Schadensersatz und Geldentschädigung bei unzulässiger Berichterstattung

Pressefreiheit versus Persönlichkeitsrecht

Die Medienberichterstattung erfolgt stets im Spannungsfeld zwischen der grundrechtlich geschützten Meinungs- und Pressefreiheit und dem – ebenfalls als Grundrecht ausgestalteten – allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Einzelnen, das u.a. das Recht umfasst, selbst zu entscheiden, ob und wie man als Individuum in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Grundsätzlich muss ein Medium vor Veröffentlichung von Tatsachenbehauptungen deren Wahrheitsgehalt prüfen. Schließlich sind bewusst oder offensichtlich unwahre Behauptungen nicht von der Pressefreiheit gedeckt. Unter Umständen hat es sich von entsprechender Berichterstattung zu distanzieren. Dies gilt auch, wenn Zweifel an der Wahrheit der Berichterstattung bestehen. Hier trifft das Medium jedenfalls eine besondere Sorgfaltspflicht.

Die Verbreitung einer wahren, aber möglicherweise ehrenrührigen Tatsache ist dagegen nur ausnahmsweise rechtswidrig, nämlich wenn die Aussage in die Intims- oder Privatsphäre des Betroffenen eingreift und nicht durch ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit gerechtfertigt ist oder aber hierdurch ein Schaden droht, der außer Verhältnis zum Interesse an der Verbreitung der Nachricht steht. Beispielsweise schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht den Einzelnen gegenüber einer fälschlichen Zuschreibung einer Mitgliedschaft in Vereinigungen oder Gruppen (z.B. Scientology), wenn sich dies auf seine Person in der Öffentlichkeit auswirken kann (vgl. BVerfG NJW 1999, 1322 ff.). Auch bei Berichten über das Sexualleben, die „innerste Gefühls- oder Gedankenwelt“ (z.B. in Tagebüchern) oder bei Nacktaufnahmen genießt das Persönlichkeitsrecht grundsätzlich Vorrang. Dagegen kann die Mitteilung des Ehebruchs eines Prominenten als Scheidungsgrund legitim sein, denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung „besteht die Pressefreiheit nicht nur für „wertvolle“ Informationen, sondern grundsätzlich auch zugunsten der Unterhaltungs- und Sensationspresse und damit auch für Mitteilungen, die lediglich das Bedürfnis einer mehr oder minder breiten Leserschicht nach oberflächlicher Unterhaltung befriedigen“ (BGH, Urteil vom 29. 6. 1999 – VI ZR 264/98).

Meinungsäußerungen oder Werturteile sind von der Presse- und Meinungsfreiheit regelmäßig gedeckt und haben auch dann Vorrang gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, wenn es sich um scharfe, überzogene oder ausfällige Kritik handelt. Nur wenn sich die Meinungsäußerung als sogenannte reine „Schmähkritik“ oder „Formalbeleidigung“ darstellt, bei der die persönliche Kränkung und Herabsetzung des Betroffenen in der Öffentlichkeit im Vordergrund steht, kann das Persönlichkeitsrecht schutzwürdig sein. In diesem Sinne wurde beispielsweise die Bezeichnung Angehöriger der GSG 9 als „Killertruppe“ als unzulässige Meinungsäußerung gewertet.

Was tun im Fall eines Falles?

Wird jemand durch eine Wort- oder Bildberichterstattung verletzt, stehen ihm verschiedene Abwehransprüche zur Seite. Neben dem Anspruch auf Unterlassung, Gegendarstellung oder Richtigstellung kann er bei unzulässiger Berichterstattung ggf. auch Schadensersatz oder Geldentschädigung fordern, sofern er hierdurch einen materiellen oder immateriellen Schaden erleidet. Im Gegensatz zum Berichtigungsanspruch und der Gegendarstellung, die sich nur gegen beeinträchtigende Tatsachenbehauptungen richten, kommt ein Schadenersatzanspruch auch bei ausnahmsweise unzulässigen Meinungsäußerungen in Betracht.

Auf die Abwägung kommt es an!

Ein Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass durch die Berichterstattung in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, etwa durch Eingriff in seine geschützte Privat- oder Intimsphäre, in seine Ehre, sein Recht am Unternehmen oder sein Recht am eigenen Bild eingegriffen wird. Dieser Eingriff in das Persönlichkeitsrecht muss vorsätzlich oder fahrlässig von dem Medium verursacht worden sein und es muss hierdurch ein widerrechtlicher Schaden entstanden sein.

Im Rahmen der Prüfung, ob die Rechtsverletzung „rechtswidrig“ oder etwa durch ein Öffentliches Interesse gerechtfertigt war, kommt es auf die oben angedeutete Abwägung der beiderseitigen Interessen des sich Äußernden und des durch die Berichterstattung in seinem Persönlichkeitsrecht Betroffenen an. Zu berücksichtigen ist bei dieser Einzelfallbetrachtung z.B in welchen Bereich der Persönlichkeit eingegriffen wurde, wie schwer der Eingriff und seine Folgen sind, wie sich der Betroffene zuvor verhalten hat, ob berechtigte öffentliche Interessen verfolgt werden, wie die Aufklärung der Allgemeinheit usw.

Materieller oder immaterieller Schaden?

Unterschiedliche Anforderungen sind an die Erstattungsfähigkeit materieller oder immaterieller Schäden durch unzulässige Berichterstattungen gerichtet.

Ein materieller Schaden, bei dem es sich um einen in Geld messbaren Vermögensschaden handelt, kommt im Bereich der Persönlichkeitsrechtsverletzung vor allem bei einer unerlaubten Verwertung von Bildern, Namen oder Stimmen von Persönlichkeiten zu kommerziellen Werbezwecken in Betracht. Der Schaden berechnet sich wahlweise nach dem konkret eingetretenen Schaden, dem vom Verletzer erzielten Gewinn oder einer angemessenen Lizenzgebühr, die das Medium für die Berichterstattung eigentlich zu zahlen hätte.

Weitaus öfter steht bei einer Persönlichkeitsrechtsverletzung aber ein immaterieller Schaden im Raum. Dieser weist keine direkte Vermögensminderung auf, sondern besteht in einer körperlichen oder ideellen Beeinträchtigung. Im Vordergrund steht hier der Gedanke der Genugtuung des Betroffenen und der Schadensprävention, für den dem Betroffenen ein Anspruch auf Geldentschädigung erwachsen soll.

Geldentschädigung: nur ausnahmsweise!

Eine Geldentschädigung wird jedoch nach der Rechtsprechung inzwischen nur (noch) dann gewährt, wenn eine schwerwiegende, schuldhafte Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt. Außerdem darf die Verletzung nicht auf andere Weise – z.B. durch Unterlassung oder Gegendarstellung – befriedigend ausgeglichen werden können, so dass ein „unabwendbares Bedürfnis“ für einen Ausgleich besteht (vgl. BGH NJW 1996, 1131). Hier kommt es einmal mehr auf den Einzelfall an. Maßgeblich ist z.B. die Tragweite und Bedeutung des Eingriffs, der Anlass oder auch der Grad des Verschuldens. Zugesprochen wurde eine Entschädigung oftmals bei erfundenen Interviews oder anderen Falschmeldungen. Die schwedische Prinzessin Madeleine konnte für erfundene Äußerungen über angebliche Skandale um ihr sexuelles Verhalten ganze 400.000,00 € Schadensersatz erstreiten.

Die Bemessung des Schmerzensgeldes richtet sich unter anderem nach der Art der Verbreitung und deren Umfang, also z.B. die Auflagenhöhe, Leserschaft und Verbreitungsgebiet. Liegen die Voraussetzungen vor, können die finanziellen Folgen für das Medium immens sein, schließlich soll die Entschädigung auch abschreckend wirken.

(Foto: ***DJ*** / Quelle: photocase.com)

[box type=“info“ size=“medium“] Dieser Beitrag wurde von unserer Gastautorin Rechtsanwältin Teresa Dretzki verfasst. Sie berät vorwiegend im gewerblichen Rechtsschutz und auch in allen Fragen des Urheber- und Medienrechts. Dies umfasst auch das Internet- und Presserecht sowie das Marken- und Werberecht, Wettbewerbs- und Eventrecht. [/box]

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