Heute, am 7. Juni 2011, hat der BGH ein Urteil zu Bildveröffentlichungen und der sitzungspolizeilichen Verfügung gefällt (Az. VI ZR 108/10). Es ging darum, dass die BILD-Zeitung im Rahmen einer Berichterstattung über eine Urteilsverkündung vor dem OLG Stuttgart unter der Überschrift „Irak-Terroristen müssen für Attentatsplan ins Gefängnis!“ ein Foto des Klägers veröffentlicht hatte. Auf dem Bild ist das Gesicht des Klägers zu erkennen gewesen. Dieser klagte auf Unterlassung. Die Klage wurde abgewiesen.
Im § 176 GVG heißt es:
Die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung obliegt dem Vorsitzenden.
Das Gericht musste nun abwiegen, inwieweit die §§ 22, 23 KUG im Rahmen des § 176 GVG anzuwenden sind.
Die Vorsitzende Richterin des OLG hatte unter Anwendung des § 176 GVG Fotos unter der Voraussetzung zugelassen, dass die Gesichter durch geeignete Maßnahmen (pixeln) unkenntlich gemacht werden. Die BILD-Zeitung hat durch ihr veröffentlichtes Foto eindeutig gegen die Maßgabe verstoßen. Der Betroffene hat auch keine Einwilligung zu den Aufnahmen abgegeben.
Der BGH geht dennoch von einer rechtmäßigen Veröffentlichung der Bilder aus. Grund hierfür ist der Sinn und Zweck der §§ 22, 23 KUG. Nach § 23 Abs. 1 KUG kann eine Aufnahme des betroffenen veröffentlicht werden, solange sie nicht das berechtigte Interesse des Abgebildeten verletzt (siehe ausführlich: Recht am eigenen Bild).
Aus diesem Grund heißt es in der Pressemitteilung auch:
Dem Umstand, dass der Kläger nur im Vertrauen auf die sitzungspolizeiliche Anordnung die Fotoaufnahmen ermöglicht haben will, kommt nicht das vom Berufungsgericht angenommene Gewicht zu. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass nach dem Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG ungepixelte Bildaufnahmen auch ohne Einwilligung des Klägers zulässig gewesen wären und er letztlich durch sein Verhalten allenfalls Bildaufnahmen hätte vereiteln können, die wegen des erheblichen Informationsinteresses der Öffentlichkeit grundsätzlich zulässig waren. Das Persönlichkeitsrecht ist auch im Rahmen der Sitzungspolizei nicht in weiterem Umfang zu schützen als dies nach §§ 22, 23 KUG der Fall ist.
Das bedeutet also, dass trotz eines Verstoßes gegen die Maßgabe der Vorsitzenden des OLG die Berichterstattung der Bild-Zeitung rechtmäßig war. Dies ist wohl als ein Schritt in Richtung Wahrung der Pressefreiheit (Art. 5 I GG) zu deuten.