Loriots Tochter klagt gegen Biografie des Vaters – zu Recht?

Nach Informationen von Spiegel online, hat die Tochter des bekannten und beliebten Humoristen Vicco von Bülow, Susanne von Bülow, Klage gegen den Münchner Riva Verlag erhoben, in dem die Biografie ihres Vaters erschienen ist. Sie ist der Ansicht, dass der Autor Dieter Lobenbrett zu viele wörtliche Zitate Loriots verwendet hat und begehrt nun ein Verbot des Verkaufs.

Es ist nichts das erste Mal, dass die Erbin des Humoristen gerichtlich gegen eine Veröffentlichung vorgeht. Bereits im Jahr 2011 wendete sie sich gegen die Veröffentlichung von Briefmarken mit Loriot-Motiven bei Wikipedia (wir berichteten) und erreichte eine einstweilige Verfügung zu ihren Gunsten.

Ob auch die nun beim Landgericht Braunschweig eingereichte Klage Aussicht auf Erfolg hat, soll an dieser Stelle kurz geprüft werden.

Darf die Tochter klagen?

Zunächst stellt sich die Frage, ob die Tochter überhaupt gegen derartige Rechtsverletzungen vorgehen kann. Die Antwort gibt das Gesetz, so dass kein großer Diskussionsbedarf besteht: § 28 Abs. 2 UrhG legt fest, dass das Urheberrecht vererbbar ist. Somit können die Erben nach dem Tod des Urhebers Ansprüche geltend machen, die vorher allein dem Urheber zustanden. Die Tochter kann damit also grundsätzlich gegen z. B. ungenehmigte Veröffentlichungen von urheberrechtlich geschützten Werken ihres verstorbenen Vaters vorgehen.

Sind die Äußerungen geschützt?

Damit eine Veröffentlichung der streitgegenständlichen Zitate jedoch unzulässig ist, müssen diese überhaupt urheberrechtlichen Schutz genießen. Grundsätzlich sieht das Gesetz den Schutz von Sprachwerken vor (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG), allerdings nur dann, wenn diese „persönliche geistige Schöpfungen“ darstellen.

Ein Text wird also erst dann zum Werk, wenn es Ausdruck des individuellen Geist seines Schöpfer ist. Diese Hürde zu nehmen wird leichter, wenn der geschriebene Text lang ist. Logisch, da man bei vielen Worten eine größere Möglichkeit hat, alternative Formulierungen zu finden, die die eigenen Gedanken ausdrücken. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass bei kurzen Texten, wie beispielsweise den angegriffenen Zitaten, die Hürde der ausreichenden Schöpfungshöhe schwerer zu nehmen ist.

Allerdings wird man bei den zitierten Äußerungen Loriots aufgrund dessen Eigentümlichkeit und Trockenheit annehmen dürfen, dass diese ausreichender Ausdruck der Individualität seines Schöpfers sind. Denn eben dieser spezielle Humor wird nur Loriot zuzuschreiben sein.

Eine Nutzung dieser Äußerungen ist somit nur dann zulässig, wenn entweder eine Einwilligung der Erbin eingeholt wird oder eine der sog. Schranken des Urheberrechts greifen.

Sind die Äußerungen korrekt zitiert worden?

Eine solche Schranke, die in diesem Fall relevant ist, ist die Zitierfreiheit gem. § 51 UrhG. Demnach dürfen geschützte Werke (z. B. die Äußerungen Loriots) ohne Genehmigung vervielfältigt, verbreitet und öffentlich wiedergegeben werden, wenn diese „Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist.“ Dieser sog. Zitatzweck wird bei einer Nutzung von fremden Werken häufig nicht ausreichend berücksichtigt. Es reicht eben nicht, übernommene Textstellen in Anführungszeichen zu setzen. Vielmehr muss die Verbindung zwischen eigener Aussage und verwendetem Werk klar erkennbar sein. Es muss

eine innere Verbindung zwischen der zitierten Stelle und eigenen Gedanken des Zitierenden hergestellt

werden (BGH, Urt. v. 20.12.2007, Aktz.: I ZR 42/05 – TV Total).

Ob dies bei den übernommenen Äußerungen Loritos in der Biografie des Riva Verlags der Fall ist, kann an dieser Stelle leider nicht endgültig beantwortet werden. Es sind aber durchaus beide Varianten denkbar, so dass sich der Fall an der Beurteilung dieser Frage entscheiden dürfte. Es ist damit an den Anwälten der Parteien, den Richter durch kompetentes und geschicktes Argumentieren zu einer Überzeugung zu bringen.

Kann der Verlag verklagt werden?

Ein weiterer Punkt der nicht unerwähnt bleiben soll, ist der Klagegegner. Susanne von Bülow hat den Verlag verklagt, aber ist nicht der Autor derjenige, der die Äußerungen in das Buch aufgenommen hat? Ja, das ist er. Allerdings begehrt die Erbin einen Verkaufsstopp, den nur der Verlag erreichen kann. Die sog. Störerhaftung führt dazu, dass der Verlag für die Handlungen des Autors in Anspruch genommen werden kann. Sollte es zu einer Verurteilung kommen, besteht die Möglichkeit des Verlages, den Autor in Regress zu nehmen.

Das weitere Verfahren

Nach Angaben von Spiegel online hat der zuständige Richter das schriftliches Vorverfahren angeordnet. Bis zur Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung dürfen sich die Anwälte der Parteien also noch die Finger wund schreiben. Der weitere Verlauf kann mit Spannung erwartet werden.

(Bild: © Stefan Gräf – Fotolia.com)

Schreibe einen Kommentar