Das klagende Unternehmen erstellt und erwirbt Stadtkarten, um diese gegen Entgelt im Internet zu veröffentlichen. Es beauftragte einen Dienstleister, welcher die Karten überarbeiten sollte.
Die angestellten Mitarbeiter des Dienstleisters wurden von der Klägerin dazu aufgefordert die Bearbeitungsschritte im Einzelnen zu dokumentieren. Im Falle eines möglichen Gerichtsverfahrens sollen damit erforderliche Beweise über die Urheberschaft der Stadtkarten erbracht werden. Es wurden die Namen der jeweiligen arbeitenden Personen und die Arbeitszeiten für die entsprechenden Bearbeitungsvorgänge dokumentiert und anschließend von der Klägerin gespeichert.
Schriftliche Einwilligung lag vor
Die Einwilligung zur Datenverarbeitung wurde schriftlich festgehalten und von den Mitarbeitern unterschrieben. Die Datenschutzbehörde sah in diesem Vorgehen auf Grundlage des § 38 Abs. 5 S. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht und forderte die Klägerin per Bescheid dazu auf, die Daten zu löschen. Ihrer Ansicht nach sei die vertragliche Vereinbarung zur Rechteübertragung auf die Klägerin zur Beweisführung über die Urheberschaft ausreichend. Eine Speicherung sei somit nicht erforderlich und demnach rechtswidrig.
Eingriff in das Recht zur informationellen Selbstbestimmung
Das Gericht (Urteil vom 13.01.2014, Az.: 1 K 220.12) gab der Klage statt und hob den Bescheid der Datenschutzbehörde auf. Zwar sei die Speicherung der Daten durchaus ein Eingriff in das Recht zur informationellen Selbstbestimmung, jedoch sei dies legitim, da das Interesse der Klägerin an der Beweissicherung für einen eventuellen Prozess überwiege. Rechtsgrundlage sei § 28 Abs.1 S.1 Nr.2 BDSG:
„Das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke ist zulässig, soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt.“
Anonymisierte Dokumentation ist kein milderes Mittel
Die anonymisierte Dokumentation, die die Datenschutzbehörde als milderes Mittel vorgeschlagen hat, sei für die Wahrung berechtigter Interessen der Klägerin nicht ausreichend. Das Vorgehen der Klägerin sei vielmehr erforderlich um einen urheberrechlichen Anspruch vor den Zivilgerichten geltend zu machen. Ein anonymisierter Zuordnungsnachweis werde zur Beweisführung als unzureichend angesehen.
Es läge in der Entscheidungskompetenz des jeweiligen Zivilgerichtes, welche Art der Beweisführung als erforderlich angesehen werde, daher reiche es auch aus, wenn dies nur einzelne Zivilgerichte fordern. Auch die Speicherung der Daten bei dem Dienstanbieter sei kein gleich effektives Mittel zur Interessenswahrung der Klägerin. Auf die Einwilligungserklärungen der Mitarbeiter ist das Gericht nicht eingegangen. Zur Interessensabwägung wurde ausgeführt:
„Zwar wird durch die Speicherung der genannten Daten und ihrer Kundgabe im Rahmen gerichtlicher Verfahren in das Recht der informationellen Selbstbestimmung der Beschäftigten eingegriffen. Jedoch steht dem gegenüber, dass die Klägerin ihre durch Art. 14 GG geschützten Urheberrechte ohne diesen Eingriff nicht wahrnehmen und verteidigen könnte. Im Vergleich zu dieser erheblichen Rechtsbeeinträchtigung sind die von den Beschäftigten der M. erlittenen Rechtsverletzungen nur geringfügig und zumutbar. Die Preisgabe von Namen und der von ihnen durchgeführten Arbeitsschritte betrifft lediglich die Sozialsphäre der Betroffenen. Zudem ist nur ein überschaubarer Kreis von Personen betroffen und der Eingriff wird durch die o. g. konkrete Zweckbindung abgeschwächt. Die Daten werden auch nicht der allgemeinen Öffentlichkeit bekannt gemacht, sondern nur im Rahmen einzelner Gerichtsverhandlungen zum Beweis eines am Kartenmaterial konkret durchgeführten Bearbeitungsschrittes benutzt. Somit wird auch nur ein sehr umgrenzter Ausschnitt aus dem Leben der Betroffenen gespeichert und ggf. vor Gericht preisgegeben und keinesfalls ein Gesamtprofil der Arbeit erfasst.“
Datenspeicherung zur Beweismittelsicherung zulässig
Ein interessantes Urteil, dass es in dieser Form bisher noch nicht gab. Letztlich ist die Entscheidung nachvollziehbar, da die gespeicherten „Daten“ lediglich den Namen der arbeitenden Person und die Arbeitszeit beinhalten und sich der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter in Grenzen hält.
(Bild: © style-photography.de – Fotolia.com)
Bei anonymen Werken gelten lt. § 66 UrhG kürzere Schutzfristen als im Normalfall. Das Urheberrecht erlischt bereits 70 Jahre nach der Veröffentlichung bzw. bei Nichtveröffentlichung 70 Jahre nach der Herstellung und nicht erst wie bei bekanntem Urheber 70 Jahre nach dessen Tod. Wenn jetzt wie in manchen Branchen üblich der Name des Urhebers nicht auf den Vervielfältigungsstücken genannt ist und den nicht einmal der Verleger kennt und auch Rechtsnachfolger des Urhebers nicht mehr auffindbar sind, kann im Streitfall das Werk nur als anonym betrachtet werden.
Wie sieht es aber aus, wenn gem. § 10 Abs. 2 der Verleger auf den Vervielfältigungsstücken genannt ist und dieser den Namen des Urhebers kennt, gilt dann die lange Schutzfrist, auch wenn der Prozess, in dem der Verleger den Namen des Urhebers nennt und dessen Urheberschaft schlüssig beweist, erst 70 Jahre nach Veröffentlichung des Werks stattfindet?
Kurz gefragt, welche Auswirkung hat die branchenübliche Nichtnennung der Urheber auf die Schutzfristen?
MfG
Johannes
Hier habe ich selbst noch einen Hinweis gefunden:
Zitat aus „Urheberrecht“ SCHRICKER/LOEWENHEIM Dietz/Peukert 4. Auflage § 13 Rdnr 14: „Die Berufung auf Anerkennung der Urheberschaft nach der allgemeinen Vorschrift des S. 1 bleibt ihm (dem Urheber) auch bei Nichtanbringung der Urheberbezeichnung erhalten (einschränkend jedoch BGH GRUR 2007, 691/693 Staatsgeschenk, so. Rdnr 6). Dies gilt in besonderer Weise für die Fälle, in denen die Nichtanbringung im Hinblick auf bestehende Branchenübung oder aufgrund vertraglicher Vereinbarung unterblieb …“
Ich schließe daraus, dass durch das in vielen Branchen übliche Nichtanbringen der Urheberbezeichnungen insbesondere dann keine Schutzfristverkürzung eintritt, wenn sich die Namen der Urheber über die gem. § 10 Abs. 2 angegebenen Namen der Herausgeber bzw. Verleger ermitteln lassen, und hoffe das dies die richtige Antwort auf meine Frage ist.
Hallo
sorry für die späte Rückmeldung. Die Antwort stimmt :)
MfG S. Schletter