Leitsätze der Redaktion:
- Reproduktionsfotografien sind als Lichtbilder geschützt, wenn das erforderliche Mindestmaß an persönlicher Leistung erbracht wurde.
- Ist das fotografierte Werk gemeinfrei, hat dies keine Auswirkungen auf den urheberrechtlichen Schutz der Fotografie. Der Lichtbildschutz erstreckt sich nur auf das Foto, nicht auf das ursprüngliche Werk.
- Unternimmt der Betreiber einer Website nach Kenntnis von einem Verstoß nichts, um die Rechtsverletzung zu beenden, haftet er als Störer.
Landgericht Berlin
Im Namen des Volkes
Urteil
Aktenzeichen: 15 O 428/15
Verkündet am: 31.05.2016
[…]hat die Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin in Berlin – Mitte, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 19. April 2016 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht M.-S. und die Richter am Landgericht S. und R.
für Recht erkannt:
- Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, diese zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern, zu unterlassen, die in der nachfolgend wiedergegebenen Anlage K 1 abgebildeten Fotografien in Deutschland öffentlich zugänglich zu machen oder machen zu lassen, wie dies insbesondere im Internet über die Plattform Wikipedia bzw. Wikimedia Commons geschehen ist:
- Die Klage gegen die Beklagte zu 2. wird abgewiesen.
- Von den Gerichtskosten tragen die Klägerin ein Drittel und die Beklagte zu 1. zwei Drittel. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte zu 1. zwei Drittel. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. trägt die Klägerin. Im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 17.000,00 € und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um den Urheberrechtsschutz für Reproduktionsfotografien von gemeinfreien Gemälden.
Die Klägerin ist Eigentümerin der siebzehn im Anlagenkonvolut K 1 wiedergegebenen Gemälde. Diese Gemälde wurden von Künstlern geschaffen, die seit mehr als 70 Jahren tot sind. Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass das Urheberrecht an diesen Gemälden erloschen ist, diese also gemeinfrei sind.
Die Klägerin gründete im Jahr 2006 den Eigenbetrieb „Reiss-Engelhorn-Museen“, dessen Zweck in § 1 Abs. 3 der Betriebssatzung bestimmt wird, wegen deren Inhalts auf die Anlage JBB 1 Bezug genommen wird. Die Klägerin bezeichnet ihren Eigenbetrieb als einen international agierenden Museumskomplex, dessen Tätigkeitszentrum die Museumsarbeit von vier Museen ist. Die 17 streitgegenständlichen Gemälde befinden sich in diesen Museen. Die Besucher- und Benutzerordnung für die Reiss-Engelhorn-Museen lautet in § 3 Abs. 3 S. 1: „Das Fotografieren und Filmen ist verboten, sofern keine Ausnahmegenehmigung durch die Direktion erteilt wurde“ (Anlage JBB 2, auf deren Inhalt im Übrigen verwiesen wird). Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin ist es deren gängige Praxis, auf Nutzungsanfragen entweder selbst Objektfotografien zu fertigen und diese Nutzern zur Verfügung zu stellen oder es zu gestatten, für bestimmte Zwecke wie etwa wissenschaftliche Arbeiten selbst Fotografien zu fertigen; dabei ist es gängige Praxis, insbesondere bei einer Nutzung der Fotos für wissenschaftliche Zwecke von einem Kostenbeitrag des Nutzers abzusehen.
Der Zeuge J.C.war von 1991 bis 2013 bei der Klägerin als Museumsfotograf angestellt. Er fertigte im Jahr 1992 die im Anlagenkonvolut K 1 wiedergegebenen Fotos von Gemälden für die im selben Jahr als Ausstellungskatalog des Reiß-Museums herausgebrachte Publikation „Sammelleidenschaft (…)“ (Anlage K 26), was mit Ausnahme der Fotos der Gemälde „Früchtestilleben mit Hummer und Brot“ und „Portrait des Kurfürsten Carl Theodor“ unstreitig ist.
Sämtliche Fotos wurden mit einem Fotoapparat in Analogtechnik aufgenommen und sind eine frontale Wiedergabe des jeweiligen Gemäldes ohne weitere Bildbestandteile wie etwa den Rahmen des Gemäldes. Der Zeuge C. übertrug der Klägerin an den im Rahmen seines Dienstverhältnisses für die Klägerin gefertigten Fotografien sämtliche ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte räumlich, zeitlich sowie inhaltlich unbeschränkt zur umfassenden Nutzung und urheberrechtlichen Auswertung. Von den 17 Gemälden ließ die Klägerin keine weiteren Fotos herstellen.
Die Beklagte zu 1, eine amerikanische Stiftung, betreibt spendenfinanziert die Online- Enzyklopädie Wikipedia unter der Domain wikipedia.org einschließlich der deutschsprachigen Variante unter de.wikipedia.org sowie die Mediendatenbank Wikimedia Commons unter der Domain commons.wikimedia.org (Anlage K 2). Die Inhalte werden von zahlreichen ehrenamtlichen und freiwilligen Autoren eingestellt. Grundsätzlich kann jeder Internetnutzer an Textbeiträgen für Wikipedia mitschreiben. Die Beklagte zu 1. stellt die Plattform und den Speicherplatz zur Verfügung und hält für das Verfassen und Veröffentlichen Richtlinien vor (u. a. Anlagen B 3 und B 4). Die Nutzung von Wikipedia ist kostenlos. Zur Illustration der Textbeiträge werden Bilder aus der Datenbank Wikimedia Commons verknüpft. Nutzer, die ein Foto bei Wikimedia Commons und Wikipedia einstellen, müssen eine Lizenz erteilen, die jedem anderen Nutzer eine Nutzung des Fotos auch für kommerzielle Zwecke erlaubt (Anlage K 27). Die Beklagte zu 1. erteilt selbst keine Lizenzen und stellt die Inhalte ohne jegliche Gegenleistung frei zur Verfügung.
Der Beklagte zu 2. bildet als eingetragener, unabhängiger Verein die deutsche Sektion (Local Chapter) der Beklagten zu 1., die die Dachorganisation aller nationalen Wikimedia-Sektionen ist. Zweck des Beklagten zu 2. ist es nach § 2 Abs. 1 S. 1 seiner Satzung, die Erstellung, Sammlung und Verbreitung freier Inhalte in selbstloser Tätigkeit zu fördern. Wegen des weiteren Inhalts der Satzung wird auf die Anlage K 3 Bezug genommen. Der Beklagte zu 2. betreibt eine Webseite unter der Domain wikipedia.de, auf dessen Startseite ein Suchformular „Suche in der deutschsprachigen Wikipedia“ vorhanden ist, in das Stichworte eingegeben werden können, um Inhalte zu erschließen, die von der Beklagten zu 1. unter de.wikipedia.org bereitgehalten werden. Laut Eigendarstellung ist wikipedia.de „ein Suchportal für die freie Enzyklopädie Wikipedia“, das „einen einfachen Zugriff auf Dienste von Drittanbietern“ bietet, „ um die Inhalt der Wikipedia zu erschließen“; der Beklagte zu 2. weist dabei darauf hin, dass sämtliche Verweise auf Artikel automatisch aus dem Artikelbestand der Wikipedia gespeist und von Wikimedia Deutschland nicht ausgewählt oder beeinflusst werden und dass die Verlinkung von Artikeln kein Zueigenmachen des verlinkten Inhalts darstelle (Anlage K 4).
Der Wikipedia-Nutzer A. P., der in keiner Beziehung zu der Klägerin steht, lud die 17 streitgegenständlichen Fotos, nachdem diese nach der Annahme der Klägerin durch ihn oder einen Dritten aus ihren Publikationen eingescannt wurden, eigenmächtig auf Wikimedia Commons hoch; wo sie zum öffentlichen Abruf eingestellt und als gemeinfrei deklariert wurden (Anlagen K 7 und K 8). Die Fotos wurden auf den in den Anlagen K 9 und K 10 enthaltenen deutschsprachigen Wikipedia-Beiträgen eingebunden. Die Klägerin gestattete diese Verwertung der Fotos nicht.
Beispielhaft zählt zu den streitgegenständlichen Fotos eine Aufnahme des Gemäldes „Portrait Richard Wagner“ des Malers Caesar Willich (1862). Dieses Foto wurde mit dem deutschsprachigen Wikipedia-Beitrag über die Stadt Bayreuth verknüpft, so dass jeder, der diesen Artikel aufruft, automatisch auch das Foto angezeigt bekommt. Wer in der Suchmaske Wikipedia.de das Wort „Bayreuth“ eingibt, erhält ohne Weiteres eine dynamisch und ohne Zutun des Beklagten zu 2. erzeugte Liste von Wikipedia-Artikeln, die diesen Suchbegriff in ihrer Artikelbezeichnung (Lemma) enthalten, in Linkform angezeigt. Er kann einen dieser Begriff anklicken, um zu dem entsprechenden Artikel auf de.wikipedia.org weitergeleitet zu werden. Der Treffer „Bayreuth“, der dem Suchwort genau entspricht, wird auch dann verlinkt, wenn der Nutzer statt des Links „Bayreuth“ in der Trefferliste die Schaltfläche „Suchen“ anklickt.
Einige der streitgegenständlichen Fotos wurden über die Seiten der Beklagten zu 1. durch Dritte weit im Internet verbreitet, wofür die Klägerin auch die Deklarierung als gemeinfrei verantwortlich macht. Das Foto des Gemäldes „Portrait Richard Wagner“ wurde von Klägerseite im März 2015 auf 49 verschiedenen Internetplattformen gefunden und abgemahnt, was unter anderem zu einer im Beschlusswege erlassenen einstweiligen Verfügung des LG Berlin – 16 O 175/15 – vom 19. Mai 2015 führte (Anlage K 12)
Die Klägerin nimmt ferner den Uploader P. auf Unterlassung in Anspruch (Anlagen K 13 und K 14; LG Stuttgart – 17 0 690/15 -).
Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 1. Seit dem 27. Februar 2015 und den Beklagten zu 2. seit dem 13. Mai 2015 erfolglos auf Unterlassung in Anspruch. Wegen der vorgerichtlichen Korrespondenz wird auf die Anlagen K 15 und K 18 – K 21 verwiesen. Die streitgegenständlichen Fotos sind nach wie vor über Wikipedia bzw. Wikimedia Commons öffentlich abrufbar und die Wikipedia- Seiten werden weiterhin über das Suchportal Wikipedia.de nachgewiesen.
Die Klägerin behauptet, von den Beklagten mit Nichtwissen bestritten, bei der Fotografie von Gemälden stünde dem Fotografen ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu, die ihr Fotograf gestalterisch genutzt habe. Die Klägerin behauptet weiter, ihr Fotograf C. habe auch die beiden weiteren Gemälde fotografiert. Auch das Foto des Gemäldes „Früchtestilleben (…)“ sei in dem genannten Katalog, nämlich als Tafel 1, diesem Fotografen zugeordnet. Das Portrait-Gemälde des Kurfürsten Carl Theodor sei dagegen tatsächlich erst im Jahr 1999 von dem Zeugen C. für das Buch „Lebenslust und Frömmigkeit, Kurfürst Carl Theodor (1724 – 1799) zwischen Barock und Aufklärung“ der Klägerin angefertigt worden.
Die Klägerin ist der Ansicht: Sie habe als Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Fotos gegen die Beklagten einen Unterlassungsanspruch nach §§ 97 Abs. 1, 19a UrhG wegen rechtswidriger öffentlicher Zugänglichmachung der Fotos auf Wikipedia und Wikimedia Commons durch die Beklagte zu 1., unterstützt durch den Beklagten zu 2. Die Fotos seien als Lichtbildwerke zu qualifizieren, jedenfalls aber als Lichtbilder geschützt. Die von den Beklagten vertretene Rechtsansicht führe zu Wertungswidersprüchen, Abgrenzungsschwierigkeiten und Rechtsunsicherheiten, weil dann zwar eine professionelle, genau im 90 Grad-Winkel aufgenommene Reproduktionsfotografie eines gemeinfreien Gemäldes nicht, wohl aber ein schlechter Schnappschuss des Gemäldes, eine etwa im 91 Grad-Winkel fotografierte Reproduktion oder eine Reproduktion, die auch einen Teil des Bilderrahmens zeige als Lichtbild geschützt sei. Gemälde seien nicht als zweidimensionale (absolut flache), sondern als dreidimensionale Gegenstände zu behandeln. Für eine teleologische Auslegung des § 72 UrhG bestehe kein Raum, seine Änderung sei der Rechtspolitik und Gesetzgebung Vorbehalten.
Die Beklagten hafteten jedenfalls nach der konkreten Anzeige der Rechtsverletzungen und der Abmahnung als Störer, seit Kenntnis wegen der Fortdauer der Rechtsverletzungen auch als Täterin (Beklagte zu 1.) und Teilnehmer (Beklagter zu 2.).
Die Klägerin beantragt, mit der Klarstellung, dass die Anträge territorial auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland begrenzt sein sollen,
- Die Beklagte zu 1. Zu verurteilen, es bei der Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, diese zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern, zu unterlassen, die in der Anlage K 1 abgebildeten Fotografien öffentlich zugänglich zu machen oder machen zu lassen, wie dies insbesondere im Internet über die Plattform Wikipedia bzw. Wikimedia Commons geschehen ist;
- den Beklagte zu 2. zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, diese zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern zu unterlassen, in der Anlage K 1 abgebildeten Fotografien öffentlich zugänglich zu machen oder machen zu lassen, indem er Nutzer des Internetsuchportals wikipedia.de nach Auslösen dieses Suchvorgangs direkt auf die in Anlage K 9 genannten Internetseiten weiterleitet, sofern und soweit darin die Fotografien eingebunden sind.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten sind der Ansicht, die Klage sei unzulässig, weil der Eigenbetrieb „Reiss-Engelhorn- Museen“ die Klägerin in diesem Rechtsstreit mangels Vertretungsbefugnis nicht wirksam vertreten könne, denn die streitbefangenen Gemälde wie auch die streitgegenständlichen Fotos seien – unstreitig – das Eigentum der Klägerin und nicht Vermögen des Eigenbetriebs. Die Beklagten rügen die Prozessvollmacht der Klägerin. Sie meinen weiter, die Anträge seien unbestimmt und zu weitreichend.
Die Beklagten sind ferner der Ansicht: Die Klage sei auch unbegründet, weil die Beklagte zu 1. nicht rechtswidrig gehandelt habe und der Beklagte zu 2. so oder so nicht dafür haften würde. Die streitgegenständlichen Fotos unterfielen als 1:1-Reproduktionen gemeinfreier zweidimensionaler Gemälde nicht dem Lichtbildschutz. Die Reproduktionen als maschinelle Digitalisierung einer flachen Vorlage erfüllten schon nicht die Mindestanforderungen an ein Lichtbild im Sinne des § 72 UrhG. Jedenfalls bedürfe § 72 UrhG vor allem aus verfassungsrechtlichen Gründen einer teleologischen Reduktion, die einen Lichtbildschutz für solche Reproduktionen generell ausschließe. Die Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) und die Informationsfreiheit des Einzelnen (Art. 5 Abs. 1 S. 1, 2. Hs. GG) rechtfertige den umfassenden urheberrechtlichen Schutz eines Werkes nur, wenn dieser Schutz befristet ist und das Werk danach der Allgemeinheit uneingeschränkt zur Verfügung steht und nicht über den Umweg des Lichtbildschutzes faktisch erneut monopolisiert werden dürfe. Tatsächlich sei ein 1:1-Reproduktionsfoto eines Gemäldes technisch wie auch nach der Verkehrsanschauung eher eine Vervielfältigung des gemeinfreien Gemäldes (§ 16 UrhG) als die Schaffung eines eigenständigen Schutzgegenstandes, so dass die Klägerin hier tatsächlich ein nicht selbständig schutzfähiges Recht auf die schlichte Vervielfältigung gemeinfreier Werke beanspruche. Eine Haftung des Beklagten zu 2. scheide ohnehin aus, weil dieser nur eine Suchmaschine betreibe, die wie andere gebräuchliche Suchportale funktioniere, ohne dabei den Inhalt der dabei angezeigten Suchergebnisse und der darüber erreichbaren Seiten beeinflussen zu können. Es fehle an einem willentlichen und adäquat kausalen Beitrag zur Rechtsgutverletzung, denn das jeweilige Foto werde ohne sein Zutun auf Wikimedia Commons öffentlich zugänglich gemacht und in Wikipedia-Artikel eingebunden. Das bloße Verlinken solcher Seiten über das Suchportal reiche als urheberrechtlich neutrale Handlung für eine eigene Haftung nicht aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nur gegen die Beklagte zu 1. begründet.
- Die Klage ist zulässig.
- Der Bestimmtheit der Klage (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) steht nicht entgegen, dass die Anträge zur Bestimmung der streitgegenständlichen Fotos auf die Anlage K 1 Bezug nehmen. In dieser Anlage werden die einzelnen Fotos deutlich wiedergegeben. Der Klagebegründung ist klar zu entnehmen, dass sich das Verbot auf konkrete Fotos beschränkt, nämlich jeweils auf eine von einem bestimmten Fotografen zu einem bestimmten Zeitpunkt angefertigte Aufnahme des Gemäldes. Es liegt zwar in der Natur der Sache, dass ein anderes Reproduktionsfoto desselben Gemäldes dem jeweils streitgegenständlichen zum Verwechseln ähnlich sehen kann, weil es nach derselben Vorgabe, das Gemälde möglichst originalgetreu abzulichten, angefertigt wird. Auch wenn es dabei in der Praxis kaum gelingen wird, ein zu 100% identisches zweites Foto zu schaffen (Ausleuchtung, Belichtung, Körnung, Auflösung, Schärfe, Kontrast, Farbtreue, Detailreichtum usw.), sind Schwierigkeiten bei der Feststellung, ob einem weiteren Verletzungsmuster das streitgegenständliche oder ein anderes Reproduktionsfoto zu Grunde liegt, zwar nicht auszuschließen. Dies führt aber nicht zur Unbestimmtheit dieser Klage, sondern wäre dort nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln zu klären.
- Bei der Klägerin besteht kein Vollmachtsmangel (§ 88 ZPO).
Die Klägerin wird grundsätzlich von ihrem Oberbürgermeister vertreten. Nach § 6 Abs. 1 S. 1 Eigenbetriebsgesetz Baden-Württemberg vertritt die Betriebsleitung eines Eigenbetriebes die Gemeinde im Rahmen ihrer Aufgaben. Zweck und Aufgabe des Eigenbetriebs Reiss-Engelhorn- Museum“ ist unter anderem das Betreiben des Reiss-Engelhorn-Museums, § 1 Abs. 3 der Betriebssatzung. Dazu zählt auch die Wahrnehmung urheberrechtlicher Belange, die im Zusammenhang mit der Museumssammlung stehen, wie die Entscheidung über Fotoerlaubnisse im Museum und das Verfolgen von Rechtsverletzungen. § 1 Abs. 4 der Betriebssatzung stellt zwar klar, dass die zum Zeitpunkt der Errichtung des Eigenbetriebs vorhandenen Sammlungen (darunter die streitbefangenen Gemälde) nicht zum Vermögen des Eigenbetriebs gehören. Daraus ergibt sich aber nicht, dass sich die Aufgaben des Eigenbetriebs nur auf eigenes Vermögen beschränken und nicht auf den Museumsbestand im Eigentum der Stadt erstrecken. Nach § 8 Abs. 1 S. 2 der Betriebssatzung ist der Direktor die Betriebsleitung. Es ist unstreitig, dass dies zur Zeit der Generaldirektor Prof. Dr. Wieczorek ist und dass dieser die im Original zur Gerichtsakte (Bl. 131) eingereichte Prozessvollmacht unterschrieben hat. Die Vollmachtsrügen sind daher nicht begründet, so dass das Gericht ohne Weiteres entscheiden konnte.
Die Klage gegen die Beklagte zu 1. ist begründet.
Die streitgegenständlichen Fotos unterliegen als Lichtbilder im Sinne des § 72 Abs. 1 UrhG dem Urheberrechtsschutz.
Bei den 17 streitgegenständlichen Reproduktionsfotos handelt es sich nicht um Lichtbildwerke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG. Fotos sind als Lichtbildwerke geschützt, wenn sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung des Urhebers sind. Dafür gilt die kleine Münze, so dass es keines besonderen Maßes an schöpferischer Gestaltung bedarf.
Die Klägerin beansprucht dies vor allem wegen des technisch-handwerklichen Aufwands. Dem ist nicht zu folgen. Der Gestaltungsspielraum des Museumsfotografen war durch die Aufgabe, eine möglichst originalgetreue Reproduktion des Gemäldes anzufertigen, um es in einem Museumskatalog abbilden zu können, auf eine technisch saubere Umsetzung beschränkt. Es war bereits vorgegeben, dass das Gemälde frontal und ohne Beiwerk zu fotografieren ist und dass Verfremdungen durch Lichteinfall, Farbverschiebungen usw. möglichst auszuschließen sind. Die Entscheidung, mit welcher Beleuchtung und Belichtung diese Aufgabe gelöst wird, ist rein handwerklicher Art. Eine gute handwerkliche Umsetzung einer Reproduktion ist jedoch von jedem professionellen Museumsfotografen in gleicher Weise zu erwarten, ohne dass es einen gestalterischen Spielraum gibt, die Reproduktion so oder so zu fotografieren, denn das Ergebnis soll möglichst originalgetreu sein, so dass Abweichungen zwischen mehreren von verschiedenen Fotografen angefertigten Reproduktionsfotos primär technischer und handwerklicher Natur sind, aber nicht Ausdruck einer eigenen Gestaltung. Einer rein handwerklichen Leistung fehlt unabhängig von ihrer technischen Qualität grundsätzlich die für ein Lichtbildwerk erforderliche Individualität. Konkrete, auf die einzelnen Fotos bezogene Umstände für eine Ausnahme im Einzelfall hat die Klägerin nicht dargetan, denn sie bezieht sich nur auf den allgemeinen technischen Ablauf einer Reproduktionsfotografie. Demnach scheidet eine Qualifizierung als Lichtbildwerk aus.
Die Fotos sind jedoch als Lichtbilder im Sinne des § 72 Abs. 1 UrhG zu qualifizieren.
Lichtbilder sind Fotos jeglicher Art, welche die Werkqualität nicht erreichen. Geschützt wird nicht eine schöpferische, sondern eine rein technische Leistung, ohne dass es auf die Fähigkeiten und die Technik der Fotoaufnahme ankommt.
Der BGH hat dazu in seiner Entscheidung Bibelreproduktion (- I ZR 14/88 -, Urteil vom 8. November 1989, Juris Rdnr. 86 ff.) ausgeführt:
„Der Schutz des § 72 UrhG bezieht sich auf Lichtbilder und Erzeugnisse, die ähnlich wie Lichtbilder hergestellt werden. Danach kommt rein technisch jedes Verfahren in Betracht, bei dem ein Bild unter Benutzung strahlender Energie erzeugt wird (…) Der technische Reproduktionsvorgang allein begründet aber noch keinen Lichtbildschutz. Die Erweiterung des Lichtbildschutzes durch § 72 UrhG gegenüber dem – notwendig schöpferischen – Urheberrechtsschutz für Lichtbildwerke nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG beruht vornehmlich auf der Erwägung, daß eine Abgrenzung zwischen Lichtbildern mit Werkcharakter und solchen ohne eigenschöpferischen Einschlag unüberwindlichen Schwierigkeiten begegnet (vgl. Amtliche Begründung zum Regierungsentwurf zu § 72 – dort § 82 BT-Drucks. IV/270, S. 89). Sind es aber in erster Linie Abgrenzungsschwierigkeiten, die zu einer Erweiterung des Lichtbildschutzes geführt haben, so kann jedenfalls auf ein Mindestmaß an – zwar nicht schöpferischer, aber doch – persönlicher geistiger Leistung nicht verzichtet werden (…)
Ein solches Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung hat das Berufungsgericht zu Recht in den Fällen verneint, in denen ein Lichtbildschutz für Lichtbilder oder ähnliche Erzeugnisse beansprucht wird, die sich lediglich als bloße Vervielfältigung anderer Lichtbilder (oder ähnlich hergestellter Erzeugnisse) – hier: der Photographien des H. und C. Verlags der Original-Kupferstiche der Merian-Bibel von 1630 – darstellen, bei denen also ein Original-Lichtbild so getreu wie möglich – egal ob im selben Format oder im Wege der Mikro- oder Makrokopie – lediglich reproduziert (kopiert) wird. Der Lichtbildschutz erfordert, daß das Lichtbild als solches originär, d.h. als Urbild, geschaffen worden ist.
Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß bei Schaffung des Urheberrechtsgesetzes von 1965 ein Schutz von Lichtbildkopien nicht beabsichtigt war. Denn ein solcher Schutz war schon vorher von der nahezu einhelligen Meinung abgelehnt worden (vgl. …). Im Gesetzgebungsverfahren ist an keiner Stelle zum Ausdruck gekommen, daß insoweit vom alten Recht abgewichen werden sollte. Zu einer Klarstellung – wie sie der Gesetzgeber in § 85 Abs. 1 S. 3 UrhG, wonach das Herstellerrecht nicht durch Vervielfältigung eines Tonträgers entsteht, vorgenommen hat – bestand keine Veranlassung.
Für die Einbeziehung der Lichtbildkopie in den Schutzbereich des § 72 UrhG besteht schließlich auch kein erkennbares Bedürfnis. Sie würde überdies zur Folge haben, daß die gesetzlich festgelegte Schutzdauer durch Reproduktionsvorgänge beliebig verlängert werden könnte (vgl. …).“
Dort hat der BGH unterschieden zwischen dem originären Foto der Kupferstiche und den davon wiederum reproduzierten Bildvorlagen für das streitgegenständliche Buch (= „Lichtbildkopien“). Nur letzteren Druckvorlagen hat der BGH den Schutz nach § 72 UrhG versagt, weil es sich um ein Foto vom Foto handelt. Hätte der BGH bereits dem originären Reproduktionsfoto den Schutz nach § 72 UrhG nicht zuerkennen wollen, wäre die sich anschließende Diskussion überflüssig gewesen, weil es nicht auf die Schutzfähigkeit der bloßen Kopie eines selbst schon nicht schutzfähigen Lichtbildes ankommen konnte. Der BGH differenziert zwischen der originären Fotografie der Kupferstiche und den davon auf fotografischem Wege angefertigten Reproduktionen. Der BGH hat danach dem originären Foto der Kupferstiche die Schutzfähigkeit gerade nicht abgesprochen, so dass die Frage, ob dem unstreitig zweidimensionalen Foto (originäres Foto des Kupferstichs) ein zwei- oder dreidimensionales Gemälde gleichzustellen ist, nicht relevant wurde. Selbst wenn man mit den Beklagten annähme, die Gemälde seien zweidimensionale Objekte, handelte es sich jedenfalls um dasselbe wie dann ebenfalls als zweidimensional zu bezeichnende Kupferstiche.
In dem BGH-Fall „Telefonkarte“ (- I ZR 146/98 ~, Urteil vom 7. Dezember 2000) ging es um die verkleinerte Wiedergabe einer Seite der ersten Telefonkarte (der Klägerin) auf der zweiten Telefonkarte (der Beklagten) einschließlich der auf der ersten Telefonkarte enthaltenen graphischen Darstellung der Weltkarte mit einem Quadrantennetz. Dazu hat der BGH ausgeführt (zitiert nach Juris, Rdnr. 29):
„Soweit die Klägerin den Lichtbildschutz des § 72 UrhG für sich in Anspruch genommen hat, fehlt es an Klagevorbringen dazu, ob und inwieweit die Telefonate der Klägerin ein Lichtbild oder auf ähnliche Weise hergestelltes Erzeugnis wiedergibt. Unabhängig davon müsste das Bild, für das die Klägerin den Schutz des § 72 UrhG in Anspruch nimmt, mehr sein als eine bloße technische Reproduktion einer bestehenden Graphik. Denn der technische Reproduktionsvorgang allein begründet noch keinen Lichtbildschutz (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1989 – I ZR 14/88, GRUR 1990, 669, 673 – Bibelreproduktion […]). Vielmehr ist ein Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung erforderlich, die dann zu verneinen ist, wenn ein Lichtbild oder ein ähnlich hergestelltes Erzeugnis nicht mehr als die bloße technische Reproduktion einer vorhandenen Darstellung ist. Daß diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sind, läßt sich dem Vorbringen der Klägerin nicht entnehmen.“
Danach reichte dort die technische Reproduktion einer bestehenden Grafik (eine solche war jedenfalls das Original der Vorlage, die letztlich für die Telefonkarte der Klägerin verwendet worden ist) nicht aus, das Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung zu für den Lichtbildschutz erfüllen. Eine Schlussfolgerung, dies auch auf die Reproduktion von Gemälden zu übertragen, ist in dieser Allgemeinheit jedoch nicht zulässig:
In dem BGH-Fall ging es um eine einfache, schwarz-weiße Graphik, die wiederum nur als Hintergrundmotiv einer relativ kleinen Telefonkarte zu übertragen war.
Hier geht es dagegen um farbige, detailreiche Gemälde mit differenzierten Schattierungen, die für den Druck in einer Museumspublikation so detailgetreu wie möglich zu fotografieren waren. Gerade die damit verbundene aufwendige handwerklich-technische Leistung ist durch den Lichtbilderschutz zu schützen.
Die Klägerin hat im Einzelnen dargetan, welcher technische Aufwand erforderlich war, die streitgegenständlichen Fotos aufzunehmen. Das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen ist unerheblich. Jedem fotografischen Laien ist bekannt, dass eine färb- und kontrastgetreue, nicht verzerrte Wiedergabe eines Gemäldes in Katalogqualität nicht „einfach so“ bei beliebig Vorgefundenen Beleuchtungsverhältnissen durch spontanes Abknipsen erzielt werden kann. Dies gilt besonders bei analoger Fotografie, in der die streitgegenständlichen Fotos seinerzeit angefertigt wurden. Es wäre daher Sache der Beklagten gewesen näher darzulegen, auf welchem konkreten anderen technischen Weg damals ein Foto gleicher Qualität auf einem Weg ohne nennenswerten Aufwand möglich gewesen sein sollte; dazu fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Nach dem damit zu Grunde zu legenden Vortrag der Klägerin erforderte es daher einen erheblichen Aufwand, die Ausleuchtung, Ausrichtung und Belichtung des Motivs so justieren, dass ein möglichst naturgetreues, detailliertes Foto des Gemäldes mit treffenden Details, Farben und Schattierungen, aber ohne störende Spiegelungen und Verzerrungen entsteht.
Es kommt an dieser Stelle daher nicht auf den Streit an, ob die Gemälde als Vorlage der streitgegenständlichen Fotografien zweidimensional sind und ob zweidimensionale Vorlagen anders als dreidimensionale zu behandeln sind. Die Frage, ob ein Gemälde zwei- oder dreidimensional ist, kann grundsätzlich nur im Einzelfall unter Betrachtung des Originals beantwortet werden, da beispielsweise ein Ölgemälde mit dickem Farbauftrag eine plastische, je nach Blickwinkel und Schattenfall unterschiedliche Bildwirkung entfalten kann. Entsprechendes gilt für andere Werktechniken wie etwa Kollagen. Das Merkmal der Zweidimensionalität kann daher jedenfalls nicht pauschal auf alle Gemälde angewendet werden, sondern wenn es darauf ankäme, müsste man im jeweiligen Einzelfall anhand des Originals Feststellungen treffen. Soweit sich die Beklagten für Ihre Ansicht auf die Kommentierung von Fromm/Nordemann berufen und dabei lückenhaft zitieren, zeigt das von der Klägerin vervollständigte Zitat, dass es nach Ansicht dieser Kommentatoren zwar auf die fotografisch-technische Leistung eines Menschen zur Umsetzung einer dreidimensionalen Vorlage in ein zweidimensionales fotografisches Bild ankommt, Gemälde dabei aber zu den dreidimensionalen Gegenständen gezählt werden und deren Reproduktion ausdrücklich in den Schutzbereich des § 72 UrhG fallen soll (so auch Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 4. Auflage, § 72, Rdnr. 10). Dem schließt sich die Kammer im Ergebnis an, wobei es weniger auf die Differenzierung zwischen zwei- und dreidimensional als auf die durch § 72 Abs. 1 UrhG geschützte rein technische Leistung des Reproduktionsfotografen ankommt. Das erforderliche Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung erbringt dieser regelmäßig auch dann, wenn man ein Gemälde als zweidimensional qualifiziert.
Die streitgegenständlichen Fotos sind demnach als Lichtbilder zu qualifizieren.
Davon ist keine Ausnahme zu machen ist, weil das Fotomotiv ein gemeinfreies Werk ist.
Es besteht kein Grund, § 72 UrhG aus verfassungsrechtlichen Gründen (Sozialbindung des Eigentums und Informationsfreiheit des Einzelnen) im Wege der teleologischen Reduktion einschränkend in dem Sinne auszulegen, dass ein Leistungsschutzrecht für originalgetreue Reproduktionen unabhängig vom Aufwand gar nicht entsteht, jedenfalls dann nicht, wenn es sich bei dem Motiv um ein zweidimensionales und gemeinfreies Werk handelt.
Dies lässt sich nach Ansicht der Kammer zwar nicht aus der von der Klägerin dazu herangezogenen Rechtsprechung aus Parallelfällen herleiten. Das Landgericht Berlin hat in der im Beschlusswege erlassenen einstweiligen Verfügung vom 19. Mai 2015 (- 16 O 175/15 -, Anlage K 12) zwar einen Lichtbildschutz nach § 72 Abs. 1 UrhG bejaht, die Frage einer teleologischen Reduktion aber nicht angesprochen; ob diese Frage sich dort überhaupt gestellt hat, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen. Dasselbe gilt für das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 6. Oktober 2015 (- 224 C 1005/15 Anlage K 24). In dem Rechtsstreit Amtsgericht Nürnberg – 32 C 4607/15 – liegt eine die erste Instanz abschließende Entscheidung noch nicht vor (Anlage K 23).
Für die Frage einer teleologischen Reduktion kommt es nach Ansicht der Kammer nicht darauf an, wie die Klägerin ihr Fotoverbot praktiziert, denn selbst bei strenger Durchsetzung wäre dies kein Kriterium für eine beschränkende Auslegung einer Norm. Mit der teleologischen Reduktion werden Sachverhalte, die nach dem Wortlaut der Norm an sich erfasst würden, von der Anwendung der Norm ausgeschlossen, weil sie der Zielsetzung des Gesetzes widersprechen. Nach der Ansicht der Beklagten wäre der abstrakte Sachverhalt dann konsequenterweise so zu fassen, dass es keinen Lichtbildschutz für Fotos gibt, die eine 1:1-Reproduktion eines zweidimensionalen und gemeinfreien Werkes sind, falls diese Werke im Bestand eines Museums sind, dessen Hausordnung den Besuchern das Fotografieren verbietet. Die Schutzfähigkeit eines Lichtbildes kann aber nicht davon abhängig gemacht werden, ob im Einzelfall der Eigentümer des Bildes oder das Museum, in dessen Obhut es sich befindet, ein Fotoverbot ausgesprochen hat und ob bzw. inwieweit er es Dritten tatsächlich ermöglicht hat, ermöglicht oder ermöglichen würde, eine Reproduktionsfotografie des Gemäldes zu erlangen und zu nutzen.
Es besteht auch davon unabhängig kein Anlass für eine einschränkende Auslegung des § 72 UrhG bei Reproduktionsfotografien. Der Sozialbindung des Eigentums an einem gemeinfreien Gemälde und der Informationsfreiheit des Einzelnen, gemeinfreie Gemälde auch in Gestalt einer Reproduktionsfotografie außerhalb des Museums betrachten zu können, kann auch auf anderem Wege ausreichend Geltung verschafft werden.
Es ist nicht zu beanstanden, dass ein Museum mit gemeinfreien Werken in seiner Hausordnung das Fotografieren verbietet. Dafür kann es konservatorische Gründe geben, aber auch die Vermeidung unnötiger Unruhe in den Ausstellungsräumen sprechen. Die Informationsfreiheit des Einzelnen erfordert es nicht, ihm unbeschränkt das Anfertigen eigener Fotos zu ermöglichen. Das Museum kann das Fotografieren von einer Erlaubnis im Einzelfall abhängig machen, es kann eigene Fotos zur Verfügung stellen oder es kann den Informationsbedarf an Gemälden durch eigene Publikationen mit professionellen Reproduktionen befriedigen. Die Informationsfreiheit beinhaltet auch nicht, dass sich jeder kostenfrei, tatsächlich also auf Kosten Dritter, ein Foto eines Gemäldes beschaffen kann. Ob ein vom Museum für die Herausgabe eigener Fotos oder den Verkauf einer Publikation verlangtes Entgelt angemessen ist, betrifft wiederum nicht die Frage der Schutzfähigkeit eines Fotos als Lichtbild, sondern wäre gegebenenfalls dort unter Beachtung der Sozialbindung des Eigentums an gemeinfreien Werken und der Informationsfreiheit zu klären. Die Beklagten haben aber gar nicht vorgetragen, dass sie oder der Nutzer Andreas P. überhaupt versucht haben, die Klägerin wegen der konkreten Verwertung der Fotos oder der Anfertigung eigener Fotos anzusprechen und wie die Klägerin darauf reagiert hat. Die Informationsfreiheit schließt aber nicht das Recht ein, sich ungefragt und eigenmächtig an den Leistungen Dritter, hier an professionellen Reproduktionen, zu bedienen. Sollte die Klägerin aber tatsächlich „mauern“, um die Verwertung der gemeinfreien Motive zu monopolisieren, handelte es sich auch nach dem Vortrag der Beklagten (Bl. 94 „die einzigen“) um eine Ausnahme in der deutschen Museumslandschaft. Selbst wenn man einen solchen Einzelfall für eine generell wirkende einschränkende Gesetzesauslegung – entgegen der Ansicht der Kammer – ausreichen ließe, wäre letztere nicht nötig. Vielmehr wären die grundrechtlichen Belange dann einfacher (auch weil nur einen Einzelfall betreffend) in der Weise durchzusetzen, dass die Klägerin zu einer Änderung ihrer Praxis in ein Verhalten nach oben dargestellter Weise gezwungen wird, zum Beispiel durch das Vorgehen gegen die Ablehnung eines Fotografier- oder Fotoüberlassungsgesuchs oder gegen eine damit verbundene überhöhte Kostenforderung.
Die Berufung auf Abgrenzungsschwierigkeiten führt nicht weiter, weil es solche stets gibt:
Auch nach Ansicht der Beklagten unterfiele ein Foto, das ein Gemälde nicht als exakte Reproduktion zeigt, dem Lichtbildschutz. Folgte man der Ansicht der Beklagten, müsste danach stets im Einzelfall geprüft werden, ob das Foto tatsächlich das gesamte Gemälde (nicht nur einen Ausschnitt) wiedergibt und ob es tatsächlich im 90 Grad-Winkel (und nicht etwa im 88 Grad-Winkel) aufgenommen wurde; bei einem Abstellen auf Zweidimensionalität käme es aus den bereits genannten Gründen ferner auf die Dicke des Farbauftrags an, so dass die Schutzfähigkeit erst nach Abgleich mit dem Original sicher festzustellen wäre, was kaum praktikabel ist, jedenfalls eine Abgrenzung nicht erleichterte.
Es erscheint auch als ein Wertungswiderspruch, dass zwar ein laienhaftes und schlechtes Knipsbild des Gemäldes dem Lichtbildschutz unterliegt, ein mit größerem Aufwand hergestelltes Reproduktionsfoto aber wie das Gemälde gemeinfrei sein soll.
Es muss schließlich aus heutiger Sicht nicht überzeugen, eine technische Reproduktion mittels Scanner, die einen vergleichbaren technischen Aufwand erfordern und zu besseren Wiedergabeergebnissen führen kann, nicht entsprechend einem Lichtbild zu schützen. Für den Schutz der streitgegenständlichen Fotos ist dieser Ansatz der Beklagten unerheblich, denn für die Erlangung des Schutzes als Lichtbild kommt es auf den Entstehungszeitpunkt an, ohne dass ein späterer Fortschritt der Reproduktionstechnik den einmal erlangten Schutz nachträglich wieder entfallen ließe. Davon unabhängig bleibt die Frage, ob der Schutzbereich wegen neuer Techniken zu erweitern oder zu reduzieren ist, vom Gesetzgeber zu beantworten. Der Umstand, dass es offenbar über alle Reformbemühungen hinweg der Wille des Gesetzgebers geblieben ist, das Leistungsergebnis der einfachen Fotografie als Lichtbild zu schützen, lässt eher den Gedanken zu, § 72 UrhG entsprechend auf Abbildungen anzuwenden, die auf vergleichbare Weise (wie mit dem von den Beklagten angeführten aufwendigen Scan) entstanden sind, was aber nicht hier zu entscheiden ist.
Schließlich überzeugt auch das Argument der Schutzfristen nicht:
Ist die Schutzfrist für ein Gemälde abgelaufen, bleibt dieses selbst gemeinfrei, auch wenn davon ein Reproduktionsfoto angefertigt wird. Das Foto des Gemäldes genießt eine eigene Schutzfrist, die sich aber nur auf dieses Foto und nicht auf das Gemälde bezieht. Die Schutzfrist des Gemäldes kann damit nicht verlängert oder neu in Gang gesetzt werden, sondern der Fotograf hat Schutzrechte nur an seinem Foto. Die Frage des „Urfotos“ betrifft den urheberrechtlichen Umgang mit Reproduktionen dieses Urfotos, ob also das „Foto vom Urfoto“ selbst wieder als Lichtbild zu qualifizieren ist, darum geht es im vorliegenden Fall aber nicht. Die Anfertigung eines Urfotos schließt es nicht aus, dass ein Dritter ein weiteres, eigenes Urfoto des Gemäldes anfertigt, das ebenfalls wiederum schutzfähig ist, ohne die Schutzfristen anderer Werke (des Gemäldes oder anderer Urfotos) zu berühren.
Das Argument betrifft also letztlich nicht die Schutzfrist des Gemäldes und dessen Gemeinfreiheit, sondern die Frage, wie ein Museum gegenüber Dritten der Gemeinfreiheit seines Gemäldes gerecht werden muss. Das Museum mag dann verpflichtet sein, Dritten das Betrachten und Verwerten des Gemäldemotivs zu ermöglichen, ohne dass sich noch jemand auf ein Urheberrecht an dem Gemälde berufen darf. Dafür gibt es aber wie ausgeführt mehrere Wege, die ohne eine Einschränkung des § 72 UrhG gangbar sind. Die Beklagten haben nicht dargetan, dass diese Wege bei der Klägerin generell verschlossen und nicht anderweitig durchsetzbar sind. Selbst wenn, ergäbe sich daraus nach dem Vortrag der Beklagten nur eine singuläre Ausnahme in der deutschen Museumslandschaft und deshalb nach Ansicht der Kammer gerade kein Anlass einer generellen Beschränkung des § 72 UrhG. Vielmehr wäre dann im jeweiligen Einzelfall zu fragen, ob die konkrete Verwertung ausnahmsweise nicht rechtswidrig war, weil die berechtigten Interessen auf anderem zumutbaren Wege nicht durchgesetzt werden konnte. Diese Frage stellt sich hier mangels einer entsprechenden Darlegung der Beklagten aber nicht.
Es bleibt daher festzuhalten, dass die streitgegenständlichen Fotos als Lichtbilder im Sinne des § 72 Abs. 1 UrhG geschützt sind.
Die Schutzfristen für die streitgegenständlichen Fotos laufen noch. Für die im Jahr 1992 entstandenen Fotos galt nach der Urheberrechtsnovelle von 1985 als Lichtbilder, die keine Dokumente der Zeitgeschichte darstellen, eine Schutzfrist von 25 Jahren, beginnend ab Erscheinen des Lichtbildes. Diese Frist war bei Inkrafttreten der Urheberrechtsnovelle vom 1. Juli 1995 noch nicht abgelaufen, so dass sich die auf 50 Jahre verlängerte Schutzfrist auch auf die streitgegenständlichen Fotos erstreckt.
Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an den Fotos.
Für 15 Fotos ist unstreitig, dass der Zeuge C. die Fotos gemacht und der Klägerin die Nutzungsrechte daran eingeräumt hat.
Für die beiden übrigen Fotos hat die Klägerin auf das Bestreiten der Beklagten mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2015 in ihrem Schriftsatz vom 24. Februar 2016 näher ausgeführt, warum dass eine Foto dem Bildnachweis für den Zeugen C. zuzuordnen ist und dass das andere Foto tatsächlich in einer bestimmten späteren Publikation veröffentlicht und dafür entsprechend von dem Zeugen C. hergestellt wurde. Die Beklagte zu 1. hat darauf in seinem Schriftsatz vom 11. April 2016 nur unzutreffend erwidert, die Klägerin habe auf das Bestreiten nicht reagiert. Der Hinweis der Klägerin im Schriftsatz vom 18. April 2016 an den Inhalt ihres Schriftsatzes vom 24. Februar 2016 ist kein neuer Sachvortrag, zu dem den Beklagten noch eine Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen war. Vielmehr hatten die Beklagten bis zum Termin hinreichend Gelegenheit, den Schriftsatz der Klägerin vom 24. Februar 2016 zu verarbeiten. Ihre Reaktionen darauf führen dazu, die von der Klägerin im Einzelnen dargelegte Urheberschaft des Zeugen C. und die Rechteeinräumung auf sie als nicht erheblich bestritten zu behandeln, § 138 Abs. 4 ZPO. Auf eine Beweisaufnahme kam es daher nicht an.
Die Fotos wurden öffentlich zugänglich gemacht, indem sie auf Wikimedia Commons und auf Wikipedia eingestellt und abrufbar gemacht wurden. Die dafür erforderliche Zustimmung der Klägerin als Rechteinhaberin fehlt.
Die Beklagte zu 1. haftet jedenfalls als Störerin. Sie hat die Fotos unstreitig nicht selbst eingestellt. Sie ist aber Betreiberin beider Webseiten und hat nach Kenntnis von den Verstößen nichts veranlasst, die Rechtsverletzung zu beenden, sondern diese bewusst beibehalten. Die Beklagte zu 1. teilt bei den Fotos in Kenntnis des Streits sogar mit, diese Fotos seien nach ihrer „offiziellen Ansicht“ gemeinfrei (Anlagen K 7, K 10); damit trägt sie selbst zur Fortdauer der Rechtsverletzung und zu weiteren Rechtsverletzungen durch Dritte, die sich dieser vermeintlich gemeinfreien Fotos bedienen, bei.
Der Unterlassungsanspruch ist verschuldensunabhängig.
Die Klage zu 1. ist danach begründet.
III. Die Klage gegen den Beklagten zu 2. ist nicht begründet.
Das zu II. 1. – II. 3. Ausgeführte gilt hier entsprechend. Der Beklagte zu 2. haftet allerdings nicht für die Rechtsverletzungen.
In tatsächlicher Hinsicht bleibt festzuhalten, dass der Beklagte zu 2. nur die Webseite www.w…de, nicht aber die Webseiten www….org oder die Mediendatenbank W…C…. betreibt. Die streitgegenständlichen Fotos sind dort nur im Wege des Links auf die Webseiten der Beklagten zu 1. nach Eingabe eines einschlägigen Suchbegriffs in die Suchmaske aufzurufen.
Der Beklagte zu 2. hat die streitgegenständlichen Fotos nicht selbst eingestellt und er ist nicht an dem Einstellen der Fotos auf den Webseiten der Beklagten zu 1. durch diese oder durch Dritte beteiligt gewesen, sondern diese sind für ihn ein beliebiger Inhalt von Wikipedia.
Der Beklagte zu 2. haftet auch nicht als Störer.
Als Störer haftet derjenige, der – ohne selbst Verletzer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich oder adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, sofern es ihm rechtlich und tatsächlich möglich sowie zumutbar ist, die unmittelbare Rechtsverletzung zu unterbinden bzw. zu verhindern (Dreier/ Schulze, UrhG, 4. Auflage, § 97, Rdnr. 33 m. w. N.). Die Beurteilung, ob und inwieweit eine Prüfung zuzumuten war oder ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, wobei die Funktion und die Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch Genommenen sowie die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat oder vornimmt, zu berücksichtigen sind.
Die Klägerin stützt sich für die Störerhaftung des Beklagten zu 2. ohne Erfolg auf ein Urteil des Landgerichts Hamburg – 325 O 321/08 – vom 26. März 2010 (BeckRS 2010, 08783). Dort klagte ein Politiker gegen die Beklagte zu 1. (dort zu 2.) und den Beklagten zu 2. (dort zu 1.) auf Unterlassung einer persönlichkeitsrechtsverletzenden Darstellung. Das Landgericht Hamburg hat eine Störerhaftung des Beklagten zu 1. verneint, weil sonst die Störerhaftung über Gebühr auf Dritte erstreckt werde, die den Eingriff nicht selbst vorgenommen haben: Der Beklagte sei nicht unmittelbar Handelnder (nicht Autor, nicht Betreiber des Wikipedia-Lexikons und kein Zueigenmachen) und hafte auch nicht wegen der Verletzung von Prüfpflichten, weil ihn keine vorbeugende Prüfpflicht des Wikipedia-Inhalts traf und eine nachträgliche Prüfpflicht erst ab Kenntnis der Rechtsverletzung entstehen konnte (Abmahnung), als der Inhalt auf Wikipedia aber bereits gelöscht war. Was ist, wenn letzteres wie hier nicht der Fall gewesen wäre, ist diesem Urteil jedoch nicht zu entnehmen, es kam dort auch nicht mehr darauf an.
Hier ist davon auszugehen, dass der Suchablauf auf der Webseite des Beklagten zu 2. so funktioniert, wie es auch vom Landgericht Hamburg zu Grunde gelegt worden ist. Die Klägerin hat nicht dargetan, worin Unterschiede liegen könnten. Hier ist die Situation aber insoweit anders, als die Beklagte zu 1. die Fotos nicht entfernt und der Beklagte zu 2. seine Suche nicht abgeändert haben, nachdem sie mit der Abmahnung konkret über die einzelnen Verstöße in Kenntnis gesetzt wurden.
Das Kammergericht (- 9 W 196/09 -, Beschluss vom 3. November 2009, BeckRS 2010, 06414) hat den Betreiber einer Suchmaschine nach konkreter Abmahnung als Störer dafür haften lassen, ein bestimmtes Suchergebnis auf seiner eigenen Suchmaschine nicht mehr zu verbreiten. Dort ging es um einen persönlichkeitsrechtlichen Anspruch und ein Suchergebnis, das nicht ein Schlagwort als Link, sondern darüber hinaus einen Teil des verlinkten Inhalts („snippet“) anzeigte,s o class sich die Persönlichkeitsrechtsverletzung bereits aus dem Suchergebnis ableiten ließ unabhängig davon, ob der verlinkte Beitrag selbst dann tatsächlich auch eine Persönlichkeitsrechtsverletzung enthielt. Eine vergleichbare Konstellation lag dem Urteil des Landgerichts Berlin – 27 O 585/04 – vom 9. September 2004 (BeckRS 9998, 52613) und dem Beschluss des Kammergerichts — 10 W 81/06 – vom 4. September 2006 (BeckRS 2007, 01307) zu Grunde, denn dort waren jeweils im Suchergebnis selbst der Name einer Prominenten mit dem Wort „nackt“ angegeben, so dass bereits das Suchergebnis den – dort unzutreffenden – Eindruck vermitteln konnte, von der Prominenten gebe es Nacktfotos im Internet. Das Kammergericht hielt die dortige Beklagte für verpflichtet, ihre Suchmaschine so zu programmieren, dass ein Ergebniseintrag in der Kombination des Namens mit dem Wort nackt sicher ausgeschlossen wird, wobei der „Einsatz einer solchen Filtersoftware“ der Beklagten „möglich und zumutbar“ sei.
Auch in Ansehung dieser Rechtsprechung besteht nach Ansicht der Kammer keine Haftung des Beklagten zu 2:
Der Beklagte zu 2. beschränkt seine Suchergebnisse auf einzelne Worte, die in der Bezeichnung (nicht notwendig auch dem Inhalt, der nicht darauf durchsucht wird) eines Wikipedia-Artikels enthalten sind. Er lässt jedoch keine Vorschau aus dem Wikipedia-Beitrag und der darin enthaltenen Fotos anzeigen. Hier geht es auch nicht um ein Persönlichkeitsrecht, sondern um eine Urheberrechtsverletzung. Da das Suchergebnis keine Bilder anzeigt, ist es selbst – isoliert betrachtet – nicht urheberrechtsverletzend.
Der Beklagte zu 2. fördert die Abrufbarkeit des Fotos auf Wikipedia oder Wikimedia Commons auch nur mittelbar. Zum einen geht es dem Suchenden hier um Informationen über die Stadt Bayreuth, wenn er das Suchwort „Bayreuth“ eingibt, so dass er auf der Zielseite eher zufällig auf das Wagner-Gemälde stößt.
Zum anderen erschließt die Suchmaske auf Wikipedia.de nicht irgendeine versteckte Seite, sondern die Suchmaske ist von vorneherein auf Wikipedia-Beiträge beschränkt und der Nutzer wird genau dort nach einem Beitrag über Bayreuth suchen, wenn er Wikipedia.de und nicht eine umfassende Suchmaschine nutzt.
Einen zusätzlichen Nutzen entfaltet die Suchmaske unter Wikipedia.de daher am ehesten als eine Hilfe für diejenigen, die einen deutschsprachigen Artikel auf Wikipedia suchen und dazu auf gut Glück die nahe liegende Domain wikipedia.de eingeben, anstatt direkt Wikipedia.org aufzurufen oder eine gängigere Suchmaschine zu nutzen und dort zusätzlich „Wiki“ oder „Wikipedia“ als Suchbegriff einzugeben, um die Suche auf Wikipedia-Artikel zu lenken. Es ist nicht zu erkennen, dass der Beklagte zu 2. mit seiner eigenen Suchmaske die Entdeckung der streitgegenständlichen Fotos in relevanter Weise erleichtern könnte. Der Beklagte zu 2. könnte auf seiner Webseite auch nur einen Hinweis anzeigen, dass deutschsprachige Wikipedia-Inhalte unter der Domain der Beklagten zu 1. aufzurufen sind und auf deren eigene Suchfunktion verweisen oder verlinken, ohne dass sich dadurch an der Auffindbarkeit etwas ändern würde. Das für jeden Nutzer frei zugängliche Onlinelexikon Wikipedia ist bekannt (sonst würde der Nutzer es gar nicht erst auf Wikipedia.de versuchen) und seine Inhalte sind auf einfache Weise sowohl direkt und als auch über die allgemeinen Suchmaschinen zu erschließen. Dabei ist es unerheblich, ob der Nutzer nach Eingabe seines Suchbegriffs einen der als Link ausgestalteten Ergebnisse anklicken muss oder für das seinem Suchbegriff exakt entsprechende Ergebnis stattdessen auch die Schaltfläche „Suchen“ anklicken kann, um zur Suchergebnisseite auf Wikipedia verlinkt zu werden, denn beide Auswahlbestätigungen laufen auf dasselbe hinaus.
Es kommt hinzu, dass im vorliegenden Fall weder ein konkret dargelegter Anlass zu der Befürchtung besteht, die Beklagte zu 1. würde die Rechtsverletzung im Falle ihrer Verurteilung nicht umgehend beenden noch ein Stehenlassen des Suchergebnisses trotz Löschung der Bilder durch die Beklagte zu 1. die Rechtsverletzung fortsetzen könnte, denn das Suchergebnis „Bayreuth“ enthält das Foto nicht und führt immer nur zu dem Wikipedia-Beitrag mit der Bezeichnung „Bayreuth“ in seiner jeweils aktuellen Fassung.
Tatsächlich macht der Beklagte zu 2. nicht mehr, als einen Link auf eine fremde Seite zu setzen, ohne sich dabei den verlinkten Inhalt zu Eigen zu machen. Insbesondere ist der Beklagte zu 2. nicht an den unmittelbaren Verwertungshandlungen nach § 19a UrhG beteiligt, denn die Fotos werden durch die Beklagte zu 1. und Dritte als Nutzer von deren Webseiten öffentlich zugänglich gemacht und der Beklagte zu 2. zeigt nur Links zu Wikipedia.org an, die zu den entsprechenden ihm fremden Wikipedia-Seiten führen, auf denen wiederum ohne sein Zutun die streitgegenständlichen Fotos aus der Datenbank von Wikipedia Commons im Wege des Framings eingefügt werden. Denkt man sich das Suchmaskenangebot des Beklagten zu 2. fort, würde die Rechtsverletzung durch die Beklagte zu 1. unverändert weiter bestehen, umgekehrt setzt deren Rechtsverletzung nicht voraus, dass der Beklagte zu 2. die Suchmaske vorhält. Mit diesem Verhalten begeht der Beklagte zu 2. keine urheberrechtliche Nutzungshandlung, sondern verweist nur auf das Werk in einer Weise, die Nutzern den bereits durch einen Dritten eröffneten Zugang erleichtert, ohne damit selbst das Werk öffentlich zugänglich zu machen (vgl. BGH – I ZR 259/00 -, Urteil vom 17. Juli 2003 – Paperboy, zitiert nach Juris, dort insbes. Rdn. 56).
Die Ansicht der Klägerin, der Beklagte zu 2. hafte jedenfalls als Störer oder gar Teilnehmer, weil er kein beliebiger Dritter, sondern der satzungsgemäße Förderer der Beklagten zu 1. in Deutschland ist, so dass beide Beklagten bewusst und gewollt zusammenwirken und dazu eine „Konstruktion“ gewählt hätten, um sich rechtsmissbräuchlich der Haftung zu entziehen, ist nicht zu folgen. Entscheidend ist, ob der Beklagte zu 2. den Inhalt von Wikipedia oder Wikimedia Commons beeinflussen kann, sei es bei der Aufnahme bestimmter Artikel oder Fotos oder bei deren Löschung. Das ist unstreitig nicht der Fall. Worin die Klägerin eine „Konstruktion“ sieht und warum diese „dem Haftungsentzug“ dienen könnte, ist nicht erkennbar. insbesondere ist nicht etwa der Beklagte zu 2. der „wahre“ Betreiber von Wikipedia / Wikimedia Commons und die Beklagte zu 1. nur als formal Haftende vorgeschoben. Dass die Beklagte zu 1. als weltweit agierende Einrichtung ihren Sitz in Amerika hat und deshalb möglicherweise nicht in jedem Land gleichermaßen effektiv gerichtlich zur Verantwortung gezogen werden kann und dass sie ferner nationale Fördervereine hat, macht keine rechtsmissbräuchliche Konstruktion aus. Tatsächlich verklagt die Klägerin die Beklagte zu 1. im vorliegenden Prozess auch wirksam in Deutschland, so dass ihr Argument ins Leere geht Die Klägerin trägt auch nicht vor, die Beklagte zu 1. zusätzlich noch in Amerika verklagen zu müssen, um ausreichend effektiv geschützt zu sein. Letztlich können diese Aspekte hier dahin stehen, denn die Klägerin hätte nach eigener Ansicht konsequenterweise den Beklagten zu 2. auf dasselbe wie die Beklagte zu 1. verklagen müssen. Tatsächlich will sie gegen den Beklagten zu 2. aber nur einen Titel erlangen, der sich nur auf seine Suchmaschine auswirkt. Würde der Beklagte zu 2. die Weiterleitung beenden, hätte dies keinen Einfluss auf den Inhalt von Wikipedia und Wikimedia Commons und das gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Begehren. Indem die Klägerin dieses Begehren auf die Beklagte zu 1. beschränkt, geht sie selbst davon aus, nicht auf die entsprechende Inanspruchnahme des Beklagten zu 2. angewiesen zu sein, was ihr Argument einer haftungsausweichenden Konstruktion entkräftet.
Die Rechtslage ist nach Ansicht der Kammer auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des BGH zum Framing (-1 ZR 46/12 Urteil vom 9. Juli 2015 – Die Realität II) nicht im Sinne der Klägerin zu beurteilen. Dies gilt sowohl für die Verwertungsform des öffentlichen Zugänglichmachens im Sinne des § 19a UrhG, auf die die Klägerin ihre Klage gestützt und ihren Antrag auf richterlichen Hinweis, dass dieser sich nach den urheberrechtlichen Verwertungsformen zu richten habe, konkretisiert hat, als auch für ein unbenanntes Recht der öffentlichen Wiedergabe im Sinne des § 15 Absatz 2 UrhG, welches denselben Lebenssachverhalt und dasselbe Begehren beträfe. Auch nach der vom BGH (a. a. O.) vorgenommenen Auslegung des § 15 Abs. 2 UrhG im Sinne einer Konformität mit Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG ist im vorliegenden Fall keine öffentliche Wiedergabe anzunehmen.
Im Falle des BGH hatten die Beklagten ein kurzes Werbevideo eines Herstellers von Wasserfiltern auf ihren eigenen Webseiten durch einen Link auf das Videoportal Youtube im Wege des Framings abrufbar gemacht, um den Film als Werbung für die von ihnen als selbständige Handelsvertreter vertriebenen Konkurrenzprodukte einzusetzen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich davon in mehreren erheblichen Punkten:
Eine Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG setzt voraus, dass der Nutzer in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens – also absichtlich und gezielt – tätig wird, um Dritten einen Zugang zum geschützten Werk zu verschaffen, den diese ohne sein Tätigwerden nicht hätten oder „so“ nicht gehabt hätten (BGH, a. a. 0.).
Anders als bei der Auswahl und dem gezielten Angebot eines einzelnen Werkes (dort das Werbevideo) hat der Beklagte zu 2. nicht gezielt ein Foto eines Gemäldes abrufbar gemacht, sondern ganze Wikipedia-Artikel, in deren Bezeichnung das jeweilige Suchwort vorkommt, ohne dabei die Auswahl oder den Inhalt der Suchergebnisse zu beeinflussen. Wer beispielsweise auf der Webseite des Beklagten zu 2. dem Link zu „Bayreuth“ folgt, ruft damit nur den Wikipedia-Artikel über Bayreuth in seiner aktuellen Fassung auf, wobei dessen Illustration dort erst wieder durch eine Verknüpfung von (Bild-) Inhalten aus der Datenbank Wikipedia Commons hergestellt wird. Dem Beklagten zu 2. kommt es dabei nicht darauf an, dass in dem Wikipedia-Beitrag über Bayreuth auch eines der streitgegenständlichen Fotos auftaucht, sondern sein Ziel beschränkt sich darauf, dem Nutzer das Auffinden des deutschsprachigen Wikipedia-Beitrags zum Thema Bayreuth (oder jedes beliebigen anderen vom Nutzer eingegebenen Suchbegriffs) zu vereinfachen, ganz unabhängig von dem aktuellen Inhalt dieses Beitrags.
Es kommt hinzu, dass der Beklagte zu 2. den Nutzern keinen Zugang zu den Gemäldefotos verschafft, den diese ohne sein Tätigwerden gar nicht oder nicht so gehabt hätten. Der Beklagte zu 2. bietet die Links nicht in einem thematisch passenden Umfeld des eigenen Webauftritts an, wie es etwa ein Handelsvertreter mit einer eigenen Internetseite zur Bewerbung seines Produktangebots tut, um ein an seinen speziellen Produkten Interessierten auf einen passenden Werbefilm aufmerksam zu machen, ohne ihn beim Filmabruf von der eigenen Webseite zu verlieren. Der Beklagte zu 2. handelt vielmehr klar erkennbar nur als eine Suchmaschine, in die der Nutzer beliebige Suchbegriffe eingeben kann, um auf jeweils passende Beiträge in Wikipedia hingewiesen zu werden. Der Beklagte zu 2. macht nur diese Beiträge 1:1 abrufbar, ohne deren Inhalte in einen Zusammenhang mit der eigenen Webseite zu bringen. Dabei wird ein Nutzer seinen Suchbegriff nur dann auf der Webseite des Beklagten zu 2. anstatt auf einer allgemeinen Suchmaschine eingeben, wenn ihm Wikipedia bereits bekannt ist und er gerade dort einen passenden Beitrag lesen möchte. Zugang zu den Gemäldefotos in demselben Kontext findet ein Nutzer daher auch ohne den Beitrag des Beklagten zu 2. in gleicher Weise. Würde man als einen Zugang „nicht so“ das Zwischenschalten einer neutralen Suchmaschine zum Erreichen des Werkes auf einer erkennbar fremden, verlinkten Webseite ausreichen lassen, würde der Beklagte zu 2. selbst dann einen Zugang „nicht so“ ermöglichen, wenn er sich auf seiner Webseite auf einen Link auf die Startseite von Wikipedia.org und die darauf von der Beklagten zu 1. vorgehaltene Suchmechanik beschränkte oder noch weitere Zwischenschritte dazu kämen, die letztlich das Werk in seinem zuerst erstellten Zusammenhang, nämlich dem Wikipedia-Beitrag abrufbar machen, was nach Ansicht der Kammer auch unter Beachtung der Richtlinienzwecke zu weit führte.
Ferner setzt der Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne der Richtlinie die Öffentlichkeit der Wiedergabe voraus. Für eine Einstufung als „öffentliche Wiedergabe“ ist es erforderlich, dass das geschützte Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet, oder – ansonsten, wie hier – für ein neues Publikum wiedergegeben wird, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte. Der BGH versteht die Rechtsprechung des EuGH unter ausdrücklichem Zweifel so, dass die Werke für ein neues Publikum wiedergegeben werden, wenn keine entsprechende Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe vorliegt (BGH, a. a. 0.). Dies erscheint der Kammer jedenfalls dann zweifelhaft, wenn das Werk vom Dritten nicht in einem neuen Zusammenhang präsentiert wird (wie dort ein Film vom allgemeinen Videoportal in einen thematischen Werbeauftritt eines Einzelnen transportiert wurde), sondern der Dritte sich darauf beschränkt, mittels Suchmaschine das Werk in derselben Form abrufbar zu machen, wie es ursprünglich öffentlich wiedergegeben wurde, hier als Illustration eines Lexikonbeitrags in Wikipedia, ohne damit ein neues Publikum zu erreichen. Letztlich kann diese Frage ebenso wie eine Befassung mit der Pressemitteilung des EuGH Nr. 37/16 vom 7. April 2016 zu den Schlussanträgen des Generalstaatsanwalts in der Rechtssache C-160/15 aus den oben genannten Gründen aber dahinstehen.
Ebenso wenig kommt es entscheidend darauf an, dass es für eine öffentliche Wiedergabe nach der Rechtsprechung des EuGH zwar nicht zwingend darauf ankommt, jedoch auch nicht unerheblich ist, ob die Wiedergabe Erwerbszwecken dient (vgl. BGH, a. a. 0., m. w. N.). Es kann dann nach Ansicht der Kammer nicht unbeachtet bleiben, dass der Beklagte zu 2. die geschützten Werke nicht zu Erwerbszwecken verwertet hat, sondern nach seiner Satzung als Idealverein selbstlos und gemeinnützig tätig ist und zur Förderung des offenen Online-Lexikons Wikipedia eine Suchmaschine betreibt, ohne irgendeinen ersichtlichen Vorteil daraus zu ziehen, dass in den verlinkten Wikipedia-Beiträgen die streitgegenständlichen Gemäldefotos enthalten sind. Auch dieser Umstand spricht im Zusammenhang mit den bereits genannten Aspekten gegen die Annahme einer öffentlichen Wiedergabe im Sinne des § 15 Abs. 2 UrhG, ohne dass es darauf hier noch entscheidend ankommt.
Die Klage gegen den Beklagten zu 2. ist auch nicht unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt begründet. Sie war daher abzuweisen.
Den Beklagten war keine Erklärungsfrist auf den Schriftsatz der Klägerin vom 18. April 2016 mehr einzuräumen, da dieser keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen enthielt. Die nicht nachgelassenen Schriftsätze gaben keinen Grund zu weiterer Veranlassung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 S. 1 Fall 2 ZPO und dem Umstand, dass der Streitwert der Klage zu 1. gegen die Beklagte zu 1. das Doppelte des Streitwertes der Klage zu 2. gegen den Beklagten zu 2. beträgt.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.