LG Köln, Urteil vom 13. Januar 2022, Az.: 14 O 127/20

Tenor

  1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr einen Internetauftritt ohne Impressumsangabe gemäß § 5 TMG zu betreiben, wie beispielsweise unter dem Instagram-Account des Beklagten geschehen, abrufbar unter dem Link

https://www.entfernt /,

und zwar wie nachfolgend wiedergegeben:

Bilddatei entfernt

  1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen materiellen Schaden zu ersetzen, dem dieser entstanden ist und noch entstehen wird durch

a) die Handlungen des Beklagten gemäß Tenorziffer zu 1 und

b) wegen der Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung des vom Kläger hergestellten, im Internet unter der URL

https://www.entfnert

abrufbaren Videos mit dem Titel „H der alte C ///S-S1 “ auf dem Instragram-Account des Beklagten.

  1. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger schriftlich Auskunft zu erteilen über den Umfang sämtlicher von ihm zu verantwortender Verwertungshandlungen betreffend den Videofilm mit dem Titel „H der alte C ///S-S1 „, insbesondere in Bezug auf seinen Instagram-Account, abrufbar unter dem Link

https://www.entfernt,

und zwar unter Angabe der Anzahl der Abrufe/Zugriffszahlen (Klicks, Views, Kommentare) und des Zeitraumes, in dem diese Abrufe/Zugriffe stattgefunden haben und unter Vorlage einer nach Medium bzw. Portal (z. B. Facebook, Twitter, Instagram, Youtube, Snapchat etc.) gegliederten Auflistung.

  1. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu ¾ und der Beklagte zu ¼.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung von 5.000,- €, für den Beklagen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger betreibt einen Internetauftritt bei Facebook unter dem Namen „Q „, auf welchem er selbst hergestellte Videos und Beiträge zur Verfügung stellt.

Der Beklagte ist ein Comedian und betreibt jedenfalls einen Internetauftritt bei Instagram, auf welchem er unter anderem Videos zur Verfügung stellt.

Am 01.09.2019 erstellte der Kläger ein Video, das eine Person mit dem Spitznamen „H “ darstellt. Das Video veröffentlichte der Kläger auf seiner oben genannten Facebook Seite am 02.09.2019.

Mindestens seit dem 14.09.2019 war bei dem Instagram Account des Beklagten ein Video abrufbar, welches Ausschnitte des Videos des Klägers vom 01.09.2019 enthält und zudem am oberen und unteren Rand eine Texteinblendung wie folgt enthält: „Wenn dein Lappen-Kumpel Welle macht“ sowie ein Emoji. Zum 03.10.2019 hatte das Video über den Account des Beklagten 56.587 Aufrufe.

Der Kläger ließ den Beklagten mit Schreiben vom 08.10.2019 abmahnen (Anl. K3, Bl. 15 GA). Hierauf gab der Beklagte „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht gleichwohl rechtsverbindlich“ eine Unterlassungserklärung betreffend urheberrechtliche Nutzungshandlungen betreffend die oben genannten Videos ab (Anl. K4, Bl. 23). Nach weiterer außergerichtlicher Korrespondenz zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien per E-Mail (Anl. K5, Bl. 27) nahm der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 05.11.2019 das Vertragsstrafenversprechen an (Anl. K6, Bl. 28 GA). Der Beklagte zahlte außergerichtlich an den Kläger 1.500 €.

Zwischenzeitlich war das Video in der überarbeiteten Fassung wie zunächst beim Account des Beklagten abrufbar auch bei Facebook unter dem Account „T“ abrufbar. Der Kläger ließ insoweit die sich als Betreiberin der entsprechenden Facebook Seite ausgebende S2 GmbH abmahnen, die sich ebenfalls am 15.10.2019 gegenüber Kläger unterwarf. Entsprechende Ansprüche sind nicht streitgegenständlich, sondern sind Gegenstand eines Verfahrens beim Amtsgericht Köln, Az. 137 C 384/20.

Seit dem 15.10.2019 war das Video in der überarbeiteten Fassung wie zunächst beim Account des Beklagten zudem auf einer weiteren Facebook Seite namens „entfernt“ abrufbar (Bl. 52, 53 GA). Das Video hatte dort zu einem Zeitpunkt vor Löschung am 25.11.2019 878.710 Aufrufe. Die Löschung erfolgte auf Betreiben des Klägers hin. Die Facebook Seite „Entfernt“ wird nicht von dem Beklagten betrieben.

Außerdem nahm der Kläger zur Kenntnis, dass das Instagram Profil des Beklagten kein Impressum bzw. keine entsprechenden Angaben enthält. Mit Schreiben vom 05.11.2019 mahnte der Kläger den Beklagten wegen Verstoßes gegen Angabepflichten gemäß § 5 TMG ab. Der Beklagte unterwarf sich insoweit nicht. Zu einem nicht näher konkretisierten Zeitpunkt nach dem 05.11.2019 enthielt das Profil des Beklagten sodann einen Link mit Impressumsangaben.

Mit Schreiben vom 18.11.2019 ließ der Kläger den Beklagten außerdem wegen der Abrufbarkeit des bearbeiteten Videos auf der Facebook Seite „Entfernt“ abmahnen. Auch insoweit unterwarf sich der Beklagte nicht.

Die Klageschrift vom 03.05.2020 ist am 04.05.2020 über das beA bei Gericht eingegangen. Der Streitwertbeschluss der Kammer datiert auf den 20.05.2020, sodann wurde der Vorschuss angefordert und am 01.06.2020 durch den Kläger eingezahlt. Nach der prozessleitenden Verfügung vom 08.06.2020 ist die Klageschrift beim Beklagten am 13.06.2020 zugestellt worden. Die Klageschrift wurde erneut am 01.07.2020 beim Prozessbevollmächtigten des Beklagten zugestellt.

Der Kläger ist der Ansicht, dass der Beklagte durch die Abrufbarkeit des streitgegenständlichen bearbeiteten Videos bei der Facebook Seite „Entfernt“ eine erneute Urheberrechtsverletzung begangen hat, die sowohl einen neuen Unterlassungsanspruch sowie einen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe begründet habe. Im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH zur Reichweite von Unterlassungsansprüchen und Beseitigungspflichten im Urheberrecht sei der Beklagte verpflichtet gewesen, bei dem Betreiber der Facebook Seite „Entfernt“ auf eine Löschung hinzuwirken.

Wegen der fehlenden Impressumsangaben auf dem Instagram Profil des Beklagten stehe ihm ein lauterkeitsrechtlicher Unterlassungsanspruch zu. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien bestehe, weil beide über ihre Seiten auf sozialen Netzwerken mit gleich gelagerten Inhalten ähnliche Adressaten ansprechen. Dies ergebe sich im Übrigen schon daraus, dass der Beklagte das streitgegenständliche Video vom Kläger ohne Erlaubnis bearbeitet und veröffentlicht hat und damit erhebliche Reichweite erzielt hat.

Wegen der beiden vorgetragenen Urheberrechtsverletzungen macht der Kläger außerdem Auskunftsansprüche geltend. Wegen den Urheberrechtsverletzungen und dem vorgetragenen Wettbewerbsverstoß macht er außerdem Kostenerstattungsansprüche für die vorgerichtliche Rechtsverfolgung sowie die Feststellung von Schadensersatzansprüchen geltend.

Der Kläger beantragt,

  1. Dem Beklagten wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder bei Meidung einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, untersagt

a. das vom Kläger hergestellte, im Internet unter der URL

https://www.entfernt

abrufbare Video mit dem Titel „H der alte C ///S-S1 “ öffentlich zugänglich zu machen bzw. zugänglich machen zu lassen, zu vervielfältigen bzw. vervielfältigen zu lassen, ohne hierzu berechtigt zu sein, wenn dies wie nachfolgend geschieht:

Bilddatei entfernt

b. im geschäftlichen Verkehr einen Internet-Auftritt ohne Impressumsangabe gemäß § 5 TMG zu betreiben, wie beispielsweise unter dem Instagram-Account des Beklagten geschehen, abrufbar unter dem Link

https://www.entfernt

und zwar wie nachfolgend wiedergegeben:

Bilddatei entfernt

  1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen materiellen Schaden zu ersetzen, dem dieser durch die Handlungen des Beklagten gemäß Antrag zu 1 entstanden ist und noch entstehen wird.
  2. Der Beklagte wird ferner verurteilt, dem Kläger schriftlich Auskunft zu erteilen

a. über den Umfang sämtlicher Verwertungshandlungen betreffend den in Klageantrag zu 1a) genannten Videofilm mit dem Titel „H der alte C ///S-S1 „, insbesondere in Bezug auf sein Instagram-Account, abrufbar unter dem Link

https://www.entfernt

b. und zwar unter Angabe der Anzahl der Abrufe/Zugriffszahlen (Klicks, views, Kommentare) und des Zeitraumes, in dem diese Abrufe/Zugriffe stattgefunden haben und unter Vorlage einer nach Medium bzw. Portal (z.B. Facebook, Twitter, Instagram, Youtube, Snapchat etc.) gegliederten Auflistung.

  1. Der Beklagte wird ferner zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von EUR 5.001,00 nebst Zinsen in Höhe von 5% seit Rechtshängigkeit,

hilfsweise zur Zahlung eines vom Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen als Vertragsstrafe festgesetzten Betrages nebst Zinsen in Höhe von 5% seit Rechtshängigkeit hieraus verurteilt.

  1. Der Beklagte wird ferner verurteilt, dem Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten durch Zahlung in Höhe von weiteren EUR 413,90 nebst Zinsen daraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.11.2019 zu erstatten.
  2. Der Beklagte wird ferner verurteilt, dem Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten durch Zahlung in Höhe von weiteren EUR 1.239,40 nebst Zinsen daraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.12.2019 zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte erhebt mit Blick auf den vorgetragenen Wettbewerbsverstoß und die kurze Verjährung nach § 11 UWG die Einrede der Verjährung. Einem Unterlassungsanspruch stehe im Übrigen entgegen, dass zwischen den Parteien kein Wettbewerbsverhältnis bestehe, somit Ansprüche nach § 8 UWG ausschieden.

Mit Blick auf die geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche ist der Beklagte der Ansicht, dass er auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH nicht verpflichtet war, den Betreiber der Facebook Seite „Entfernt“ zur Löschung des streitgegenständlichen Videos aufzufordern. Dieses Verhalten eines Dritten komme dem Beklagten nicht wirtschaftlich zugute. Im Übrigen sei ein Unterlassungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil der Kläger die modifizierte Unterlassungserklärung nicht binnen angemessener Frist angenommen habe. Aus diesem Grunde scheide die Forderung einer Vertragsstrafe ebenfalls aus.

Zwischen den Parteien waren (ggf. sind) zwei weitere Verfahren anhängig, in welchen der Beklagte als Kläger den hiesigen Kläger als Beklagten auf Erstattung von Abmahnkosten aus verschiedenen Gründen in Anspruch genommen hat. Der Beklagtenvertreter legt insofern das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf, Az. 10 C 23/21, vom 17.06.2021 vor (Bl. 185 GA), in welchem die Abmahnung des Klägers vom 18.11.2019 wegen der hier geltend gemachten Urheberrechtsverletzung als unwirksam bezeichnet wird. Er legt außerdem das Urteil des Landgerichts Duisburg, Az. 11 O 67/20, vom 09.06.2021 vor (Bl. 199 GA), in welchem das Gericht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien verneinte.

Gründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

I. Die Klage ist zulässig. Das LG Köln ist angesichts der Abrufbarkeit des streitgegenständlichen Videos über den Instagram Account des Beklagten auch im hiesigen Gerichtsbezirk nach § 32 ZPO für die urheberrechtlichen Ansprüche örtlich zuständig. Nach §§ 13, 14 Abs. 2 UWG a.F. ist das LG Köln angesichts der Abrufbarkeit der Internetseite auch im hiesigen Gerichtsbezirk für lauterkeitsrechtliche Ansprüche sachlich sowie örtlich zuständig. Die Klageerhebung und die vorgetragene Verletzung datieren vor Inkrafttreten des neuen UWG, sodass insoweit die Einschränkung des „fliegenden Gerichtsstandes“ vorliegend keine Anwendung findet.

Der Unterlassungsanspruch ist auch hinreichend bestimmt nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Insbesondere aus dem Klageantrag zu 1a) ergibt sich zweifelsfrei von welchem geschützten Werk der Kläger ausgeht und in welcher konkreten Verletzungsform er die konkret bestimmte Verwertung untersagt begehrt. Dass der Kläger bei der konkreten Verletzungsform keine konkrete Webseite als Fundstelle angibt, steht der Bestimmtheit nicht entgegen, sondern begründet die Prüfung aller in Frage kommenden Verwertungen, die der Kläger in seiner zur Konkretisierung heranzuziehenden Begründung darlegt.

Der Feststellungsantrag gerichtet auf die Schadensersatzpflicht ist ebenfalls zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse folgt aus dem Umstand, dass eine endgültige Schadensberechnung erst nach Auskunfterteilung möglich ist.

II. Die Klage ist nur teilweise begründet.

  1. Unterlassung

Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Unterlassungsanspruch aus urheberrechtlichen Vorschriften nicht zu, jedoch hat er einen Anspruch gegen den Beklagten aus §§ 3a, 8 Abs. 1 UWG i.V.m. § 5 Abs. 1 TMG wegen fehlender Impressumsangaben.

a) Urheberrecht

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Unterlassungsanspruch betreffend die Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Videos aus § 97 Abs. 1 UrhG. Mangels Angabe einer konkreten Verletzungsform im Unterlassungsantrag zu 1. a) kommt vorliegend die Abrufbarkeit des streitgegenständlichen Videos auf zwei Webseiten in Betracht und zwar zum einen auf dem Instagram Account des Beklagten und zum anderen bei der Facebook Seite „Entfernt“.

aa) Soweit es die Abrufbarkeit des Videos auf dem Instagram Account des Beklagten betrifft, hat sich ein ursprünglich bestehender Unterlassungsanspruch durch Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung vom 15.10.2019 (Anlage K4) und Annahme dieser durch den Kläger am 05.11.2019 (Anlage K6) außergerichtlich erledigt.

Wenn sich der Beklagte (im Rahmen des Vertragsstrafeanspruchs) derart verteidigen möchte, dass die Unterlassungserklärung nicht rechtzeitig angenommen worden sei, so stimmt die Kammer dem nicht zu. Wie sich aus der Anlage K5 ergibt, standen die Prozessbevollmächtigten der Parteien zwischen der Abgabe der Unterlassungserklärung am 15.10.2019 und der ausdrücklichen Annahme durch den Kläger am 05.11.2019 in telefonischem und E-Mail Kontakt, um eine vergleichsweise Befriedung des Streits zu verhandeln. Mangels Angabe einer konkreten Annahmefrist durch den Beklagten bestimmt sich die Frist zur Annahme der Unterlassungserklärung als Angebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrags nach § 147 Abs. 2 BGB und kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Schweben zwischen den (Vertrags-) Parteien Vergleichsverhandlungen, so verlängert sich die Annahmefrist um die Dauer dieser Verhandlungen und endet nicht bis diese Verhandlungen gescheitert sind. Demnach war vorliegend die Annahme der Unterlassungserklärung am 05.11.2019 noch fristgemäß. Insoweit ergibt sich insbesondere aus der als Anlage K5 vorgelegten E-Mail des Beklagtenvertreters vom 23.10.2019, dass dieser wegen anderweitiger Beschäftigung erst am 30.10.2019 auf die Angelegenheit zurückkommen werde. Ob dies geschehen ist, ist dem Vortrag der Parteien nicht zu entnehmen. Die Annahme der Unterlassungserklärung ca. eine Woche nach dem vom Beklagtenvertreter in Aussicht gestellten Datum der Rückmeldung zu Vergleichsverhandlungen am 30.10.2019 ist dabei nicht derart verspätet, dass der Beklagte mit einer solchen Annahme nicht mehr zu rechnen brauchte und von einer Ablehnung ausgehen durfte.

bb) Soweit es die Abrufbarkeit des Videos auf Facebook unter dem Account „Entfernt“ betrifft, ist der Beklagte hierfür nicht passivlegitimiert und auch im Übrigen nicht aus der zuvor erklärten Unterlassungsverpflichtung zur Beseitigung verantwortlich.

Zunächst ist unstreitig, dass der Beklagte nicht verantwortlich für die Facebook Seite „Entfernt“ ist, sondern dies eine andere Person ist, die auf Betreiben des Klägers hin das streitgegenständliche Video entfernte. Deshalb ist der Beklagte kein Täter der entsprechenden Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung, sondern allenfalls der Verantwortliche für diesen Account. Es ist auch weder vorgetragen, noch ersichtlich, dass der Beklagte Teilnehmer dieser rechtswidrigen Handlungen war. Es fehlt schon an einer entsprechenden Handlung, die über die Bereitstellung auf dem eigenen Account hinaus geht.

Der Beklagte haftet aber auch nicht als Störer oder aufgrund des Unterlassungsvertrags auf Unterlassung der Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung bei der ihm fremden Facebook Seite.

Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquatkausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Verhaltenspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Das richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Funktion und Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch Genommenen sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (st. Rspr. des BGH, vgl. zuletzt GRUR 2021, 63, Rn. 13 – Störerhaftung des Registrars, m.w.N.).

Außerdem gilt, dass der Schuldner einer auf Unterlassung lautenden Entscheidung zu einem aktiven Handeln verpflichtet sein und daher, wenn er diese Handlungspflicht verletzt, gegen den Unterlassungstitel verstoßen kann. Abweichend von der Verwendung des Begriffs des „Unterlassens“ im allgemeinen Sprachgebrauch ist im Wege der Auslegung des Unterlassungstitels zu ermitteln, welche Verhaltensweisen dieser erfasst und ob er den Schuldner zu einem aktiven Handeln verpflichtet. Bei einer Handlung, die einen fortdauernden Störungszustand geschaffen hat, ist der die Handlung verbietende Unterlassungstitel mangels abweichender Anhaltspunkte regelmäßig dahin auszulegen, dass er außer zur Unterlassung derartiger Handlungen auch zur Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands verpflichtet ist. Eine Unterlassungsverpflichtung erschöpft sich insbesondere dann nicht in einem bloßen Nichtstun, sondern umfasst auch die Pflicht zur Vornahme von Handlungen zur Beseitigung eines zuvor geschaffenen Störungszustands, wenn dem Unterlassungsgebot allein dadurch entsprochen werden kann. So verhält es sich, wenn die Nichtbeseitigung des Verletzungszustands gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung ist. Zu den danach geschuldeten Maßnahmen zur Störungsbeseitigung kann die Einwirkung auf Dritte zählen. Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs hat zwar nicht für das selbstständige Handeln Dritter einzustehen. Das entbindet ihn im Rahmen seiner durch Auslegung ermittelten positiven Handlungspflicht aber nicht davon, auf Dritte einzuwirken, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt und bei denen er mit (weiteren) Verstößen ernstlich rechnen muss. Der Schuldner ist daher verpflichtet, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf solche Personen einzuwirken. Mit Blick auf seine Einwirkungsmöglichkeiten auf den Dritten kommt es nur darauf an, ob der Schuldner rechtliche oder tatsächliche Einflussmöglichkeiten auf das Verhalten Dritter hat (BGH, GRUR 2018, 1183, Rn. 8 ff. – Wirbel um Bauschutt, m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen kann im Einzelfall weder davon ausgegangen werden, dass der Beklagte Verhaltenspflichten verletzt hat, die ihn zum Störer machen könnten, noch dass er Pflichten zur Einwirkung auf Dritte missachtet hat. Denn für beide möglichen Haftungsanknüpfungspunkte gilt gleichermaßen, dass die für die Facebook Seite „Entfernt“ verantwortliche Person eigenverantwortlich und unabhängig vom Beklagten gehandelt hat. Eine Störerhaftung im engeren Sinne scheidet dabei auch schon aus dem Grunde aus, dass der Beklagte bei Abwägung des Einzelfalls in keiner rechtlichen oder tatsächlichen Position war, um dem Betreiber der Facebook Seite die Nutzung des streitgegenständlichen Videos zu verbieten oder die weitere Rechtsverletzung einzudämmen.

Eine Erstreckung der Unterlassungsverpflichtung auf die Einwirkung auf Dritte wie den Betreiber der Facebook Seite scheitert hingegen daran, dass dessen Handeln vorliegend dem Beklagten nicht wirtschaftlich zugutekommt und er mit einer Übernahme wie im konkreten Fall nicht ernstlich rechnen musste. Es ist in keiner Weise ersichtlich, dass der Beklagte wirtschaftliche Vorteile durch die Abrufbarkeit des Videos bei der reichweitenstarken Facebook Seite „Entfernt“ hat oder hatte (vgl. auch AG Düsseldorf, Urteil vom 07.07.2021, Az. 10 C 23/21). Denn vorliegend hat die genannte Facebook Seite das Video nicht etwa verlinkt oder durch sonstige der Plattform immanenten Funktionen (zB @-Tag o.Ä.) unter Hinweis auf den Beklagten zur Verfügung gestellt, sondern das Video als eigenen Beitrag veröffentlicht. Es erscheint den Nutzern des sozialen Netzwerks deshalb nicht als „Werk“ des Beklagten. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Video selbst oder aus den textlichen Ergänzungen. Folglich erhielt der Beklagte nicht einmal mittelbare Vorteile durch eine größere Bekanntheit infolge der andernfalls eingetretenen Bewerbung seines Accounts. Dass andere Content-Anbieter aber ein Video vom Account des Beklagten herunterladen und durch eigenen neuerlichen Upload auf einem anderen Account ohne jegliche Verlinkung erfolgreich nutzen, ist nicht als Vertiefung einer früheren Urheberrechtsverletzung anzusehen. Vielmehr stellt dies eine neuerliche und isolierte Urheberrechtsverletzung eines Dritten dar, mit der der Beklagte nicht rechnen musste und die er auch nicht beherrschen konnte.

b) Lauterkeitsrecht

Der Kläger hat aber gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung des Betriebs eines Internetauftritts im geschäftlichen Verkehr ohne Impressumsangabe aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 3a UWG i.V.m. § 5 Abs. 1 TMG.

aa) Der Betrieb des Instagram Accounts des Beklagten stellt eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. Geschäftliche Handlung ist jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Vorliegend handelt es sich bei dem Instagram Account des Beklagten nicht um einen rein privaten Account, sondern ausweislich der Beschreibung wie im Tenor eingeblendet um den Auftritt eines „Stand Up Comedian“ in dem bekannten sozialen Medium. Ausweislich dieser Beschreibung weist der Beklagte auch auf die Möglichkeit zum Kauf von Tickets für seine Auftritte oder der Buchung sowie auf seinen Podcast. Demnach ist der Upload von humorigen Videos auf seinem Account eine auf die Förderung des Absatzes seiner Dienstleistungen gerichtete Handlung.

bb) Der Kläger ist aktivlegitimiert nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG a.F.. Die Parteien sind Mitbewerber gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Das dafür notwendige konkrete Wettbewerbsverhältnis liegt zwischen den Parteien vor. Das ist gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann. Da im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes grundsätzlich keine hohen Anforderungen an das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zu stellen sind, reicht es hierfür aus, dass sich der Verletzer durch seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist daher anzunehmen, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann und die von den Parteien angebotenen Waren oder Dienstleistungen einen wettbewerblichen Bezug zueinander aufweisen (st. Rspr. des BGH, vgl. zuletzt GRUR 2021, 497, Rn. 15 – Zweitmarkt für Lebensversicherungen, m.w.N.). Erfasst ist demnach sowohl der sog. Substitutionswettbewerb als auch der sog. Behinderungswettbewerb (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 2 Rn. 107a).

Vorliegend ist der Kläger Filmemacher und der Beklagte hauptsächlich als Comedian mit Bühnenaufführungen tätig. Beide nutzen jedoch Accounts auf Social Media Plattformen als Kanäle, um sich selbst und ihre Leistungen darzustellen. Dabei laden beide regelmäßig Videos hoch, um ihre Follower, aber auch andere Nutzer des jeweiligen sozialen Netzwerks zu unterhalten. Insofern handeln beide Parteien auf ihren jeweiligen Accounts als „Content-Creator“ oder „Content-Provider“ mit dem Ziel möglichst hohe Klickzahlen und Followerzahlen zu generieren, um damit weitergehende Leistungen abzusetzen. Beim Beklagten sind dies etwa Kartenverkäufe für seine Bühnenauftritte. Aber hohe Followerzahlen bzw. Klickzahlen führen beim Beklagten auch mittelbar zu ggf. höheren Honoraren bei Buchungen oder bei Auftragsproduktionen. Der Kläger wiederum versucht über seine Facebook Seite „Q “ den Absatz von Merchandise zu fördern.

Auch wenn die Parteien demnach im Ausgangspunkt andersartige kreative Leistungen schaffen und andere Produkte oder Leistungen zur Generierung von Einnahmen anbieten, bedienen sich beide derselben Art von Medium, um ihre Adressaten zu erreichen, nämlich Social Media Accounts. Dass bei den hier streitgegenständlichen Accounts einer bei Facebook und einer bei Instagram aufzufinden ist, steht dieser Annahme nicht entgegen, weil beide Plattformen einerseits in unmittelbarer Konkurrenz stehen und andererseits von vielen Internetnutzern gleichermaßen genutzt werden. Im Übrigen ist allgemein bekannt, dass beide Plattformen zur Facebook-Gruppe gehören und auch zwischen den Plattformen eine gewisse Verknüpfung durch die Möglichkeit zum Teilen von Inhalten besteht. Über diese Social Media Kanäle sprechen beide Parteien mit ihrem „Content“, also vor allem Videos mit wenigen Minuten Laufzeit zur Unterhaltung, die an entsprechenden unterhaltsamen Videos interessierten Nutzer als Adressaten an. Dabei ist auch davon auszugehen, dass Nutzer, die ein bestimmtes Video auf einem Kanal wahrnehmen dieses Video oder Ausschnitte daraus auf einem anderen Kanal wiedererkennen. Bei der Vielzahl von Social Media Seiten mit Unterhaltungszweck kommt dabei der Originalität des Contents keine unbedeutende Bedeutung zu. Besonders originelle und unterhaltsame Videos sind etwa auch besonders zur Etablierung nachhaltiger Bekanntheit der bereitstellenden Accounts geeignet. Erscheint ein Beitrag jedoch als kopiert oder sonstwie schlicht übernommen, kann dies der Beliebtheit eines Social Media Kanals abträglich sein.

Auf dieser Grundlage geht die Kammer vom Vorliegen eines Substitutionswettbewerbs zwischen den Parteien aus. Denn beide Parteien versuchen mit ihren Videos abstrakt denselben Adressatenkreis zu erreichen. Nutzer können sowohl über den einen als auch den anderen Account gleichartige Videos konsumieren. Mit Blick auf den Unterhaltungszweck sind beide Kanäle austauschbar, auch wenn die Art und Weise des Humors oder die Thematik andere sein sollten. Die Übernahme von fremden Content und die Präsentation dessen als eigener Content kann dabei das Wettbewerbsverhalten des eigentlichen Schöpfers erheblich stören. Denn die besondere Aufmerksamkeit, die zu hohen Klickzahlen, mehr Followern und Anschlusstransaktionen führt, kommt insofern eher demjenigen zu, dessen Video von den Nutzern zuerst gesehen wird, während bei einer etwaigen späteren Kenntnisnahme desselben Videos der Unterhaltungswert geringer wird, das Video als Kopie angesehen wird und bzw. oder eine geringere Bereitschaft zur weiteren Auseinandersetzung mit dem Kanal besteht.

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BGH im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes keine hohen Anforderungen an das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zu stellen sind, reichen die dargelegten Umstände aus. Auch ist dem Kläger zuzustimmen, wenn er darauf hinweist, dass die Übernahme des gegenständlichen Videos durch den Beklagten darauf hinweist, dass er offenbar für sein angesprochenes Publikum von einem ähnlichen Humor ausgeht wie es der Kläger bei seinen Followern tut. Andernfalls hätte der Beklagte kein Video des Klägers übernommen.

Soweit das LG Duisburg zu dieser Frage in seinem Urteil vom 21.07.2021, Az. 11 O 67/20 zu einem anderen Ergebnis kommt, ist dem nicht zuzustimmen. In dem Verfahren umgekehrten Rubrums hat das LG Duisburg sich ersichtlich maßgeblich auf die schlussendlich angebotenen Leistungen bzw. Waren der Parteien gestützt und diese für nicht austauschbar gehalten. Dem ist auch zuzustimmen. Die Kammer ist jedoch der Ansicht, dass es vorliegend nicht auf diese Waren oder Leistungen entscheidend ankommt, sondern die Bereitstellung von Videos auf den Social Media Kanälen eigene Leistungen sind, die im Wettbewerb stehen und austauschbar sind.

Im Übrigen liegt – was im Ergebnis offenbleiben kann – auch nahe, dass sich die Parteien in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis im Sinne des Behinderungswettbewerbs zueinander befinden (auch insoweit a.A. LG Duisburg, Az. 11 O 67/20). So stehen die Nachteile, die der Kläger durch die ursprüngliche Urheberrechtsverletzung des Beklagten erleidet, in einer Wechselwirkung zu den Vorteilen des Beklagten. Dies gilt insbesondere für die Generierung von Klickzahlen, Followern, allgemeiner Beliebtheit als „Content-Provider“ und von Anschlusstransaktionen, die gewissermaßen auf Kosten des Schöpfers erfolgt.

cc) Der Beklagte handelte unlauter gem. § 3 Abs. 1 i.V.m. § 3a UWG. Er hat durch den Betrieb der Webseite ohne Impressumsangabe gegen eine Marktverhaltensregelung gem. § 3a UWG verstoßen. Er hat entgegen § 5 TMG als Diensteanbieter von geschäftsmäßig angebotenen Telemedien nicht die in Abs. 1 der Vorschrift aufgezählten Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar gehalten. Der Instagram Account verfügte vielmehr vor Abmahnung über gar kein Impressum oder vergleichbare Angaben. § 5 Abs. 1 TMG stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG dar (vgl. zur Vorgängernorm: BGH GRUR 2007, 159, Rn. 15 – Anbieterkennzeichnung im Internet; iÜ Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, § 3a, Rn.1.310; BeckOK UWG/Niebel/Kerl, 14. Ed. 1.12.2021, UWG § 3a Rn. 105).

dd) Der Verstoß ist gem. § 3a UWG auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Der Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung indiziert im Regelfall, d.h. soweit im Einzelfall keine besonderen Umstände vorliegen, die Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung der Interessen der Marktteilnehmer, an die sich die Handlung richtet. Es ist dann Sache des Anspruchsgegners, Umstände darzulegen, die diese tatsächliche Vermutung erschüttern (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, § 3a, Rn. 1.112 m.w.N. aus der Rspr. des BGH). Mangels entsprechendem Vortrag des Beklagten ist folglich von der Spürbarkeit auszugehen. Im Übrigen ist § 5 Abs. 1 TMG als Umsetzung von Art. 5 Abs. 1 b der Richtlinie 2000/31/EG eine wesentliche Information im Sinne von Art. 7 Abs. 5 iVm Anhang II der UGP-Richtlinie (RL 2005/29/EG), sodass das Fehlen dieser Informationen als spürbare Beeinträchtigung von Verbraucherinteressen anzusehen ist (vgl. hierzu auch LG München, WRP 2014, 751). Zuletzt zeigt auch der hiesige Fall und die Schwierigkeiten des Klägers die jeweiligen Verantwortlichen für die diversen Social Media Kanäle des Beklagten in Erfahrung zu bringen, dass die Interessen von Mitbewerbern spürbar beeinträchtigt werden.

ee) Der Anspruch aus § 8 Abs. 1 UWG ist nicht wegen § 11 UWG verjährt. Es ist unstreitig, dass der Beklagte erst zu einem nicht näher konkretisierten Zeitpunkt nach der Abmahnung des Klägers vom 05.11.2019 die Impressumsangaben bei Instagram vornahm. Die Verjährung des lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruchs beginnt wegen der Qualität des Verstoßes als Dauerhandlung jedoch erst mit der Beendigung des Verstoßes (BeckOK UWG/Eichelberger, 14. Ed. 1.12.2021, UWG § 11 Rn. 51; MüKoUWG/Fritzsche UWG § 11 Rn. 102 ff.; OLG Köln, NJOZ 2008, 2387, 2388). Diese Beendigung geschah hier also nach dem 05.11.2019.

Dass die Klage erst am 13.06.2020 zugestellt worden ist, steht dem wegen § 167 ZPO nicht entgegen. Die Klage ist seit dem 04.05.2020 anhängig. Die Zustellung erfolgte von diesem Datum an demnächst im Sinne von § 167 ZPO. Da der Kläger insbesondere zügig, d.h. weniger als zwei Wochen nach Zugang der Gerichtskostenrechnung den Vorschuss eingezahlt hat (vgl. Cepl/Voß/Matthes, 2. Aufl. 2018, ZPO § 167 Rn. 7 f.), ist zur Verjährungshemmung nach § 167 ZPO auf die Anhängigkeit abzustellen. Die übrige Verzögerung bei der Zustellung ist auf Verzögerungen aus der Sphäre des Gerichts zurückzuführen. Zu dem maßgeblichen Zeitpunkt waren folglich sechs Monate noch nicht abgelaufen.

Auf die übrigen Ausführungen des Beklagten zur früheren Kenntnis des Klägers bzw. seines Prozessbevollmächtigten vom Fehlen des Impressums kommt es angesichts der Dauerhandlung gerade nicht weiter an.

ff) Dem Unterlassungsanspruch steht auch nicht entgegen, dass der Kläger rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG a.F. gehandelt hätte. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung des Streits zwischen den Parteien, der schlussendlich zu vier unterschiedlichen Prozessen bei vier unterschiedlichen Gerichten geführt hat, ist die Geltendmachung des hier zu bewertenden Unterlassungsanspruchs nicht rechtsmissbräuchlich, insbesondere nicht allein auf die Entstehung von erstattungsfähigen Rechtsverfolgungskosten gerichtet. Insbesondere führte die unterbliebene Impressumsangabe des Beklagten bei seinem Instagram Account tatsächlich zu Unklarheiten, ob der Account von ihm oder der S2 GmbH zu verantworten ist. Außerdem hat der Beklagte nach Abmahnung die Impressumsangaben vorgenommen.

  1. Feststellung Schadensersatzpflicht

Die Schadensersatzpflicht des Beklagten war im tenorierten Umfang festzustellen.

Der Kläger hat mit seiner diesbezüglichen Antragsformulierung Bezug auf die Streitgegenstände der geltend gemachten Unterlassungsansprüche genommen. Demnach war bei gebotener Auslegung des Antrags sowohl eine Prüfung von urheberrechtlichen als auch lauterkeitsrechtlichen Schadensersatzansprüchen geboten. Soweit die Tenorierung von dem Klageantrag abweicht, ist damit eine Teilabweisung verbunden. Hierzu war der Antrag von Amts wegen auszulegen und im Tenor neu zu formulieren.

a) Urheberrecht

Der Kläger hat gegen den Beklagten dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch aus §§ 97 Abs. 2, 16, 19a, 94, 95 UrhG. Dies jedoch nur für die hier streitgegenständliche Nutzung auf dem Instragram Account des Beklagten, worauf sich auch die außergerichtlich abgegebene Unterlassungserklärung bezieht, nicht aber für die Abrufbarkeit des Videos bei der Facebook Seite „Entfernt“.

Der streitgegenständliche Film des Klägers ist jedenfalls nach § 95 UrhG als Laufbild bzw. Bild- und Tonfolge geschützt. Einer Entscheidung, ob es sich hierbei um ein Filmwerk nach § 2 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 UrhG handelt, bedarf es an dieser Stelle nicht. Denn nach § 95 UrhG gilt § 94 UrhG entsprechend, sodass dem Kläger als unstreitigem Ersteller des Films das ausschließliche Recht zur hier gegenständlichen Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung zusteht. In dieses Recht hat der Beklagte ohne Zustimmung des Klägers und auch sonst ohne gesetzliche Genehmigung eingegriffen, indem er das Video auf seinem Instagram Account hochgeladen und abrufbar gehalten hat. Vorliegend ist auch davon auszugehen, dass es sich um eine Vervielfältigung nach § 94 Abs. 1 i.V.m. § 16 UrhG handelt, und nicht um die Verwertung einer Bearbeitung gem. § 23 UrhG. Insofern führt die Hinzufügung eines Texts bei der konkreten Verletzungsform des Films nicht dazu, dass von einer Bearbeitung auszugehen ist, weil bei dem ursprünglichen Film keine schutzfähigen Merkmale verändert worden sind und der Gesamteindruck des Films sich nicht ändert (vgl. Schricker/Loewenheim/Loewenheim, 6. Aufl. 2020, UrhG § 23 Rn. 6).

Der Beklagte handelte insoweit auch schuldhaft, mindestens fahrlässig. Dem Beklagten als selbst im kreativen Bereich tätiger Person hätte dabei bewusst sein müssen, dass er fremdes Videomaterial nicht ohne Erlaubnis oder ohne gesetzliche Gestattung bei Instagram nutzen darf. Bei Anwendung der zum effektiven Schutz von urheberrechtlich geschützten Gegenständen gebotenen strengen Sorgfaltsanforderungen hätte es aber auch ohne diese professionelle Betroffenheit des Beklagten bedurft, vor der Nutzung des fremden Videos ausreichende Nutzungsrechte einzuholen. Dies ist hier offensichtlich unterblieben.

Mit Blick auf die Abrufbarkeit des Videos bei der Facebook Seite „Entfernt“ scheidet eine Haftung des Beklagten nach den obigen Ausführungen zum Unterlassungsanspruch aus.

b) Lauterkeitsrecht

Nach den obigen Ausführungen zum Unterlassungsanspruch wegen des Betriebs der Instragram Seite ohne Impressum steht dem Kläger gegen den Beklagten auch dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 9 UWG zu. Auch insoweit trifft den Beklagten ein Verschulden, mindestens hat er fahrlässig gehandelt. Die Problematik der Impressumspflicht auf Seiten in sozialen Netzwerken wurde auch außerhalb der juristischen Literatur in den Medien behandelt, gerade auch wegen der Gefahr von Abmahnungen für Kleinunternehmer. Im Übrigen verfügt der Beklagte über eine nicht unerhebliche Zahl von Followern, sodass es geboten war, sich mit Informationspflichten auseinander zu setzen. Dies ist offenbar ebenfalls bis zur Abmahnung durch den Kläger nicht erfolgt.

  1. Auskunft

Der Kläger hat gegen den Beklagten auch einen Auskunftsanspruch wegen der zuvor festgestellten Urheberrechtsverletzung durch die Abrufbarkeit des streitgegenständlichen Videos auf dem Instagram Account des Beklagten. Der Anspruch auf Auskunft folgt aus § 242 BGB in erweiterter Auslegung der §§ 259, 260 BGB. Der Verletzte kann zur Vorbereitung eines bezifferten Schadensersatzanspruchs vom Verletzer Auskunft und Rechnungslegung verlangen; dieser nichtselbstständige, so genannte akzessorische Auskunftsanspruch ist im Urheberrecht ebenso wie im gewerblichen Rechtsschutz gewohnheitsrechtlich anerkannt (vgl. statt aller: Dreier/Schulze, UrhG, § 97 Rn. 78 mit zahlreichen Nachweisen).

Wie oben im Zusammenhang mit der Feststellung der Schadensersatzpflicht ausgeführt, bezieht sich die Auskunftspflicht jedoch nur auf die vom Beklagten zu verantwortenden Verwertungshandlungen, z.B. auf seinem Instragram Account, nicht aber im Fall der Abrufbarkeit bei der Facebook Seite „Entfernt“. Dies findet in der Tenorierung Niederschlag durch die vom Klageantrag abweichende Einfügung „von ihm zu verantwortender“ Verwertungshandlungen. Damit ist wiederum eine Teilabweisung verbunden.

Dem Auskunftsanspruch steht weder eine Erfüllung noch eine Rechtsmissbräuchlichkeit wegen Offenkundigkeit der Information entgegen. Die dahingehend zu verstehende Verteidigung des Beklagten verfängt nicht. Insbesondere wird aus den vorliegenden Screenshots nicht eindeutig klar, welche Klickzahlen etc. bei Beendigung der Nutzung des streitgegenständlichen Videos durch den Beklagten vorlagen. Auch ist bislang keine Auskunft zur etwaigen Nutzung auf anderen Plattformen gelegt worden.

  1. Vertragsstrafe

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe. Nach den obigen Ausführungen im Zusammenhang mit dem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch scheidet eine schuldhafte Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht durch die Abrufbarkeit des streitgegenständlichen Videos bei der Facebook Seite „Entfernt“ aus. Der Beklagte ist für die dort geschehene Verwertung nicht verantwortlich.

  1. Vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Rechtsverfolgungskosten. Entsprechende Ansprüche sind seitens des Beklagten erfüllt gem. § 362 Abs. 1 BGB.

Dem Kläger stehen dem Grunde nach Erstattungsansprüche für die mit den Abmahnungen vom 08.10.2019 (Urheberrecht, Instragram Account) und vom 05.11.2019 (UWG, Impressum Instagram Account) zu. Diese hat der Kläger in der Klageschrift in nicht zu beanstandender Weise mit 984,60 € und 413,90 € berechnet. Einen Anspruch auf Erstattung von Kosten für die Abmahnung vom 18.11.2019 (Urheberrecht, Facebook „Entfernt“) war nach den obigen Ausführungen jedoch nicht berechtigt.

Der insoweit dem Kläger zustehende Betrag von 1.398,50 € ist jedoch geringer als der unstreitig vom Beklagten an den Kläger geleistete Betrag von 1.500 €. Der Kläger hat insoweit selbst ausgeführt, dass er diese ohne Tilgungsbestimmung geleistete Zahlung auf die Abmahnkosten vom 08.10.2019 anrechnet. Jedoch sind auch die Kosten für die Abmahnung vom 05.11.2019 durch Zahlung getilgt. Da der Kläger seine Schadensersatzansprüche noch nicht beziffert hat, sind diese nicht fällig. Nach § 366 Abs. 2 BGB sind aber im Zweifel zunächst fällige Schulden als getilgt anzusehen. Demnach ist auch dieser Anspruch erfüllt.

III. Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 29.12.2021 lag der Kammer vor. Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war nicht angezeigt.

IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 709 S. 1, 2 ZPO. Bei der Kostenentscheidung entspricht das Unterliegen des Klägers auf Grundlage des nachfolgend näher begründeten neu festgesetzten Streitwert gerundet ¾ des Gesamtstreitwerts.

V. Der Streitwert wird auf 41.001,00 EUR festgesetzt.

Antrag zu 1 a): 20.000,- €

Antrag zu 1 b): 5.000,- €

Antrag zu 2: 5.000,- € (25 % des Unterlassungsstreitwerts von hier maßgeblichen 25.000,- €)

Antrag zu 3: 1.000,- € (5 % des Unterlassungsstreitwerts von hier maßgeblichen 20.000,- €)

Antrag zu 4: 5.001,- €

Antrag zu 5. und 6.: ohne Ansatz, § 4 ZPO

Schreibe einen Kommentar