Das OLG München macht mit seinem Urteil vom 30.11.2016 (Az.: 3 U 2300/16) deutlich, dass ein Unterlassungsanspruch bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Anfertigung von Bildnissen nicht den Nachweis vorangegangener Verletzungshandlungen voraussetzt. Es genüge, dass aufgrund vorangegangener Verletzungshandlungen auch zukünftigen mit Verletzungen zu rechnen sei.
Der Unterlassungsanspruch kann sich bereits auf das bloße Anfertigen der Fotos beziehen. Eine Veröffentlichung der Bildnisse ist nicht zwingend für einen solchen Unterlassungsanspruch.
Unberechtigte Anfertigung von Fotos
Auslöser für die Unterlassungsklage beim Landgericht war ein Streit zwischen Nachbarn. Eine der Parteien unterhielt an einer Grundstückszufahrt Geh- und Fahrtrechte. Diese Einfahrt nutzte gelegentlich auch sein Nachbar. Bei der Nutzung der Zufahrt durch seinen Nachbarn, fühlte sich der Inhaber der Nutzungsrechte in seinen Geh- und Fahrtrechten an der Zufahrt eingeschränkt. Um diese Verletzungen nachzuweisen schoss er wiederholt Fotos der Zufahrt, sowie von der Nutzung durch den Nachbarn. Dieser war auf den Bildern in seinem Fahrzeug deutlich zu erkennen.
Gegen die Anfertigung der Fotos wandte sich der Nachbar im Rahmen einer Unterlassungsklage.
Keine Nachweispflicht für vorherige Rechtsgutverletzung
Für einen Unterlassungsanspruch muss der Kläger eine vorangegangene Rechtsverletzung nachweisen, die eine Wiederholungsgefahr impliziert. Im gerichtlichen Verfahren war es der klagenden Partei eben nicht gelungen, diesen Nachweis über die vorherige Aufnahme von Fotos zu erbringen.
Ein solcher Nachweis ist nach der Entscheidung des OLG München aber auch nicht zwingend. Für einen Unterlassungsanspruch genüge es, dass aufgrund vorangegangener Verletzungen auch zukünftig mit Verletzungen zu rechnen sei. Für diese Zukunftsprognose genügt bereits die Erweckung des Anscheins zukünftig eine Rechtsgutverletzung zu begehen. Die Darlegung der Zukunftsprognose ist gerichtlich oftmals einfacher zu erbringen, als der Nachweis einer bereits begangenen Rechtsgutsverletzung.
Wahrnehmung berechtigter Interessen kann die Anfertigung von Fotos rechtfertigen
Grundsätzlich bestünde nach Auffassung des Gerichts gegen den Nachbarn ein Anspruch die Aufnahme von Fotos ohne die Einwilligung des Abgebildeten zu unterlassen (§§ 823 Abs. 1, 1004 BGB, §§ 22 KUG, Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG). Ein solcher Unterlassungsanspruch bestünde nur dann nicht, wenn der Verletzer die Fotos in Wahrnehmung berechtigter Interessen angefertigt habe.
Die Wahrnehmung berechtigter Interessen könne auch in der fotografischen Dokumentation der Verletzung von Geh- und Fahrtrechten liegen.
Im nachbarrechtlichen Streit griff die Rechtfertigung zur Aufnahme der Fotos, als Beweis für Verletzungen der Geh- und Fahrtrechte, jedoch nicht durch. Denn die Geh- und Fahrtrechte führen nicht dazu, dass sich der Nachbar nicht auch auf der Zufahrt aufhalten darf. Da beide Nachbarn zur Nutzung der Zufahrt berechtigt sind, hätte der Beklagte den Nachbarn zuvor bitten müssen ihm die Zufahrt zu gewähren. Erst bei Nichtgewährung der Zufahrtsrechte begeht der Nachbar eine Rechtsgutverletzung, welche wiederum eine Dokumentation der Verletzung rechtfertigen kann.
Beweiserleichterung bei Unterlassungsansprüchen
Mit der Entscheidung des OLG München wird wieder einmal deutlich, dass die Privatsphäre in Form des allgemeinen Persönlichkeitsrechts umfassend geschützt wird. Der Unterlassungsanspruch kann eine schnelle und einfache Art sein, die Privatsphäre zu schützen. Durch die nun vom OLG München ausgesprochene Entscheidung wird deutlich, dass auch Unterlassungsansprüche bestehen sollen, wenn der Nachweis über eine vorangegangene Rechtsverletzung nicht erbracht werden kann. Oftmals fällt es dem Verletzten einfacher darzulegen, dass in Zukunft eine Rechtsverletzung droht, als dass diese in der Vergangenheit bereits begangen wurde.
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