LG Düsseldorf, Urteil vom 15. November 2013, Az. 12 O 483/10

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägerinnen auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der jeweils beizutreibenden Forderung.

Tatbestand

Die Klägerinnen sind die Töchter des am 24.09.1971 verstorbenen D, der neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Finanzbeamter eine Vielzahl von Fotografien gefertigt hat, die Lokomotiven zeigen. D ist von seiner zweiten Ehefrau B (im Folgenden auch: Witwe C), der Stiefmutter der Klägerinnen, beerbt worden. Die Klägerinnen sind ausweislich der von ihnen eingereichten Anlage K 20 Erbinnen der am 19.03.2010 verstorbenen Witwe C.

Die Beklagte betreibt das Verlagsgeschäft. Sie vervielfältigt und verbreitet seit etwa Februar 2010 den Bildband „EISENBAHN IN DEUTSCHLAND — VON DEN 30ER BIS ZU DEN SPÄTEN 50ER JAHREN — Seltene Bilder aus dem Archiv D“ unter der J. In dem Bildband finden sich die aus dem Klageantrag ersichtlichen 134 (die Klägerinnen gehen aufgrund der doppelten Zählung des Bildes 121 von 133 aus) Fotografien, von denen die Klägerinnen behaupten, sie seien von ihrem Vater gefertigt worden.

Der Vater der Klägerinnen unterhielt in der Familienwohnung ein Archiv der von ihm gefertigten Fotografien sowie weiterer Fotografien anderer Fotografen. Das Archiv bestand aus Glasplatten-Negativen, von denen der Vater der Klägerin Musterabzüge als Sicherheitskopien und Mustersammlung gefertigt hatte. Auf Anfrage von Interessenten wurden von den Glasplatten Originalabzüge gefertigt und kommerziell veräußert. Nach den der Vater der Klägerinnen von der Witwe C beerbt worden war, kümmerte diese sich um den Bestand des Archivs.

Mit dem aus Anlage B4 ersichtlichen undatierten Vertrag veräußerte die Witwe C, die sich aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters mit der Verwaltung des Archivs und der darauf bezogenen Anfragen überfordert fühlte, das gesamte Archiv zum 01.01.1981 an die F. In dem Vertrag heißt es unter anderem:

„2) Übernommen werden alle vorhandenen Platten, Negative, Abzüge, Vergrößerungen, Bildverzeichnisse, die Mustersammlung einschließlich allen Zubehörs des Archives. […]

6) Mit der Übergabe des Archives gehen alle Rechte nach dem Urheber- und dem Verlagsrecht am Archiv oder einen Teil hiervon auf die F2 über. […]

9) Die F2 verpflichtet sich, einen Übernahmepreis von 50.000 DM bei Übergabe zu zahlen. […]

Die F2 verpflichtet sich ferner, im Andenken an die Lebensaufgabe von D, Eisenbahnfreunden Lichtbilder zu Sammelzwecken zu marktüblichen Preisen zu überlassen sowie das Archiv als Ganzes zu pflegen und zu erhalten. Im Falle einer weiteren Veräußerung übernimmt die F2 die Verpflichtung, die Bildsammlung nicht an die DB oder andere öffentl. Stellen und Institutionen zu überlassen.“

Mit dem aus Anlage B3 ersichtlichen Vertrag vom 09.07.1989 veräußerte die F das Bildarchiv an Frau C2. Die F wurde am 21.10.1999 aus dem Handelsregister gelöscht, nachdem das Amtsgericht Freiburg i. Br. am 30.09.1997 die Konkurseröffnung mangels Konkursmasse abgelehnt hatte. Frau C2 übertrug die Nutzungsrechte an den Bildern in der Folgezeit auf die am 10.05.1997 gegründete und zunächst im Handelsregister des Amtsgerichts Hamburg eingetragene F4, deren Sitz im Jahr 2003 nach Freiburg i. Br. verlegt wurde.

Im Testament der Witwe C vom 28.04.2004 hat diese unter anderem Testamentsvollstreckung angeordnet. Auszugsweise heißt es im Testament:

„Aufgabe des Testamentsvollstreckers ist es, den Nachlass in Besitz zu nehmen und unter den Erben auseinanderzusetzen.

[…]

Zum Testamentsvollstrecker ernenne ich [die Klägerin zu 1 …]“

Mit Schreiben vom 19.04.2006 wandte sich die Klägerin zu 1 an die F4 und unterbreitete dieser darin das Angebot, die Plattensammlung ihres Vaters für 15.000 EUR zu kaufen.

Nachdem die Klägerinnen auf den streitgegenständlichen Bildband aufmerksam geworden waren, ließen sie die Beklagte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 04.08.2010 abmahnen und zur Unterlassung auffordern (Anlage K 14). Die Beklagte lehnte die Forderungen der Klägerinnen durch Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24.08.2010 (Anlage K 15) ab. In der folgenden Korrespondenz forderten die Klägerinnen die Beklagte mit Schreiben vom 28.09.2010 (Anlage K 18) zur Zahlung von Schadenersatz auf. Hierauf reagierte die Beklagte nicht.

Die Klägerinnen haben die ursprünglich von ihnen bestrittenen Übertragungsvorgänge nach Vorlage der Anlagen in tatsächlicher Hinsicht nicht weiter bestritten, sind aber der Auffassung, diese seien rechtlich unwirksam, da es der Einwilligung des Urhebers bzw. seiner Rechtsnachfolger bedurft hätte. Sie sind der Auffassung, die Rechte an den Fotografien seien bei der F verblieben und durch den Konkurs an ihre Stiefmutter zurückgefallen. Darüber hinaus haben sie zuletzt die Auffassung vertreten, als Erbinnen des Schöpfers der Fotografien, die sie als Lichtbildwerke ansehen, seien sie stets aktivlegitimiert. Auch verletze die Beklagte Urheberpersönlichkeitsrechte, zum einen indem sie die Urheberschaft des D an den streitgegenständlichen Fotografien und damit sein Recht auf Anerkennung der Urheberschaft in Abrede stelle, zum anderen, indem sie unveröffentlichte Werke im streitgegenständlichen Bildband veröffentlicht und insoweit in das dem Urheber ausschließlich zustehende Recht der ersten Veröffentlichung eingegriffen habe.

Die Klägerinnen behaupten, Herr T habe ein umfangreiches Konvolut von Fotografien ihres Vaters über Jahre hinweg aus anderen Quellen zusammengetragen. Eine Veräußerung der Bilder und Übertragung von Rechten an ihn durch die Witwe C sei nicht erfolgt.

Die Klägerinnen sind der Ansicht, die urheberrechtliche Schutzfrist für die streitgegenständlichen Fotografien sei noch nicht abgelaufen. Selbst wenn man diese entgegen ihrer Einschätzung als einfache Lichtbilder ansähe, handele es sich jedenfalls um Dokumente der Zeitgeschichte, für die die Schutzdauer noch nicht abgelaufen sei.

Die Klägerinnen beantragen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft, oder bei Meidung einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an einem der Geschäftsführer der Beklagten, gem. § 890 ZPO, die Lichtbildwerke des D — schwarz-weiß-Aufnahmen, die vorwiegend Eisenbahnen und Lokomotiven — aber auch andere Motive – zeigen, wie nachfolgend im Einzelnen wiedergegeben,

ohne die Zustimmung der Klägerinnen in Druckschriften zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten, und/oder diese Handlungen durch Dritte ausführen zu lassen, wie es durch die Beklagte insbesondere unter der ISBN-Nr. J verlegten Druckschrift mit dem Titel „Eisenbahnen in Deutschland — von den 30er bis zu späten 50er Jahren — Seltene Bilder aus dem Archiv D“ erfolgte.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägerinnen Auskunft zu erteilen, und zwar über die Anzahl der hergestellten, verbreiteten und sich auf Lager befindenden Druckschriften mit dem Titel „Eisenbahnen in Deutschland — von den 30er bis zu späten 50er Jahren — Seltene Bilder aus dem Archiv D“ – ISBN-Nr. J sowie deren Abgabepreise und Rechnung zu legen über den mit diesen Druckschriften erzielten Gewinn.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte den Klägerinnen Schadenersatz, der wie er sich anhand der Auskunft und Rechnungslegung gern. Ziff. 2 ergibt, zu bezahlen hat, hilfsweise die ungerechtfertigte Bereicherung, wie sich anhand der Auskunft und Rechnungslegung gern. Ziff. 2 ergibt, herauszugeben.

4. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägerinnen Auskunft zu erteilen über die herkunft der unter Ziff. 1 genannten Lichtbildwerke sowie den Vertriebsweg der Druckschrift „Eisenbahnen in Deutschland — von den 30er bis zu späten 50er Jahren — Seltene Bilder aus dem Archiv D“ – ISBN-Nr. J, durch Vorlage eines vollständigen Verzeichnisses über:

a. Name und Anschrift aller Lieferanten und Vorbesitzer der unter Ziff.l. genannten Lichtbildwerke;

b. Name und Anschrift aller gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen der Druckschrift „Eisenbahnen in Deutschland — von den 30er bis zu späten 50er Jahren — Seltene Bilder aus dem Archiv D“ – ISBN-Nr. J;

c. Menge der hergestellten, ausgelieferten und bestellten Druckschriften „Eisenbahnen in Deutschland — von den 30er bis zu späten 50er Jahren — Seltene Bilder aus dem Archiv D“ – ISBN-Nr. J sowie Preise, die für diese Druckschrift bezahlt wurden;

5. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägerinnen Auskunft zu erteilen – untergliedert nach direkt zurechenbaren Kosten (Personal-, Material-, Betriebskosten) und indirekt zurechenbaren Kosten unter Abgabe der Grundlage der Zurechnungsschlüssel – über die tatsächlichen Herstellungs-kosten der Druckschrift „Eisenbahnen in Deutschland — Von den 30er bis zu späten 50er Jahren — Seltene Bilder aus dem Archiv D“ – ISBN-Nr. J sowie in gleicher Form Auskunft zu erteilen über die Herstellungskosten der zur Herstellung der Druckschrift erforderlichen Vorrichtungen, insbesondere Druckstöcke und Lithos.

6. Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche in ihrem Besitz befindlichen Druckschriften „Eisenbahnen in Deutschland — von den 30er bis zu späten 50er Jahren — Seltene Bilder aus dem Archiv D“ – ISBN-Nr. J zu vernichten.

Die Beklagte behauptet, sie habe die Rechte zur Vervielfältigung und Verbreitung der in dem Lichtbildband abgedruckten Fotografien von dem im Eisenbahnverlagswesen unter anderem für den F3 als Redakteur tätigen Wolfgang T erworben, der mehrere tausend Originalabzüge von der Witwe C erworben habe. Zwischen der Witwe C und Herrn T sei dabei vereinbart gewesen, dass Herr T berechtigt sein solle, die Originalabzüge kommerziell zu verwerten, insbesondere diese in Publikationen zu veröffentlichen. Zu diesem Zweck sei er kraft ausdrücklicher Vereinbarung auch dazu berechtigt gewesen, die ihm eingeräumten Rechte an Dritte zu übertragen. All dies habe sich in dem gegenüber „einfachen Abzügen“ deutlich höheren Kaufpreis niedergeschlagen. Herr T habe die Bilder mitsamt allen daran bestehenden Rechten unter dem 02.11.2009 auf die Eisenbahnstiftung K übertragen, die wiederum der Beklagten das Recht eingeräumt habe, die Bilder in dem streitgegenständlichen Bildband zu veröffentlichen. Entsprechend der Übung in der Branche sei ein Einvernehmen mit dem F3 herbeigeführt worden, der keine Bedenken gegen die Veröffentlichung des Bildbandes erhoben habe. Überdies seien die Aufnahmen mittlerweile gemeinfrei.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist in der Sache unbegründet. Die Klägerinnen sind bezüglich der geltend gemachten Ansprüche nicht aktivlegitimiert.

Der Aktivlegitimation der Klägerin zu 2 steht nicht bereits die Anordnung der Testamentsvollstreckung durch die Witwe C entgegen. Gemäß § 28 Abs. 2 UrhG kann der Urheber durch letztwillige Verfügung die Ausübung des Urheberrechts einem Testamentsvollstrecker übertragen. Diese Regelung gilt auch zu Gunsten des Rechtsnachfolgers nach einem bereits erfolgten Erbgang (Block in: Wandtke/ Bullinger, Urheberrecht, 3. Auflage 2009, § 28 UrhG Rn 27; Schricker/ Loewenheim in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Auflage 2010, § 28 UrhG Rn 15; Nordemann in: Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Auflage 2008, § 28 UrhG Rn 14).) und würde im Rahmen der Reichweite der Verwaltungsbefugnis allein diesen zur Geltendmachung von Ansprüchen berechtigen (Schricker/Loewenheim aaO. Rn 14). Die angeordnete Testamentsvollstreckung bezieht sich indes nicht auf die Wahrnehmung urheberrechtlicher Befugnisse. Die Witwe C hat insoweit eine Beschränkung der Befugnisse des Testamentsvollstreckers in zulässiger Weise dahingehend vorgenommen, dass nur der Nachlass in Besitz zu nehmen und gemäß § 2204 BGB unter den Erben auseinander zu setzen ist. Das Schweigen des Testaments zur Ausübung des Urheberrechts ist dahingehend auszulegen, dass dem Testamentsvollstrecker diesbezüglich keine Rechtsmacht eingeräumt werden sollte.

Die Klägerinnen sind auch nicht als Erbinnen der Witwe C aktivlegitimiert. Nachdem die Klägerinnen ihr ursprüngliches Bestreiten einer Übertragung des Archivs ihres Vaters durch die F vor deren Konkurs auf eine dritte Person in tatsächlicher Hinsicht nach Vorlage des Vertrages mit der Witwe C nicht mehr bestritten haben, ist ein Heimfall der Urheberrechte bzw. verwandten Schutzrechte an die Witwe C nicht eingetreten mit der Folge, dass diese nicht zum Nachlass der Witwe C gehörten und durch den Erbfall nicht auf die Klägerinnen übergehen konnten.

Die Übertragung der Rechte an dem Archiv durch die Witwe C auf die F war nicht wegen Fehlens der Zustimmung des Urhebers unwirksam. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 UrhG kann ein Nutzungsrecht nur mit Zustimmung des Urhebers übertragen werden. Nach Satz 2 der Vorschrift darf der Urheber die Zustimmung nicht wider Treu und Glauben verweigern. Eine davon abweichende Vereinbarung kann zwischen den Parteien ausdrücklich oder stillschweigend getroffen werden. Bei Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung ist insbesondere anhand des Vertragszwecks und des Charakters des Werkes auszulegen, was die Parteien gewollt haben.

Danach ist hier festzustellen, dass zwischen der Witwe C und der F vereinbart war, dass es einer Zustimmung zur Übertragung nicht bedurfte. Bereits der Gegenstand des Vertrages, nämlich ein ganzes Archiv von über 30.000 Eisenbahn-Fotografien, und der Anlass der Veräußerung, d.h. die Überforderung der Witwe C mit dem mit der Pflege und Verwaltung des umfangreichen Archivs verbundenen Aufwands, sowie der mit der Veräußerung verbundene dem letzten Absatz des Vertrages ausdrücklich festgehaltene Zweck, im Andenken an die Lebensaufgabe von D Eisenbahnfreunden Lichtbilder zu Sammelzwecken zu marktüblichen Preisen zu überlassen sowie das Archiv als Ganzes zu pflegen und zu erhalten, indizieren eine solche Auslegung. Bestätigt wird dies darüber hinaus durch die vereinbarte Gegenleistung in Gestalt eines einmaligen Kaufpreises.

Darüber hinaus ist eine Veräußerung des gesamten Archivs ebenfalls bereits im Vertrag angelegt. Indem im letzten Satz des Vertrages für den Fall einer weiteren Veräußerung der F die Verpflichtung auferlegt wird, die Bildsammlung nicht an die DB oder andere öffentliche Stellen und Institutionen zu überlassen, wird deutlich, dass die Parteien eine Veräußerung bereits im Betracht gezogen haben. Auch wenn es an einer ausdrücklichen Vereinbarung hinsichtlich des Zustimmungsbedürfnisses fehlt, ergibt sich aus der Vereinbarung mit hinreichender Deutlichkeit, dass nach dem Willen der Parteien eine solche Zustimmung nicht erforderlich sein sollte. Der Umstand, dass die F sicherzustellen hatte, dass die Bildsammlung nicht an die DB oder andere öffentliche Stellen und Institutionen überlassen werden sollte, macht das Fehlen der Zustimmung Bedürfnis deutlich; hätte es dem Willen der Parteien entsprochen, dass es in Übereinstimmung mit dem gesetzlichen Leitbild einer Zustimmung bedurft hätte, hätte sie in der Hand des Veräußerers gelegen, seine Zustimmung daran auszurichten, an wen das Archiv überlassen werden sollte. Der Verpflichtung, sicherzustellen, dass die Überlassung nicht an die DB oder andere öffentliche Stellen und Institutionen erfolgt, bedurfte es mithin nur, wenn diese Überlassung nach dem Willen der Parteien ohne Kenntnis der Witwe C bzw. eventueller Rechtsnachfolger erfolgen können sollte. Ohne Kenntnis des Übertragungsvorganges konnte es indes auch keiner Zustimmung bedürfen, da mit dem Einholen der Zustimmung der Witwe C bzw. eventuellen Rechtsnachfolgern die Kenntnis vom Übertragungsvorgang vermittelt worden wäre.

Die Klägerinnen sind auch nicht aufgrund ihrer Stellung als Erbinnen der Witwe C, die ihrerseits den Vater der Klägerinnen beerbt hat, aktivlegitimiert. Es kann zu Gunsten der Klägerinnen unterstellt werden, dass ihr verstorbener Vater Urheber bzw. Lichtbildner der streitgegenständlichen Fotografien war. Eine Aktivlegitimation als Erbinnen der Erbin des Urhebers vermag die Kammer nicht grundsätzlich anzunehmen; vielmehr hält die Kammer auch in Ansehung der nach der mündlichen Verhandlung gemachten Rechtsausführungen der Klägerinnen an der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung fest, dass die Aktivlegitimation des Rechtsnachfolgers des Urhebers, über dessen Rechte zuvor verfügt worden ist, ein schutzwürdiges Interesse des Anspruchstellers voraussetzt. Dies gilt auch für Unterlassungsansprüche; selbst unter Berücksichtigung der von der Kammer geteilten Ansicht, dass ein schutzwürdiges Interesse bei Unterlassungsansprüchen eher anzunehmen ist (Reber in: Beck’scher Online-Kommentar Urheberrecht, Stand: 01.09.2013, § 97 UrhG Rn 25), als bei Schadenersatzansprüchen, ist keine Aktivlegitimation der Klägerin gegeben, denn ein solches Interesse ist von den Klägerinnen weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Soweit die Klägerinnen sich darauf berufen, aufgrund des immerwährenden Bandes des Urhebers zu seinem Werk sei dieser und nach dessen Ableben seine Rechtsnachfolger auch dann stets aktivlegitimiert, wenn die übertragbaren Rechte an dem Werk einem Dritten eingeräumt worden sind, teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Der Fall, dass wegen teilweise beim Urheber verbliebener Rechte ein solches schutzwürdiges Interesse ohne weiteres zu bejahen wäre (BGH GRUR 1960, 251 [252] – Mecki Igel II), liegt hier bereits nicht vor; mit der Übertragung des Archivs seitens der Witwe C an die F ist eine umfassende Übertragung ausschließlicher Rechte an diese erfolgt.

Neben der bereits erwähnten Konstellation, dass dem Urheber einzelne Nutzungsarten verblieben sind, kommt eine Aktivlegitimation aufgrund eines eigenen schutzwürdigen Interesses des Urhebers dann in Betracht, wenn ihm aus der Lizenzvergabe fortdauernde materielle Vorteile erwachsen, bei Überlassung der ausschließlichen Verwertung seines Rechts an einen Dritten, sofern er sich eine fortdauernde Teilhabe an deren wirtschaftlichem Erfolg vorbehalten hat (BGH GRUR 1992, 697 [698f.] – ALF), oder im Hinblick auf urheberpersönlichkeitsrechtliche Ansprüche (Dreier in: Dreier/Schulze, UrhG, 4. Auflage 2013, § 97 UrhG Rn 19; Reber aaO., jeweils m. w. N.). Schließlich kommt es auch in Betracht, wenn sich der Lizenznehmer nicht um die Rechtsverfolgung und damit den Schutz der ihm eingeräumten bzw. abgetretenen Rechte kümmert (Dreier aaO.).

Ein schutzwürdiges eigenes Interesse der Klägerinnen ist danach nicht zu erkennen. Aufgrund der Übertragung aller Rechte gegen eine Einmalzahlung sind materielle Interessen der Klägerinnen nicht zu erkennen. Ebenso wenig haben die Klägerinnen dargelegt, dass die F4, deren Rechteinhaberschaft nicht nur wie bereits erörtert festzustellen ist, sondern die auch von der Klägerin zu 1 ausweislich ihres Schreibens vom 19.04.2006 lange vor Klageerhebung als Rechtsinhaberin angesehen wurde, sich nicht um die Rechtsverfolgung kümmert. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Veröffentlichung hat die Beklagte, unabhängig davon, dass eine Rechtsverletzung nicht festzustellen ist, vorgetragen, sich mit dieser vor der Veröffentlichung ins Benehmen gesetzt zu haben, ohne dass Einwände seitens der F4 erhoben wurden.

Der von den Klägerinnen vertretenen Auffassung aufgrund obergerichtlicher Entscheidungen (insb. OLG München, GRUR 2005, 1038 – Hundertwasser-Haus II) sei der Urheber aufgrund seines immerwährenden Bandes zum Werk stets aktivlegitimiert, vermag die Kammer angesichts der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu folgen.

Soweit die Klägerinnen sich auf die Verletzung von Urheberpersönlichkeitsrechten berufen haben, stehen ihnen keine Ansprüche gegen die Beklagte zu. Die Behauptung, die Beklagte verletze die Urheberpersönlichkeitsrechte, indem sie die Urheberschaft des D an den streitgegenständlichen Fotografien und damit sein Recht auf Anerkennung der Urheberschaft in Abrede stelle, bezieht sich ersichtlich nicht auf die streitgegenständliche Veröffentlichung. Diese trägt bereits den Untertitel „Seltene Bilder aus dem Archiv D“. Wie sich aus dem in Bild 4 des Antrags eingeblendeten Text ergibt, ist auch innerhalb des Bildbandes der Bezug zu D hergestellt worden. Dort heißt es: „Wer war eigentlich D? Jener Mann, der sich mit seinem Bildarchiv ein Denkmal setzte, ein Lebenswerk schuf, das seinen Namen unvergessen macht. In der Eisenbahn-Fotografie setzte er Maßstäbe. Wie kein anderer hat er mit ungeheurer Akribie und Zielstrebigkeit die große Zeit der Eisenbahn in einmaligen Bildern dokumentiert. Der Eisenbahn-Landschaft Fotografie seinen unverkennbaren Stempel aufgedrückt.“ Die Klägerinnen selbst haben im Schriftsatz zum 17.05.2011 vertreten, dass die Beklagte mit dem Untertitel zu erkennen gebe, dass sie selbst keine Zweifel an der Urheberschaft des D der im Bildband abgebildeten Aufnahmen habe. Sie haben darüber hinaus Bezug genommen auf den Buchrückentext des streitgegenständlichen Bildbandes, den sie wie folgt wiedergegeben haben: „Ein Perfektionist hinter der Plattenkamera, der in seiner unermüdlichen Leidenschaft und Schaffenskraft einen einmaligen Bildfundus schuf. Sein Leben war die Eisenbahnfotografie, der er alles unterordnete – bis zu seinem Tod in Wuppertal im Jahre 1971.“ Der im Rechtsstreit vorgebrachte Einwand der Beklagten, in das Archiv seien auch Bilder anderer Fotografen aufgenommen worden, ist eine zulässige Rechtsverteidigung, die Ansprüche aus § 13 UrhG nicht begründet, zumal diese sich auch nicht aus der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Bildbandes selbst ergäben und die Klägerinnen sich diesbezüglich ausdrücklich eine Klageerweiterung vorbehalten haben. Auch soweit die Klägerinnen vertreten haben, die Beklagte verletze die Urheberpersönlichkeitsrechte, indem sie unveröffentlichte Werke im streitgegenständlichen Bildband veröffentlicht und insoweit in das dem Urheber ausschließlich zustehende Recht der ersten Veröffentlichung eingegriffen habe, ist dies nicht begründet. Ausweislich des – nach dem vorstehend Erörterten: wirksamen – Vertrages zwischen der Witwe C und der F sind auf die Erwerberin alle Rechte nach dem Urheber- und dem Verlagsrecht am Archiv oder an Teilen davon übertragen worden; dies umfasst zwanglos auch das Recht zur Veröffentlichung.

Ansprüche auf Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz, Auskunft und Vernichtung kommen erst recht nicht in Betracht, da materielle Interessen der Klägerinnen nicht gerechtfertigt sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 ZPO.

Streitwert: Bis 70.000,00 EUR entsprechend der vorprozessualen Angabe der Klägerinnen im Schreiben vom 28.09.2010 (Anlage K 18). Die mit Klageeinreichung gemachte Wertangabe von 30.620,00 EUR deckt lediglich den Schadensersatzanspruch ab, den die Klägerinnen im vorgenannten Schreiben vorprozessual in dieser Höhe beziffert haben.

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