OLG Frankfurt: Zur Haftung von Bildagenturen II

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT

Im Namen des Volkes

Urteil

Aktenzeichen: 11 U 22/08

Verkündet am: 23.12.2008

In dem Rechtsstreit

[…]

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die mündliche Verhandlung vom 28.10.2008 durch die Richter […] für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main – 3. Zivilkammer – vom 17.04.2008 teilweise abgeändert.

Der Beklagten wird bei Meidung eines in jedem Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu einem Betrag von 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, untersagt,

ohne Zustimmung des Klägers das Bildnis des Klägers in Anlage K 1 (Bl. 7 d.A.) Dritten zum Zweck der Veröffentlichung im Rahmen der Berichterstattung über den Kläger wie in dem Artikel „…“ zur Verfügung zu stellen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 2/3 und der Kläger 1/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beklagte betreibt ein Bildarchiv zur kommerziellen Nutzung durch Presseunternehmen. Der mehrfach wegen Tötungsdelikten verurteilte Kläger verbüßt seit 1983 eine lebenslange Freiheitsstrafe. Über seine Straftaten wurde in den fünfziger und sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts sowie über den letzten Fall 1983 bundesweit ausführlich berichtet. Die Beklagte stellte aus ihrem Archiv der X … GmbH ein Bildnis des Klägers zur Verfügung, das diese zur Illustration eines in der …ausgabe … des „X“ veröffentlichten Artikels „…“ verwendete ( Anl. K 1).

Der Kläger, der hierin eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts und des Rechts am eigenen Bild sieht, nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Herausgabe des Bildnisses des Klägers an die X-… GmbH sei gemäß § 23 KUG gerechtfertigt. Die berechtigten Interessen des Klägers würden durch die Weitergabe des Bildnisses nicht verletzt, weil die Weitergabe allein noch nicht zu einer Veröffentlichung führe. Für eine mögliche Verletzungshandlung durch die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Fotos in dem Magazin „X“ hafte die Beklagte auch nicht als Störer. Eine Verpflichtung des Betreibers eines Bildarchivs, ausnahmslos oder regelmäßig vor Herausgabe von angefordertem Bildmaterial zu prüfen, für welche Zwecke dieses verwendet werden soll, bestehe nicht. Die Beklagte habe nur zu prüfen, ob es sich um Bildnisse handelt, die dem Tatbestand des § 23 Abs. 1 KUG unterfallen und ob an deren Veröffentlichung überhaupt ein berechtigtes Informationsinteresse bestehen könne.

Nur wenn auf der Grundlage gefestigter Rechtsprechung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Abbildung des Klägers im Rahmen einer Presseberichterstattung zulässig gewesen wäre, hätte die Beklagte nach Auffassung des Landgerichts eigene Prüfpflichten verletzt. Diese Voraussetzungen lägen jedoch in Anbetracht dessen, dass nicht allein die Verurteilung oder ein bestimmter Zeitablauf die Veröffentlichung von Fotos eines Straftäters hindere, nicht vor. Wegen aller tatsächlichen Feststellungen und der weitergehenden Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Sie rügt, das Landgericht habe verkannt, dass § 23 KUG nur so lange greife, wie das Interesse der Öffentlichkeit andauere. 25 Jahre nach der letzten Verurteilung bestehe kein zeitgeschichtliches Interesse an der bildlichen Identifizierung des Täters. Dem Verwerter von Personenbildern obliege auch bei Bildern aus dem Bereich der Zeitgeschichte eine besondere Sorgfaltspflicht. Die Beklagte sei nicht nur Störer, sondern Täter, weil die Weitergabe der Fotos das absolute Recht des Klägers verletze.

Der Kläger hat zunächst beantragt, der Beklagten bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, ohne Zustimmung des Klägers Bildnisse des Klägers zu Zwecken der Veröffentlichung durch Presse- und Medienunternehmen zu verbreiten.

Auf Hinweis des Senats hat er zuletzt beantragt,

der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen,

ohne Zustimmung des Klägers das Bildnis des Klägers in Anlage K 1 (Bl. 7 d.A.) Dritten zum Zweck der Veröffentlichung im Rahmen der Berichterstattung über den Kläger in dem Artikel „…“ zur Verfügung zu stellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil im Wesentlichen mit folgenden Erwägungen:

Angesichts der aufsehenerregenden Taten des Klägers bestehe auch noch Jahre nach seiner Verurteilung ein besonderes öffentliches Berichterstattungsinteresse. Da Straftaten zur Sozialsphäre gehörten und über die Sozialsphäre grundsätzlich berichtet werden dürfe, dürften nur im Fall schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht negative Sanktionen an die Berichterstattung angeknüpft werden. Ein Betroffener habe auch nicht grundsätzlich Anspruch darauf, dass über ihn nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr berichtet werden dürfe. Im vorliegenden Fall überwiege das Interesse an der Berichterstattung über die Straftat.

Es fehle bereits an dem behaupteten Verstoß gegen § 22 KUG, denn sie, die Beklagte, habe die streitgegenständlichen Fotos gerade nicht in die Öffentlichkeit gebracht. Sie habe lediglich zulässig angefertigte Fotos aus ihrem Archiv auf Anfrage an eine professionelle Bildredaktion weitergegeben und diese sogar ausdrücklich auf die Klärung etwaiger persönlichkeitsrechtlicher Fragestellungen durch den Verwender hingewiesen. Es fehle daher an einer Verbreitungshandlung durch die Weitergabe der Fotos.

Der Kläger verkenne, dass die angegriffene Bildberichterstattung ursprünglich rechtmäßig gewesen sei. Würde man der Auffassung des Klägers folgen, wären die Bildarchive, so meint die Beklagte, bald nicht mehr funktionsfähig. Es sei zudem schlechterdings unmöglich, einen Zeitpunkt festzulegen, von dem ab das Anonymitätsinteresse überwiege. Ein empirischer Beleg für die tatsächlich erzielte Breitenwirkung durch die Veröffentlichung fehle, es werde lediglich eine abstrakte Beeinträchtigung behauptet und aufgebauscht.

Selbst wenn man zu Unrecht eine Verbreitungshandlung der Bildagentur durch Weitergabe der Fotos an die Bildredaktion des „X“ unterstelle, so hafte sie, die Beklagte, nicht als Störerin für die streitgegenständliche Veröffentlichung. Denn ihre Prüfungspflichten beschränkten sich auf offenkundige, aus ihrer Sicht eindeutige Rechtsverstöße. Solche seien vorliegend gerade nicht gegeben. Die unterstellte Rechtsverletzung dränge sich keinesfalls auf. Eine vorherige Überprüfung des redaktionellen Zwecks sowie des Inhalts der Berichterstattung durch die Bildagentur wäre nicht nur lebensfremd, sondern tatsächlich auch nicht realisierbar. Sie habe durch ihre Hinweise in den AGB sowie zusätzlich auf dem Lieferschein für die streitgegenständlichen Fotos die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gewahrt und daher nicht rechtswidrig gehandelt. Zu beachten sei, dass die Arbeit des als Störer in Anspruch genommenen nicht über Gebühr erschwert werden dürfe.

Presse- wie Bildagenturen könnten sich zudem im Rahmen ihrer Tätigkeit auf den unmittelbaren Schutz der Medienfreiheit aus Artikel 5 Abs. 1 S. 2 GG berufen. Es würde, meint die Beklagte, den Grundrechtsschutz der Bildagenturen unverhältnismäßig verkürzen, wenn von ihnen verlangt würde, vor der Weitergabe eines jeden Personenbildnisses an einen Medienanbieter zunächst eine Auskunft über den konkret geplanten Veröffentlichungskontext einzuholen und auf dieser Grundlage die eigene rechtliche Prüfung anhand der §§ 22, 23 KUG vorzunehmen. Prüfpflichten von Bildagenturen kämen nur anlassbezogen in Betracht, wenn aufgrund besonderer Umstände offenkundig mit einer rechtswidrigen Veröffentlichung zu rechnen sei.

Schließlich sei der Kläger anhand der veröffentlichten Bildnisse nicht erkennbar. Konkrete Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung als Folge des Beitrags würden vom Kläger nicht dargelegt. Der Resozialisierungsgedanke, aufgrund dessen eine Erkennbarkeit verhindert werden solle, sei hier mit Blick auf die Verhältnisse im Gefängnis zu gewichten. Jeder Mitgefangene und jeder Wachmann wisse, warum der Kläger lebenslänglich inhaftiert sei. Eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft stehe nicht bevor.

Der Verbotsantrag sei zu weit gefasst. Konkrete Verletzungsform sei nur die Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers. Daraus sei kein generalisierter Unterlassungsanspruch herzuleiten, denn die Frage, unter welchen Umständen die Bildberichterstattung rechtmäßig sein könne, erfordere einen Abwägungsprozess, der nicht vorweggenommen werden könne. In anderem Kontext könne sich die Veröffentlichung des Fotos als zulässig erweisen.

II.

Die Berufung ist zulässig und im Umfang des zuletzt gestellten (eingeschränkten) Antrags begründet.

Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch aus § 22 KUG zu, weil die Beklagte sein Bildnis ohne seine Einwilligung verbreitet hat und eine Ausnahme gem. § 23 Abs. 1 KUG nicht vorliegt.

1. Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden (§ 22 Satz 1 KUG).

a) Bei der der X –Redaktion zur Verfügung gestellten Fotografie handelt es sich um ein Bildnis des Klägers. Ein Bildnis im Sinne des § 22 KUG setzt die Erkennbarkeit des Abgebildeten voraus. An der Erkennbarkeit fehlt es hier entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deshalb, weil es sich bei dem Lichtbild um eine ältere Fotografie handelt. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Erkennbarkeit des Klägers nicht deshalb entfällt, weil er sich altersbedingt verändert hat. Es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach altersbedingte Veränderungen die Erkennbarkeit einer Person ausschließen. Ungeachtet dessen ist es ausreichend, dass der Abgebildete begründeten Anlass zu der Annahme hat, er könne als abgebildet identifiziert werden (Dreier/Schulze, UrhG, § 22 KUG Rn. 3). Eines Beweises, dass Dritte den Abgebildeten tatsächlich erkannt haben, bedarf es nicht. Da es auf die Erkennbarkeit innerhalb des Bekanntenkreises ankommt und jedenfalls ein Altersgenosse den Kläger ohne weiteres wieder erkennen kann, bestehen insoweit keine ernsthaften Zweifel.

b) Zu Recht hat das Landgericht auch angenommen, dass die Weitergabe des Bildnisses aus den Archiven der Beklagten an die Redaktion des „X“ eine Verbreitungshandlung darstellt. Verbreiten bedeutet entsprechend der urheberrechtlichen Werkverwertung in körperlicher Form jede Art der Verbreitung körperlicher Exemplare. Keinen Unterschied macht es, ob Negative, Abzüge oder Drucke nach Negativen oder Abzügen verbreitet werden. Auch das Verbreiten digitaler Aufnahmen ist Verbreiten im Sinne von § 22 KUG. Unbeachtlich ist, ob die Verbreitung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt. Ebenso wenig kommt es beim Bildnisschutz auf eine Verbreitung an die Öffentlichkeit an. Bereits die Verbreitung an Einzelpersonen führt zu einem grundsätzlich der Kontrolle und dem Selbstbestimmungsrecht des Abgebildeten vorbehaltenen Übergang des Bildnisses in die Verfügungsgewalt eines anderen. Allenfalls im privaten Bereich sind begrenzte Ausnahmen denkbar (Dreier/Schulze a.a.O. Rn. 9).

Der Auffassung der Beklagten, in Anlehnung an § 17 UrhG liege eine Verbreitung nur vor, wenn das Bildmaterial in die Öffentlichkeit gebracht werde, ist deshalb nicht zu folgen. Die hierzu von der Beklagten zitierten Entscheidungen (KG, AfP 2006, 561; OLG Köln, AfP 2007, 126) betreffen die Berichterstattung über Straftaten und sind deshalb im vorliegenden Fall, der nach §§ 22, 23 KUG zu beurteilen ist, nicht unmittelbar einschlägig. Der Begriff des Verbreitens ist – entsprechend dem Schutzzweck der Norm – wesentlich umfassender als im Urheberrechtsgesetz (Schricker/Götting, UrhG, 3. Aufl. § 60/22 KUG Rn. 36; Dreier/Schulze a.a.O.).

Ungeachtet dessen dürfte die Weitergabe des Bildmaterials an eine interessierte Redaktion bereits den Begriff der Verbreitung in der Öffentlichkeit im Sinne von §§ 15, 17 UrhG erfüllen. Maßgeblich dafür ist, dass der Anbietende aus der internen Sphäre in die Öffentlichkeit hinaustritt. Darunter fällt auch jede Einzelverbreitung, die in der Öffentlichkeit stattfindet. Der Senat hält es nicht für sachlich gerechtfertigt, jede -beliebige – Redaktion im Verhältnis zu einer Bildagentur wie eine (interne) organisatorische Einheit zu behandeln (vgl. auch OLG Hamburg, AfP 1997, 535 unter 2. b; LG Hamburg, AfP 2007, 385).

c) Eine Einwilligung des Klägers in die Bildveröffentlichung lag nicht vor.

Die Auffassung der Beklagten, aus der Größe des veröffentlichten Portraitfotos sei auf dessen konkludente Einwilligung zu schließen, erscheint nicht nur befremdlich, sondern ist auch unerheblich. Selbst wenn der Kläger in die Anfertigung der älteren Aufnahme eingewilligt hätte, ergibt sich daraus noch keine Einwilligung in die Verbreitung des Bildes und erst recht nicht in eine Verbreitung zu jedem beliebigen Zweck (Dreier a.a.O. Rn. 18).

2. Ein Ausnahmetatbestand gem. § 23 Abs. 1 KUG, wonach die Verbreitung des Bildnisses ohne Einwilligung zulässig wäre, liegt nicht vor.

a) Insbesondere handelt es sich nicht um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte, weil es an dem erforderlichen aktuellen Bezug fehlt.

Als Straftäter, dessen Tat über das täglich Wiederkehrende hinausgeht und einiges Aufsehen erregt hat, war der Kläger zwar relative Person der Zeitgeschichte.

§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG gilt für relative Personen der Zeitgeschichte aber nur, soweit noch ein aktueller zeitgeschichtlicher Bezug besteht (Götting/ Schertz/ Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 12 Rn. 41 ff.). Der Status einer relativen Person der Zeitgeschichte ist auf die Dauer begrenzt, während der die Allgemeinheit noch ein das Persönlichkeitsrecht überwiegendes Informationsinteresse hat und die Erinnerung an das maßgebliche Ereignis für die Öffentlichkeit noch eine Rolle spielt (Schertz a.a.O.). Dies war vorliegend nicht mehr der Fall, weil der Kläger seit Jahrzehnten eine Haftstrafe verbüßt und ein neuer, aktueller Anlass für die Berichterstattung nicht bestand. Jedenfalls eine identifizierende Bildberichterstattung war danach unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt zulässig.

Soweit die Beklagte in der Berufungserwiderung erörtert, ob und unter welchen Umständen über den Kläger und seine Straftaten heute noch berichtet werden darf und meint, insbesondere eine Gefährdung des Resozialisierungsgedankens komme bei dem lebenslänglich Inhaftierten nicht in Betracht, verkennt sie, dass es vorliegend allein um das Recht des Klägers am eigenen Bild als spezifische Ausprägung des Persönlichkeitsrechts geht, das mehr als 20 Jahre nach der letzten Verurteilung einer identifizierenden Berichterstattung ohne aktuellen Anlass entgegensteht, weil dem Selbstbestimmungsrecht des Klägers nach so langer Zeit in jedem Fall Vorrang gegenüber einem eher Unterhaltungszwecken dienenden Informationsinteresse der Öffentlichkeit zukommt (Senat OLGR 2001, 309).

b) Zu Unrecht hat deshalb das Landgericht gemeint, die berechtigten Interessen des Klägers würden durch die Weitergabe des Bildnisses (noch) nicht verletzt, so dass dem Ausnahmebereich des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG auch § 23 Abs. 2 KUG nicht entgegenstehe. Eine Abwägung nach § 23 Abs. 2 KUG kommt erst in Betracht, wenn an sich eine Ausnahme nach § 23 Abs.1 KUG vorliegt und die Verbreitung deshalb grundsätzlich ohne Einwilligung zulässig wäre. Schon an dieser Voraussetzung fehlt es hier.

3. Die Beklagte hat durch die Herausgabe des Bildnisses ohne Prüfung einer Einwilligung und ohne Rechtfertigung gem. § 23 Abs.1 KUG das Persönlichkeitsrecht des Klägers rechtswidrig verletzt. Hierfür hat sie als Täter, nicht nur als Störer einzustehen, weil sie alle Tatbestandsmerkmale durch eigenes Handeln bzw. Unterlassen verwirklicht hat. Dass sie sich grundsätzlich auf den Schutz des Art. 5 Abs.1 Satz 2 GG berufen kann, rechtfertigt im vorliegenden Fall kein anderes Ergebnis.

a) Die Beklagte genießt zwar den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, weil sie eine presseexterne Tätigkeit ausübt, bei der es sich um eine typischerweise pressebezogene Tätigkeit handelt (OLG Hamburg, AfP 1997, 535). Deshalb ist zu berücksichtigen, dass eine Beschränkung ihrer Tätigkeit geeignet wäre, die Bildberichterstattung der Medien und damit auch die Meinungsfreiheit zu beschränken.

Dies führt jedoch nicht zu einer generellen und weitgehenden Haftungsfreistellung einer Bildagentur oder eines Pressearchivs, wie sie der Beklagten offenbar vorschwebt. Auch das OLG Hamburg hat einen Unterlassungsanspruch gegen eine Presseagentur bei der Überlassung von Bildnissen des Sohnes einer Prominenten, die nicht gem. § 23 Abs. 1 KUG gerechtfertigt war, ohne weiteres bejaht. Lediglich den dort ebenfalls geltend gemachten Herausgabeanspruch hat es im Hinblick auf den Schutz der Pressefreiheit abgelehnt (a.a.O. unter 3.).

Dem steht im Ergebnis auch die Entscheidung des LG Hamburg (AfP 2007, 385) nicht entgegen. Zwar heißt es im Leitsatz der Entscheidung, eine Fotoagentur, die einem Zeitungsverlag ein Personenbild zum Zweck der Veröffentlichung zur Verfügung stelle, sei grundsätzlich nicht verpflichtet, vor der Weitergabe die Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung zu prüfen. Auch das LG Hamburg bejaht aber zumindest anlassbezogene Prüfpflichten. Lediglich im konkreten Fall hat es eine anlassbezogene Prüfpflicht verneint, weil es dem streitbefangenen Bild nicht „auf die Stirn geschrieben“ gewesen sei, dass es nur unter persönlichkeitsrechtsverletzenden Umständen veröffentlicht werfen konnte. Das in Rede stehende Foto zeigte freilich eine Entertainerin, deren Kleid bei einem öffentlichen Auftritt soweit heruntergerutscht war, dass die entblößten Brüste zu sehen waren, wobei die dortige Klägerin ihre Brüste auch schon bei früheren Gelegenheiten entblößt zur Schau gestellt hatte.

Mit jenem Sachverhalt ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Der Kläger ist kein Entertainer, der sich regelmäßig der Öffentlichkeit gelegentlich von Auftritten bei Ereignissen von geschichtlichem Interesse präsentiert, sondern ein seit Jahrzehnten abgeurteilter Straftäter. Anders als bei einem Entertainer, der seinen Beruf –zwangsläufig –im Wesentlichen öffentlich und vor Publikum ausübt, sprach deshalb vorliegend nichts dafür, dass der Kläger mit der Veröffentlichung seines Bildnisses einverstanden oder die Veröffentlichung von § 23 Abs. 1 KUG gedeckt sein könnte.

b) Vor diesem Hintergrund hatte die Beklagte Anlass, sich nach dem Vorliegen einer Einwilligung oder einer Rechtfertigung zu erkundigen. Keinesfalls konnte sie ihre eigene Verantwortlichkeit in ihren AGB auf den Zeitungsverlag verlagern. Die pauschale Behauptung, die Arbeit von Agenturen würde in nicht mehr hinnehmbarer Weise erschwert, wenn ihnen die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Bildveröffentlichung im Einzelfall obliegen würde, genügt nach Ansicht des Senats nicht, um eine Abwägung der grundrechtlich geschützten Bereiche des Persönlichkeitsrechts und des Rechts auf Presse- und Informationsfreiheit generell zugunsten von Bildagenturen vorzunehmen.

Auch nach im Schrifttum vertretener Auffassung gilt für Bildagenturen ein durchaus strenger Sorgfaltsmaßstab. Angesichts des persönlichkeitsrechtlichen Charakters des Rechts am eigenen Bild und damit verbunden des im Zweifel nur begrenzten Umfangs einer erteilten Einwilligung obliegt Bildverwertern sogar eine besondere Sorgfaltspflicht (Dreier/Schulze a.a.O. Rn. 38). Bildagenturen müssen sich ebenso wie Werbeagenturen und Verlage vor Vervielfältigung und Verbreitung eines Bildnisses darüber informieren, ob eine Einwilligung (insbesondere bei relativen Personen der Zeitgeschichte) erforderlich ist und ob und in welchem Umfang sie erteilt wurde. Diese Sorgfaltspflicht besteht auch dann, wenn eine nachträgliche Recherche schwierig und unüblich ist. Liegt eine Einwilligung nicht vor, so müssen sie erst recht prüfen, ob die Verbreitung auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 KUG erlaubt ist.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Kommentierung bei Schricker (Schricker/Götting, Urheberrecht, 3. Aufl. § 60/22 KUG Rn. 45 ff), wenn dort auf die strenge Haftung des Bildverwerters und darauf hingewiesen wird, dass dem Bildarchiv der Verwendungszweck des Zeitungsverlags regelmäßig nicht bekannt sei. Diese Ausführungen sind nicht in dem Sinn zu verstehen, dass eine Bildagentur von jeglicher Haftung freigestellt sei.

c) Die Beklagte wird mit dem aufgrund der eindeutigen Rechtslage erforderlichen Prüfungsaufwand auch nicht unzumutbar belastet. Von ihr wird kein weitergehender Prüfungsaufwand gefordert wie von jeder Werbeagentur und jedem Medienverleger. Darüber hinaus schätzt der Senat, dass diejenigen Fälle, in denen die Rechtmäßigkeit der Bildverwertung zweifelhaft erscheinen wird, nicht so zahlreich sind, weil in aller Regel bei Bildnissen von Prominenten wie Politikern oder Stars § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eingreifen wird, während der Fall, dass das Bildnis eines seit Jahrzehnten einsitzenden Straftäters angefordert wird, weniger häufig vorkommen dürfte, so dass in einem solchen Einzelfall eine erhöhte Aufmerksamkeit und weitergehende Prüfung nicht nur veranlasst, sondern auch zumutbar erscheint. Denn die besondere Sorgfaltspflicht bei der Prüfung nimmt mit dem Grad der zu erwartenden Beeinträchtigung und deren Wahrscheinlichkeit zu (Dreier a.a.O.; LG Nürnberg AfP 2007, 496).

4. Der Anspruch ist mit dem zuletzt gestellten Antrag begründet, weil (nur) insoweit Wiederholungsgefahr besteht. Die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung hängt in jedem Einzelfall von einer Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre ab, wobei die begleitende Wortberichterstattung eine wesentliche Rolle spielen kann. Eine solche Interessenabwägung kann jedoch nicht in Bezug auf Bilder vorgenommen werden, die noch gar nicht bekannt sind und bei denen offen bleibt, in welchem Kontext sie verwendet werden. Im Bereich der Bildberichterstattung kann deshalb nicht mit einer vorbeugenden Unterlassungsklage über die konkrete Verletzung hinaus eine ähnliche oder kerngleiche Bildberichterstattung für die Zukunft verboten werden (BGH GRUR 2008, 506).

Die mit dem Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung erörterte Umstellung des Klageantrags diente der Beschränkung des Klageantrags auf diekonkrete Verletzungsform. In Ergänzung des in der mündlichen Verhandlung formulierten Antrags war vor den Worten in dem Artikel „…“ im Tenor ein „wie“ einzufügen. Dadurch wird dem Kläger weder mehr, noch etwas anderes als beantragt zugesprochen, sondern eine erkennbare sprachliche Ungereimtheit beseitigt, die zu einer Sinnwidrigkeit des Antrags geführt hätte. Erst durch die Einfügung des Wortes „wie“ wird nämlich die beabsichtigte Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform deutlich. Die erforderliche Ergänzung bzw. Korrektur konnte der Senat von Amts wegen ohne Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung vornehmen, da nur so der Antrag dem wirklich Gewollten entspricht und andernfalls eine Urteilsberichtigung erforderlich geworden wäre.

Durch die Begrenzung des Antrags auf die konkrete Verletzungsform ergibt sich die Wiederholungsgefahr (§ 1004 BGB) aus der bereits erfolgten Zuwiderhandlung.

5. Da in der Umstellung des Klageantrags eine teilweise Klagerücknahme liegt, waren die Kosten des Rechtsstreits entsprechend dem anteiligen Unterliegen und Obsiegen der Parteien zu verteilen. Der Senat schätzt das Unterliegen des Klägers mit 1/3 ein (§ 92 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor ( § 543 ZPO). Die Entscheidung beruht auf der Anwendung anerkannter Rechtssätze auf die Umstände des Einzelfalls.

(Entscheidung via http://www.telemedicus.info/urteile)

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