Polizei testet Bodycams jetzt auch in NRW

Nachdem bereits in Frankfurt Bodycams bei Polizeieinsätzen eingesetzt werden, soll nun auch NRW folgen. Dazu werden die Polizisten in NRW mit rund 200 hochauflösenden Kameras ausgestattet. Sie sollen in erster Linie deeskalierende Wirkung im Dienstalltag mit sich bringen. Die Aufnahmen sollen zudem auch vor Gericht als Beweismittel genutzt werden können, so eine Meldung der Polizei NRW.

Zunehmende Gewalt gegen Polizisten

Gerade alltägliche Einsätze im Wachdienst der Polizei – z.B. wegen Ruhestörung oder häuslicher Gewalt – eskalieren immer häufiger. NRW-Innenminister Ralf Jäger erläutert dazu, dass die Gewaltbereitschaft gegenüber den Beamten immer weiter zunehme.

Aber auch die Beweiserhebung spielte bei der Entscheidung über den Einsatz der Bodycams bei der Polizei eine wichtige Rolle. Gerade die Ereignisse der Kölner Silvesternacht haben diesbezüglich eine entscheidende Rolle gespielt.

Die Pilotstudie soll nun dazu dienen, herauszufinden, ob die Übergriffe auf Beamte durch den Einsatz der Bodycams abnehmen und diese somit eine deeskalierende Wirkung haben. Die Evaluierung der Studie übernimmt die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung (FHöV) in Gelsenkirchen.

Um einen Einsatz der Bodycams bei der Polizei zu ermöglichen, musste das Polizeigesetz NRW geändert werden. In § 15c PolG NRW wird die „Datenerhebung durch den Einsatz körpernah getragener Aufnahmegeräte“ speziell geregelt. Die Regelung ist allerdings bis Ende 2019 befristet.

Einsatz der Polizei-Bodycams nur bei konkreter Gefahr

15c Abs. 1 S. 1 PolG NRW umfasst eine Einschränkung der Nutzung der Bodycam. So darf diese nur bei Einsätzen genutzt werden, bei denen eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben den Einsatz erforderlich macht. Die Einschätzung der Gefahrenlage obliegt dabei einzig und alleine dem/r tragenden Polizeibeamten/in anhand der Umstände des Einzelfalls.

Soll die Bodycam auch in Wohnungen genutzt werden, so ist die Anforderung an die Gefahrenlage höher. So verlangt Abs. 2 des § 15c PolG NRW das Vorliegen einer dringenden Gefahr. Grund für die erhöhte Anforderung ist die Unverletzlichkeit der Wohnung, Art. 13 GG. Zudem sind Aufzeichnungen die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind grundsätzlich unzulässig (§ 15c Abs. 5 PolG NRW) und unverzüglich auszuschalten oder im Anschluss an den Einsatz zu löschen.

Auch Ton soll aufgezeichnet werden

Wie auch in Frankfurt soll in NRW auch der Ton aufgezeichnet werden. Auf diese Weise können Entwicklungen und die Eskalationsgründe detailliert nachvollzogen werden. Zudem verstärkt es die Beweisfunktion und vermeidet Unklarheiten bei der Auswertung.

Bis zum November 2015 war in Frankfurt aus datenschutzrechtlichen Gründen eine Tonaufnahme nicht gestattet. Dies änderte sich allerdings mit der Änderung des § 14 HSOG zum 01.11.2015. Seitdem ist in Frankfurt neben der Bild- auch eine Tonaufnahme zu Beweiszwecken möglich.

Hinweispflicht für Beamten

Bevor die Polizeibeamten die Aufzeichnung durch die Bodycams starten, haben sie die Betroffenen auf den Einsatz hinzuweisen. Zusätzlich soll eine rote LED-Leuchte an der Kamera den Betroffenen signalisieren, dass eine Aufzeichnung läuft.

Zur deeskalierenden Wirkung soll zusätzlich beitragen, dass ein kleines Display am Körper der Polizeibeamten die Aufnahme der Bodycam direkt wiedergibt und diese für den Betroffenen somit einsehbar ist.

Bodycam-Aufzeichnungen greifen in die Grundrechte ein

Die Landesdatenschutzbeauftragte Helga Block sieht den Einsatz der Bodycams durchaus kritisch. So sei der Einsatz der Bodycams der nordrheinwestfälischen Polizei nur ein Pilotversuch. Erst auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse kann die Rechtmäßigkeit eines Einsatzes für die Zukunft beurteilt werden.

Sollten nach der Evaluierung der Aufzeichnungen noch Zweifel an der Wirksamkeit der Bodycams bestehen, sind die Kameras unverzüglich auszuschalten. Denn bis dato existieren keine belastbaren wissenschaftlichen Untersuchungen zur Wirksamkeit von Bodycams.

Block fordert weiter eine Waffengleichheit für die Betroffenen. So sollen diese ebenfalls Einsicht und Zugriff auf die Aufnahmen erhalten, um diese gleichermaßen als Beweismittel nutzen zu können. Dies wiederum führt zu einer Einschränkung des Beschäftigtendatenschutzes der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Ob und wie diese Konfrontation in der Praxis gehandhabt werden wird, bleibt abzuwarten.

Verschlüsselung der Bodycam-Aufzeichnung

Mit den Änderungen des Polizeigesetzes NRW wurde eine befristete gesetzliche Grundlage für das Pilotprojekt „Bodycam“ geschaffen. Ohne diese wäre das Projekt erst gar nicht möglich. Dennoch ist aus datenschutzrechtlicher Sicht eine Verschlüsselung der Aufzeichnung unerlässlich. Zudem müssen die Aufnahmen manipulationssicher gefertigt und aufbewahrt werden, um die Beweiskraft sicherzustellen.

Es bleibt abzuwarten, wie sich das Pilotprojekt entwickeln wird. Erst nach Abschluss der Studie ist eine genaue Aussage über die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen zu treffen. Bis dahin verfolgen wir das Thema und auftretende Fragen gespannt und halten Sie auf dem Laufenden.

(Bild: © lassedesignen – Fotolia.com)

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