüllt. Greift die Zitierfreiheit nicht, muss für jede urheberrechtlich relevante Handlung in der Regel eine Einwilligung zur Verwendung von Bildern vom Urheber bzw. Rechteinhaber eingeholt werden (siehe dazu auch: https://www.rechtambild.de/2010/02/neue-serie-die-verwertungsrechte-des-fotografen/).

    Eine Veränderung von Bildern ist möglich, die Grenze wie weit diese Veränderung gehen muss, damit keine Einwilligung des Rechteinhabers mehr erforderlich ist, ist allerdings schwammig. Mehr dazu findest du hier: https://www.rechtambild.de/2011/06/die-freie-bildbenutzung-und-die-grenze-zur-bearbeitung/

    VG

    Dennis Tölle.

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  6. Noch zwei Hinweise zum Abschnitt „Das Bildzitat im Speziellen“: 1. Bei der Besprechung eines zweidimensionalen Gemäldes z.B. in Form einer Rezension muss der Fotograf, der das Gemälde abgelichtet hat, nicht um Erlaubnis gefragt werden, wenn man die herrschende Meinung gelten lässt, dass solche reinen Reprofotos weder Lichtbildwerke i. S. des § 2 UrhG noch Lichtbilder i. S. des § 72 sind. Bei Fotos von dreidimensionalen Kunstwerken muss dagegen der Fotograf gefragt werden, es sei denn man setzt sich in seiner Rezension auch geistig mit der Frage auseinander, wie der Fotograf das Kunstwerk in seinem Foto abgebildet hat. 2. Den Beschnitt eines Bildes, also die Wahl eines Ausschnitts, würde ich noch als von der Zitierfreiheit abgedeckt ansehen. Das ist m. E. vergleichbar mit den Zitat eines Abschnitts aus einem Text.
    MfG
    Johannes

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  7. Hallo Herr Tölle,
    ist es wirklich zwingend, dass bei einem Zitat das Bild unverändert bleibt (wenn Verfälschungen vermieden werden)?
    Bspw. kann es doch sinnvoll und wichtig sein, durch Einkreisen von Bildteilen oder Pfeile auf Bestandteile hinzuweisen, mit denen man sich auseinandersetzt.
    Auch ist die Aufzählung der 3 Möglichkeiten bei § 51 UrhG nicht abschließend: Bspw. kann es doch sinnvoll sein, falsche Berichterstattung im TV durch einen Screenshot zu dokumentieren, in den man plakativ die Auseinandersetzung direkt hineinschreibt, etwa in eine Sprechblase die Aussage des Sprechers, die mit dem gleichzeitig gezeigten (nicht als solches gekennzeichneten) Symbolbild kontrastiert.
    Oder ist das dann schon eher eine „freie Bearbeitung“ und man kann Gefahr laufen, zwischen beide Stühle zu rutschen, wenn man sich nicht entweder auf § 3 (+ 24) oder § 51 UrhG strategisch festlegt?
    Herzlichen Dank für Ihre erhellenden Aussagen im Bericht und vermutl. hier!
    MfG
    Ernst

    Antworten
  8. Hallo Herr Ernst

    ein zulässiges Zitat setzt die unveränderte Übernahme eines Werkes oder Werkteiles voraus. Wird das zitierte Werk geändert, so verletzt dies das Recht des Urhebers aus § 62 i.V. m. § 39 UrhG, möglicherweise auch das Recht zum Schutz gegen Entstellung und Beeinträchtigung gem. § 14 UrhG. Insofern sind die Voraussetzungen die an ein zulässiges Zitat gestellt werden, streng. Hält man diese Voraussetzungen nicht ein, gelangt man tatsächlich in den Bereich der §§ 23, 24 UrhG, deren Abgrenzung ganz stark vom jeweiligen Einzelfall abhängt (dazu auch: Die freie (Bild)Benutzung und die Grenze zur Bearbeitung – Update). Zulässige Veränderungen im Rahmen eines Zitats sind die Veränderung der Größe (nicht des Seitenverhältnisses), die schwarz-weiße Abbildung einer Farbabbildung sowie die Veränderung der Auflösung. Darüber hinaus landet man schnell im Bereich der §§ 23, 24 UrhG. Zu dem Thema auch interessant: „Bildzitate in Gerichtsentscheidungen und juristischen Publikationen“, Dr. Wolfgang Maaßen, ZUM 2003, 830.

    MfG

    D. Tölle.

    Antworten
  9. Lieber Herr Tölle,
    herzlichen Dank für die sehr rasche, freundliche Antwort!
    1) Verstehe ich das recht, dass Ihre (gut nachvollziehbare und sicherlich verlässliche) Aufzählung erlaubter Änderungen bei Bildzitaten der bisherigen Rechtsprechung (und zugeh. Literatur) entnommen ist, die sich zu Hinweispfeilen oder Kringeln um beachtenswerte Details bisher gar nicht geäußert hat, weshalb fraglich ist, ob solche Fälle noch als Zitat akzeptiert werden würden?
    2) Können Sie etwas zum SowohlAlsAuch versus EntwederOder bzw. zu den „2 Stühlen“ sagen? Ein politischer Künstler versteht sich bspw. SOWOHL als jemand, der durch Zitieren (vgl. § 51 UrhG) informiert und aufklärt, ALS AUCH als jemand, der dies (bspw. plakativ statt aufsatzartig) durch geeignete Gestaltung (vgl. §§ 23/24 UrhG) zum Ausdruck bringt. Juristen scheinen aber um der Klarheit willen das ENTWEDER (§ 51) ODER (§ 24) zu bevorzugen. Stimmt Letzteres von der Tendenz?   Es würde darauf hinauslaufen, dass man Urheber manipulativer TV-Berichterstattung nach § 23 UrhG um Erlaubnis fragen müsste und dafür bezahlen müsste, ihre Sendungen mit Mitteln der Kunst zu kritisieren, die, um nicht ebenfalls manipulativ zu sein, der Wahrheit willen zwar sich nicht gemäß § 24 vom Original „frei“-macht (und so leicht in § 23 rutscht), aber zu sehr auf der Bildebene gestalterisch (plakativ) argumentiert, um noch als Zitat (§ 51 UrhG) akzeptiert werden zu können. Überhaupt würde es die natürliche Tendenz der Kunst zum Interdisziplinären (d.h. zum SowohlAlsAuch) blockieren bzw. juristisch sanktionieren und letztlich die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) der manipulativ missbrauchten Freiheit der Berichterstattung (dort Abs. 1) unterordnen, obwohl Abs. 3 uneingeschränkter gilt. Bildlich ausgedrückt: Wer sich (interdisziplinär) mit je 1 Bein auf insges. 2 Stühle (§ 51 bzw § 24 UrhG) stellt, dem droht trotz eigentlich (insgesamt) starker Position, juristisch ein Bein nach dem anderen (als je zu schwach) abgesägt zu werden, sodass er letztlich zwischen beide Stühle (in § 23 UrhG) rutscht.
    (Das 2-Stühle-Problem halte ich themen- und UrhG-unabhängig für so allgemein bedeutsam im Juristischen, dass ich hoffe, dass meine Frage mehr inspiriert als Mühe macht.)
    MfG und herzlichem Dank
    Ernst

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  10. Hallo,
    wir haben das Buch verschlungen und versucht uns kundig zu machen. Dennoch bleibt eine Frage offen, deshalb kommentiere ich hier nochmal und hoffe auf Antwort. Wir haben ein Fotoprojekt gestartet: http://www.pixelsophie.de/s/albums/heidelberg-frueher-und-heute/ bei dem wir alte Fotografien und das „Heute“ einpassen. Bei allen dort veröffentlichten Bildern, haben wir die Nutzungsrechte der Fotografen. Trotzdem stellt sich uns die Frage ob wir beispielsweise Postkarten verwenden dürften. Greift hier das Zitatrecht – denn das alte Bild dient ja der Erläuterung, oder ist es so einfach doch wieder nicht? Wir haben in der Praxis festgestellt das es sehr schwierig ist bei alten Bildern überhaupt den Urheber zu ermitteln, das schütz natürlich nicht vor der Verletzung, aber vielleicht ist es ja wirklich nur ein Bildzitat. Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen. Vielen Dank!

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