BGH: Bildberichterstattung über Strafvollzug eines bekannten Schauspielers

Leitsatz des Gerichts:

Eine Bildberichterstattung über den Strafvollzug bei einem bekannten Filmschauspieler kann auch ohne dessen Einwilligung durch ein Bedürfnis nach demokratischer Kontrolle der Strafvollstreckungsbehörden gestattet sein.

BUNDESGERICHTSHOF

Im Namen des Volkes

Urteil

Aktenzeichen: VI ZR 307/07

Verkündet am: 28.10.2008

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammerge- richts Berlin vom 4. Dezember 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Schauspieler und Moderator. Er wurde im November 2004 rechtskräftig wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten verurteilt. Die Beklagte verlegt die „Bild“-Zeitung. In der Ausgabe dieser Zeitung vom 11. November 2005 wurde auf Seite 3 unter der Überschrift „Hier schlendert K. S. in die Freiheit“ berichtet, dass der Kläger die Haftanstalt schon zwei Wochen nach Haftantritt für einen Tag wieder verlassen habe, um seine Familie zu besuchen. Der Artikel wurde eingeleitet mit dem fett gedruckten Satz „Hallo Knacki, warum bist du nicht mehr im Gefängnis?“; er hatte folgenden Wortlaut:

„Gestern, 11.39 Uhr vor der Haftanstalt H. Mit einer Reisetasche in der Hand verlässt TV-Star K. S. (45, „Hallo Robbie“) das Gefängnis. Dabei sitzt der Schauspieler erst seit zwei Wochen seine Haftstrafe (2 Jahre 10 Monate) ab. Warum darf er den Knast verlassen? Ein Justizsprecher: ‚Nach einer Prüfung hat er sich als geeignet für den Offenen Vollzug erwiesen. Als erste Lockerungsmaßnahme haben wir ihm deshalb Ausgang erteilt. Das wird gemacht, damit ein Häftling zum Beispiel seine sozialen Bindungen aufrecht erhalten kann.‘ Nach Bild-Informationen besuchte S. seine Ehefrau und seinen Sohn, führte auch Job-Gespräche. Die gute Nachricht für S. Das ZDF will ab nächsten April eine neue Staffel der Erfolgs-Serie ‚Hallo Robbie‘ (durchschnitt- lich fast 5 Mio. Zuschauer) drehen. Ein ZDF-Sprecher: ‚Wenn es die Umstände für Herrn S. zulassen, planen wir mit ihm in der Hauptrolle.‘ Voraussetzung dafür: S. muss Freigänger werden, dürfte dann tagsüber für das ZDF drehen. So weit ist es aber noch nicht: Gestern Abend musste S. wieder zurück ins Gefängnis. Sein Ausgang galt nur bis 17.30 Uhr.“

Illustriert ist der in der Sache zutreffende Artikel mit zwei Aufnahmen des Klägers, die ihn mit einer Reisetasche auf der Straße gehend und beim Einsteigen in ein Auto zeigen und mit der Bildunterschrift „Knast-Ausgang für TV-Star K. S. (45): Mit einer Reisetasche verlässt er das Gefängnis in H.“ versehen sind. Die Fotos sind am 10. November 2005 vor der Haftanstalt in der beschriebenen Situation entstanden.

Der Kläger begehrte in den vorhergehenden Instanzen von der Beklagten die Unterlassung der Veröffentlichung von ihn abbildenden Fotos wie in der „Bild“-Zeitung vom 11. November 2005 geschehen. Er ist der Auffassung, der Abdruck der Fotos stelle einen rechtswidrigen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar. Gegen die Wortberichterstattung wendet er sich nicht. Die Beklagte beruft sich auf die Pressefreiheit und hält die Veröffentlichung der Fotos wegen des berechtigten Informationsinteresses der Öffentlichkeit für zulässig.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Aufhebung des klagabweisenden Berufungsurteils und die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts mit der Maßgabe, dass der Beklagten lediglich untersagt werden soll, die auf Seite 3 der „Bild“-Zeitung vom 11. November 2005 veröffentlichen Fotos, die den Kläger zeigen, erneut zu veröffentlichen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht verneint einen Unterlassungsanspruch des Klägers, da die Beklagte nicht rechtswidrig in das Recht des Klägers am eigenen Bild eingegriffen habe. Zwar habe keine Einwilligung des Klägers in die Veröffentlichung der Fotos vorgelegen, diese stellten jedoch Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG dar. Berechtigte Interessen des Klägers nach § 23 Abs. 2 KUG würden durch den Abdruck nicht verletzt. Angesichts des öffentlichen Berichterstattungsinteresses müsse das Recht des Klägers auf Privatheit im Alltag zurücktreten, die Privatsphäre des Klägers sei durch die Veröffentlichung ohnehin nicht betroffen. Die Bildberichterstattung sei rechtmäßig, da ihr im Zusammenhang mit der Wortberichterstattung Informationswert zukomme. Der Kläger habe in der Vergangenheit selbst das Interesse der Öffentlichkeit geweckt, die Fotos stellten ihn nicht ungünstig dar, sie seien nicht unter den Kläger besonders belastenden Umständen entstanden. Auch der Gesichtspunkt der Resozialisierung führe nicht dazu, dass das öffentliche Berichterstattungsinteresse zurückstehen müsse.

II.

Die zulässigerweise auf das Verbot erneuter Veröffentlichung der auf Seite 3 der „Bild“-Zeitung vom 11. November 2005 veröffentlichten Aufnahmen des Klägers beschränkte Revision (BGH, Urteile vom 28. September 1989 – IX ZR 180/88WM 1989, 1873, 1875; vom 28. Februar 1991 – I ZR 94/89MDR 1991, 1160 f.) hat keinen Erfolg. Die vom Kläger nicht angegriffene Wortberichterstattung durfte mit den streitgegenständlichen Fotos bebildert werden.

1. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats die Zulässigkeit der Bildveröffentlichung nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG beurteilt (vgl. Senat, Urteile vom 19. Oktober 2004 – VI ZR 292/03VersR 2005, 84; vom 15. November 2005 – VI ZR 286/04VersR 2006, 274; vom 6. März 2007 – VI ZR 13/06VersR 2007, 697; vom 6. März 2007 – VI ZR 51/06VersR 2007, 957; vom 19. Juni 2007 – VI ZR 12/06VersR 2007, 1135; vom 3. Juli 2007 – VI ZR 164/06VersR 2007, 1283; vom 14. Oktober 2008 – VI ZR 271/06 -, – VI ZR 272/06 -, – VI ZR 256/06 – und – VI ZR 260/06 -, sämtlich z.V.b.), das sowohl verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfGE 101, 361, 386 f.; BVerfG, NJW 2001, 1921, 1923; NJW 2006, 2835 f.; NJW 2008, 1793, 1795, 1798), als auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (künftig: EGMR) entspricht (vgl. EGMR, NJW 2004, 2647, 2648 f. von Hannover gegen Deutschland und NJW 2006, 591, 592 Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland).

Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, dass der Kläger nicht in die Veröffentlichung der Aufnahmen eingewilligt hat. Bei den von der Beklagten abgedruckten Fotos handelt es sich aber – wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend feststellt – um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, die auch ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden dürfen, weil ihrer Veröffentlichung kein berechtigtes Interesse des Klägers im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG entgegensteht.

2. Das Berufungsgericht hat zwar, was die Revision mit Recht beanstandet, bei der Beurteilung, ob Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte vorliegen, keine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK vorgenommen. Eine solche Abwägung ist schon bei der Prüfung des § 23 Abs. 1 KUG durchzuführen, weil diese Vorschrift nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetz- gebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und auf die Rechte der Presse nimmt. Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zu Grunde zu legen, welcher der Pressefreiheit und zugleich dem Schutz der Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre ausreichend Rechnung trägt (Senat, Urteile vom 6. März 2007 – VI ZR 51/06VersR 2007, 957, 958 m.w.N. und vom 19. Juni 2007 – VI ZR 12/06VersR 2007, 1135, 1136).

3. Das angefochtene Urteil hält jedoch den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. Die erforderliche Abwägung kann der erkennende Senat selbst vornehmen, da keine weiteren Tatsachenfeststellungen erforderlich sind.

a) Der Kläger ist aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Schauspieler und Moderator als Person des öffentlichen Interesses anzusehen (vgl. zur Abgrenzung zwischen „personnage public“/“public figure“ einerseits im Unterschied zur „personnalité politique“/“politician“ und „personne ordinaire“/“ordinary person“ andererseits EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde Nr.50774/99, Sciacca gegen Italien §§27ff.; vom 17.Oktober 2006, Be- schwerde Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien § 55). Diese Einstufung hat nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des EGMR zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegen- den Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1796, 1800; EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde Nr.50774/99, Sciacca gegen Italien §§27ff. und vom 17. Oktober 2006, Beschwerde Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien § 57).

Maßgebend für die Frage, ob es sich bei den veröffentlichten Fotos um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG handelt, ist das Zeitgeschehen. Dieses ist vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit her zu bestimmen und umfasst nicht nur Vorgänge von historisch- politischer Bedeutung oder spektakuläre und ungewöhnliche Vorkommnisse, sondern ganz allgemein alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhal- tiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 – VI ZR 373/02VersR 2004, 522, 523 – mit Anmerkung v. Gerlach JZ 2004, 625 – und vom 6. März 2007 – VI ZR 51/06 – VersR 2007, 957, 958; BVerfGE 101, 361, 389 f.; BVerfG, NJW 2001, 1921, 1923; BVerfG, NJW 2006, 2836, 2837; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1799). Selbst die Normalität des Alltagslebens prominenter Personen darf der Öffentlichkeit vor Augen geführt werden, wenn dies der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1796).

Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht jedoch nicht schrankenlos. Der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten wird durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Nicht alles, wofür sich die Menschen aus Langeweile, Neugier und Sensationslust interessieren, rechtfertigt dessen visuelle Darstellung in der breiten Medienöffentlichkeit. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden (Senat, Urteil vom 19. Juni 2007 – VI ZR 12/06VersR 2007, 1135, 1136).

Dabei gehört es zum Kern der Pressefreiheit, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht (Senat, Urteile vom 15. November 2005 – VI ZR 286/04VersR 2006, 274, 275; vom 6. März 2007 – VI ZR 51/06VersR 2007, 957, 958; BVerfGE 101, 361, 392; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1794; vgl. EGMR, NJW 2006, 591, 592 Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland). Dazu zählt auch die Entscheidung, ob und wie ein Presseerzeugnis bebildert wird (BVerfGE 101, 361, 389; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1794; EGMR, NJW 2004, 2647, 2649 von Hannover gegen Deutschland; Urteil vom 14. Dezember 2006, Beschwerde Nr. 10520/02, Verlagsgruppe News GmbH gegen Österreich Nr. 2 § 29). Bildaussagen nehmen an dem verfassungsrechtlichen Schutz des Berichts teil, dessen Bebilderung sie dienen (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1794). Eine solche Personalisierung bildet ein wichtiges publizistisches Mittel zur Erregung von Aufmerksamkeit (BVerfGE 101, 361, 390). Sie weckt vielfach erst das Interesse an Problemen und begründet den Wunsch nach Sachinformationen (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1797). Prominente Personen stehen überdies für bestimmte Wertvorstellungen und Lebenshaltungen. Sie werden zu Kristallisationspunkten für Zustimmung oder Ablehnung und erfüllen Leitbild- oder Kontrastfunktion. Darin hat das öffentliche Interesse an den verschiedensten Lebensbezügen solcher Personen seinen Grund (BVerfGE 101, 361, 390; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1796).

b) Mit der Entscheidung, die Fotos des Klägers abzudrucken und in den Kontext der Wortberichterstattung zu rücken, hat die Beklagte ihre grundrechtlich geschützte Befugnis ausgeübt, selbst nach publizistischen Kriterien zu ent- scheiden, was sie für berichtenswert hält. Diese Freiheit kann durch die Wertung der Revision, die Beklagte habe zu Unrecht ein Interesse des „Durchschnittslesers“ an der Berichterstattung angenommen, nicht in Frage gestellt werden.

Die Presse- und Informationsfreiheit ist mit dem allgemeinen Persönlich- keitsrecht desjenigen abzuwägen, in dessen Privatsphäre die Presse unter namentlicher Nennung und Abbildung eingreift. Durch Abwägung der betroffenen Rechtsgüter ist zu ermitteln, ob das Informationsinteresse der Öffentlichkeit den Eingriff in die Privatsphäre nach Art und Reichweite gestattet und ob dieser in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung der Berichterstattung steht (vgl. BVerfGE 35, 202, 221). Das Selbstbestimmungsrecht der Presse umfasst nicht auch die Entscheidung, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist; diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen obliegt im Fall eines Rechtsstreits vielmehr den Gerichten (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1796). Diese haben dabei die folgenden Gesichtspunkte zu beachten:

aa) Es muss eine Interessenabwägung stattfinden zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits. Die Bedeutung des Informationswerts der Berichterstattung für die Interessenabwägung hat der erkennende Senat schon in früheren Entscheidungen hervorgehoben (Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 – VI ZR 373/02VersR 2004, 522, 523 m.w.N.; vom 6. März 2007 – VI ZR 51/06VersR 2007, 957, 958; vom 19. Juni 2007 – VI ZR 12/06- VersR 2007, 1135, 1137; vom 14.Oktober 2008 -VIZR 271/06-, – VI ZR 272/06 -, – VI ZR 256/06 – und – VI ZR 260/06 -, sämtlich z.V.b.). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse dessen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist (vgl. BVerfGE 34, 269, 283; Senat, BGHZ 131, 332, 342 f. m.w.N.). Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falles für den Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann (Senat, Urteile vom 15. November 2005 – VI ZR 286/04VersR 2006, 274, 275; vom 19. Juni 2007 – VI ZR 12/06VersR 2007, 1135, 1137; vgl. BVerfGE 101, 361, 391).

Kommt es mithin für die Abwägung maßgeblich auf den Informationswert der Abbildung an, kann, wenn – wie im Streitfall – die beanstandeten Abbildun- gen im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung verbreitet worden sind, bei der Beurteilung die zugehörige Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1796; so auch EGMR, NJW 2004, 2647, 2650 von Hannover gegen Deutschland; Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteile vom 28. September 2004 – VI ZR 305/03VersR 2005, 83; vom 6. März 2007 – VI ZR 13/06VersR 2007, 697, 699 und – VI ZR 51/06VersR 2007, 957, 959; vom 3.Juli 2007 -VIZR 164/06- VersR 2007, 1283, 1284; vom 14.Oktober 2008 -VIZR 271/06-, -VIZR 272/06-, -VIZR 256/06- und – VI ZR 269/06 -, sämtlich z.V.b.).

bb) Bei der Abwägung ist zu beachten, dass die Garantie der Pressefreiheit nicht allein der Presse, sondern in gleicher Weise dem Schutz des Prozesses öffentlicher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger dient. Auch nach der Rechtsprechung des EGMR besteht nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 EMRK zurücktreten zu lassen, falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer Sachdebatte von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. EGMR, NJW 2006, 1645, 1647 f. Pedersen u. Baadsgaard gegen Dänemark; EGMR, Große Kammer, Urteil vom 22. Oktober 2007, Beschwerde Nr. 21279/02 u.a., Lindon u.a. gegen Frank- reich, § 45). Dies gilt auch dann, wenn diese Berichterstattung Fotos des Betroffenen beinhaltet, sofern es sich dabei um eine Person des öffentlichen Lebens („public figure“ im Gegensatz zu „ordinary person“) handelt (EGMR, Urteil vom 14. Dezember 2006, Beschwerde Nr. 10520/02, Verlagsgruppe News GmbH gegen Österreich Nr. 2 § 40). Denn eine freie Presse hat die Aufgabe, Informationen und Ideen über alle Fragen von öffentlichem Interesse zu vermitteln, Fragen, welche die Rechtspflege betreffen, eingeschlossen, darf dabei aber bestimmte Grenzen nicht überschreiten. Wäre dies nicht so, könnte die Presse nicht ihre bedeutsame Rolle eines „öffentlichen Wachhundes“ spielen (EGMR, NJW 2006, 1645, 1648 Pedersen u. Baadsgaard gegen Dänemark). Diese bedeutsame Funktion der Presse kann auch berührt sein, wenn die Berichterstattung eine Verfehlung ohne engeren Bezug zum politischen Leben zum Gegenstand hat (vgl. BVerfG, NJW 2006, 2835, 2836; EGMR, Urteil vom 25. April 2006, Beschwerde Nr. 77551/01, Dammann gegen Schweiz § 54, Urteil vom 24. November 2005, Beschwerde Nr. 53886/00, Tourancheau und July gegen Frankreich § 66).

cc) Art. 5 Abs. 1 GG gebietet allerdings nicht generell zu unterstellen, dass mit jeder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen. Bei der Abwägung spielt eine entscheidende Rolle, ob die Presse eine neue und wahre Information von allgemeinem Interesse für die öffentliche Meinungsbildung ernsthaft und sachbezogen erörtert und damit einen Beitrag zu irgendeiner Diskussion von allgemeinem Interesse für Staat und Gesellschaft leistet oder ob der Informationswert für die Öffentlichkeit wesentlich in der Unterhaltung ohne gesellschaftliche Relevanz besteht. Im letzten Fall besteht kein berücksichtigenswertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das eine Bildveröffentlichung entgegen dem Willen des Abgebildeten erlaubte (Senat, Urteil vom 19. Juni 2007 – VI ZR 12/06VersR 2007, 1135, 1137; vgl. BVerfGE 7, 198, 212; BVerfGE 101, 361, 391; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3407; EGMR, Ur- teil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, §§ 60 f.).

dd) Betrifft die für die Abwägung zu berücksichtigende Wortberichterstattung eine bereits abgeurteilte Straftat des Abgebildeten, kommt es für die Abwägung mit dem beeinträchtigten Persönlichkeitsrecht neben Art und Weise der Darstellung auch auf Natur und Schwere der Tat und die Person des Täters an (vgl. Senat, Urteil vom 15. November 2005 – VI ZR 286/04VersR 2006, 274, 275; BVerfGE 35, 202, 232; BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307) sowie darauf, wie lange die Tat bereits zurückliegt und ob ein aktueller Anlass für die Berichterstattung besteht (BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EGMR (EGMR, Urteil vom 7. Dezember 2006, Beschwerde Nr. 35841/02, Österreichischer Rundfunk gegen Österreich § 68). Der Einbruch in die persönliche Sphäre darf nicht weiter gehen, als die Befriedigung des Informationsinteresses dies erfordert (BVerfGE 35, 202, 232), er muss in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Fehlverhaltens stehen (BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307).

Mit zeitlicher Distanz zur Straftat und zum Strafverfahren gewinnt das Recht des Täters „allein gelassen zu werden“ und vor einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmende Bedeutung (BVerfGE 35, 202, 233; BVerfG, NJW 2006, 2835; NVwZ 2008, 306, 307). Für die tagesaktuelle Berichterstattung über Straftaten verdient jedoch das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang (BVerfGE 35, 202, 231 f.; BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307). Dabei reicht aber nicht jeder aus publizistischer Sicht nachvollziehbare Anlass für eine Berichterstattung über den Betroffenen als Rechtfertigung für die Offenlegung einer Vorstrafe aus. Je schwerwiegender das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen beeinträchtigt wird, umso dringlicher muss das Informationsinteresse sein, dessen Befriedigung die Berichterstattung dient (BVerfG, NJW-RR 2007, 1191, 1193; BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307 m.w.N.). Entscheidend ist, ob die betreffende Berichterstattung eine erhebliche neue oder zusätzliche Beeinträchtigung des Täters zu bewirken geeignet ist (BVerf- GE 35, 202, 234) und die Wiedereingliederung des Täters in die Gesellschaft dadurch wesentlich erschwert zu werden droht (BVerfGE 35, 202, 236; BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860).

ee) Für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes bei der Bildberichterstattung sind zudem die Umstände der Gewinnung der Abbildung, etwa durch Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrliche Nachstellung, zu bedenken sowie, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Das Gewicht der mit der Abbildung verbundenen Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts ist erhöht, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbrei- tung von üblicherweise der öffentlichen Erörterung entzogenen Einzelheiten thematisch die Privatsphäre berührt. Gleiches gilt, wenn der Betroffene typischerweise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden oder die Medienberichterstattung den Betroffenen in Momen- ten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und Alltags erfasst (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793, 1797).

4. Diese Grundsätze führen im Streitfall zu folgender Abwägung:

a) Der Ansicht der Revision, es liege keine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis vor, kann nicht beigepflichtet werden.

aa) Zwar können die beanstandeten Aufnahmen, die den Kläger mit einer Reisetasche auf offener Strasse gehend und beim Einsteigen in einen Pkw zeigen, für sich keinen besonderen Informationswert beanspruchen. Sie zeigen den Kläger allerdings nicht – wie die Revision meint – lediglich, wie er sich privat in seiner Freizeit bewegt. Ihr Informationsgehalt ist vielmehr nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in Zusammenschau mit der sie begleitenden Wortberichterstattung, die der Kläger nicht beanstandet, zu bewerten (vgl. BGHZ 158, 218, 223; Urteile vom 28. September 2004 – VI ZR 305/03VersR 2005, 83; vom 6. März 2007 – VI ZR 13/06VersR 2007, 697, 699 und – VI ZR 51/06VersR 2007, 957, 959; vom 3. Juli 2007 – VI ZR 164/06VersR 2007, 1283, 1284; vom 14. Oktober 2008 – VI ZR 271/06 -, – VI ZR 272/06 -, – VI ZR 256/06 – und – VI ZR 269/06 -, sämtlich z.V.b.).

bb) Die Wortberichterstattung befasst sich unter knappem Hinweis auf die Verurteilung des Klägers zu einer unbedingten Freiheitsstrafe mit dem Ablauf des Strafvollzugs, insbesondere der Tatsache, dass dem Kläger bereits zwei Wochen nach Haftantritt Freigang gewährt und seine Unterbringung im offenen Vollzug genehmigt worden sei. Dies stellt ein berichtenswertes Ereignis des Zeitgeschehens dar.

Der Strafvollzug gehört wie das Strafverfahren zum Zeitgeschehen in dem oben dargelegten Sinn (vgl. BVerfGE 35, 202, 230). Der berichtete Vorgang ist auch kein alltägliches, lediglich unter dem Gesichtspunkt der Person des Klägers berichtenswertes Ereignis (vgl. BVerfG, NJW 2006, 2835; OLG Hamburg, AfP 2006, 257 f.). Selbst wenn die Unterbringung im offenen Vollzug nach der gesetzlichen Regelung des § 10 StVollzG im Strafvollzug der Regelfall sein soll, bildet er nicht nur in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit, sondern auch in der Praxis tatsächlich die Ausnahme (Calliess/Müller-Dietz, Strafvoll- zugsgesetz, 11.Aufl., §10 Rn.1a; Feest/Lesting, StVollzG, 5.Aufl., §10 Rn. 6). Schon deshalb besteht in Zusammenschau mit der Prominenz der Person, die von dieser Ausnahme betroffen ist, ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit.

Die Abläufe im Strafvollzug sind zudem der öffentlichen Verwaltung zugeordnet, also einem Bereich, in dem die Presse ihre wichtige Funktion als „öffentlicher Wachhund“ wahrnimmt (vgl. EGMR Große Kammer, NJW 2004, 1645, 1648 Pedersen u. Baadsgaard/Dänemark § 71 und Urteil vom 24. No- vember 2005, Beschwerde Nr. 53886/00, Tourancheau und July gegen Frankreich § 66). Wird einem Prominenten, der zu einer erheblichen Freiheitsstrafe verurteilt ist, schon alsbald nach Haftantritt die Unterbringung im offenen Vollzug genehmigt und Ausgang gewährt, ist dieser Vorgang wegen des faktischen Ausnahmecharakters des offenen Vollzugs geeignet, ein besonderes Interesse und womöglich sogar Misstrauen zu erwecken. Im Hinblick auf eine etwaige Sonderbehandlung Prominenter im Strafvollzug stellt sich der Vorgang deshalb auch unter dem Aspekt der „Wachhundfunktion“ der Presse als berichtenswertes Ereignis dar. An dieser Beurteilung ändert nichts, dass die Abläufe gesetz- mäßig waren und in der Presse auch so dargestellt wurden. Auf den vom Berufungsgericht in seiner Beurteilung unzutreffend herangezogenen Aspekt des späten Haftantritts, der – wie die Revision zu Recht einwendet – nicht Gegenstand der Berichterstattung ist, kommt es insoweit nicht an.

An der bildlichen Darstellung gerade des Klägers bestand ein durch ein echtes Informationsbedürfnis hervorgerufenes Interesse der Allgemeinheit. Die Bildberichterstattung ist auch nicht deshalb unzulässig (vgl. OLG Frankfurt, GRUR 1991, 49 f.), weil mit der Person des Klägers etwa beispielhaft ein Beitrag über die Strafvollzugspraxis illustriert wurde. Die Berichterstattung befasst sich vielmehr konkret mit der Person des Klägers im Strafvollzug und mit der Frage, ob er als Prominenter eine Sonderbehandlung erfahre.

b) Die Abwägung der widerstreitenden Rechtspositionen lässt kein Überwiegen des Persönllichkeitsrechts des Klägers erkennen.

aa) Zwar stellt die identifizierende Bildberichterstattung über eine Verurteilung und den Strafvollzug ebenso wie über eine Straftat oder ein Strafverfahren einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Betroffenen dar, da auch hierdurch sein Fehlverhalten öffentlich bekannt gemacht und seine Person in den Augen des Publikums negativ qualifiziert wird (vgl. BVerfGE 35, 202, 226; BVerfG, NJW 1993, 1463, 1464; NJW 2006, 2835). Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass nach rechtskräftigem Urteil über Verurteilung und Strafverbüßung geschwiegen wird. Wer den Rechtsfrieden bricht, durch diese Tat und ihre Folgen Mitmenschen oder Rechtsgüter der Gemeinschaft angreift oder verletzt, muss grundsätzlich dulden, dass das von ihm selbst durch seine Tat hervorgerufene Interesse der Öffentlichkeit an Information auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (BVerfGE 35, 202, 231 f.). Der Kläger hat durch die Begehung der gravierenden Straftat den Bereich privater Betätigung verlassen und sich selbst zum Gegenstand des Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit gemacht (vgl. Senat, Urteil vom 15. November 2005 – VI ZR 286/04VersR 2006, 274, 276).

bb) Die Wortberichterstattung enthält einen gewichtigen Informationswert. Der Schwerpunkt der in der Sache zutreffenden Wortberichterstattung liegt in der Diskussion der Frage, weshalb der Kläger die Justizvollzugsanstalt bereits zwei Wochen nach Inhaftierung verlassen konnte. Daran besteht nicht nur wegen der Schwere der Tat und der Person des Klägers, sondern insbesondere wegen des legitimen demokratischen Bedürfnisses nach Kontrolle der Strafvollstreckungsbehörden ein erhebliches Informationsinteresse der Allgemeinheit. Hinzu kommt, dass nach der zutreffenden Berichterstattung der Kläger seine Karriere als Schauspieler auch während der Haftverbüßung weiter verfolgen wollte und ein Informationsinteresse der Leser nicht nur hieran, sondern auch an der Frage, wie dies trotz Inhaftierung möglich sei, gegeben ist.

cc) Die Bildberichterstattung ist auch kein unverhältnismäßiger Eingriff.

Die mit den Aufnahmen visualisierte Wortberichterstattung setzt sich sachlich mit der Gesetzmäßigkeit der Genehmigung von Ausgang und offenem Vollzug auseinander und enthält weder Informationen über die bereits abgeurteilte Straftat noch gewährt sie Einblicke in Einzelheiten des Privatlebens des Klägers. Sie ist keine bloße Unterhaltung der Leserschaft zur Befriedigung von Neugier, sondern kann zur öffentlichen Diskussion über den offenen Strafvollzug beitragen.

Angesichts der Schwere der Tat und der Person des Betroffenen war die Genehmigung des offenen Vollzugs ausreichender Anlass für eine Berichterstattung über Verurteilung und Haftantritt. Die Presse durfte hier ihre Funktion als „Wachhund“ wahrnehmen und die Öffentlichkeit über das Geschehen und dessen Vorgeschichte angemessen informieren. Dieses tagesaktuelle Informationsinteresse ging über den von der abgeurteilten Straftat vormals geschaffenen Berichterstattungsanlass hinaus (vgl. BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307; OLG Köln, NJW 1987, 1418) und stand in engem Zusammenhang mit der Tat, an die sie erinnern durfte (vgl. OLG Frankfurt, OLGR Frankfurt 2001, 309 juris Rn. 13; OLG Hamburg, NJW-RR 1994, 1439, 1441).

Die Berichterstattung unter namentlicher Nennung des Klägers war durch den Zweck der Berichterstattung unabweisbar geboten und überschreitet die Grenze der Verhältnismäßigkeit nicht. Durch eine anonymisierte Berichterstattung hätte die Presse das konkrete Informationsinteresse an der Frage, ob der Kläger als Prominenter im Strafvollzug bevorzugt werde, nicht befriedigen und insoweit ihre meinungsbildenden Aufgaben nicht erfüllen können (vgl. Senat, Urteil vom 21. November 2006 – VI ZR 259/05NJW-RR 2007, 619, 620).

Die Veröffentlichung der Fotos bewirkte keinen weiter gehenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers als die – nicht beanstandete – Wortberichterstattung. Der Kläger ist als Prominenter – anders als Strafgefangene sonst – weithin im Bild bekannt (vgl. EGMR, Urteil vom 11. Januar 2005, Beschwerde Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien § 29). Die Bilder sind – wovon auch die Revision ausgeht – bei dem berichteten Ereignis entstanden. Die Veröffentlichung kontextbezogener Fotos ist als Visualisierung des berichteten Ereignisses nach der Rechtsprechung des BVerfG regelmäßig zulässig (BVerfG, NJW 2001, 1921, 1925). Die verwendeten Aufnahmen beeinträchtigen den Kläger nicht stärker als kontextneutrale Portraitaufnahmen. Zwar zeigen sie den Kläger in Alltagskleidung beim Gang auf der Straße und beim Einsteigen in ein Auto. Sie haben jedoch keinen eigenständigen Verletzungseffekt, stellen den Kläger nicht ungünstig dar und stammen nicht aus seiner Intimsphäre. Überdies geben sie über die Wortberichterstattung hinaus keine Einzelheiten aus dem Leben des Klägers preis und berühren nicht den Kernbereich seines Privatlebens. Als kontextbezogene Aufnahmen wecken sie ganz besonders das Interesse der Leser an der im Bericht enthaltenen Information und unterstreichen mehr als ein kontextneutrales Bild die Authentizität des Berichts (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793, 1797).

dd) Das Berufungsgericht hat bei seiner Abwägung auch nicht Resozialisierungsgesichtspunkte zu gering gewichtet. Die Bildveröffentlichung mag für den Kläger lästig und peinlich gewesen sein. Das Berufungsgericht hat jedoch ohne Rechtsfehler eine erhebliche Belastung, Stigmatisierung, Ausgrenzung oder gar Prangerwirkung verneint (vgl. BVerfGE 35, 202, 237; BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860; vgl. auch Senat, Urteil vom 15. November 2005 – VI ZR 286/04VersR 2006, 274, 275). Die Bildberichterstattung ist nicht geeignet, eine erhebliche neue oder zusätzliche Beeinträchtigung des Täters zu bewirken (BVerfGE 35, 202, 234). Über das erst ein Jahr zurückliegende Strafverfahren war umfangreich in der Presse berichtet worden, wobei auch der Kläger sich mehrfach selbst zu Wort gemeldet hat. Diese Berichterstattung war der Öffent- lichkeit noch gegenwärtig (vgl. BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307). Die Resozialisierung des Klägers ist durch die Abbildungen nicht gefährdet. Zwar können die möglichen Folgen eines Berichts für die freie Entfaltung der Persönlichkeit gravierend sein (BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860). Vortrag dazu, dass die Berichterstattung über den Ablauf des Strafvollzugs eine bisher nicht vorhandene Ablehnung gegenüber dem Kläger hervorrufen, eine vorhandene Abwehrhaltung oder Missachtung verstärken, eine erreichte innere Stabilisierung des Klägers durch die erneute Konfrontation mit der Tat zerstören oder die Chance des Klägers, sich wieder in die freie Gesellschaft einzugliedern, beeinträchtigen könnte (vgl. BVerfGE 35, 202, 236 f.; BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860), legt die Revision nicht dar.

ee) Die Abwägung führt schließlich nicht deshalb zu einem anderen Ergebnis, weil das Vorgehen der Reporter seit dem Haftantritt eine erhebliche Belästigung dargestellt haben mag. Zwar können für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch die Umstände der Gewinnung der Abbildung, etwa durch beharrliche Nachstellung, bedeutsam sein (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793, 1797; EGMR, NJW 2004, 2647, 2650 von Hannover gegen Deutschland), doch ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht keine Auswirkungen der Belästigungen auf die Fertigung der hier streitgegenständlichen Fotos feststellt und meint, dass der Kläger angesichts des erheblichen Informationsinteresses der Öffentlichkeit die Anwesenheit von Fotografen vor der JVA bei Antritt des ersten Ausgangs hinnehmen musste.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

(Unterschriften)

Vorinstanzen:

LG Berlin, Entscheidung vom 23.01.2007 – 27 O 1035/06

KG Berlin, Entscheidung vom 04.12.2007 – 9 U 21/07

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