OLG Hamburg: Veröffentlichung von Personenfotografien unter speziellen Voraussetzungen auch mit konkludenter Einwilligung zulässig

Das Oberlandesgericht Hamburg hatte in einer Berufungsverhandlung (Az.: 7 U 39/11) darüber zu entscheiden, ob die Veröffentlichung von Personenfotografien auch dann zulässig ist, wenn keine ausdrückliche Einwilligung gemäß § 22 S.1 Kunsturhebergesetz (KUG) vorliegt oder eine Ausnahme gem. § 23 KUG einschlägig ist.

Der Sachverhalt

Im Rahmen eines Artikels mit dem Titel „LINKE – Probleme für Ernst“, wurde eine Fotografie veröffentlicht, die den Politiker Klaus Ernst nebst weiblicher Begleitung abbildet. Das Foto

entstand am 2. Juli 2010 bei einem Sommerfest auf Einladung des Bundespräsidenten im Garten des Schlosses Bellevue, auf dem ca. 5.000 Menschen eingeladen waren und bei welchem auf drei Bühnen im Garten des Schlosses etwa 300 Künstler auftraten. Die Veranstaltung wurde medial begleitet; vor und während des Festes wurden sowohl am unmittelbaren Eingang als auch im Umfeld des Veranstaltungsortes Fotos von anwesenden Journalisten gefertigt. Das streitgegenständliche Bildnis wurde im Schlossgarten aufgenommen.

Die von der Begleiterin Ernsts vor dem Landgericht (Urteil vom 18.03.2011, Az.: 324 O 555/10) angestrengte Klage richtete sich auf Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung und Ersatz der entstandenen Abmahnkosten durch den Verleger des Magazins. Der Klage wurde stattgegeben. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vor dem OLG.

Das Urteil

Das Urteil des Landgerichts auf Abgabe einer Unterlassungserklärung und Zahlung der entstandenen Kosten wurde durch das Berufungsgericht bestätigt.

Die Veröffentlichung war demnach nicht zulässig.

Als Rechtfertigung kam zunächst die Ausnahme gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG in Betracht. Dafür hätte es sich bei dem Bildnis um eines der Zeitgeschichte handeln müssen. Zwar handelte es sich bei dem Sommerfest des Bundespräsidenten um ein Ereignis der Zeitgeschichte, allerdings lehnte das Gericht die Annahme einer solchen Ausnahme im vorliegenden Fall ab.

Der Umstand, dass das Sommerfest des Bundespräsidenten als ein Ereignis der Zeitgeschichte anzusehen ist, kann die streitige Veröffentlichung nicht rechtfertigen, da sie sich in keiner Weise mit diesem Ereignis befasst. Der Leser erfährt weder aus dem Textbeitrag noch durch Betrachtung des Fotos, das dieses die abgebildeten Personen auf dem Sommerfest zeigt. An der „Flugreisen-Affäre“ ist die Klägerin unstreitig nicht beteiligt, so dass auch dieses Ereignis die Abbildung der Klägerin nicht zu rechtfertigen vermag. […] Der Umstand, dass das Foto die Klägerin in Begleitung des Politikers Klaus Ernst zeigt, führt ebenfalls nicht dazu, dieses als ein Bildnis aus dem Bereiche der Zeitgeschichte einzuordnen. Klaus Ernst ist keine derart prominente Persönlichkeit, dass ein öffentliches Interesse daran besteht, welche Personen ihn jeweils begleiten.

Eine weitere Möglichkeit die Veröffentlichung zu rechtfertigen, war die Annahme einer Einwilligung, so wie § 22 S.1 KUG es erfordert. Diese Einwilligung kann sowohl ausdrücklich, als auch konkludent, also durch schlüssiges Verhalten, erteilt werden. Eine ausdrückliche Erteilung lag im vorliegenden Fall nicht vor. Von der Beklagten wurde jedoch angeführt, dass es für die abgelichtete Person klar sein müsse, in welcher Form die Veröffentlichung des von ihr gemachten Bildes geschehen würde. Daher müsse in dem Posieren der Begleiterin vor der Kamera eine konkludente Einwilligung zu sehen sein.

Dies sah das Berufungsgericht anders und lehnte eine konkludente Einwilligung im vorliegenden Fall ab.

Zu Recht hat das Landgericht eine konkludent erteilte Einwilligung der Klägerin in die Fotoberichterstattung der Beklagten verneint. Voraussetzung für eine konkludente Einwilligung ist, dass dem Abgebildeten Zweck, Art und Umfang der geplanten Veröffentlichung bekannt ist […]. Zweck und Umfang der geplanten Veröffentlichung müssen entweder ausdrücklich klargestellt oder nach den Umständen so offensichtlich sein, dass über ihren Inhalt seitens des Einwilligenden keine Unklarheiten bestehen. Weiß der Aufgenommene nicht, in welchem Druckerzeugnis und in welchem Zusammenhang die Veröffentlichung erfolgen soll, kommt eine rechtsgeschäftliche Erklärung nicht in Betracht, weil sein Gegenüber nicht erkennen kann, dass der Betroffene eine Einwilligung „für alle denkbaren“ Fälle abgibt […]. Diese Voraussetzungen haben die Beklagten nicht dargetan. Dass aufgrund des Verhaltens des Fotografen für die Klägerin klar sein musste, dass er für den S. tätig war und für einen Artikel im Rahmen der „Flugreisen-Affäre“ recherchierte, behaupten auch die Beklagten nicht. Ob die Klägerin ggf. mit einer Bildveröffentlichung im S. und im Zusammenhang mit der „Flugreisen-Affäre“ des Politikers Klaus Ernst rechnen konnte oder musste, ist nicht entscheidend.

Mit dem Urteil wurde also erneut klargestellt, dass es zwar grundsätzlich möglich ist, auch durch schlüssiges Verhalten in die Veröffentlichung eines Fotos einzuwilligen, dies aber nur unter engen Voraussetzungen möglich ist. Die abgebildete Person muss Zweck, Art und Umfang der geplanten Veröffentlichung kennen, ansonsten kommt keine wirksame konkludente Einwilligung zustande.

2 Gedanken zu „OLG Hamburg: Veröffentlichung von Personenfotografien unter speziellen Voraussetzungen auch mit konkludenter Einwilligung zulässig“

  1. Auch wenn der Titel die Besonderheit, dass grundsätzlich konkludente Einwilligungen im Fotorecht zulässig sind, hervorheben sollte, sehe ich ein, dass der Aspekt der speziellen Voraussetzungen nicht herauskommt. Ich habe ihn daher geändert. Danke für den Hinweis.

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