Das runde Leder und das Urheberrecht

Die gerade begonnene Bundesliga-Saison verspricht nicht nur sportlich spannend zu werden. Neben der Diskussion um die Ausstrahlungsrechte, lässt der Liga-Verband DFL mitteilen, dass sie die kommerzielle Nutzung der Spielpläne der 1. und 2. Bundesliga künftig nur mit ihrer Zustimmung gestatten will. Und diese Zustimmung wird kostenpflichtig sein.

Die Erklärung zielt vor allem auf Wettanbieter ab, die künftig für die Verwendung der Datenbanken zahlen müssen. Redaktionelle Berichterstattungen, ob klassische Printmedien, TV oder Online, sollen hiervon ausgenommen bleiben und auch weiterhin kostenfrei zulässig sein.

Dabei geht die DFL davon aus, dass es sich bei den von ihr erstellten Spielplänen um urheberrechtlich geschützte Werke handelt. „Die DFL erbringt bei der Erstellung der Spielpläne  eine erhebliche schöpferische Leistung“, so Dr. Holger Blask, leitender Justiziar der DFL. Diese schöpferische Leistung bestehe insbesondere aus der Anordnung der Begegnungen mit Blick auf verschiedenste Kriterien wie die sportliche Ausgeglichenheit, Attraktivität für die Fans sowie Sicherheitsbelange und der Auswahl der konkreten Spieltermine. „Hierbei nutzt die DFL einen umfassenden Gestaltungsspielraum“, sagt Blask weiter.

Urheberrechtliche Schutzfähigkeit von Spielplänen

Fraglich ist jedoch, ob sich auch die Gerichte dieser Ansicht anschließen werden. Denn nach dem Urheberrechtsgesetz sind grundsätzlich nur Werke geschützt, die eine persönliche geistige Schöpfung sind.

Bei der Auflistung der Begegnungen des jeweiligen Bundesliga-Spieltags dürfte es sich zwar um kein literarisches Werk im Sinne von Böll oder Grass handeln, wohl aber um Daten. Hierunter verstehen die Juristen formalisierte, zur menschlichen oder maschinellen Kommunikation geeignete Darstellungen von Fakten, Konzepten oder Instruktionen.

Gemäß § 4 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) können aber auch Sammlungen von Daten einen urheberrechtlichen Schutz als sog. Sammelwerke genießen. Jedoch bedarf dies einer individuellen Auswahl und Anordnung der Elemente um die erforderliche persönliche geistige Schöpfung darzustellen.

Doch trotz aller Anerkennung für die Arbeit des Spieleansetzers der DFL:

Die Erstellung der Spielpläne erfolgt mit Hilfe eines Computerprogramms nach festen und bewährten Regeln – einem relativ überschaubaren und vorgegebenen Ordnungsprinzip. Dabei ist für eine gestalterische Tätigkeit nur sehr wenig Raum. Vielmehr erfolgen die Spielansetzungen vor allem in Abstimmung mit anderen Events wie Musikkonzerten, Champions- und Europa-League, dem DFB-Pokal oder gar Stadion-Doppelbelegungen, wie bei den Münchner Vereinen FC Bayern und TSV 1860. Dieser Abstimmungsbedarf bei der Auswahl an Terminen und Anordnung der Paarungen ist unbestritten auch sehr umfangreich und erheblich.

Bei der Frage, ob die Bundesliga-Spielpläne der DFL Schutz nach dem UrhG genießen, ist jedoch nicht vornehmlich auf den Abstimmungsaufwand abzustellen, sondern allein auf die schöpferische Darstellungsform.

Diesbezüglich ist jedoch festzustellen, dass die Verteilung der 34 Spieltage der 1. und 2. Bundesliga auf 52 Wochen unter Berücksichtigung fester Sommer-, Winter- und vorgegebener Länderspielpausen erfolgt. Zudem erscheint aber auch der Spielplan selbst immer in der gleichen tabellarischen Darstellungsform. Eine rein schematische oder routinemäßige Auswahl und Anordnung reicht aber in der Regel für einen Urheberrechtschutz gerade nicht aus. So haben Gerichte bspw. weder die Auswahl und Anordnung von Börsendaten als hinreichend schöpferisch angesehen (OLG Hamburg GRUR 2000, 319), noch die Sammlung biographischer Daten ohne konzeptionelle Gestaltung (OLG Hamburg, ZUM 1997, 145).

Blick ins europäische Ausland

Dabei kann sich die DFL noch nicht einmal auf die Fahne schreiben als Erstes die Idee zum Schutz von Spielplänen gehabt zu haben.

Bereits 2008 hat die Fédération française de tennis (FFT) gegen einen Sportwettenanbieter geklagt, um Online-Wetten auf die Tennisspiele der French Open in Roland Garros zu verbieten. Die FFT hat sich dabei als Veranstalter des Turniers auf ihr Nutzungsmonopol berufen und bekam Recht. Ziel war jedoch nicht die Erzielung von Lizenzgebühren, sondern der Schutz vor etwaigen Wettmanipulationen, welche dem Turnier zuvor geschadet hatten.

Auch im Mutterland des Fußballs ist bereits ein Verfahren zur Frage der Verwertung von Spielplänen vor den Gerichten anhängig.

Im Verfahren Football DataCo gegen den Buchmacher Stan James hat das Gericht der ersten Instanz die Schutzfähigkeit der Ligapläne als sog. Datenbanken bejaht. Im Berufungsverfahren hat das Berufungsgericht dem Europäischen Gerichtshof verschiedene Fragen zur Schutzfähigkeit von Fußballplänen als Datenbanken zur Prüfung vorgelegt. Diese EuGH-Entscheidung wird für März 2012 erwartet und wird sicherlich auch hierzulande aufmerksam verfolgt.

Urheberrechtliche Schutzfähigkeit von Spielplänen als Datenbank

Allerdings geht es in diesem Verfahren nicht um ein mögliches Urheberrecht an den Spielplänen von Fussballligen als (Daten-)Werk, sondern um den rechtlichen Schutz als bloße Datenbanken.

Hierin liegt aber auch nach deutschem Recht ein erheblicher Unterschied:

Wie oben bereits dargelegt, unterliegen Sammel- und Datenbankwerke gemäß § 4 UrhG nur dann einem Urheberrechtsschutz, wenn sie eine persönliche geistige Schöpfung sind.

Im Zuge der Datenbankrichtlinie (EU-Richtlinie 96/6/EG über den rechtlichen Schutz von Datenbanken) wurde am 1. Januar 1998 in § 87a UrhG hingegen ein sui generis Schutz für solche Datenbanken eingeführt, deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung des Inhalts wesentliche Investitionen erfordern.

Ob sich die DFL sich bei den Bundesligaspielplänen allerdings auf diesen sui generis Schutz berufen kann, ist ebenfalls fraglich.

Auch wenn der Investitionsbegriff weit gefasst ist und neben dem finanziellen Aufwand in Geld auch den Einsatz von Zeit und Mühe umfasst, dürfte es sich für die DFL bei der Erstellung eines Bundesliga-Spielplans um keinen wesentlichen Aufwand im geforderten Rahmen handeln.

In einem Urteil vom 9. November 2004 hat der EuGH (Fixtures Marketing Ltd. ./. Oy Veikkaus Ab – C46/02, Rn. 47) zu den Anforderungen an eine „wesentliche Investition“ bei der Erstellung eines Fußballspielplans nämlich bereits Stellung genommen. Im Ergebnis lehnte der EuGH dieses wesentliche Investment ab, da die Ermittlung und Zusammenstellung der Daten, aus denen der Spielplan der Fußballbegegnungen besteht, von Seiten der Berufsfußballligen keine besondere Anstrengung erfordert, da diese am Erzeugen der Daten unmittelbar beteiligt sind.

Fazit und Ausblick

Ob die DFL, wie angekündigt, ab Januar 2012 die Rechte an den Spielplänen der 1. und 2. Bundesliga auch gerichtlich geltend machen wird, bleibt fraglich. Die Erfolgsaussichten dürften trotz bis dato noch fehlender verbindlicher Rechtssprechung recht vage sein.

Der Vorstoß der DFL dürfte aber wohl klar im Zusammenhang mit der Liberalisierung des Sportwettenmarktes in Deutschland ab 2012 zu sehen sein.

Die eigentliche Intention der DFL bestätigt nicht zuletzt der Vorsitzende der DFL-Geschäftsführung Herr Christian Seifert gegenüber Journalisten. „Wir bekennen uns zur Solidarität mit dem Breitensport und zu dem gemeinsam mit DOSB, DFB und Sporthilfe vorgelegten Modell einer künftigen Ausgestaltung des Marktes der Sportwetten in Deutschland. Auf diese Weise wird die Partizipation von Breiten- und Profisport an einem staatlich regulierten Sportwettmarkt gewährleistet. Sollte allerdings eine angemessene Teilhabe des Sports nicht zustande kommen, sieht sich die DFL als Treuhänderin der Clubs gezwungen, Maßnahmen zur Sicherstellung einer angemessenen Beteiligung des Profifußballs an den Umsätzen dieses Marktes zu ergreifen“, so Seifert wörtlich. Dabei gehe es der Liga aber gar nicht darum, bei den privaten Buchmachern abzukassieren. Stattdessen will Seifert mit der Drohung, Lizenzgebühren zu verlangen, die Ministerpräsidenten unter Druck setzen, die derzeit über eine Neufassung des Glücksspielstaatsvertrages verhandeln. Wenn die Interessen des Sports dabei ausreichend berücksichtigt werden, sei die DFL aber bereit auf Lizenzgebühren zu verzichten.

Sicher ist aber, dass die Diskussion um die Schutzfähigkeit von Liga-Spielplänen im kommenden Jahr bei einer Liberalisierung des Sportwettenmarktes in Deutschland heiß diskutiert werden wird.

(Bild: © Doc RaBe – Fotolia.com)

[box type=“info“ size=“medium“] Dieser Beitrag wurde von unserem Gastautor Rechtsanwalt Frank Fischer verfasst. Er ist seit Oktober 2009 Rechtsanwalt in der Kölner Medienrechtskanzlei Wilde Beuger Solmecke. Sein Tätigkeitsschwerpunkt ist neben dem Vertrags- und Presserecht, insbesondere das Medien- und Urheberrecht. In dieser Funktion vertritt er erfolgreich vor allem die Interessen von Medienschaffenden. Seine Karriere begann er bereits 2001 bei einem Musiklabel. Beruflichen Stationen bei einem Künstlermanagement, einer Werbeagentur, einem privaten Fernsehsender, sowie einer Film- und Fernseh-Produktionsfirma folgten und runden sein umfassendes Know-How der Medienbranche ab. Die praxisnahe Beratung und mit klaren und verständlichen Antworten ist Frank Fischer ein besonderes Anliegen. [/box]

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