Der Schutz von Screenshots und Benutzeroberflächen

Screenshots, also Abbildungen dessen, was gerade am Bildschirm zu sehen ist, werden im Internet sehr gerne verwendet, um anderen Personen schnell und einfach zeigen zu können, was man gerade sieht und tut. Aber darf man eigentlich einfach so ein Screenshot machen und anderen präsentieren? Welche Rechte können dadurch bewusst und unbewusst verletzt werden?

Das Grundsätzliche

Natürlich kann und darf man prinzipiell Screenshots machen, die Funktion ist wohl nicht umsonst vorhanden. Vielmehr kommt es aber darauf an, was man auf diesem Screenshot sehen kann.

Vielen dürfte bei der Lektüre unserer Artikel mittlerweile auffallen, dass man z.B. ein fremdes Foto, dass man irgendwo findet, nicht per Screenshot „festhalten“ und dann den Screenshot auf seiner eigenen Website präsentieren darf. Hier wird regelmäßig zumindest gegen das Vervielfältigungsrecht des Fotografen verstoßen.

Dies lässt sich grundsätzlich auf alle Fälle übertragen, in denen man urheberrechtlich geschütztes Material per Screenshots auf seinem eigenen PC speichert und anderen zur Verfügung stellt. Sei dies nun ein Bild oder nur ein Text.  Der Grundgedanke ist, dass der Urheber für jede Erweiterung der Öffentlichkeit eine erneute Gelegenheit für eine Entlohnung bekommen soll (Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, § 13 Rn 413).

Sonderfall „Screenshots“

Als Besonderheit ist nun eine bis zuletzt viel diskutierte Frage zu nennen, in wie weit man Screenshots von der Benutzeroberfläche eines Computerprogrammes machen und weitergeben darf. Hierbei sind zuerst einmal EG-Richtlinien zu beachten. Wichtig zu nennen ist Art. 1 Abs. 2 Richtlinie 91/250/EWG:

Der gemäß dieser Richtlinie gewährte Schutz gilt für alle Ausdrucksformen von Computerprogrammen. Ideen und Grundsätze, die irgendeinem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, sind nicht im Sinne dieser Richtlinie urheberrechtlich geschützt.

Im UrhG findet sich dies nahezu identisch in § 69a II UrhG wieder. Anknüpfungspunkt für den Fachkundigen ist das kleine Wort „Ausdrucksform“: Stellt nun eine grafische Benutzeroberfläche eine Ausdrucksform eines Computerprogramms dar oder eher nicht?


Der EuGH hatte dies am 22. Dezember 2010 verneint und als Ausdrucksformen Quell- und Objectcode genannt (EuGH, 22.12.2010 – C-393/09). Die Benutzeroberfläche diene nur zur Interaktion mit dem Computerprogramm, stellt jedoch nicht ein solches im Sinne der Richtlinien dar.

Im konkreten Fall offengelassen, aber prinzipiell für möglich erachtet, wurde der Schutz einer grafischen Oberfläche über die Richtlinie 2001/29/EG, wenn sie eine eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers darstellt.

Das OLG Karlsruhe hatte entschieden (Urt. v. 14. April 2010, Az. 6 U 46/09), dass dabei kein hohes Maß an die eigenschöpferischer Formgestaltung zu verlangen ist (vgl. BGH NJW-RR 1991, 1189 – Technische Explosionszeichnungen).

Es genügt, dass eine individuelle, sich vom alltäglichen Schaffen abhebende Geistestätigkeit in dem darstellerischen Gedanken zum Ausdruck kommt, mag auch das Maß an Eigentümlichkeit und individueller Prägung gering sein.

So könne eine schöpferische Leistung erst angenommen werden, wenn die grafische Darstellung über das rein Handwerkliche hinausgehe. In Betracht käme also insbesondere die Anordnung von Eingabefeldern / Buttons.
Diese doch recht schwammige Formulierung lässt erkennen, dass sich dies schlecht an Einzelfällen fest machen lässt. Beim Urheber nachzufragen erscheint da doch wesentlich einfacher. Nimmt man an dieser Stelle Microsoft ist die „Bildschirmkopie“ ihrer Produkte in den meisten Fällen zulässig.

Websites

Die gleichen Probleme bei der Frage nach dem Urheberschutz kann man sich aber auch für die Oberflächen von Websites stellen.

Prinzipiell können Websites den Schutz eines urheberrechtlichen Werkes genießen. Damit wäre die Verbreitung von Screenshots der Seite zustimmungsbedürftig. Die Rechtsprechung geht jedoch sehr vorsichtig mit dieser Frage um. Notwendig ist zumindest auch hier, dass die Gestaltung der Webseiten über das hinausgeht, was bei ordnungsgemäßer Erstellung eines Werbeauftritts im Internet handwerklich zu leisten ist (vgl. OLG Rostock, Urt. v. 27. Juni 2007, Az. 2 W 12/07). Eine recht einfache HTML-Seite ist meist nicht geschützt. Ein einheitliches Design bzw. eine einheitliche grafische Gestaltung reicht auch nicht aus (LG Köln, Urt. v 20. Juni 2007, Az. 28 O 298/04).
Interessant an der genannten Entscheidung des OLG Rostock ist, dass in diesem Fall ein Schutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG (Sprachwerk) gewährt wurde. Dieser wurde darin gesehen, dass die Website u.a. mit Hilfe von Meta-Tags Suchmaschinenoptimiert war:

Die Auswahl, die Einteilung und die Anordnung der Suchbegriffe aus der Alltagssprache auf den Webseiten und im Quelltext bilden hier die individuelle schöpferische Eigenheit.

Fazit

Zum Abschluss lässt sich eigentlich nur festhalten, dass man sich doch lieber zweimal anschaut, was man alles auf seinen Screenshots sieht. Denn dieser Inhalt allein entscheidet über die Zulässigkeit der Weitergabe.

(Foto: nortys / photocase.com)

203 Gedanken zu „Der Schutz von Screenshots und Benutzeroberflächen“

  1. Guten Tag,

    ich möchte einen Screenshot von einer Tabelle mit einem Preisvergleich von einer fremden Webseite in meinem Blog veröffentlichen. Darf ich das? Danke und herzliche Grüße

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  2. Hallo Daniel,

    Tabellen können prinzipiell urheberrechtlich geschützt sein. Ob eine Preisvergleichstabelle darunter fällt ist im Einzelfall zu entscheiden. Für die Verwendung kommt es also darauf an, was genau alles darauf zu sehen ist, wie die Tabelle eingebunden ist (Stichwort: Zitat?) etc.

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  3. Ich habe einen Blog, und möchte darauf einen Post über ein paar meiner lieblings youtuber veröffentlichen, darf ich dafür screenshots von ihrer „Übersicht“ Seite machen (Ihre Kanäle habe ich verlinkt) und in meinen Blog einfügen?

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  4. Hallo Christina,
    hier hilft ein Blick in die AGB von YouTube. Sofern der Einzelfall dort nicht ausreichend beantwortet wird stellt sich gleichfalls die Frage, ob überhaupt urheberrechtlich geschütztes Material gezeigt wird und wenn ja, ob keine Ausnahme (Zitatrecht etc.) in Frage kommt.

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  5. Hallo,
    ich bin bei meiner Recherche auf diese spannende Seite gestoßen und möchte eine Frage loswerden:
    Darf man in Lehrmaterialien, konkret Fernstudienbriefen (die nur einer begrenzten Studierendenzahl zur Verfügung steht), zu Zwecken der Veranschaulichung bestimmter Themen Screenshots von Unternehmens-Webseiten aufnehmen, z.B. von der Karriereseite des Unternehmens (um bspw. Aspekte des Personalmarketings zu verdeutlichen)? Die Quelle bzw. der Urheber würde natürlich entsprechend benannt werden.

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  6. Sehr interessant, aber es gibt ja „Suchmaschinen“ die einen Screenshot meiner Internetseite veröffentlichen. Dürfen diese das ohne meine Zustimmung machen? bzw. Wie kann ich das verhindern? Habe ja nicht die Zeit und die Möglichkeit das Internet nach solchen Homepagescreenshotaeiten zu durchforsten!
    Gruß Jürgen D.

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    • Hallo Jürgen,

      das kommt auf das genaue Angebot an und was genau gezeigt wird. Einige Screenshots dürften auf Basis der Google-Bildersuchen-Rechtsprechung des BGH erlaubt bzw. als Zitat erlaubnisfrei eingebunden sein.

      Wenn es aber z.B. keine „richtige“ Suchmaschine ist kann es wieder ganz anders aussehen.

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  7. Sie sieht’s aus wenn ich etwa Screenshots aus einem Forum in ein anderes Forum posten will? Alles was auf den Screenshots zu sehen wäre, wären Kommentare von Usern und zufällige verlinkte Bilder.

    Oder die Screenshots auf ner Hosting Site… gehostet werden und ich dann auf mein Album verlinke?

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  8. Hm, ich würd das jetz im Moment nicht so gerne hier verlinken, im Zweifelsfall lösch ich’s einfach aus dem Hoster.

    Da meine Fragestellung ungenau formuliert war, meinen sie mit „Ausnahmen“ dass es in Ausnahmefällen illegal ist, oder dass es in Ausnahmefällen erlaubt ist?

    Also es handelt sich um ein Forum auf dem man sich registrieren muss um die Inhalte zu sehen, das Registrieren geht aber automatisch und sofort mit Email.
    Das Forum ist aus Amerika.

    Einige der Threads wurden auch mittlerweile gelöscht.
    1) Ist es ein Problem, wenn ich Fotos von gelöschten Threads veröffentliche, oder Kommentare anderer User die ich nicht um Erlaubnis gefragt hab?
    2) Größtenteils Diskussionstexte, und hin und wieder hat jemand zufällige Bilder verlinkt.

    Die Bilder befinden sich im Moment kommentarlos auf der Hostingseite.

    Was gäb’s da im schlimmeren Fall für Risiken?

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