Kinderbilder im Netz: Haftung der Eltern?

Immer mehr Menschen teilen persönliche Momente mit Freunden und Bekannten. Es ist nicht ungewöhnlich, auch das Familienleben auf digitalem Wege mit anderen zu teilen. Die meisten Menschen freuen sich über diese Einblicke in das Leben ihrer Freunde und Bekannten. Nur eine Person – das abgebildete Kind – ist vielleicht nicht damit einverstanden. Und das kann – neben schwerwiegenden anderen – durchaus auch rechtliche Folgen für die Eltern haben.

Das Recht am eigenen Bild der Kinder

Kinder sind (selbstverständlich) wie Erwachsene Inhaber des sog. Rechts am eigenen Bild. Fotos dürfen daher nach dem Kunsturheberrechtsgesetz grundsätzlich nur mit Einwilligung des Kindes verbreitet oder öffentlich gezeigt werden, zum Beispiel in sozialen Netzwerken. Da Kinder jedoch erst ab einem bestimmten Alter zu einer solchen Einwilligung fähig sind, stellt sich die Frage, inwieweit diese Einwilligung durch die Eltern selbst erfolgen kann.

Grundsätzlich vertreten die Eltern das Kind, § 1629 BGB. Es scheint daher auf der Hand zu liegen, dass das Kind, soweit es nicht über eine ausreichende Einsichtsfähigkeit verfügt, nicht mitbestimmen kann, was mit seinem Bildnis geschieht und von den Eltern bei der erforderlichen Einwilligung vertreten wird. Erst wenn das Kind in der Lage ist, die Risiken der Veröffentlichung selbst einzuschätzen und zu überblicken, kann es mit- bzw. selbst bestimmen.

Eltern von der Einwilligung in Veröffentlichung ausgeschlossen?

Denkbar ist jedoch auch, die erforderliche Einwilligung als Rechtsgeschäft zu verstehen, bei dem die Eltern gemäß §§ 1795, 181 BGB von der Vertretung ausgeschlossen sind. Das ist der Fall, wenn das Rechtsgeschäft nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil für das Kind bringt (BGH, NJW 1975, 1885; BGHZ 94, 232ff.). Für die Annahme rechtlicher Nachteile in solchen Fällen spricht vor allem, dass durch die Verwendung von Fotos in sozialen Medien den jeweiligen Plattformen eine umfangreiche Lizenz zur Nutzung der Bilder eingeräumt wird. So heißt es etwa in den Nutzungsbedingungen von Instagram:

Wenn du Inhalte, die durch geistige Eigentumsrechte geschützt sind […], auf oder in Verbindung mit unserem Dienst teilst, postest oder hochlädst, räumst du uns hiermit eine […] Lizenz ein, deine Inhalte […] zu hosten, zu verwenden, zu verbreiten, zu modifizieren, auszuführen, zu kopieren, öffentlich vorzuführen oder anzuzeigen, zu übersetzen und abgeleitete Werke davon zu erstellen.

https://www.facebook.com/help/instagram/581066165581870

Veröffentlichung als Persönlichkeitsrechtsverletzung

Konsequenz wäre, dass eine Einwilligung in die Veröffentlichung der Bilder nur durch einen Ergänzungspfleger erteilt werden kann. Fehlt eine solche Einwilligung, stellt jede Veröffentlichung eine Persönlichkeitsrechtsverletzung des Kindes dar, die mitunter empfindliche (Schadensersatz)Ansprüche nach sich ziehen kann. 

So erkannte etwa das Oberlandesgericht Dresden in der Veröffentlichung eines Bildes eines Neugeborenen eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts, da das Kind so „ins Licht der Öffentlichkeit“ gezerrt wurde. In seinem Urteil vom 28. September 2017 (Az.: 4 U 1234/17) sprach der Senat dem Kind mehr als 2.000 Euro Schmerzensgeld zu.

Auch der BGH urteilte 2004 ähnlich, indem er in der Veröffentlichung eines Bildes eines adeligen deutschen Kindes eine Persönlichkeitsrechtsverletzung sah. Das Gericht führte in seinem Urteil vom 5. Oktober 2004 (Az.: VI ZR 255/03) aus, dass einem Anspruch gerade nicht entgegenstehe, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen noch ein Kleinkind war:

Eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts kann nämlich nicht nur dann vorliegen, wenn das Kind die persönlichkeitserheblichen Einwirkungen Dritter bemerkt, sondern auch dann, wenn andere Gründe den Schutz der Persönlichkeitsentwicklung erfordern […]. Hier kann die Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin schon dadurch beeinträchtigt werden, daß wegen der ständigen Verfolgung durch die Presse eine natürliche Eltern-Kind-Beziehung gefährdet ist.

BGH, Urteil v. 5. Oktober 2004, Az.: VI ZR 255/03

Durchsetzung etwaiger Schadensersatzansprüche gegen Eltern

Trotz dieser Überlegungen ist es (noch) selten, dass Kinder tatsächlich Schadensersatzansprüche gegen ihre Eltern vor Gericht durchsetzen. Dies liegt wohl vor allem daran, dass Veröffentlichungen oft von einer (naiven?) Freude am Teilen des eigenen Lebens und nicht von bösem Willen der Eltern getragen werden. Hinzu kommen familienrechtliche Besonderheiten, nach denen es für Kinder schwierig oder unmöglich sein kann, Ansprüche gegen die eigenen Eltern durchzusetzen.

Es wird jedoch auch Fälle geben, in denen die Veröffentlichung von finanziellen Interessen getragen werden, etwa bei sogenannten „Kinder-Influencern”. Wie sich die Rechtsprechung dazu positionieren wird, bleibt abzuwarten. In jedem Fall ist sicher, dass sich die Rechtsprechung zu diesem Thema mit zunehmender Digitalisierung häufen wird. Denn das Recht nimmt (gerade) die Entfaltung der Persönlichkeitsrechte von Kindern ernst. 

(Bild: mohamed_hassan auf Pixabay)

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