Einsatz von Dashcams im Straßenverkehr unzulässig?

Bei Dashcams („dash“ = engl. f. Armaturenbrett) handelt es sich um kleine Kameras, die beispielsweise auf dem Armaturenbrett oder der Windschutzscheibe eines Fahrzeugs angebracht werden. Während der Fahrt zeichnen sie das gesamte Verkehrsgeschehen und damit auch andere Verkehrsteilnehmer auf. Die Fahrer erhoffen sich auf diese Weise regelmäßig die Erlangung eines Videobeweises, etwa für den Fall eines späteren Unfalls. Daraus ergibt sich folgendes Problem: Die betroffenen Verkehrsteilnehmer wissen zumeist nicht, dass sie gefilmt und ihre Daten (wie z.B. Auto-Kennzeichen) gespeichert werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich daher die Frage der rechtlichen Bewertung der Minikameras.

Eingriff durch Dashcams in das allgemeine Persönlichkeitsrecht

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst auch das Recht am eigenen Bild und somit die Möglichkeit, sich sowohl in der Privatsphäre als auch in der Öffentlichkeit frei zu bewegen. Dies ohne befürchten zu müssen, ohne eigene Kenntnis oder Zustimmung von einer Viedoaufnahme erfasst und aufgezeichnet zu werden (Balzer/Nugel NJW 2014, 1622). Mit Dashcams gemachte Videoaufnahmen ohne Einwilligung können somit grundsätzlich einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der anderen Verkehrsteilnehmer darstellen. Ob ein solcher Eingriff ggf. gerechtfertigt ist, hängt von der Prüfung seiner Verhältnismäßigkeit ab. Hierbei sind die widerstreitenden Interessen aller Beteiligten miteinander abzuwägen.

Wann ist eine Speicherung erforderlich?

Werden die Kameras mit dem Zweck der Erlangung eines möglichen Videobeweises im Falle eines Verkehrsunfalls gemacht, stellt sich die Frage, ob eine Aufzeichnung während der gesamten Fahrt erforderlich ist. So wird vertreten, dass nur die Speicherung von Aufnahmen im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis erforderlich ist. Bei derart eingegrenzten Aufnahmen kann das Interesse der anderen Unfallbeteiligten an der Aufklärung des Unfallgeschehens den kurzfristigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht überwiegen (Balzer/Nugel NJW 2014, 1622, 1627).

Das generelle Aufnehmen des Verhaltens anderer Verkehrsteilnehmer während der gesamte Fahrt sei jedoch viel eingriffsintensiver. Auch nach Auffassung des Düsseldorfer Kreises werden bei permanenten Aufzeichnungen die anderen Verkehrsteilnehmer zum Objekt einer Videoüberwachung gemacht. Dies stelle sie ohne Anlass unter einen Generalverdacht, dem sie sich nicht entziehen können (Beschluss vom 25./26.02.2014). Die Interessen der anderen Verkehrsteilnehmer dürften dann überwiegen, sodass ein Eingriff nicht gerechtfertigt wäre.

Vereinbarkeit mit dem Datenschutz

Aufnahmen aus dem Einsatz einer Dashcam unterfallen grundsätzlich dem Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) (Balzer/Nugel NJW 2014, 1622, 1625). Nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 BDSG ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit Videoüberwachung nur zulässig, wenn sie für einen konkreten Zweck erforderlich ist und keine schutzwürdigen Interessen Dritter überwiegen.

Diese schutzwürdigen Interessen dürften überwiegen, sofern der Hauptzweck der Aufnahmen in der Dokumentation eines möglichen Unfallhergangs besteht. Das Interesse des Autofahrers, für den eher theoretischen Fall eines Verkehrsunfalls Videoaufnahmen als Beweismittel zu Verfügung zu haben, könne den gravierenden Eingriff durch die permanente Aufzeichnung von Aufnahmen in das Persönlichkeitsrecht der Verkehrsteilnehmer nicht rechtfertigen (Beschluss des Düsseldorfer Kreises vom 25./26.02.2014).

Auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Ansbach (Urt. v. 12.08.2014, Az.: 4 K 13.01634) soll der Einsatz der Minikameras zu diesem Zweck datenschutzrechtlich unzulässig sein, wenn das Verkehrsgeschehen permanent gefilmt wird. Die Interessen der heimlich gefilmten Personen würde im Rahmen einer Abwägung überwiegen.

Verwertbarkeit der Aufnahmen im Zivilprozess

Da die Verwender die Minikameras sich in der Regel die Erlangung eines Videobeweises im Falle einer verkehrsrechtlichen Auseinandersetzung erhoffen, stellt sich die Frage, ob das gewonnene Videomaterial vor Gericht überhaupt als Beweismittel zulässig ist.

Selbst wenn die Erstellung der Aufnahmen als rechtswidrig zu qualifizieren ist, muss dies nicht zwingend zu einer Unverwertbarkeit führen (Bacher in: BeckOK ZPO, § 284 Rn. 22.2). Da die gespeicherten Videoaufnahmen aus dem Einsatz einer Dashcam in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreifen oder aus datenschutzrechtlichen Gründen unzulässig sein können, sind sie im Zivilprozess aber wohl nur in engen Ausnahmefällen verwertbar. Dies auch nur, soweit den Grundsätzen der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen wird (vgl. auch Balzer/Nugel NJW 2014, 1622, 1627).

In der Rechtsprechung wurde die Frage der zivilprozessualen Verwertbarkeit bislang uneinheitlich beantwortet: So hat das Amtsgericht München in einer Entscheidung (Urt. v. 06.06.2013, Az.: 343 C 4445/13) die Verwertung einer durch einen Fahrradfahrer mit einer Helmkamera selbst aufgenommenen Videoaufzeichnung für zulässig erachtet. Nach Auffassung des Gerichts stellen die Aufnahmen kein Eingriff in ein fremdes Grundrecht dar, da die Situation mit der Aufnahme von Urlaubsbildern vergleichbar wäre. Zu der Zeit, als das Video aufgenommen wurde, verfolgte der Aufnehmende damit allerdings auch noch keinen bestimmten Zweck, sodass die Aufnahmen hier als verhältnismäßig anzusehen waren.

In einem anderen Fall hat dasselbe Gericht (Beschl. v. 13.08.2014, Az.: 345 C 5551/14) die Auffassung vertreten, dass die von einer in einem Pkw installierten Dashcam gemachten Aufnahmen im Zivilprozess nicht als Beweismittel verwertbar seien. Der Verwendung stünden Bestimmungen des Datenschutzes und des Kunsturhebergesetzes entgegenstehen.

Zudem sollten die Verwender der Dashcams folgendes beachten: Es besteht die Möglichkeit, dass das von ihm mit der Kamera erlangte Beweismaterial in einem Prozess auch gegen ihn verwendet werden kann. So geschehen jedenfalls in der o.g. Entscheidung vom Amtsgericht München (Urt. v. 06.06.2013, Az.: 343 C 4445/13). Die Beweisaufnahme hatte nämlich ergeben, dass der Verwender der Kamera den aufgenommenen Unfall überwiegend selbst verschuldet hatte.

Konkrete Regelung erforderlich

Ob die Verwendung von Dashcams in Deutschland zulässig ist, ist bislang noch nicht abschließend geklärt. In der Rechtsprechung und Literatur ist dennoch eine Tendenz dahingehend zu erkennen, dass die Verwendung der Kameras mit dem Ziel einen Beweis zu erlangen – zumindest bei permanenter Aufzeichnung – wohl als unzulässig anzusehen ist. Ihr Einsatz kann jedenfalls zu erheblichen Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeits- und Datenschutzrechts führen. Dies kann wiederrum gegen eine Verwertbarkeit von den mit den Kameras gewonnenen Aufnahmen im Zivilprozess sprechen.

Die Verwendung der Minikameras zur gezielten Erlangung eines Videobeweises im Falle einer verkehrsrechtlichen Auseinandersetzung sollte daher bisweilen mit äußerster Vorsicht zu genießen sein. Zulässig könnte der Einsatz der Kameras hingegen für ausschließlich private Zwecke sein, jedenfalls solange die Aufzeichnungen nicht veröffentlicht werden. Um eine eindeutige Rechtslage zu schaffen, wäre eine konkrete gesetzliche Regelung durchaus wünschenswert. Dies fordert zumindest auch der Deutsche Anwaltverein (DAV): Es müsse einheitlich geregelt werden, welche Daten wann, wo und wie lange gespeichert werden und an wen sie weitergeleitet werden dürfen.

Kleiner Exkurs: Rechtliche Situation im EU-Ausland

Auch im europäischen Ausland fehlen bislang konkrete gesetzliche Regelungen zu der Verwendung von Dashcams. Laut ADAC ist ihr Einsatz derzeit jedoch in folgenden Ländern unproblematisch: Bosnien-Herzegowina, Dänemark, Großbritannien, Italien, Malta, Niederlande, Norwegen (für den privaten Gebrauch), Frankreich (solange keine Sichtbehinderung gegeben ist), Serbien und Spanien.

In Belgien, Luxemburg, Portugal, Schweden und der Schweiz wird hingegen von der Verwendung abgeraten, da dort erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken bestehen. Auch in Österreich ist das Anbringen einer Minikamera im Auto ohne Genehmigung verboten. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass kurzfristige Änderungen der Rechtslage in den einzelnen Ländern möglich sind, da sich die Diskussion in vielen Ländern noch im Anfangsstadium befindet.

Hinweis: Nach Veröffentlichung dieses Beitrags sind weitere Entscheidung zu dem Thema ergangen, die wir u.a. an dieser Stelle darstellen.

(Bild: © pondchao – Fotolia.com)

3 Gedanken zu „Einsatz von Dashcams im Straßenverkehr unzulässig?“

  1. „Werden die Kameras mit dem Zweck der Erlangung eines möglichen Videobeweises im Falle eines Verkehrsunfalls gemacht, stellt sich die Frage, ob eine Aufzeichnung während der gesamten Fahrt erforderlich ist.“
    Aha, es gibt also schon Cam´s die vorrauschauend einen Unfall erkennen können und diese kurz vor der Kollision einschalten? Ich Bitte um Herstellerangaben und Modellbezeichnung, so ein Ding brauche Ich.

    Warum gilt mein Persönlichkeitsrecht nicht, wenn Ich über innerstädtische Plätze oder Kreuzungen gehe, die Permanent überwacht werden?

    Wieso durfte Google Streetview überhaupt durch deutsche Städte fahren und Strassen, Plätze und Personen ins Netz stellen?

    Die DashCam zeichnet auf, was jeder Autofahrer, jeder Fußgänger im öffentlichem Raum sieht. Es ist nicht verboten, sich Autokennzeichen zu merken oder aufzuschreiben oder zu fotografieren oder in ein Diktiergerät zu plappern. Das „Böse“ ist das bewegte Bild!

    Herr, schmeiß Hirn über Datenschützer, Gesetzgebere und Richter!

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  2. Ich bin auch für den erlaubten Einsatz der Dash-Cam, solange die Filme nicht öffentlich gemacht werden.
    Es gilt noch immer die Panoramafreiheit. Darauf hat sich wohl auch Google berufen. Aber die Großen mach einfach, siehe Über. Zumal die Filme ja üblicherweise überspielt werden bei Neuaufnahmen. Die Speicherung ist nicht beabsichtigt.
    Interessant auch die Web-Cams, die so in der Stadt hängen. Manche kann ich sogar von meinem Rechner aus steuern.
    Lustiges Beispiel: http://www.luminaden.de/webcam-leverkusen.php

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  3. Es stellt sich mir die Frage nach der Anwendung von Paragraf § 23 KuG Abs. 2: „Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen“ sind ohne Zustimmung der Abgebildeten veröffentlichbar. Das müsste bei einer Dashcam Aufnahme doch der Fall sein? Für den Rest der Aufnahme müsste ja die sog. Panoramafreiheit (§ 59 UrhG) gelten.

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