OLG Köln, Beschluss vom 27.08.2021 – 6 U 96/21

Tenor

  1. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 20.05.2021 (14 O 167/20) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
  2. Der Kläger erhält Gelegenheit, binnen drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses zu den nachstehenden Hinweisen des Senats – auch zur Frage der weiteren Durchführung des Berufungsverfahrens – Stellung zu nehmen.
  3. Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 1.113,05 € festgesetzt.

Gründe

Das Rechtsmittel ist nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich unbegründet. Da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist und eine mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint, beabsichtigt der Senat eine Entscheidung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO.
Das Landgericht hat der Widerklage zu Recht und mit zutreffender Begründung in Höhe von 1.113,05 € stattgegeben. Das Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die nach § 529 Abs. 1 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.

Der Beklagte hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus § 97 Abs. 2 UrhG.
Für die vom Beklagten geltend gemachten Ansprüche – Schadensersatz wegen einer Rechtsverletzung in Deutschland – ist trotz Beteiligung zweier Parteien mit Wohnsitz im Ausland der Senat international zuständig und das deutsches Urheberrecht anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 21.04.2016, I ZR 43/14 – An Evening with Marlene Dietrich, juris, Tz. 16 ff., 23 ff.). Darauf, ob das Bild auch nach dem A Recht Urheberrechtsschutz genießt, kommt es nicht an.
Der Beklagte ist unstreitig Schöpfer des streitbefangenen Fotos. Das Foto genießt in Deutschland jedenfalls nach § 72 UrhG Urheberschutz. Ob das Foto auch als Lichtbildwerk i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG anzusehen ist, ist ohne Belang. Im Übrigen ist der Bewertung des Landgerichts aber auch beizutreten. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 UWG geschützt ist bereits die kleine Münze, unabhängig von der technischen und/oder künstlerischen Qualität des Fotos. Einer Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf es insoweit gerade nicht. Dass der Beklagte vorliegend nicht blindlings geknipst, sondern gezielt für eine aussagekräftige Aufnahme fotografiert hat, kann das Gericht selbst beurteilen.
Der Kläger hat das Lichtbild ohne Genehmigung des Beklagten in seinem auch in Deutschland abrufbaren Internetauftritt verwendet und damit das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG verletzt. Maßgeblich für den grenzüberschreitenden Sachverhalt ist, dass die Internetseite (auch) im Inland öffentlich zugänglich ist. Dagegen ist es nicht erforderlich, dass der Internetauftritt bestimmungsgemäß (auch) im Inland abgerufen werden kann (s. BGH, Urteil vom 21.04.2016, I ZR 43/14 – An Evening with Marlene Dietrich, juris, Tz. 18). Auf die Nutzung einer B Domain und die Gründe hierfür kommt es insoweit letztlich nicht an, auch nicht auf die Frage, ob die Termine des Klägers ausschließlich in der A stattfinden und nur von in der A ansässigen Veranstaltern gebucht werden.

Der Beklagte macht für die Urheberrechtsverletzung gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie geltend. Danach hat der Verletzer dasjenige zu zahlen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalles als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Verletzer ohne Verletzung um eine solche Lizenz nachgesucht hätte. Der Verletzer muss sich daran festhalten lassen, dass er das fremde Schutzrecht in Anspruch genommen hat. Steht fest, dass ein Schaden entstanden ist, und lässt sich dieser – wie hier – aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich des Geschädigten, sondern in der Natur der Sache liegen, nicht verlässlich bestimmen, so hat das Gericht den Schaden nach § 287 ZPO zu schätzen. Dabei besteht nach der Lebenswahrscheinlichkeit eine Vermutung, dass zumindest eine Verletzung mit dem Ziel der kommerziellen Nutzung zu einem Schaden geführt hat (s. Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl., § 97 Rn. 82, 86, m.w.N.). Diesen Beweis des ersten Anscheins hat der Kläger nicht widerlegt.
Der vom Landgericht im Rahmen einer Schätzung nach § 287 ZPO in Ansatz gebrachte Ausgangsbetrag von 500,00 € ist berufungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte ist ein Fotograf. Dies ergibt sich aus den bindenden Feststellungen im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung, die in Einklang mit dem Internetauftritt des Beklagten gemäß der Anlage K4 stehen. Auch wenn der Kläger bestreitet, dass der Beklage hauptberuflich („professionell“) als Fotograf tätig ist und die Qualität des streitbefangenen Bildes bemängelt, bleibt die Tatsache, dass er ein von einem Fotografen gefertigtes Lichtbild im Internet für gewerbliche Zwecke verwendet hat. Der Kläger hat das Foto rund drei Jahre lang genutzt. Sein Internetauftritt ist in deutscher Sprache gehalten und sein Angebot – Meditationen, Ferienseminare in C und der D – auch für deutsche Verbraucher von Interesse. Von einer marginalen Nutzungsintensität in Deutschland kann nicht ausgegangen werden.
Bei fehlender Urheberbenennung ist nach ständiger Rechtsprechung auch des Senats ein Zuschlag von 100 % vorzunehmen.

Dass dem Beklagte Kosten in Höhe von 113,05 € für die Dokumentation der Rechtsverletzung entstanden sind, war in erster Instanz unstreitig. Der Kläger hat in seiner Erwiderung auf die Widerklage lediglich eingewandt, dass die Dokumentationskosten ebenfalls zurückzuweisen seien, da sie Bestandteil der Abmahnung seien. Dieses Argument greift nicht. Dass der Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten aus § 97a Abs. 3 UrhG hat, weil die Abmahnung nicht den Anforderungen aus § 97a Abs. 2 UrhG entsprach, betrifft den aus § 97 Abs. 2 UrhG folgenden Anspruch auf Erstattung von Dokumentationskosten nicht. Der Ansicht des Klägers, ein spezifisches Bestreiten der Kosten sei nicht notwendig gewesen, da derartige Kosten unselbständiger Bestandteil der anwaltlichen Abmahnung seien, kann nicht beigetreten werden.
Der Vortrag des Beklagten zu den als solchen unbestrittenen Dokumentationskosten ist auch nicht unschlüssig, zumal der Beklagte bereits in der Abmahnung – wie nunmehr detailliert auch in der Berufungserwiderung – ausgeführt hat, dass er die Nutzung seines Fotos auf der Webseite im erforderlichen Umfang gerichtsverwertbar gesichert habe und dies im Falle des Bestreitens als Beweis vor Gericht vorlegen werde. Er habe nach dem Auffinden der Rechtsverletzung den Dokumentationsdienstleister E mit dem Erstellen der gerichtsverwertbaren Dokumentation der Rechtsverletzung beauftragt. Hierfür seien 95,00 € netto zuzüglich Umsatzsteuer, insgesamt 113,05 € angefallen.
Die Kosten für die gerichtsfeste Dokumentation einer Urheberrechtsverletzung stellen einen durch jene adäquatkausal verursachten Schaden dar.

Soweit der Kläger sich auf Rechtsmissbrauch beruft, hat er nach wie vor keine Tatsachen vorgetragen, die einen solchen Verdacht hinreichend stützen könnten.

Die Berufung wird daher zurückzuweisen sein, wenn der Kläger nicht die Gelegenheit zu einer kostengünstigen Rücknahme des Rechtsmittels innerhalb der Stellungnahmefrist wahrnimmt.

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