Nach 4 Jahren Rechtsstreit: 304 € für den Urheber

Dass einem Urheber ein Geldanspruch zusteht, wenn seine Werke ungefragt genutzt werden, ist die Theorie. Praktisch zwar auch, allerdings kann die Durchsetzung auch mal länger dauern. So im Fall des Herrn Z. Er durchstand einen 4-jährigen Rechtsstreit und bekommt am Ende 304 € plus Zinsen. Eine Zeitung aus Dresden nutzte ungefragt ein Bild des Fotografen als Aufmacher einer ihrer Ausgaben.

Eine Odyssee? – irgendwie schon. Hat sie sich gelohnt? – ja klar!

Zeitung nutzt Bilder ohne Einwilligung

Es fing alles damit an, dass Herr Z. 1996 Werbefotos von einer Schlangentänzerin schoss. Die Bilder gingen an diverse Zeitungen, immer mit der Maßgabe, diese nur einmalig für die Werbung der Schlangentänzerin zu verwenden. Die Erlaubnis war demnach klar definiert: einmaliges Nutzen des Bildes für Werbung.

Als er im Jahre 2010 plötzlich einen Anruf des im Jahre 1996 abgelichteten Models erhielt, wusste er zunächst nicht genau, was los war. Nach ein wenig Smalltalk fragte sie den Fotografen mit einiger Entrüstung, weshalb er ihr nichts von dem Geld geben würde, dass er mit dem Verkauf eines Bildes verdient hätte. Das machte den Fotografen stutzig: er hatte doch gar kein Bild verkauft. Er einigte sich mit dem Model darauf, die Sache einmal gründlich zu prüfen.

Und tatsächlich – er erkannte seine Fotografie in einer Ausgabe der Zeitung wieder. Das Bild war der Seitenaufmacher für eine Debatte über das an diesem Tag stattfindende Fußballspiel Deutschland – Türkei. Nicht nur das es ohne Genehmigung (wieder) abgedruckt wurde, es war zudem auch noch aus dem vereinbarten Zusammenhang gerissen.

Zeitung: „45 € maximal“

Der Versuch von Herrn Z., sein Geld außergerichtlich zu erhalten, wurde von der Zeitung zunichtegemacht. Herr Z. errechnete anhand der Empfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) ca. 150 € zuzüglich 100% für die nicht genehmigte Nutzung und weitere 100% für den unterlassenen Bildquellennachweis sowie 19% Mehrwertsteuer. Die Zeitung war bereit, höchstens 45 € zu zahlen. Das ließ Herr Z. nicht auf sich sitzen:

So habe ich mir einen Kompromiss nicht vorgestellt. Auf meine Frage, ob denn der Dieb neuerdings den Preis festsetzen darf, erhielt ich keine Antwort.

Herr Z. ließ schließlich einen gerichtlichen Mahnbescheid zustellen. Diesem wurde widersprochen – und das Gerichtsverfahren nahm seinen Lauf.

Gericht spricht 304 € zu

Die Zeitung verlangte gar einen Sachverständigen und legte 200 € als Auslagenvorschuss hin. Geladen wurde zunächst ein Bildredakteur, später kam allerdings ein Fotoredakteur weil er „sachnäher“ sei. Zudem wurde im Prozess noch das auf dem Foto ersichtliche Model als Zeugin für die Zeitung (!) gehört.

Das Gericht orientierte sich schlussendlich ebenfalls an der „Übersicht der marktüblichen Vergütungen für Bildnutzungsrechte“ der MFM-Empfehlungen. Nicht gewährt wurden allerdings – wenig überraschend – der 100%ige Zuschlag für die nicht genehmigte Nutzung und die Mehrwertsteuer. Das Amtsgericht Leipzig kam auf insgesamt 304 € für Herrn Z. (Urteil vom 02.10.2013, Az.: 102 C 1085/12).

Vier Jahre Streit – 304 € Schadensersatz

Die Zeitung reichte noch eine Anhörungsrüge ein – vergebens. Nach vier Jahren ist der Prozess endgültig abgeschlossen. Und Herr Z. ist sich sicher: der Aufwand hat sich gelohnt!

Es war nicht das erste mal, dass man sich ungefragt an meinen Bildern vergriff. In allen anderen Fällen fand sich relativ schnell ein Kompromiss, mit dem beide Seiten leben können. Hier aber spielte man in meinen Augen von Anfang an darauf, dass ich vor den immer neuen Hürden resignieren würde. Ein Kompromiss kam eventuell deshalb für die Gegenseite nicht in Frage, weil es Beispielwirkung haben würde. Letztendlich erging jedenfalls ein Urteil, dass allen Fotografen helfen kann.

Ein Aufwand, der sich lohnen wird

Nicht immer muss es zu einem Rechtsstreit kommen. Hätte die Zeitung vorher gefragt oder zumindest von vornherein angemessen reagiert, wäre der Fall wohl ganz anders verlaufen – und schneller.

„Der erste Schritt in einer solchen Streitigkeit sollte das Gespräch mit der Gegenseite sein. Viele Dinge lassen sich bereits so außergerichtlich erledigen. Erst wenn die außergerichtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind macht auch ein gerichtliches Vorgehen Sinn. Vorher sollte das weitere Vorgehen besprochen werden um auch möglichst schnell das gewünschte und durchsetzbare Ergebnis zu erreichen.“

meint Rechtsanwalt Tölle der Kanzlei Tölle Wagenknecht hierzu.

Bevor man sich aber mit einem „Appel und `nem Ei“ abspeisen lässt, sollte man keine Scheu haben, einen Prozess mit Hilfe des Anwalts seines Vertrauens anzugehen. Zwar ging es im vorliegenden Fall um einen relativ geringen Betrag – aber so zeigt der Urheber die Bedeutung seiner Rechte. Er hat ein Interesse daran, dass ihm seine Werke zugeordnet werden können.

(© sergign – Fotolia.com)

6 Gedanken zu „Nach 4 Jahren Rechtsstreit: 304 € für den Urheber“

  1. Angesichts der Tatsache, dass es im Internet immer häufiger zu einer Art „Selbstbedienung“ kommt, begrüße ich als Fotograf jedes Urteil, dass unsere Arbeit schützt. Welcher Verlag würde es denn durchgehen lassen, wenn man verlagseigene Inhalte ohne Rückfrage gewerblich nutzt?

    Antworten
  2. Die Kosten des Rechtsstreits wurden geteilt, der Fotograf musste 4/10 tragen. Das Urteil in der Sache wurde am 02.10.2013 gefällt. Doch musste der Fotograf noch warten, denn schlussendlich hat es wohl so lange gedauert weil die Gegenseite noch eine Anhörungsrüge eingelegt hatte. Der Beschluss hierzu kam erst am 20.01.2015.

    Wie viel Zeit der Fotograf aufbringen musste wissen wir natürlich nicht, da wir leider nicht involviert waren. Im Endeffekt hängt es jedoch wie immer wohl eher am Anwalt als am Fotografen ;)

    Antworten
  3. Bleibt dann nur Ärger und investierte Zeit, nur für das „Recht an meinem Bild“? Sicher ist es wichtig schon aus Prinzip diese „Selbstbedienungsmentalität“ nicht zu unterstützen, aber frustrierend, wenn letztendlich, nach Abzug der Kosten so gut wie nichts bleibt. In Anbetracht des Streitwertes überlegt sich doch manch einer, ob er das alles auf sich nehmen will, wenn der Alltag oftmals schon genug Stress und Ärger mitbringt.

    Antworten
  4. Nein, frustierend ist es bestimmt nicht.
    Denn erstens hat der Fotograf auch nach Abzug der Kosten wesentlich mehr bekommen, als ihm und jedem anderen von eben jenen Blatt zugestanden wird.
    Und zweitens zeigt der letztendlich erfolgreiche Kampf, dass es die „schwächere“ Seite genauso aussitzen kann, wie es das Blatt versucht hat.
    Das aber die Justitz sich bei einem so eindeutigen Betrugsversuch derartig viel Zeit lässt, stimmt bedenklich. Mit Überlastung der Gerichte kann man das nicht mehr abtun – das nähert sich dann doch schon fast Strafvereitlung im Amt. Wenn der Richter mit gleicher Entschlusskraft Nahrung einkaufen würde, wäre er wohl schon verhungert.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar