BGH: Gestohlene E-Mails von Politiker dürfen veröffentlicht werden

Der BGH hat sich in einem prekären Fall nicht ordnungsgemäßer Abwicklung von Unterhaltszahlung eines Landespolitikers für eine pressefreundliche Rechtsprechung entscheiden.

Veröffentlichung privater E-Mails

Im September 2010 berichtete die Bild-Zeitung über den privaten E-Mail-Verkehr zwischen Rainer Speer (SPD) und seiner Ex-Geliebten. Aus den E-Mails ging hervor, dass Speer seinen Unterhaltspflichten für das gemeinsame Kind nicht nachkam und die Frau einen Unterhaltsvorschuss vom Staat erhielt, da sie seinen Namen nicht erwähnen sollte. Die E-Mails waren auf dem Laptop des Politikers gespeichert, der ihm im Jahre 2009 von Unbekannten gestohlen wurde. Die Diebe spielten die E-Mails anonym dem Axel-Springer-Verlag zu und wurden anschließend in der Bild-Zeitung veröffentlicht. Nach diesem Skandal trat Speer als Minister zurück. Er sah in der Berichtserstattung eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts und klagte gegen den Verlag.

Instanzen uneinheitlich

Das Landgericht Berlin gab dem Kläger Recht und verurteilte den Axel-Springer-Verlag dazu, es zu unterlassen über die Unterhaltsangelegenheiten des Politikers und seiner Ex-Geliebten zu berichten und die E-Mails zu verbreiten.

In der Revision hob der BGH das Urteil der Vorinstanz jedoch vollumfänglich auf und wies die Klage ab (Urteil v. 30.09.2014, Az.: VI ZR 490/12).

Öffentliches Interesse an der Berichterstattung überwiegt

Die Richter sind der Ansicht, dass die Berichterstattung über die privaten Unterhaltsangelegenheiten und die Veröffentlichung der privaten E-Mails zwar in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eingreife, jedoch überwiege in diesem Fall das öffentliche Informationsinteresse und somit sei der Eingriff nicht rechtswidrig. Die Tatsache, dass die E-Mails auf illegalem Wege beschafft wurden führe auch nicht zur Rechtswidrigkeit des Eingriffs, da der Axel-Springer-Verlag die E-Mails nicht selbst gestohlen hat, sondern lediglich aus unbekannter Quelle erhalten hatte.

In der Pressemitteilung des BGH heißt es zur Begründung des Urteils:

„Die Informationen, deren Wahrheit der Kläger nicht in Frage stellt, haben einen hohen „Öffentlichkeitswert“. Sie offenbaren einen Missstand von erheblichem Gewicht, an dessen Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht. Als Minister und als Landtagsabgeordneter gehörte der Kläger zu den Personen des politischen Lebens, an deren Verhalten unter dem Gesichtspunkt demokratischer Transparenz und Kontrolle ein gesteigertes Informationsinteresse besteht. Die der Beklagten zu 1 zugespielten E-Mails belegen, dass sich der Kläger über viele Jahre der wirtschaftlichen Verantwortung für seine Tochter E. entzogen und diese auf den Steuerzahler abgewälzt hat. Er hat es im eigenen persönlichen, wirtschaftlichen und politischen Interesse hingenommen, dass seine ehemalige Geliebte für die gemeinsame Tochter Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bezog, obwohl die Voraussetzungen für einen Leistungsbezug nicht gegeben waren. Denn die Kindesmutter hatte der zuständigen Behörde den Kläger pflichtwidrig nicht als Vater von E. benannt.“

Rechtsprechung setzt pressefreundliche Linie fort

Das pressefreundliche Urteil des BGH ist keine Überraschung. Bereits in der Cicero-Entscheidung (Urteil v. 27.02.2007, Az.: 1 BvR 538/06, 1 BvR 2045/06) stellte das BVerfG fest, dass die Presse auch Informationen veröffentlichen darf, welche durch eine Straftat erlangt wurden, so lange sie nicht selbst an dieser beteiligt ist.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 137/14 vom 30.9.2014

(Bild: © niroworld – Fotolia.com)

Schreibe einen Kommentar