A Bützje vor Jericht

Kann ein Kussmund urheberrechtlich geschützt sein und wer ist überhaupt Urheber eines Kussmundes? Mit solchen Fragen darf sich nun der 6. Zivilsenat des OLG Köln passend zur Karnevalszeit beschäftigen (Az.: 6 U 62/11).

Zum Sachverhalt aus der Pressemitteilung

Der Kläger in diesem Verfahren ist Graphiker. Er bot auf seiner Internetseite Drucke des abgebildeten Kussmundes an. Die Beklagte verwendete diese Graphik zur Dekoration verschiedener Geschenkartikel, wie etwa Kaffeetassen oder Schreibgeräte.

Der Kläger behauptet, er habe von einem Kuss-Model zahlreiche Kussabdrücke anfertigen lassen. Hieraus habe er durch weitere Bearbeitung den perfekten Kuss geschaffen. Er sieht in der Graphik ein Werk der sog. freien Kunst und verlangt von der Beklagten Schadensersatz sowie es zu unterlassen, die Graphik zu verwenden.

Die Beklagte verteidigt sich insbesondere damit, der Kuss diene Gebrauchszwecken und sei daher (auch) als Druckgraphik lediglich ein Werk der angewandten Kunst. In diesem Bereich sind rein handwerkliche oder routinemäßige Leistungen jedoch nicht geschützt; erforderlich ist es in diesem Fall, dass das handwerkliche Durchschnittskönnen deutlich überragt wird. Der fragliche Kuss hebe sich jedoch von anderen Kussdarstellungen in dieser Hinsicht nicht ab.

Rechtliche Würdigung

Die entscheidende Frage ist somit, wie ein Kussmund einzuteilen ist.

Gebrauchsgrafik

Ist es ein Objekt angewandter Kunst gem. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG? Dann müsste die Grafik einen Gebrauchsgegenstand mit künstlerischer Formgebung darstellen.

Da stellt sich die Frage, was ein Kussmund für einen Gebrauchszweck haben soll. Hierbei muss beachtet werden, dass es nicht um einen Kussmund an sich geht, sondern um die grafische Darstellung eines Kussmundes. In Betracht käme hier also der Zweck als sog. „Gebrauchsgrafik“. Meist wird dies beispielsweise bei Werbe-Grafiken angenommen.

Würde es eine Gebrauchsgrafik darstellen, müssten höheren Anforderungen an die Gestaltungshöhe gestellt werden, damit ein urheberrechtlicher Schutz gegeben werden kann. Es müsste sich also um ein Werk handeln, dass qualitativ eine Durchschnittsgestaltung überragt. Auch wenn der Grafiker angibt, er habe  zahlreiche Kussabdrücke angefertigt und diese (digital) bearbeitet, ist wohl allenfalls von einem überdurchschnittlichen Werk zu sprechen, nicht aber ein den Durchschnitt überragendes Werk. Man muss hierbei schließlich bedenken, dass ein Schutz noch immer über das Geschmacksmusterrecht möglich ist (vgl. hierzu auch BVerfG, Entscheidung v. 26.01.2005, Az.1 BvR 1571/02 = GRUR 2005, 410 – Laufendes Auge).

Freie Kunst

Die Tatsache, dass Drucke des abgebildeten Kussmundes angeboten werden, könnte darauf schließen lassen, dass es sich hier um eine Grafik handelt, die eventuell nur der reinen Betrachtung dienen sollte – und damit „zweckfrei“ im Sinne der Vorschrift wäre. Das hängt jedoch stark vom Einzelfall ab.

Nehmen wir aber an, dass es tatsächlich eine Grafik ist, die man einfach nur anschauen können soll. Dann wären wir im Rahmen der „bildenden“ oder freien Kunst angelangt. Hierbei sind keine besonderen, übermäßigen Anforderungen an die Schöpfungshöhe zu stellen und es reicht in der Regel die „kleine Münze“ aus. Ausreichend wäre dann eine eben gerade ausreichende Individualität. Dies könnte hier durchaus gegeben sein – und damit wäre in diesem Fall ein urheberrechtlicher Schutz zu bejahen.

Ausblick

Da wir nicht wissen, wie die Grafik genau aussieht, sowie in welcher Form, in welchem Zusammenhang und wofür die Kussmund-Grafik gestaltet wurde, lässt sich hier leider keine abschließende Feststellung treffen.

Genaueres werden wir dann mit der Entscheidung am 9. März 2012 erfahren.

Quelle: Pressemitteilung OLG Köln

(Bild: © onemohr – Fotolia.com)

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