Mit Hinweisbeschluss vom 11. Oktober 2018 sowie Beschluss vom 26. November 2018 (Az.: 4 U 1197/18) hat das OLG Dresden eine Entscheidung des Landgerichts Dresden über die Verurteilung zur Zahlung einer Geldentschädigung durch einen Zeitungsverlag in Höhe von 3.000,00 € bestätigt.
Aufnahme und Veröffentlichung trotz geltendem Fotografierverbot
Der Entscheidung lag eine Veranstaltung zugrunde, auf der die Striptease-Tänzerin aufgetreten war. Nach einer entsprechenden Beweisaufnahme stand für das Gericht fest, dass im Rahmen der Veranstaltung ein Fotografierverbot galt, das seitens des Betreibers jedenfalls versucht wurde durchzusetzen.
Ohne das Vorherrschen eines solchen Verbotes, hätte die Striptease-Tänzerin an der Veranstaltung nicht teilgenommen. Sie achtete stets darauf, dass ihre Auftritte auf derartigen Veranstaltungen mindestens eine Stunde von ihrem Wohnort entfernt und vor einem überschaubaren Publikum stattfanden.
Ein für die Beklagte tätiger Fotograf fertigte entgegen des bestehenden Verbotes ein Foto von der Striptease-Tänzerin an. Die Beklagte veröffentlichte dies später in einer auflagenstarken sächsischen Tageszeitung.
Die Fotografie zeigte die Klägerin dort mit entkleidetem Oberkörper. Im dazugehörigen Text berichtete die Beklagte über die Klägerin als „Oben-Ohne-Tänzerin“, „heißes Mädel“ und „GoGo-Girl“, die bei einer „Dildo-Show“ ihre „Kurven“ gezeigt habe.
Schwerwiegender Eingriff in die Sozialsphäre der Striptease-Tänzerin
Gegen diese Veröffentlichung ging die Striptease-Tänzerin erfolgreich vor. Das OLG Dresden bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz im Ergebnis und begründete die zugesprochene Geldentschädigung mit einem durch die Veröffenlichung der Fotografie erfolgten schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin.
Zwar sei angesichts der freiwilligen Teilnahme an der Veranstaltung nicht von einem Eingriff in die Intimsphäre der Klägerin auszugehen. Allerdings rechtfertige auch ein entsprechend schwerer Eingriff in die Sozialsphäre eine Geldentschädigung:
„Die Veröffentlichung ihres Bildnisses mit unbekleidetem Oberkörper und die gleichzeitige Mitteilung im Begleittext, dass die Klägerin, die auf dem Foto zumindest für ihren Bekanntenkreis unschwer zu erkennen ist, als „Oben-Ohne Tänzerin“, „heißes Mädel“ und „GoGo-Girl“ ihre „Kurven“ gezeigt habe, beeinträchtigt diese jedoch so schwerwiegend in ihrer Sozialsphäre, dass die Zubilligung einer Geldentschädigung in der vom Landgericht festgesetzten Höhe geboten ist. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 schützt nämlich auch die soziale Anerkennung des Einzelnen (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 332/09 -, Rn. 21, juris).“
Keine konkludente Einwilligung durch Teilnahme an der Veranstaltung
Das Gericht stellte deutlich heraus, dass in diesem Fall nicht von einer konkludenten Einwilligung zur Veröffentlichung durch die Teilnahme an der Veranstaltung auszugehen ist. Die Rechtsprechung, die bei einem Posieren für die Kamera ohne Mitteilung einer nichtgewünschten Veröffentlichung eine solche Einwilligung annimmt, sei hier nicht anwendbar (LG Berlin, Urteil vom 6. März 2007 – 27 O 1063/06).
Die Klägerin habe stets darauf geachtet, dass bei Veranstaltungen ein Fotografierverbot herrsche. Dies sei durch den Veranstalter auch jedenfalls versucht worden durchzusetzen. Auch gegenüber dem Fotografen der Beklagten habe dieser auf die Beschränkung hingewiesen.
Verletzung berechtigter Interessen der Striptease-Tänzerin
Ob im vorliegenden Fall eine Ausnahme gem. § 23 KUG einschlägig sei, konnte für das Gericht dahinstehen, da durch die Veröffentlichung jedenfalls die berechtigten Interessen der Klägerin gem. § 23 Abs. 2 KUG verletzt worden seien:
„Jedenfalls verletzt aber der Abdruck ihres Bildnisses im Rahmen der nach § 23 Abs 2 KUG vorzunehmenden Abwägung die Rechte der Klägerin. Gesichtspunkte, die im Rahmen dieser Abwägung für eine Veröffentlichung ihres Bildnisses streiten könnten, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Sie sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere bestand kein schützenswertes Interesse der Allgemeinheit daran zu erfahren, dass die Klägerin bei einer Veranstaltung im Rahmen dieses Festivals als „oben-ohne Tänzerin“ aufgetreten ist. Einen nennenswerten Informationsgehalt weist weder das Bildnis noch der Begleittext auf.“
Die Beschlüsse des OLG sind in ihrer Begründung sowie Argumentation äußerst lesenswert und nehmen angenehm deutlich und umfassend zu den relevanten Aspekten Stellung.
Kein Wort verliert das Gericht allerdings zu den Vorschriften der DSGVO, deren Anwendung in diesem Zusammenhang weiterhin nicht hinreichend geklärt ist. Eine Rechtfertigung der Veröffentlichung nach den Vorschriften der DSGVO erscheint allerdings auch mehr als fraglich, wenn nicht sogar abwegig.
Die gegen den Beschluss gerichtete Anhörungsrüge wurde zurückgewiesen (OLG Dresden, Beschluss vom 9. Januar 2019, Az.: 4 U 1197/18)
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