Unterlassungsanspruch eines Nichtprominenten bei Abbildung eines Prominenten

Häufig passiert es, insbesondere bei Veröffentlichungen der Boulevardpresse, dass neben Prominenten auch Nichtprominente zu Bildmotiven werden. Die Frage, ob es sich hierbei um eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild handelt, ist nicht einfach zu beantworten und wird von der Rechtsprechung von Fall zu Fall unterschiedlich bewertet: Die Durchsetzung von Unterlassungs- und Geldentschädigungsansprüchen des Betroffenen hängt von den Gegebenheiten der konkreten Situation ab.

Als Nebenmotiv zum Bild eines Profi-Fußballers abgebildete Urlauberin am Strand von El Arenal

Bei einer Berichterstattung über einen prominenten Profi-Fußballer veröffentlichte die „Bild“ ein Foto, auf dem im Vordergrund der Fußballer an einem öffentlichen Strand auf Mallorca gezeigt wurde. Das streitgegenständliche Foto erschien in der Printausgabe der „Bild“ sowie auf ihrem Internet-Portal mit dem Begleittext „A. am Ballermann ausgeraubt…Sonne, Strand, Strauchdiebe. Gestern sahen wir A. in pikanter Frauen-Begleitung am Ballermann… Jetzt wurde er Opfer einer Straftat…“. Als Hintergrundmotiv war eine Urlauberin im Bikini zu sehen, welche ungewollt und nur zufällig mit aufgenommen worden war.

Daraufhin klagte die Urlauberin wegen der unzulässigen Veröffentlichung des Fotos auf Unterlassung und Entfernung von der Internetseite sowie auf Geldentschädigung.

Der BGH bejahte mit Urteil vom 21.04.2015 (Az.: VI ZR 245/14) ihren Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB, § 22 KUG. Dem Anspruch auf Geldentschädigung gab das Gericht jedoch nicht statt.

Unterlassungsanspruch nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22,23 KUG

Grundsätzlich ist die Zulässigkeit der Veröffentlichung von Fotomaterial nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen. Nach § 22 Satz 1 KUG ist eine Veröffentlichung dann zulässig, wenn der Abgebildete seine Einwilligung erteilt hat. Die Einwilligung ist nur in wenigen Fällen entbehrlich. Fehlt die Einwilligung des Betroffenen, so ist eine Veröffentlichung nur beim Vorliegen eines zeitgeschichtlichen Ereignisses oder bei Vorliegen eines der Ausnahmetatbestände gemäß § 23 Abs. 1 KUG zulässig. Dabei dürfen weiter die berechtigten Interessen des Abgebildeten i.S.v. § 23 Abs. 2 KUG  (unter Umständen z. B. die Privatsphäre) nicht verletzt sein. Das Konzept entspricht sowohl den verfassungsrechtlichen Erfordernissen, als auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Kein öffentliches Interesse an der Privatsphäre

Der BGH war der Ansicht, die Klägerin sei leicht identifizierbar, da ihr Gesicht erkennbar auf dem Foto abgebildet war. Da die Betroffene weder ausdrücklich noch konkludent eine Einwilligung bezüglich der Veröffentlichung erteilt habe, käme es nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG auf die Frage an, ob der Berichterstattung ein „Ereignis der Zeitgeschichte“ zugrunde lag.

Der Begriff des Zeitgeschehens i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG darf nach Auffassung des Gerichts nicht eng verstanden werden, d.h. dieser umfasse nicht nur Ereignisse von historisch-politischer Bedeutung, sondern auch Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Orientierungsmaßstab hierzu sei somit das Interesse der Öffentlichkeit.

Im konkreten Fall wurde die Urlauberin in einer privaten Situation abgebildet, so dass ihre Privatsphäre betroffen war. Da sie in keinerlei Beziehung zu dem Fußballer stand, wurde folgerichtig ein öffentliches Interesse an der Abbildung ihrer Person vom Gericht verneint.

Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit – Interessenabwägung erforderlich

Ferner betonte der BGH, dass auch wenn positiv festgestellt werden könnte, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegeben ist, die Interessen der zufällig abgebildeten Person nicht zurücktreten müssen. Vielmehr sei eine Interessenabwägung zwischen der Rechtsposition der Abgebildeten – im Konkreten ihr Recht am eigenen Bild (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) – und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit vorzunehmen. Der BGH bejahte eine Verletzung des schutzwürdigen Kernbereichs der Privatsphäre und somit eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin. Für die Genugtuung der Informationsinteressen der Öffentlichkeit sei es nicht erforderlich gewesen die Klägerin erkennbar abzubilden. Es sei vielmehr für ein Presseunternehmen möglich gewesen durch Verpixelung oder Augenbalken die Identität der ungewollt Abgebildeten zu schützen.

Veröffentlichung ohne Einwilligung des Abgebildeten grundsätzlich zulässig

Grundsätzlich ist eine Fotoveröffentlichung ohne Einwilligung des Abgebildeten nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zulässig, und zwar wenn die abgebildete Person nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheint. Diese Ausnahme kommt nach dem Telos der Norm nur dann in Betracht, wenn die Landschaft bzw. die Örtlichkeit Hauptmotiv der Aufnahme ist. Im konkreten Fall war diese Ausnahme nicht einschlägig, so dass sie vom Gericht zu Recht abgelehnt wurde.

Der Anspruch auf Geldentschädigung

Der Anspruch auf Geldentschädigung ist nach Ansicht des Senats bei Persönlichkeitsrechtverletzungen dann gerechtfertigt,

„wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann… …dies…hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab“

Der Anspruch der Klägerin auf Geldentschädigung wurde vom BGH mit dem Argument abgelehnt, es handele sich im konkreten Fall nicht um einen schwerwiegenden Eingriff. Eine Genugtuung sei vielmehr durch das Erwirken eines Unterlassungstitels erreicht.

(Bild: © amnachphoto – Fotolia.com)

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