Mit Beschluss vom 04. Mai 2016 (Az. 4 Ss 543/15) hat das OLG Stuttgart entschieden, dass die Videoaufnahmen von Dash-Cams als Beweismittel für Verfahren über Ordnungswidrigkeiten verwertet werden dürfen. Es handelt sich um die erste bekannte Entscheidung eines Oberlandesgerichts zu Dash-Cams.
Mit Urteil vom 14. Januar 2016 kommt das LG Memmingen jedoch zu einem ganz anderen Ergebnis und sieht in der Verwertung ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Regelungen (Az. 22 O 1983/13).
OLG Stuttgart: Dash-Cam Aufnahmen verwertbar
Im konkreten Fall vor dem OLG Stuttgart ging es um einen Rotlichtverstoß. Allein durch die Aufzeichnungen einer Dash-Cam war es dem Amtsgericht Reutlingen möglich gewesen, einen Autofahrer zu verurteilen. Dieser war über eine Ampel gefahren, die schon seit mindestens sechs Sekunden rot war.
In seinem Beschluss hat das OLG Stuttgart offengelassen, ob die Benutzung einer Dash-Cam gegen § 6b des BDSG verstößt. Denn selbst wenn, würde das kein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehen.
LG Memmingen: Dash-Cam Aufnahmen als Verstoß gegen § 6b BDSG
Das LG Memmingen bejaht zunächst einen Verstoß gegen § 6b BDSG. Im Folgenden führt es aus, dass damit zunächst ein Beweiserhebungsverbot einhergehe. Die rechtswidrig gemachten Aufnahmen müssten deshalb gelöscht werden.
Die Verwertung wäre nur in wenigen Ausnahmefällen möglich, wenn es um den Schutz bedeutender Rechtsgüter ginge. In einem parallelen Fall ging es um eine Sachbeschädigung am Fahrzeug der beklagten Fahrerin. Eine einfache Sachbeschädigung sei nach Auffassung des LG Memmingen jedoch nicht schwerwiegend genug, um die Verwertung der Aufnahmen zu gestatten.
Mögliche Gefahr „flächendeckender Überwachung“
Als Begründung für die restriktive Auslegung führt das LG Memmingen aus, dass es ansonsten
zu einer weiteren Verbreitung von Dash-Cams und daher einer dauerhaften und flächendeckenden Überwachung im öffentlichen Verkehr führen
würde. Als Folge würde
das Recht auf informationelle Selbstbestimmung völlig ausgehöhlt.
Rechtslage zu Dash-Cam Aufnahmen weiter uneinheitlich
Auch nach den aktuellen Entscheidungen bleibt die Rechtslage zur Verwertung von Dash-Cam-Aufzeichnungen damit weiterhin uneinheitlich.
In der Vergangenheit hatten sich auch andere Gerichte zu dieser Problematik geäußert. So hat das AG Nienburg einen Verstoß gegen das BDSG noch verneint. Ob man die Aufnahmen verwerten darf oder nicht, hinge dennoch vom Einzelfall ab. Ähnlich sah das auch das AG Nürnberg.
Andere Gericht hingegen stehen Dash-Cam Aufnahmen kritischer gegenüber (vgl. AG München, Beschluss vom 13.08.2014, Az. 345 C 5551/14; LG Heilbronn, Urteil vom 03.02.2015, Az. I 3 S 19/14.)
Bis es wirklich zu einer höchstrichterlichen und einheitlichen Bewertung kommt, wird es noch einige Zeit dauern.
(Bild: © WoGi – Fotolia.com)
Eine deutliche Uneinheitlichkeit sehe ich nicht. Dass die Verwertung der Aufnahmen zur Verfolgung gravierender Verkehrsverstöße zulässig ist, nicht aber – im Rahmen der Verfolgung privater Ansprüche – bei vergleichsweise geringen Sachschäden, ist durchaus konsistent.
Wie sieht es im Falle solcher Dashcams aus, die automatisch nach z.B. 10 Minuten das aufgenommene Material überschreiben? Im Falle eines Unfalls kann man mit einer „Notfalltaste“ den Film mit dem Tathergang sichern, grundsätzlich jedoch entsteht keine gespeicherte „Dauerüberwachung“…
Hallo Robert,
das bleibt wohl eine Einzelfallentscheidung. Im Grundsatz bleibt auch mit diesen Dash-Cams die Dauer“überwachung“ bestehen und dürfte damit in den Augen mancher Gerichte ein Verstoß gegen § 6b BDSG bleiben.
Die Löschung ist nur ein kleiner Schritt dahingehend, dass § 6b Abs. 5 BDSG eingehalten wird. Es könnte damit argumentiert werden, dass der Eingriff in Rechte Betroffener geringer ist und die Verwertung insb. zum Schutz bedeutender Rechtsgüter möglich werde.
Das jedoch nur kurz und knapp; hierzu können ganze Aufsätze verfasst werden.
Herzliche Grüße
Florian Wagenknecht