Was war passiert?
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 22. November 2011 (Az.: VI ZR 26/11) folgenden Fall entschieden.
Der Freund der Schlagersängerin, Moderatorin und Schauspielerin Inka Bause hatte gegen eine Bildveröffentlichung im Zusammenhang mit einer Berichterstattung Klage erhoben. Beklagte war die Herausgeberin der Zeitschrift SUPERillu, die auf der Titelseite der Ausgabe Nr. 50 mit den Worten „INKAS TRAUMJAHR“ und der Unterzeile „Neue Liebe macht ihr Glück perfekt“ einen Beitrag über Frau Bause und ihr derzeitiges Liebesleben ankündigte. Der Artikel enthielt neben einer Porträtfotografie des Klägers auch weitere Details über sein Leben, wie z.B. seinen Namen, seine Parteizugehörigkeit und sein Alter.
Er begehrte nun die Unterlassung einer identifizierenden Berichterstattung unter Nennung seines Namens und/oder seines Alters. Das Landgericht Berlin hatte die Klage in erster Instanz bereits zugunsten des Klägers entschieden. Auf die Berufung der Beklagten hin, entschied jedoch das KG Berlin anders, so dass nun eine Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts begehrt wird.
Wie entschied das Gericht?
Der BGH entsprach dem Klagebegehren nicht. Das Gericht sieht keinen Anspruch auf Unterlassung identifizierender Berichterstattung im Zusammenhang mit einer privaten Beziehung zu Frau Inka Bause.
Hinsichtlich der Veröffentlichung der Informationen über seine Person ergebe sich nach einer Abwägung der sich gegenüberstehenden Grundrechtspositionen (allg. Persönlichkeitsrecht vs. Informationsinteresse der Öffentlichkeit), dass die Berichterstattung rechtmäßig sei.
Durch die Bekanntheit von Frau Bause bestünde ein öffentliches Informationsinteresse daran, wer ihr neuer Lebensgefährte ist. Zu ihrem Beziehungsstatus hatte sie sich in der Vergangenheit bereits mehrfach auch öffentlich geäußert, geriere sich als Spezialistin in Sachen „Partnerberatung“ und nehme auf die öffentliche Meinungsbildung einen nicht unerheblichen Einfluss. Daraus leite sich ein Interesse daran, ob sie tatsächlich die von ihr repräsentierten Werte lebt, ab. Dieses Interesse muss auch der neue Partner von Frau Bause hinnehmen.
Hinzu kommt, dass der Kläger selbst durch sein Amt als Landtags- und Wahlkreisabgeordneter in der Öffentlichkeit auftrete und die veröffentlichten Informationen gegen die er sich wendet, auch auf seiner eigenen Website zu finden sind. Demnach hat er die vorliegende Berichterstattung hinzunehmen.
Die Veröffentlichung der Portraitfotografie des Klägers ist ebenfalls nicht als unrechtmäßig anzusehen. Es entstamme ebenfalls der Website und sei eine völlig kontextneutrale Darstellung, die sich als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 KunstUrhG) einordnen ließe und keine berechtigten Interessen des Klägers verletze.
Auszug des Urteils zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Bildveröffentlichung:
„[…] Entgegen der Auffassung der Revision hat der Kläger gegen die Beklagte auch keinen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG auf Unterlassung der erneuten Veröffentlichung des beanstandeten Bildnisses.
a) Für die Zulässigkeit einer Bildberichterstattung gelten nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats folgende Grundsätze:
aa) Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen (…), das sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben (…) als auch mit der Rechtsprechung des EGMR im Einklang steht (…). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Hiervon besteht allerdings gemäß § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
bb) Die Beurteilung, ob ein Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zuzuordnen ist, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits (…) . Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, welcher die Pressefreiheit und zugleich den 22 Schutz der Persönlichkeit und der Privatsphäre ausreichend berücksichtigt (…). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Der Begriff des Zeitgeschehens ist zugunsten der Pressefreiheit in einem weiten Sinn zu verstehen; er umfasst nicht nur Vorgänge von historischpolitischer Bedeutung, sondern alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Ein Informationsinteresse besteht allerdings nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt (…).
cc) Bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu. Entscheidend ist insbesondere, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie – ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis – lediglich die Neugier der Leser befriedigen (…).
Der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung ist dabei im Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, und unter Berücksichtigung der zugehörigen Wortberichterstattung zu ermitteln. Daneben sind für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes der Anlass der Bildberichterstat-25 tung und die Umstände in die Beurteilung mit einzubeziehen, unter denen die Aufnahme entstanden ist. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird (…).
dd) Der erkennende Senat hat dementsprechend hinsichtlich der Zulässigkeit einer Bildberichterstattung bereits mehrfach berücksichtigt, ob bei der Presseberichterstattung die Abbildung eines anlässlich eines zeitgeschichtlichen Ereignisses gefertigten Fotos nur zum Anlass zu Ausführungen über eine Person genommen wird oder die Berichterstattung nur dazu dient, einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt; in solchen Fällen ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen (…).
b) Nach diesen Grundsätzen war die vom Kläger angegriffene Bildberichterstattung als solche über ein zeitgeschichtliches Ereignis zulässig.
aa) Das erforderliche Informationsinteresse ist hier zu bejahen. Der Artikel behandelt, soweit für diesen Rechtsstreit von Interesse, die private Beziehung des Klägers zu Frau Bause, die seinerzeit seine Lebensgefährtin war. Die Berichterstattung ist, wie oben dargelegt, vom öffentlichen Informationsinteresse gedeckt, ohne dass es in diesem Zusammenhang darauf ankommt, ob sie auch Darstellungen enthält, die man je nach der Einstellung zu weitgehend unterhaltenden Medienprodukten als belanglos oder spekulativ bewerten kann. Es ist nicht zulässig, Medienprodukte, die das Zeitgeschehen darstellen, ausschließlich an derartigen weitgehend subjektiven Wertungen zu messen. Entscheidend ist, dass der Artikel sowohl hinsichtlich der Wortberichterstattung als auch hinsichtlich des veröffentlichten Fotos einen noch ausreichenden Bezug zu der Beziehung des Klägers zu Frau Bause hat und dieses Thema unter den Umständen des Falles von öffentlichem Interesse und demgemäß als zeitgeschichtliches Ereignis im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zu beurteilen ist. Davon ist hier auszugehen, denn der Begriff der Zeitgeschichte wird nicht gegenstandsbezogen, etwa allein auf Vorgänge von historischer oder politischer Bedeutung, verstanden, sondern vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit her bestimmt (…).
bb) Das veröffentlichte Foto hat nach der Art seiner Gewinnung und Darstellung auch keinen eigenständigen Verletzungsgehalt. Es handelt sich, worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist, um ein kontextneutrales Porträtfoto, dessen Veröffentlichung nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (…) und des Bundesverfassungsgerichts (…) unbedenklich ist und die berechtigten Interessen des Klägers (§ 23 Abs. 2 KUG) nicht verletzt. Auf die Frage, ob die Zulässigkeit der Veröffentlichung des Bildnisses nach den Grundsätzen der früheren Rechtsprechung zu §§ 22, 23 KUG möglicherweise abweichend zu beurteilen wäre, kommt es entgegen der Auffassung der Revision nicht an. […]“