G20-Krawalle: „Fahndungsaufrufe“ gefährden Recht am eigenen Bild

Ob Private, Presse oder Polizei – sie alle nutzen die „Schwarmintelligenz“, um potentielle Täter ausfindig zu machen. Hierzu werden entweder im Internet über Plattformen wie Facebook oder aber in der Zeitung Bilder veröffentlicht, die zum Beispiel das Gesicht eines potentiellen Täters zeigen. Der Veröffentlichende erhofft sich durch den Fahndungsaufruf, dass jemand die Person erkennt und bestenfalls Informationen über diese herausgibt.

Die Veröffentlichung von Bildern stellt also – gerade bei der Polizei – eine bewährte Methode dar, um potentielle Täter ausfindig zu machen. Allerdings steht die Öffentlichkeitsfahnung gemäß §§ 131 ff. StPO stets unter einem Richtervorbehalt. Gerade Lichtbildfahndungen dürfen nur von einem Richter oder bei Gefahr in Verzug von der Staatsanwaltschaft angeordnet werden.

Recht am eigenen Bild bei fehlender Einwilligung grundsätzlich verletzt

Grundsätzlich steht eine solche Veröffentlichung eines Bildnisses zum Zwecke der Fahndung in Konkurrenz zum Recht am eigenen Bild des Abgebildeten. Dieses Recht, welches dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Absatz 1 GG iVm Art. 1 Absatz 1 GG) entspringt, soll die abgebildete Person vor der ungewollten Veröffentlichung von Bildern schützen.

Allerdings bestehen Ausnahmen, nach welchen das Recht am eigenen Bild trotz fehlender Einwilligung nicht verletzt ist.

Ausnahmen von der Einwilligungspflicht

Eine Ausnahme besteht nach § 23 Abs. 1 KunstUrhG, wenn die abgebildete Person auf dem Bild nur Beiwerk ist, eine Versammlung, Aufzüge oder Ähnliches dargestellt wird. Ebenfalls besteht eine Ausnahme vom Einwilligungserfordernis, soweit das Bild der Zeitgeschichte zuzuordnen ist. Ob eine dieser Ausnahmeregelung vorliegt, muss stets im Einzelfall geprüft werden.

G20-Krawalle – Fahndungsaufruf durch „Bild“-Zeitung

Im Anschluss an die G20-Krawalle in Hamburg veröffentlichte die BILD-Zeitung Fotos von potentiellen Randalierern. Unabhängig davon, ob die abgebildeten Personen tatsächlich randaliert haben, entfällt deshalb nicht ihr Rechtsschutz in Bezug auf das Recht am eigenen Bild. Vielmehr muss auch hier im Einzelfall geprüft werden, ob eine Ausnahme vorliegt. Bei den G20-Krawallen läge nahe, das öffentliche Interesse aufgrund von Zeitgeschichte im Vordergrund zu sehen.

Ist ein Bild eines mutmaßlichen Täters jedoch als Fahndungsaufruf deklariert, geht es wohl eher um dessen Überführung als um Zeitgeschichte. In diesem Fall sollten die Bilder nicht veröffentlicht, sondern der Polizei zur Verfügung gestellt werden. So entgeht man ganz nebenbei auch Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen der möglicherweise in ihrem Recht am Bild verletzten, abgebildeten Person.

Privatfahndung verstößt auch gegen Recht am eigenen Bild

Ähnlich ist die Situation zu behandeln, in der eine Person aus privatem Interesse Bilder eines Fremden veröffentlicht. Immer häufiger fallen Facebook-Posts von Privatprofilen auf, die mutmaßliche Täter zeigen.

Nachdem ein Busfahrer aus Mönchengladbach geschlagen wurde, veröffentlichte auch er ein Handyfoto des mutmaßlichen Täters bei Facebook. Der Post wurde innerhalb kürzester Zeit 31.000 Mal geteilt, sodass der Busfahrer den Täter zum Ende sogar ausfindig machen konnte. Dies geht aus einem Artikel der NRZ hervor.

Dennoch ist von solchen Privatfahndungsausrufen abzuraten. Neben dem Umstand, dass die Gefahr der falschen Verdächtigung besteht, hat auch ein mutmaßlicher Täter ein Recht am eigenen Bild. Statt Selbstjustiz auszuüben, sollte Anzeige erstattet werden. Eine Fahndung kann dann im Anschluss unter bestimmten Voraussetzungen auf legalem Wege durch die Polizei erfolgen.

(Bild: © Peter Atkins – Fotolia.com)

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