Tag des geistigen Eigentums – Quo Vadis, Urheberrecht?

Heute, am 26.04.2011, ist der (Welt)Tag des geistigen Eigentums. Er wurde im Jahr 2000 von der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) erstmals ausgerufen und erinnert an den 26. April 1970, an dem die Gründungskonvention der WIPO in Kraft trat. Ebenso soll er darauf aufmerksam machen, wie wertvoll Kreativität und geistiges Eigentum im täglichen Leben sind und verdeutlichen, wie wichtig der Schutz selbiger ist.

Der heutige Tag soll dem „Design“ gewidmet werden und steht unter dem Motto „Designing the Future – celebrates the role of design in the market-place, in society and in shaping the innovations of the future“. Design wird von WIPO Director General Francis Gurry beschrieben als „Kommunikationssprache von Objekten“.

Doch wollen wir den heutigen Tag nutzen, um unser Auge nicht nur auf das Design zu richten, sondern uns darüber hinaus zu fragen: Quo vadis, geistiges Eigentum – quo vadis, Urheberrecht?

Es gab eine Zeit, in der niemand es als schlimm empfunden hat, wenn die eigenen Texte von jemand anderem kopiert und verbreitet wurden. Nein, ganz im Gegenteil: man galt dann als angesehen und es galt als große Ehre, wenn die eigenen Schriften in die Welt getragen wurden.
Dies hat sich im Laufe der Jahre wahrlich geändert. Heutzutage kann die kleinste Errungenschaft und eine noch so unscheinbare Erfindung eine Goldgrube sein. Aus diesem Grund wird auf alles, was nicht niet- und nagelfest ist – manchmal selbst dann – ein Patent angemeldet, die Marke eingetragen und auf das Urheberrecht bestanden. Es wird versucht zu schützen, was das Zeug hält.

Wieso auch nicht? Wir leben mittlerweile in einer Zeit, in der auf der einen Seite unsere Großeltern stehen, die häufig nur mit Müh und Not mit einem Computer umgehen können. Auf der anderen Seite stehen unsere Kinder, die mit dem iPad wie selbstverständlich umgehen und ein Leben ohne Computer nicht mehr kennen (können).
Wer hätte vor 30 Jahren gedacht, dass man eigene Texte, Bilder und Ideen innerhalb nur weniger Sekunden nahezu der ganzen Welt präsentieren kann? Noch ehe man sich versieht, ist ein Bild von der eigenen Festplatte bei Google zu finden, die persönlichen Daten über Suchmaschinen abrufbar und bei Facebook sieht man sich auf Bildern einer Party, an die man sich gar nicht mehr erinnern kann.

So schnell wie fremde Werke verbreitet werden können, so schnell können eigene geschaffen werden. Jedes Handy, mittlerweile jeder Tablet-PC, verfügt über eine qualitativ hochwertige Kamera und ist in der Lage Bilder und Videos zu erstellen. Aufgrund der geringen Schutzschwelle bei Lichtbildern und Lichtbildwerken, kommt diesen Erzeugnissen sogleich ein umfangreicher Urheberrechtsschutz zu, der allerdings häufig über das Ziel hinausschießt.

Mit zunehmender Digitalisierung wird deutlich, dass das Urheberrecht, so wie wir es kennen, den Problemen des (digitalen) Alltags häufig nicht mehr gerecht wird und zunehmend unbillige und unverständliche Ergebnisse hervorbringt.

Der Schutz des geistigen Bandes zwischen Urheber und seinem Werk mithilfe des Urheberrechts, geht insbesondere bei Werkschöpfungen im Alltag, bei der weder ein hoher Aufwand betrieben, noch eine große Verbundenheit zum Werk entsteht, zu weit. Entgegen dem Grundsatz des „suum cuique“ – Jedem das Seine, sollte die tatsächliche Verbundenheit und die Art der Entstehung stärker berücksichtig werden.

Natürlich muss der Urheber auch weiterhin geschützt bleiben, schließlich soll ihm seine Werkschöpfung auch wirtschaftlich nutzen. Jedoch erfährt der Nutzer und Verwerter bisher nur wenige Rechte, die zu einer angemessenen Nutzung des Werkes ausreichen. Man kann fast soweit gehen, dass die bisherigen Regelungen teilweise realitätsfern und missverständlich sind. Es bahnt sich daher ein längst fälliger Umbruch an. Experten sprechen sich für Änderungen aus und das BMJ arbeitet am dritten Korb zur Novellierung des Urheberrechts, um dem „digitalen Zeitalter“ gerecht zu werden.

Denkt man an die sog. „neue Generation“, so verbindet man dies u.a. mit der globalen Vernetzung und der zunehmenden Bedeutung des digitalen Informationsaustauschs in allen Lebensbereichen. Es gibt kaum ein Medium, das nicht zumindest auch in digitaler Form vorliegt und damit ohne Weiteres der rasend schnellen Verbreitung über das Netz zugänglich ist. Hinzu kommt, das wesentlich mehr Leute an das Datennetz angeschlossen sind und die richtigen Ideen können sich in sekundenschnelle in den Köpfen der Menschen festsetzen. Zwischen diesen umfangreichen Nutzungsmöglichkeiten von Medien und dem angemessenen Schutzbedürfnis des Urhebers muss eine Balance gefunden werden.

Schrankenschutzbestimmungen werden daher ebenso unter die Lupe genommen, wie die Urheberpersönlichkeitsrechte selbst. Auch kann man sich die verschiedensten Szenarien vostellen, wie mit unserem geistigen Eigentum im Jahr 2035 umgegangen wird. Möglich wären demnach:

  • eine “Kulturflatrate” für Pauschalgebühren, bei der Kultur als öffentliches Gut angesehen wird und die Produzenten aus einem global finanzierten Topf bezahlt werden,
  • eine “Pay-per-Use-Ökonomie”, in der gezahlt wird, was genutzt wird – Stichwort „Micropayments“.  Voraussertzung ist ein zentrales Register bei dem jeder angemeldet sein müsste,
  • oder aber eine Variante der “Open-Source”-Industrie. Hierbei soll alles frei zugänglich sein und der Urheber könne sich nur Reputation verschaffen um daraus z.B. im Wege von Diensleistungen Kapital zu schlagen. Dies beruht auf der Annahme, das ein Schutz der Inhalte der Volkswirtschaft mehr schade, als es dem Einzelnen nützt.

Aber kommt uns das letzte Modell nicht bekannt vor? Ist es nicht eigentlich ein Schritt rückwärts zu dem alten Gedanken, dass es eine Ehre ist, wenn die eigenen Werke von anderen genutzt werden? Ist vielleicht dieser Schritt rückwärts notwendig, um vorwärts zu gehen?
Vielleicht ist einer der Szenarien der richtige Ansatz, vielleicht gibt es aber auch eine Mischung aus allem oder etwas woran wir garnicht denken.

Am Ende bleibt die Frage: Quo vadis?

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