„Simply The Best!“: BGH zu Tina Turner-Doppelgängerin

Der beklagte Veranstalter „Cofo Entertainment“ kündigte auf Werbeplakaten eine Show mit der Überschrift „SIMPLY THE BEST – THE tina turner STORY“ an. Auf den Plakaten war eine Künstlerin abgebildet, die in der Show auftritt und der Original-Künstlerin sehr ähnlichsieht. Das Original, die Sängerin Tina Turner, war der Meinung, dass sowohl ihr Publikum als auch die Zuschauer im Allgemeinen durch diese unerlaubte Plakatierung getäuscht würde. Unvoreingenommene Zuschauer könnten annehmen, dass sie selbst in der Show auftrete. Da sie in die Verwendung ihres Bildes oder ihres Namens nicht eingewilligt habe, verletze die Beklagte ihr künstlerisches Urheberrecht.

Noch während des Verfahrens fügte die Beklagte auf den veröffentlichten Plakaten den Hinweis „Starring Dorothea Coco Fetscher“ hinzu. Damit sei eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen, so der Veranstalter. Die Beklagte wandte auch ein, dass das Musical bereits hunderte Male in Deutschland, Österreich und der Schweiz aufgeführt worden sei. Bislang habe sich kein Zuschauer darüber beschwert, dass er die echte Tina Turner auf der Bühne erwartet habe und nicht ein Double. Das Publikum sei also nicht getäuscht worden und habe die Plakate richtig gedeutet.

Vorinstanzen waren sich uneinig

In erster Instanz hatte das Landgericht dem Kläger recht gegeben und die Plakate für rechtswidrig erklärt. Da der Name von Tina Turner auf dem Plakat prominent abgebildet und die Ähnlichkeit zwischen der auftretenden Künstlerin und dem Original erheblich sei, bestehe eine hohe Verwechslungsgefahr für das Publikum. Selbst eingefleischte Fans könnten den Eindruck gewinnen, ihr Idol trete in dem Musical auf. Das Landgericht erkannte daher den Unterlassungsanspruch der Klägerin aus §§ 823, 1004 BGB analog an.

In zweiter Instanz kam das OLG zum gegenteiligen Ergebnis und wies die Klage ab. Die dagegen eingelegte Revision der Sängerin blieb vor dem Bundesgerichtshof erfolglos (Urteil v. 24. Februar 2022, Az.: I ZR 2/21). Hier kam der BGH zunächst zu dem Ergebnis, dass die Beklagte in den vermögensrechtlichen Gehalt des Rechts am eigenen Bild und am eigenen Namen der Klägerin eingegriffen habe, weil bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise der täuschend echte Eindruck erweckt werde, die auf den Plakaten abgebildete Künstlerin sei die echte Tina Turner.

BGH: Recht am eigenen Bild ist nicht verletzt

Nach Einschätzung des BGH war die Verwendung des Bildnisses der Klägerin aber trotzdem zulässig. Nach § 22 des Urheberrechtsgesetzes (KUG) dürfen Bildnisse grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Nach der Auslegung des BGH bedeutet dies, dass in Fällen, in denen die tatsächlich abgebildete Person aus der Sicht eines nicht unerheblichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise nicht mit der abgebildeten Person identisch ist, nicht gegen die Veröffentlichung vorgehen kann.

Selbst wenn das Recht der Klägerin am eigenen Bild durch die Veröffentlichung beeinträchtigt würde, läge nach Ansicht des BGH hier ein Erlaubnistatbestand vor. Denn Bildnisse, die nicht auf ausdrücklichen Auftrag angefertigt wurden, dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden, wenn die Verbreitung einem höheren künstlerischen Interesse dient. Nach Auffassung des Senats ist diese Vorschrift hier einschlägig, weil die Beklagte mit dem Bildnis für eine besondere Kunstform geworben hat, nämlich für eine „Tribute-Show“, in der das bewegte Leben der Rock-Ikone beleuchtet wird.

Das Publikum weiß, was Tribute-Shows sind

Nach Einschätzung des BGH vermitteln die Plakate trotz der Verwechslungsgefahr auch keinen unzutreffenden Eindruck beim allgemeinen Publikum. Die Plakate seien nicht mehrdeutig in Bezug auf den tatsächlich auftretenden Künstler, zumal der Name des auftretenden Künstlers deutlich sichtbar sei. Derartige Tribute-Shows sind auch nicht ungewöhnlich. Die angesprochenen Zuschauer wüssten weitgehend, dass Cover-Künstler und nicht die Originalkünstler auftreten würden. Ein Unterlassungsanspruch sei daher im Ergebnis nicht gegeben.

(Bild: Vishnu R auf Pixabay)

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