Kündigung wegen Patientenfotos bei Facebook unwirksam

Die Arbeitnehmerin war als Kinderkrankenpflegerin in einem Krankenhaus beschäftigt. Sie betreute auf der Kinderintensivstation u.a. einen Säugling, dessen Zwillingsschwester bereits kurz nach der Geburt verstorben war und dessen Mutter sich von ihm abgewandt hatte.

Patientenfotos bei Facebook veröffentlicht

Auf ihrer Facebook-Seite veröffentlichte sie Fotografien von sich und dem Kind. Die Fotos waren teilweise mit Kommentaren versehen wie: „So ist Arbeit doch schön“, „Kuschelstunde – ich freue mich“ und „Rip kleines engelchen, flieg schön mit deiner schwester durch die wolken und sei ein schutzengel für die ganzen anderen pupsis. Du bist ein tapferer kleiner mann, dicken knutscher“.

Die Arbeitgeberin kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund sowie hilfsweise fristgemäß. Dagegen klagte die Arbeitnehmerin.

Keine Auflösung des Arbeitsverhältnisses

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg bestätigte mit Urteil vom 11.04.2014 die vorherige Entscheidung des Arbeitsgerichts (Az.: 17 Sa 2200/13). Das Arbeitsverhältnis sei weder durch außerordentliche Kündigung noch durch ordentliche Kündigung aufgelöst worden.

Veröffentlichung von Patientenfotos rechtfertigt grundsätzlich Kündigung

Grundsätzlich ist das Verhalten der Arbeitnehmerin „an sich“ nach Auffassung des Gerichts ohne weiteres geeignet, eine Kündigung zu rechtfertigen. Sie habe mit der Veröffentlichung der Bilder in ihrem Facebook-Auftritt ihre Schweigepflicht erheblich verletzt. Auch seien die Persönlichkeitsrechte des Neugeborenen verletzt, da keine Genehmigung zur Veröffentlichung der Bilder vorlag.

Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Personenkreis, der Zugang zu den unerlaubt veröffentlichten Bildern hatte, nicht zu begrenzen war. Selbst wenn der Zugriff auf die Bilder zunächst nur bestimmten Nutzern erlaubt war, bestand doch keinerlei Möglichkeit, einer weiteren Verbreitung der Bilder durch diese Nutzer entgegen zu wirken.

Besondere Umstände des Einzelfalls

Angesichts der besonderen Umstände des Falles war eine Kündigung aber unverhältnismäßig. Es sei der Arbeitgeberin zuzumuten, die Kinderkrankenpflegerin wegen der Veröffentlichung der Patientenbilder abzumahnen und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.

Auch wenn die Pflichtverletzung der Arbeitnehmerin nicht verharmlost werden solle, so habe die Veröffentlichung der Bilder des Neugeborenen doch zu keiner schwerwiegenden Verletzung der Persönlichkeitsrechte geführt. Das Kind sei auf den Bildern nicht zu individualisieren. Selbst dass auf einem Bild sein Vorname zu erkennen war, ändere daran nichts.

Keine Individualisierung trotz Namensnennung

Auch mit dieser Namensnennung sei eine nähere Individualisierung nicht möglich gewesen. Der Patient sei auf den Bildern ferner nicht verächtlich gemacht oder in sonstiger Weise herabgewürdigt worden. Zwar erfahre der Betrachter, dass der Säugling schwer erkrankt war und schließlich gestorben ist. Die Kommentare zu den Bildern seien jedoch geeignet gewesen, den Betrachter für den Neugeborenen einzunehmen und Mitleid für ihn zu wecken. Auch wenn selbst derart positiv besetzte Bilder natürlich nicht ohne Genehmigung veröffentlich werden dürfen, könne die Art der Aufnahmen bei der Bewertung der Pflichtverletzung nicht außer Betracht bleiben.

Keine Verfolgung unlauterer Ziele

Die Kinderkrankenpflegerin hat nach der Überzeugung der Berufungskammer mit der Veröffentlichung der Bilder auch keine unlauteren Ziele verfolgt. Sie habe – was sich insbesondere aus den Kommentaren zu den Bildern ergebe – ganz offensichtlich eine emotionale Bindung zu dem Patienten aufgebaut. Dieser verlieh sie bei Facebook Ausdruck.

Löschung lässt wesentliche Gefahr für weitere Verletzung entfallen

Die Persönlichkeitsrechte des Säuglings würden durch die erfolgte Veröffentlichung der Fotos bei Facebook zudem nicht mehr verletzt, da die Aufnahmen dort nicht mehr vorhanden seien. Ob und inwieweit sich der Persönlichkeitsrechtsschutz nach einem Tod des Betroffenen ändert, könne dabei dahinstehen. Mit der Löschung der Bilder sei jedenfalls die wesentliche Gefahr für eine weitere Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Patienten beseitigt worden.

Überdies müsse die Arbeitgeberin nicht damit rechnen, dass die Kinderkrankenpflegerin bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und nach Erhalt einer Abmahnung erneut zu Unrecht Bilder von Patienten bei Facebook veröffentlichen werde. Die Bilder des Neugeborenen seien noch vor der Anhörung durch die Arbeitgeberin von der Facebook-Seite entfernt worden. Damit habe die Arbeitnehmerin bereits unmittelbar nach den ersten Vorhaltungen das ihr Mögliche getan, um den von ihr verursachten rechtswidrigen Zustand zu beseitigen.

Nach alledem geht die Kammer davon aus, dass es sich bei der streitigen Veröffentlichung der Bilder um einen einmaligen Vorgang handelte. Er erklärte sich mit der besonderen emotionalen Bindung der Kinderkrankenpflegerin zu dem Patienten und bietet keinen Anlass zu der Annahme, sie werde weiterhin ihre Schweigepflicht verletzen. Eine Abmahnung sei somit erforderlich, aber auch ausreichend gewesen.

Umstände des Einzelfalls maßgeblich

Zu beachten ist, dass es bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit der ausgesprochenen Kündigungen im vorliegenden Fall maßgeblich auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankam. Wie das Landesarbeitsgericht klarstellt, kann die unerlaubte Veröffentlichung von Patientenfotos auf Facebook grundsätzlich sehr wohl eine Kündigung rechtfertigen.

(Foto: © july97 – Fotolia.com)

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