Der gesetzliche Grundsatz, dass die Veröffentlichung von Personenfotografien nur mit der Einwilligung der Abgebildeten erfolgen darf ist hinlänglich bekannt. Ebenfalls bekannt ist, dass im Falle der Abbildung Minderjähriger regelmäßig die Einwilligung (bei)der Eltern erforderlich ist. Wie liegt der Fall jedoch, wenn die Veröffentlichung der Fotografie einer minderjährigen Person mit Einwilligung der Eltern erfolgte, eine erneute – 19 Jahre später erfolgende – Veröffentlichung nun auf die gleiche Einwilligung gestützt wird.
Erneute Veröffentlichung der identischen Fotografie nach 19 Jahren
Das Landgericht Frankfurt a.M. hatte im vorliegenden Fall genau diese Konstellation zu entscheiden (Urteil vom 29. Aug. 2019, Az.: 2-03 O 454/18). Es lag die Einwilligung des Vaters zur Veröffentlichung des Bildnisses der im Jahr 1999 15-Jährigen im Rahmen einer sog. Homestory vor. Im Jahr 2018 erfolgte die erneute Veröffentlichung der Fotografie in abweichendem Kontext. Die nunmehr entsprechend volljährige Klägerin wendete sich gegen diese Veröffentlichung und verlangte die Unterlassung der Veröffentlichung. Ihr wesentliches Argument: Eine Einwilligung ihrer Person für eine erneute Veröffentlichung liege nicht vor, sei jedoch erforderlich.
Vor Erreichen der Volljährigkeit erteilte Einwilligung des Vaters nicht ausreichend
Das Landgericht Frankfurt a.M. gab der Klägerin Recht. Die mit Einwilligung des Vaters der Klägerin erfolgte Veröffentlichung rechtfertige nicht die erneute Veröffentlichung 19 Jahre später, nachdem die Klägerin erwachsen geworden ist. Sie selbst habe noch keine für sie bindende Entscheidung hinsichtlich der Veröffentlichung getroffen. Diese Entscheidungsmöglichkeit müsse jedoch auch Personen zugebilligt werden, die als Minderjährige zunächst mit Zustimmung der gesetzlichen Vertreter abgebildet wurden, aber nun die Volljährigkeit erreichten.
Bekanntheit des Vaters ändert nichts
Hieran ändere auch die Bekanntheit des Vaters der Klägerin als Spitzenpolitiker nichts:
„Anders als die Beklagte meint, kann die Stellung des Vaters als Spitzenpolitiker nicht dazu führen, dass die Veröffentlichung eines von ihm inszenierten Bildes dauerhaft zulässig bleibt, wenn neben ihm auch Familienmitglieder – insbesondere auch minderjährige Kinder – abgebildet sind. Die Klägerin muss ihre Abbildung auf dem streitgegenständlichen Bildnis nicht lediglich als Annex zur Dokumentation der Selbstinszenierung ihres Vaters (vor nahezu 20 Jahren) hinnehmen, zumal die nunmehr erwachsene Klägerin – anders als ihr Vater – nicht ständig in der Öffentlichkeit steht und auch nicht berühmt ist.“
Erkennbarkeit im Bekanntenkreis ist ausreichend
Darüber hinaus bestätigt das Landgericht die bereits aus der Rechtsprechung bekannt weite Auslegung des Begriffs der „Erkennbarkeit“. So reiche es für die Erkennbarkeit der Klägerin aus, dass solche Personen, die sie aus Kindheitstagen kennen, wiedererkennen können. Dabei ist es ausreichend, wenn der Abgebildete – wie hier – begründeten Anlass zu der Annahme hat, er könne als abgebildet identifiziert werden, wobei auf die Erkennbarkeit durch den Bekanntenkreis des Abgebildeten abzustellen ist.
§§ 22 f. KUG im Bereich der Presse auch nach Geltung der DSGVO anwendbar
Ausdrücklich weist die Kammer darauf hin, dass unter Berücksichtigung von Art. 85 Abs. 2 DSGVO die §§ 22 f. KUG und die hierzu in der Rechtsprechung ergangenen Grundsätze anzuwenden sind, da insoweit – jedenfalls hier in Bezug auf journalistische Inhalte – die §§ 22 f. KUG fortgelten. Im Rahmen der durchgeführten Abwägung gelten somit die bekannten Grundsätze.
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Es darf jetzt aber nicht der Eindruck entstehen, dass bei der Veröffentlichung von Bildnissen, auf denen Minderjährige abgebildet sind, die alleinige Einwilligung der Eltern ausreicht. Hierzu gibt es einen Super-Beitrag im Internet https://www.rechtambild.de/2011/04/und-sie-war-doch-erst-17/