Upskirt-Foto ist keine Beleidigung

Ein ehemaliger Bürgermeister aus der Gemeinde Scheyern (Landkreis Pfaffenhofen) wehrt sich gegen den Vorwurf, ein Spanner zu sein. Er soll im Sommer 2013 zahlreichen Frauen heimlich unter den Rock fotografiert haben – auch „Upskirt“ genannt. Eine 25 Jahre alte Sozialpädagogin bemerkte, wie er auch bei ihr versuchte, unter den Rock zu fotografieren. Ein Verkäufer eines Obdachlosenmagazins alarmierte die Polizei. Der Täter wehrte sich gegen die zivilen Polizisten mit heftigem Widerstand und versuchte, seine Kamera loszuwerden. Einem der Beamten stieß er mit Wucht den Ellbogen gegen die Brust.

Die Polizei fand später 99 belastende Bilder und 27 Filme auf einem Speicherchip. Bis auf die Sozialpädagogin hat wohl keine Frau bemerkt, was da passierte.

Keine Beleidigung der Einzelperson – aber Belästigung der Allgemeinheit

Das Amtsgericht hat ihn wegen Beleidigung zu einer Zahlung von 5.250 € ver­ur­teilt. Das Landgericht sprach ihn davon frei. Der Tat­be­stand der Be­lei­di­gung sei nicht er­füllt. Im Ergebnis wurde der Ex-Bürgermeister zu einer Zahlung eines Bußgeldes in Höhe von 750 € wegen Belästigung der Allgemeinheit (§ 118 OWiG) verurteilt. Gleichzeitig muss er 4.200 € zahlen, weil er sich gegen die Beamten gewehrte hatte.

Damit schließt sich das LG München der bestehenden Rechtsprechung an. So hat beispielsweise das OLG Nürnberg (Beschluss vom 3.11.2010, Az.: 1 St OLG Ss 219/10) in einem anderen Verfahren geurteilt:

Sexuelle oder sexualbezogene Handlungen und Belästigungen fallen nur dann unter diese Vorschrift, wenn besondere Umstände einen selbständigen beleidigenden Charakter erkennen lassen; es kann nicht ein (bloßes) „sexuelles Verhalten“ als Ehrverletzung bestraft werden, sondern allein eine darin unter Umständen enthaltene (ausdrückliche und konkludente) Äußerung, in der eine – vom Täter gewollte – herabsetzende Bewertung des Opfers zu sehen ist. Demzufolge wird eine Beleidigung als nicht gegeben angesehen bei bloßen Belästigungen oder Taktlosigkeiten und regelmäßig nicht bei (sexuell motiviertem) heimlichen Beobachten oder Belauschen. Mit letzterer Fallgestaltung ist vorliegender Fall vergleichbar. Nur erfolgte hier das Beobachten nicht unmittelbar, sondern mittelbar unter Zuhilfenahme eines Mobiltelefons. Der auf Heimlichkeit bedachte Angeklagte wollte gerade keinen Kontakt zur Person der Geschädigten aufnehmen und gab deshalb dieser gegenüber nicht (auch nicht konkludent) seine Missachtung kund.

Auch das Verwaltungsgericht München (Beschluss vom 04.03.2009, Az.: M 22 S 08.5986) hat in einem ganz ähnlichen Fall den Tatbestand des § 118 OWiG als erfüllt angesehen:

Da es sich bei § 118 Abs. 1 OWiG nicht um ein Erfolgsdelikt, sondern um ein potentielles Gefährdungsdelikt handelt, genügt bereits die Möglichkeit der Belästigung. Dabei ist es ausreichend, wenn die Handlung an einer Einzelperson vorgenommen wird, die Allgemeinheit als individuell nicht abgrenzbarer Personenkreis dies aber wahrnehmen und daran Anstoß nehmen kann. Eine Belästigung ist insbesondere bei einer in der Öffentlichkeit in Erscheinung tretenden Missachtung von Grundwerten der Gesellschaft anzunehmen.

Fazit

Nach derzeitigem Stand des Gesetzes ist das Fotografieren unter den Rock strafrechtlich schwer zu fassen. Eine Beleidigung jedenfalls wird es regelmäßig nicht sein, solange es beim „bloßen“ Fotografieren bleibt. Vielleicht ändert sich aber etwas mit der geplanten Neufassung des § 201a StGB. Einfacher ist es bisher jedoch, das Fotografieren als Ordnungswidrigkeit nach § 118 OwiG zu ahnden.

Zivilrechtlich kann eine Geldentschädigung verlangt werden. Schließlich kann ein solches Verhalten eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, namentlich eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild sowie der Achtung des Intim- und Sexualbereichs, darstellen.

(Bild: © vladimirfloyd – Fotolia.com)

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