Mein Haus ist Kunst – und deines?

Die Klägerin sollte vier Mehrfamilienhäuser mit jeweils 6-12 Eigentumswohnungen in einem Neubaugebiet planen. Die Planungsleistungen wurden von einem Architekten der Klägerin durchgeführt. Mit der Errichtung eines der Häuser ist im August 2004 begonnen worden, die Bauarbeiten sind jedoch wegen Insolvenz eingestellt worden.

Das Bauprojekt wurde von einer Bank finanziert. Ein Tochterunternehmen dieser Bank hat sich über den Insolvenzverwalter die Pläne der Klägerin geschnappt und das Haus entsprechend dieser Entwürfe fertiggestellt. Die Klägerin sieht dadurch ihr Urheberrecht verletzt:

Sie meint, bei dem in ihrem Auftrag geplanten und entworfenen Objekt handle sich um ein Werk der Baukunst, das urheberrechtlichen Schutz genieße. Das Bauwerk rage deutlich aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens heraus. Als „Besonderheiten“ werden etwa Komposition von Erdgeschoss und erstem Obergeschoss, versetzte Pultdächer, Verwendung von Hochfenstern in Form von französischen Fenstern und Hohlräume der Balkonnischen.

Das Tochterunternehmen hält dagegen, dass es ein einfaches, ganz normales Wohnhaus sei, das keine besonderen gestalterischen Elemente aufweise und daher keinen urheberrechtlichen Schutz genieße.

Gerichte weisen Klage ab

Schon das Landgericht Mannheim (Urt. v. 22.06.2012, Az.: 7 O 410/11) hat die Klage abgewiesen. Das Haus erscheine in seinem Gesamtgepräge als ganz überwiegend funktional gestaltetes Mehrfamilienhaus, wie es in vergleichbarer Form in einer Fülle von Neubaugebieten zu finden sei.

Dem folgt schließlich auch das Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil v. 03.06.2013, Az.: 6 U 72/12). Zunächst einmal kann die Klägerin kein Urheber im Sinne des § 7 UrhG sein. Als Urheber kommt nur der bei der Klägerin angestellte und von ihr beauftragte Architekt in Betracht, von dem die als schutzfähig beanspruchte Planung stammt. Die Klägerin könne einzig als Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte Schadensersatzforderungen geltend machen.

Wohngebäude kein Werk der Baukunst

Das Wohngebäude ist kein Werk der Baukunst gem. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG. Weder die Gestaltung des Gebäudes als Ganzes noch einzelne Gestaltungselemente beruhen auf einer persönlichen geistigen Schöpfung i.S.v. § 2 Abs. 2 UrhG. Das Oberlandesgericht definiert, wann Häuser „Werke der Baukunst“ seien und es lohnt sich, dies einmal im Ganzen zu zitieren:

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG sind geschützte Werke auch Werke der Baukunst, soweit sie persönlich geistige Schöpfungen sind. Dabei sind Werke der Baukunst bereits als Entwürfe geschützt. Voraussetzung ist allerdings, dass die individuellen Züge, die das Bauwerk als persönlich geistige Schöpfung qualifizieren, bereits im Entwurf ihren Niederschlag gefunden haben. Auf die Art und Weise ihrer Darstellung im Entwurf, stellt die Klägerin zu Recht nicht ab. Maßgeblich ist daher die Schutzfähigkeit des im Plan dargestellten Bauwerks. Ist das auf den Plänen wiedergegebene und danach auszuführende Bauwerk schutzfähig, dann dürfen die Pläne nur mit Zustimmung des Urhebers ausgeführt werden. Denn die Ausführung eines Baus durch einen Anderen nach den Entwürfen des Urhebers ist urheberrechtlich als Vervielfältigung i.S. des § 16 UrhG zu werten und bedarf daher dessen Zustimmung.

Die für eine persönlich geistige Schöpfung notwendige Individualität erfordert, dass das Bauwerk nicht nur das Ergebnis eines rein handwerklichen oder routinemäßigen Schaffens darstellt, sondern dass es aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens herausragt. Dies beurteilt sich nach dem ästhetischen Eindruck, den das Bauwerk nach dem Durchschnittsurteil des für Kunst empfänglichen und mit Kunstdingen einigermaßen vertrauten Menschen vermittelt. […] Bei der Beurteilung dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden. Die Bejahung einer persönlichen geistigen Schöpfung und der dafür notwendigen Individualität setzt aber voraus, dass die Lösung über die Bewältigung einer fachgebundenen technischen Aufgabe durch Anwendung der einschlägigen technischen Lösungsmittel hinausgeht. Gestaltungen, die durch den Gebrauchszweck vorgegeben sind, können die Schutzfähigkeit nicht begründen; in der Verwendung allgemein bekannter, gemeinfreier Gestaltungselemente kann nur dann eine schutzfähige Leistung liegen, wenn durch sie eine besondere eigenschöpferische Wirkung und Gestaltung erzielt wird. Dabei wird eine aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens herausragende und damit urheberrechtlich schutzfähige Gestaltung bei Repräsentativbauten wie etwa Schlössern, Museen, Theatern, Regierungsgebäuden, Unternehmenszentralen oder Denkmälern eher zu finden seien, als bei reinen Zweckbauten. Etwas anderes gilt nur, wenn besondere gestalterische Elemente vorliegen, die über das vom Technisch-Konstruktiven oder vom Gebrauchszweck her Vorgegebene oder Übliche hinausgehen und die Individualität zum Ausdruck bringen.

Dem wurde das gebaute Haus nicht gerecht. Es fehle an der notwendigen Individualität und entspreche höchstens durchschnittlichem Architektenschaffen; das mag für den Architekten und die Klägerin nicht einfach zu verdauen gewesen sein.

Insbesondere sei eine Kombination bekannter Gestaltungselemente nicht schon dann ein urheberrechtlich geschütztes Werk, wenn die Kombination als solche nicht zum bekannten Formenschatz gehört. Sie müsse vielmehr in überraschender Weise ein von üblichen Gestaltungen deutlich abweichenden Gesamteindruck bilden.

Arbeitgeber wird bei Auftragsarbeit kein Urheber

Das OLG ging darauf ein, dass ein Arbeitgeber kein Urheber wird, auch wenn etwas im Auftrag erstellt wird. Erstaunlich, dass dies klargestellt werden musste; insbesondere weil anwaltliche Vertretung bestand. Auch dann, wenn eine Nutzungseinräumung in einem Anstellungsvertrag nicht ausdrücklich vorgesehen ist, ist im Rahmen der arbeitsvertraglichen Verpflichtung regelmäßig von einer stillschweigenden Einräumung von Nutzungsrechten auszugehen. Zumeist handelt es sich dabei um ausschließliche Nutzungsrechte.

Dass nicht jedes Haus (bzw. der Entwurf) urheberrechtlich geschützt ist, war ebenso zu vermuten. Schön ist es aber, jetzt vom OLG eine zusammenhängende Definition erhalten zu haben, wann Häuser „Werke der Baukunst“ sind, an der man sich in Zukunft orientieren kann.

(Bild: © imagewell10 – Fotolia.com)

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